Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
Antworten
Benutzeravatar
branch
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 577
Registriert: Montag 11. Februar 2013, 09:55
Kontaktdaten:

Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#1

Beitrag von branch »

Hallo zusammen

Ich braue seit mehreren Jahren mein Hausbier, eine Art Kölsch. Das Rezept beinhaltet 3.5% Weizenmalz (für Schaum und Geschmack) neben 88% Pils und 8% Münchner. Normalerweise benütze ich die Wyeast 2565 Kölsch-Hefe und vergäre bei etwa 15°C. Ein geübter Biertrinker erkennt den kleinen Weizenanteil im Rezept, aber Banane und Nelken fehlen normalerweise gänzlich.

Für einmal habe ich nun die Lallemand Kölsch-Trockenhefe verwendet, ebenfalls bei 15°C vergoren. Zu Beginn war mit dem Bier auch alles in Ordnung, mit nur wenig auffälligem Nelken-Aroma. Nach etwa 6 Wochen Reifung ist das Nelkenaroma aber schon fast überwältigend. Die Banane ist in der Nase einigermassen erkennbar, die Nelke dominiert im Gaumen (retronasal) und stellt damit auch mein Weizenbier in den Schatten. Das Bier ist so nicht wirklich trinkbar.

Das Bier, das ich nach der Flaschengärung gleich gekühlt habe, braucht länger zur Entwicklung des Nelkenaromas. Die ungekühlten Flaschen haben schon nach 3 Wochen stark nach Nelke gerochen.

Woher kommt das? Kennt jemand die Lallemand-Hefe? Möglicherweise habe ich etwas viel Trockenhefe verwendet: während ich normalerweise 2 Wyeast-Packs in einem 3-Liter-Starter auf gut 100 Liter verwende, habe ich hier 80g Trockenhefe (ohne Starter) verwendet.

Was ich bisher ausschliesse:
- Wasserqualität hat sich nicht geändert. Die anderen Biere sind unverändert.
- Prozesse, Zutaten und Reinigungsmittel habe ich keine verändert.
- Maischprogramm ist identisch (Einmaischen bei 43°C, 1. Rast bei 53). Hier überlege ich, ob ich das Rezept nicht so anpasse, dass ich nur noch bei 62 und 73 raste oder gleich eine Kombirast fahre.
Benutzeravatar
t3k
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1425
Registriert: Samstag 17. Januar 2015, 17:38

Re: Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#2

Beitrag von t3k »

Moin,

die Hefe kenne ich nicht im Detail, aber tief einmaischen ist bei Weitenbieren eine Stellschraube in Richtung Nelke.
Schau mal: https://braumagazin.de/article/stilport ... d-bananen/

In diesem Gesichtspunkt macht die Anpassung des Maischeverfahrens Sinn. Willst du denn jetzt permanent bei der Hefe bleiben ?

Gruß
T3K
Benutzeravatar
Ladeberger
Moderator
Moderator
Beiträge: 7288
Registriert: Dienstag 20. November 2012, 18:29

Re: Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#3

Beitrag von Ladeberger »

Hallo branch,

aus Weizenmalz wird im Schnitt weniger Ferulasäure freigesetzt als aus Gerstenmalz. Das Potenzial zur Bildung von 4-VG ("Nelke", "Wacholder") ist also sogar geringer. Unabhängig davon sind Kölsch-Hefen aber ohnehin POF-, können also gar keine Phenol u.a. aus Ferulasäure produzieren.

Falls es nicht zu einer Verwechslung bei der Hefe kam, bleibt im Grunde nur eine Infektion mit Fremdhefen. Viele davon produzieren ebenfalls Phenole.

Gruß
Andy
Benutzeravatar
branch
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 577
Registriert: Montag 11. Februar 2013, 09:55
Kontaktdaten:

Re: Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#4

Beitrag von branch »

Danke für eure Antworten.

T3K: nein, ich werde die Hefe bestimmt nicht mehr verwenden.

Andy: es kam von meiner Seite her bestimmt nicht zu einer Verwechslung. Ich habe die Hefe erstmalig verwendet ... da schaut schon die Verpackung ganz anders aus als alles was ich sonst verwende. Es handelt sich um die hier: https://www.lallemandbrewing.com/en/uni ... ale-yeast/
Ob allerdings das drin war, was drauf stand, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber ich denke, dass so ein Fehler bei einem Hersteller wie Lallemand ebenfalls sehr unwahrscheinlich ist, oder?

Eine Infektion mit Fremdhefen kann ich mir nicht vorstellen. Da ich mit der Lallemand eher overpitched habe und die auch innerhalb von 6-8 Stunden (heftig) angekommen ist, hätte es andere Hefen echt schwer gehabt. Ausserdem verwende ich daneben vorallem US-05, W34/70 und Nottingham, die jetzt auch nicht grad für Nelkenaromen bekannt sind.

Was evt. für eine Infektion sprechen würde, ist die Verzögerung, mit der das Nelkenaroma auftritt. Bei Weizenbieren tritt das Aroma rascher auf. und nicht erst nach 4-6 Wochen Reifung.
heizungsrohr
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 541
Registriert: Dienstag 7. Februar 2017, 21:11

Re: Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#5

Beitrag von heizungsrohr »

branch hat geschrieben: Sonntag 21. Februar 2021, 19:09 Was evt. für eine Infektion sprechen würde, ist die Verzögerung, mit der das Nelkenaroma auftritt. Bei Weizenbieren tritt das Aroma rascher auf. und nicht erst nach 4-6 Wochen Reifung.
Das ist sogar ein sehr gutes Argument für eine Infektion. Keine der genannten Hefen macht solche Aromen, dagegen sehr viele wilde Hefen aus der Umgebung und das eben zeitlich verzögert
Gruß
Magnus
Benutzeravatar
branch
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 577
Registriert: Montag 11. Februar 2013, 09:55
Kontaktdaten:

Re: Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#6

Beitrag von branch »

Habe mir das jetzt eine Weile überlegt. Ebenfalls habe ich überall gesucht, wo sich eine Infektion hätte einschleichen können (z.B. Verunreinigungen im Kaltbereich). Dabei kam mir die folgende Frage:

Falls es sich tatsächlich um Wildhefen handeln sollte, die zufällig genau die Weizencharakteristik ins Bier bringen (und nichts anderes, z.B. Sauerbier, Bierfehler ...): die Wildhefen benötigen ja auch den Zucker, den die reguläre Hefe schon weggeknuspert hat, um sich zu vermehren. Wie vermehrt sich die denn, oder muss sie das gar nicht, da auch kleinste Mengen ausreichen, um die Nelken- und Bananenaromen zu erzeugen?

Ausser über die Luft kann ich mir eine Kontamination fast nicht vorstellen. Vom BM50 transportiere ich die fertige Würze in Brewtech Unitanks. Letztere kann man sehr gut reinigen und auch sehen, ob sie sauber sind. Es gibt ein paar Orte, wo sich was einschleichen könnte (z.B. Probenhahn, Ventil mit Racking Arm), aber nur, wenn man sich deren nicht bewusst ist. Und seit dem letzten Weizenbier (mit W3638) wurden mindestens 8 andere Biere (UG und OG) drin fermentiert.
Benutzeravatar
Verrk
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 38
Registriert: Montag 13. Januar 2020, 23:48

Re: Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#7

Beitrag von Verrk »

Ein Versuch eines Lösungsansatzes aus einer sehr schnellen Recherche, weil es mich auch interessiert hat.

Die Hefe ist angeblich identisch mit der SafAle K-97 und der M54. Vorrausgesetzt das stimmt würden 2 schnell gefundene Threads in US-Foren auf ähnliche Probleme hinweisen:
https://aussiehomebrewer.com/threads/th ... ost-285813
https://www.thehomebrewforum.co.uk/thre ... m54.75761/

Ich selbst hab bisher nur Erfahrung mit der M54, die im niedrigen Temperaturbereich die meisten Nebenaromen erzeugt (kenne nur starkes Schwefeln, aber die Threads meinen eben auch Banane?). Also evtl. einfach eine Eigenschaft des Hefestamms bei niedrigeren Temperaturen und/oder Underpitching.
Benutzeravatar
branch
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 577
Registriert: Montag 11. Februar 2013, 09:55
Kontaktdaten:

Re: Starke Nelken/Bananenaromen mit nur minimalem Weizenanteil

#8

Beitrag von branch »

Danke Verkk für die Links.

Sehr interessant. Allerdings war Underpitching bestimmt nicht mein Problem.

Gruss, Bruno
Antworten