Rezeptfindung Rum-Bier

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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DrFludribusVonZiesel
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Rezeptfindung Rum-Bier

#1

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Hallo zusammen,

ich möchte ein Rumbier mit folgenden Eigenschaften brauen:

Es soll ein restsüßes, starkes (>=10%), dunkles (aber nicht brenzlig/röstig) Winterbier mit wenig IBUs werden, gewürzt mit reichlich Tonkabohne, Eichenchipslagerung und schönem Rumgeschmack.
Ich hätte auch noch Kakaobohnen und -bruch hier, aber ich glaube fast, dass das zu viel des Guten ist und geschmacklich bei den Tonkabohnen eher untergehen würde.
Aber dies könnte ich ja in einem kleineren Splitsud testen.

Bei der Schüttung dachte ich an folgendes:

Münchner/Pale Ale für einen ordentlichen Malzkörper ~60%
Haferflocken für ein cremiges Mundgefühl ~10-15%
Muscovado ~10%
Rest Caramalze.
Special W/B? Melanoidin? Caradunkel?
(Pale) Chocolate?
Kein Carafa, wenig Röstaromen. Es soll kein RIS werden.

lange Kombirast bei 68°C
Angestrebte STW: 20°P

Hopfen ist nebensächlich, reine Bittergabe auf 30-35 IBU

Kochzeit: ~2 Stunden

Hefe: evtl. Imperial Yeast A10 Darkness Ale, hier bin ich mir noch am unsichersten.
Fruchtige Noten müssen nicht sein, also keine belgische Hefe und sie sollte auch nicht allzu hoch vergären. Ich denke, dass ich durch den Zucker ohnehin recht tief komme.

Das ganze darf zusammen mit dem Rum-Tonkabohnenmazerat und den Eichenholzchips (1g/L medium toasted) dann einige Wochen bis Monate stehen bleiben.
Zur Karbonisierung vielleicht die CBC-1.

Ich würde mich über Anregungen zum Rezept freuen, als kleines Dankeschön werde ich einen ausführlichen Braubericht verfassen.

Liebe Grüße
:Drink
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Ladeberger
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#2

Beitrag von Ladeberger »

DrFludribusVonZiesel hat geschrieben: Dienstag 4. Mai 2021, 14:41 Es soll ein restsüßes, starkes (>=10%), dunkles (aber nicht brenzlig/röstig) Winterbier mit wenig IBUs werden, gewürzt mit reichlich Tonkabohne, Eichenchipslagerung und schönem Rumgeschmack.
Ich hätte auch noch Kakaobohnen und -bruch hier, aber ich glaube fast, dass das zu viel des Guten ist und geschmacklich bei den Tonkabohnen eher untergehen würde.
Aber dies könnte ich ja in einem kleineren Splitsud testen.
Ich denke als grobe Kategorie sind wir hier rund um einem Barley Wine unterwegs. Dazu passen Rum und Eichenchips gut, sowohl geschmacklich, als auch vom Prozess her. Man kann die Eichenchips z.B. im Rum "desinfizieren" und gleichzeitig das Aroma auslaugen. Die Aromen sind auch sehr beständig, um die langen Lagerzeiten beim BW zu überdauern.

Die Tonkabohnen würde ich auch erstmal nur in einem Splitsud testen. Du kannst das Mazerat ja einigen Flaschen zudosieren. Ich wäre mir da zum einen unsicher, was die Geschmacksstabilität angeht, zum anderen finde ich schon das zu viel neben Rum und Holzchips. Das ist gefühlt so die Art von Bier, da trinkste zwei Flaschen und hast dann für die nächsten Monate wieder genug.
Bei der Schüttung dachte ich an folgendes:

Münchner/Pale Ale für einen ordentlichen Malzkörper ~60%
Haferflocken für ein cremiges Mundgefühl ~10-15%
Muscovado ~10%
Rest Caramalze.
Special W/B? Melanoidin? Caradunkel?
(Pale) Chocolate?
Kein Carafa, wenig Röstaromen. Es soll kein RIS werden.
Hafer für mehr Mundgefühl bei > 10 %vol? :Wink
Ich glaube an Vollmundigkeit mangelt es in dieser Kategorie nicht, eher im Gegenteil. Sieh's mal so herum: 15 % Haferflocken heißt, dass 15 % aromatisches Malz weniger zum Einsatz kommt. Wenn überhaupt, würde ich die Haferflocken im Ofen anrösten, damit die zumindest noch eine geschmackliche Funktion bekommen.

Muscovado passt natürlich im Kontext "Rum" wiederum gut ins Bild.

Bei den Spezialmalzen würde ich mich auf eines konzentrieren. Rein von den Deskriptoren her könnte ich mir ein dunkles Caramalz wie Special B, Caraaroma, o.ä. gut zu Rum und Eiche vorstellen.

Du schreibst anfangs, du willst es nicht röstig. Also lass Röstmalze weg :Wink
Hopfen ist nebensächlich, reine Bittergabe auf 30-35 IBU
Das ist m.E. sehr wenig, um das Bier zu balancieren und mikrobiologisch langfristig stabil zu bekommen.
Hefe: evtl. Imperial Yeast A10 Darkness Ale, hier bin ich mir noch am unsichersten.
Fruchtige Noten müssen nicht sein, also keine belgische Hefe und sie sollte auch nicht allzu hoch vergären. Ich denke, dass ich durch den Zucker ohnehin recht tief komme.
[...]
Zur Karbonisierung vielleicht die CBC-1.
Ich würde hier primär auf die Alkoholtoleranz achten, von den Feinheiten im Aromaprofil ist am Ende eh meist nicht mehr viel übrig. Die A10 liest sich in der Hinsicht ganz gut. CBC-1 zur Nachgärung auch.

Hauptsache: Viel vitale Hefe (->Starter), kräftige Belüftung. An der Stelle 15 min Zusatzaufwand gespart, kostet dich hintenraus ein halbes Jahr zusätzliche Reifezeit. Falls es überhaupt was wird.

Gruß
Andy
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#3

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Hallo Andy,

danke für den Input!
Ladeberger hat geschrieben: Dienstag 4. Mai 2021, 16:45 Die Tonkabohnen würde ich auch erstmal nur in einem Splitsud testen. Du kannst das Mazerat ja einigen Flaschen zudosieren. Ich wäre mir da zum einen unsicher, was die Geschmacksstabilität angeht, zum anderen finde ich schon das zu viel neben Rum und Holzchips. Das ist gefühlt so die Art von Bier, da trinkste zwei Flaschen und hast dann für die nächsten Monate wieder genug.
Da ich den Rum auch selber machen werde, hatte ich vor, ihn mit ein paar Gewürzen zu aromatisieren, Spiced Rum quasi. Aber ich kann ihn ja zum Trinken so ausbauen und den hochprozentigen weißen Rum zum Desinfizieren und Einlegen von den Chips verwenden. Wahrscheinlich ist hier weniger mehr. Bei meinem ersten Einsatz von den Eichenchips im Flanders Red Ale habe ich sie kurz ausgekocht um die Adstringenz zu reduzieren, das werde ich diesmal wohl bleiben lassen.

Aber ich möchte ungern wieder sowas brauen wie meinen Roggen-Wacholder-Bock. 100g Wacholderholz auf 20L, der Pelz auf der Zunge hat sich selbst nach über einem Jahr nicht ausgelagert. :puzz
Hafer für mehr Mundgefühl bei > 10 %vol? :Wink
Ich glaube an Vollmundigkeit mangelt es in dieser Kategorie nicht, eher im Gegenteil. Sieh's mal so herum: 15 % Haferflocken heißt, dass 15 % aromatisches Malz weniger zum Einsatz kommt. Wenn überhaupt, würde ich die Haferflocken im Ofen anrösten, damit die zumindest noch eine geschmackliche Funktion bekommen.
Guter Einwand! Dann werde ich die mal weglassen und durch Malz ersetzen. Ich wollte so ein cremiges Mundgefühl wie bei einem Oatmeal Stout erreichen, aber das wird man wahrscheinlich kaum wahrnehmen bei dem ganzen Alk.
Bei den Spezialmalzen würde ich mich auf eines konzentrieren. Rein von den Deskriptoren her könnte ich mir ein dunkles Caramalz wie Special B, Caraaroma, o.ä. gut zu Rum und Eiche vorstellen.

Du schreibst anfangs, du willst es nicht röstig. Also lass Röstmalze weg :Wink
Deshalb wollte ich nur Malze bis ~300EBC verwenden oder maximal ein Pale Chocolate, keinesfalls Carafa.
Das ist m.E. sehr wenig, um das Bier zu balancieren und mikrobiologisch langfristig stabil zu bekommen.
Trotz des hohen Alkoholgehaltes? :Grübel
Ich wollte es nicht so herb, damit auch meine Mutter mal eins trinken kann. Die mag kein Bier, aber den Aventinus Eisbock schon, der kommt ja auch mit 15IBU aus und sehr likörartig daher.

Ich würde hier primär auf die Alkoholtoleranz achten, von den Feinheiten im Aromaprofil ist am Ende eh meist nicht mehr viel übrig. Die A10 liest sich in der Hinsicht ganz gut. CBC-1 zur Nachgärung auch.

Hauptsache: Viel vitale Hefe (->Starter), kräftige Belüftung. An der Stelle 15 min Zusatzaufwand gespart, kostet dich hintenraus ein halbes Jahr zusätzliche Reifezeit. Falls es überhaupt was wird.

Gruß
Andy
Ja, hier gibt Imperial ja bis zu 12%Vol an, also dachte ich dass das eine gute Wahl für mein Vorhaben sein könnte. Und wenn man die schonmal kauft, kann man sie ja konservieren und dann mal auf einen (Chocolate) Porter oder ein Stout loslassen.
Ein Starter wird selbstverständlich gemacht bei so hoher STW, keine Frage.

Vielen Dank nochmal für deine Anregungen. Der/die/das Wash gärt noch und somit hab ich noch ein paar Wochen Zeit zum Tüfteln.

Gruß,
Mario
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#4

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Bei der Verwendung von Tonkabohnen sollte man (wie auch bei Waldmeister) den Cumaringehalt im Auge behalten. Das ist nicht ganz ohne und gilt als krebserregend.
Viele Grüße
Björn

Allen wird bekannt gemacht, dass keiner in die Jeetze kackt - denn morgen wird gebraut.
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#5

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Das wurde schon ausgiebig diskutiert. Ich denke, dass es bei einem krebserregenden Getränk ziemlich egal ist, ob auch noch Cumarin enthalten ist. :Greets
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#6

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Naja, wird sicherlich die ungesündeste Zutat. Aber die Dosis macht bekanntlich das Gift.
Viele Grüße
Björn

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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#7

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

So, es ist soweit.

Ich habe 20g ganze Tonkabohnen in Rum (Lazy Dodo) eingelegt und das ein paar Wochen ziehen lassen, intensives Zeug!
Bei der Schüttung orientiere ich mich am Kaventsmann und den Tipps von Andy:

8KG Pale Ale
420g Caraaroma

Kombirast bei 67°C, voraussichtlich 90 Minuten, Wasser werde ich nicht einstellen (außer den pH-Wert mit Milchsäure) und mit dem gegebenen Profil meines Leitungswassers brauen.
Wasser.jpg
Wasser.jpg (20.62 KiB) 2989 mal betrachtet
Zusätzlich kommen 10 Minuten vor Kochende noch 620g Muscovado, 680g Melasse und etwas Hefenahrung dazu. Mein Ziel sind mindestens 20L mit 22°P oder darüber, 50 IBU+ vmtl. mit Comet (reine VWH). Amerikanische Eichenholzchips habe ich zweimal ausgekocht und die werden dann ebenfalls in Rum eingelegt. Wenn die HG großteils vorbei ist, ab ins Bier für 2-3 Wochen. Der Tonkabohnenrum kommt beim Abfüllen in die Flaschen dazu.

Auf gehts. :Drink
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#8

Beitrag von OS-Schlingel »

Hallo Dr.!
ich würde eine Proteaserast einbauen. 57°C 10 Minuten. Hier sollte ausreichend FAN gebildet werden, dass die Hefe bei Deinem Harley Wine benötigt.
Ca sollte reichlich über 50mg/l sein.
Cl zwischen 75-90 mg/l fördert noch die Malzigkeit.
...vielleicht schaust Du noch mal im Braumagazin nach.

Mit der Kombirast erreichst du aber nur mittlere Ausbeute an vergärbaren Zuckern.
Vielleicht doch über 57°, 64°, 68°, 72°C Rasten nachdenken? ....wenn du einen ABV von > 10% erreichen willst...

WYeast 1728 Scotch Ale kann auch noch Maltotriose aufknacken, daher nicht zu früh abfüllen!

Gruß Stephen
Or kindly when his credit's out
Surprise him with a pint of Stout
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#9

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Servus Stephen,

danke für deine Ratschläge, allerdings bin ich schon beim Abläutern. :Smile

Ich habe die Kombirast insgesamt 90 Minuten gemacht, um eine etwas bessere Ausbeute zu bekommen. Die Vorderwürze hat 18 Brix (Edit: Spindel sagt 19°P), also in etwa da wo ich hinwollte. Wird ein eher verschwenderischer Sud mit wenig Nachguss, aber nobel geht die Welt zugrunde.

Den fehlenden Stickstoff hoffe ich durch die Hefenahrung auszugleichen. Vergessen zu erwähnen hatte ich, dass die US-05 ins Rennen geschickt wird, hab mich für eine billige und leicht verfügbare Hefe entschieden. Sollte auch halbwegs tief vergären (ich will ja eine gewisse Restsüße) und bei den Geschmackseindrücken wird man von der Hefe nicht allzuviel merken.

Trotzdem nochmal danke. Wenn ich fertig bin, werd ich ein paar Bilder reinstellen von meinem Prozess.

Bis dahin :Greets
Mario
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#10

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

So, als letzte Tat des Tages wie versprochen eine kleine Braudoku:
signal-2021-08-24-152059.jpg
Der Gerät schrotet schweißfrei, aber auch langsam. Für die 8,5kg Malz lief der Motor bestimmt eine halbe Stunde.
signal-2021-08-24-154757.jpg
Schrotbild
signal-2021-08-24-152120.jpg
Eingemaischt wurde 1:3
signal-2021-08-24-155554.jpg
Temperatur nicht ganz getroffen, also Deckel drauf und ein bisschen nachheizen. Nach 15 Minuten hatte die Maische dann die gewünschten 67°C und es war Zeit für eine pH-Messung:
signal-2021-08-24-161526.jpg
Passt perfekt, keine Milchsäure nötig.
signal-2021-08-24-181702.jpg
Läutern fast erledigt.
signal-2021-08-24-183028.jpg
Wert vor dem Kochbeginn, knappe 17,5°P.
signal-2021-08-24-184709.jpg
Dank Tauchsieder (möchte ich nicht mehr missen beim Brauen) kams schnell zum Eiweißbruch.
signal-2021-08-24-200112.jpg
Finaler Wert nach Zugabe der Melasse und des Muscovados. Exakt 20L mit knappen 24°P, der Farbunterschied ist ziemlich groß. Vorher ein schönes, mittleres Braun, mit Melasse ein dunkles und kräftiges. Ich hab dann noch auf 22°P verdünnt, das reicht mir auch. Mit etwas Glück bekomm ich abzüglich des Bodensatzes genau 20L raus. Mit rehydrierter US-05 bei 18°C Würzetemperatur angestellt, der Gäreimer darf nun die Nacht bei gekipptem Fenster verbringen und gärt damit hoffentlich schön kühl an.

:Drink :Greets
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#11

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Kleines Update:

Die Kräusen sehen aus wie Schokokuchen, der gerade aufgeht.
signal-2021-08-25-125434.jpg
Dürften wohl irgendwelche Bestandteile der Melasse sein...
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#12

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Die Gärung steht derzeit bei 15 Brix, das entspricht laut mueggelland einem SVG von 63%. Ich hab soeben die Eichenholzchips reingegeben (3g/l) und werde das Ganze jetzt für mindestens zwei Wochen ruhen lassen. Bin gespannt, wie weit die US-05 kommt.
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#13

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Kurze Rückmeldung meinerseits:

Am Freitag wurde abgefüllt. Zur geistigen Beruhigung mit 20mg/l Kaliumpyrosulfit und sauerstoffabsorbierenden Kronkorken (wie die funktionieren sollen ist mir aber ehrlich gesagt ein Rätsel).

Die US-05 ist von 22°P bis auf 5,4°P gekommen, was einem sEVG von 75% entspricht.
signal-2021-09-17-222049.jpg
Wagemutig habe ich keine frische Hefe mehr zugegeben und auch auf die CBC-1 verzichtet, hoffe das rächt sich nicht. Aber die Hefe ist ja ein echtes Arbeitstier und ich bin zuversichtlich, dass sie die NG schafft.
Wenn diese durch ist, werde ich die Flaschen mit Siegelwachs verschließen und die erste Kostprobe vielleicht zur Jahreswende nehmen. Der Rest soll lange Zeit zum Reifen bekommen und mich über viele Jahre begleiten.

Dass ich auf den Tonkabohnenrum beim Abfüllen vergessen habe, ist mir übrigens bei der vorletzten Flasche aufgefallen. :puzz

Bis zum Verkostungsbericht :Greets
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#14

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Das Ergebnis nach 8 Monaten in der Flasche:
signal-2022-06-07-22-32-00-679.jpg
Für den hohen Alkoholgehalt ein wirklich guter Schaum, der leicht ins rot-bräunliche geht, ebenso wie das Bier selbst einen dunklen kupferroten Farbton hat. In der Nase merkt man Zuckerrohr, es riecht nach dunklem Karamell und Rosinen.

Ich habe das Bier schonmal zu Weihnachten probiert und es war untrinkbar, viel zu intensiv nach Holz. Mittlerweile hat es sich gelegt und ist deutlich runder geworden, aber die Holzigkeit merkt man noch. Der Reihe nach:

Das Bier kommt mit voller Wucht daher, dick und intensiv am Gaumen. Durch die Melasse ist eine deutliche Bitterkeit vorhanden, der Muscovado ist für die Karamellnoten verantwortlich und das Caraaroma bringt Süße und Röstigkeit. Es ist kein einfaches Bier geworden, sondern fordert einen heraus, definitiv nix zum Runterspülen für zwischendurch. Ganz ausgewogen ist es auch noch nicht, aber im Vergleich zu vor 5 Monaten liegen Welten dazwischen.

Kann ich mir gut mit einer Zigarre vorstellen, als Abendbeschäftigung im Winter mit einem Buch oder guten Film. Definitiv ein Bier zum Nippen.
Mal sehen, wie es sich in den nächsten Jahren entwickelt. Ich hoffe, dass es von der Reifung profitiert und sich die vorhandenen Kanten noch auslagern. Soweit ein erster Zwischenstand und ich werde über die weitere Entwicklung berichten.
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#15

Beitrag von hattorihanspeter »

DrFludribusVonZiesel hat geschrieben: Dienstag 7. Juni 2022, 23:12 Ich habe das Bier schonmal zu Weihnachten probiert und es war untrinkbar, viel zu intensiv nach Holz. Mittlerweile hat es sich gelegt und ist deutlich runder geworden, aber die Holzigkeit merkt man noch.
Gerade gärt ein imperial Stout bei mir, das möchte ich ebenfalls mit in Rum getränkten amerikanischen medium toast Eichenholzchips stopfen.
Lt. deinem Eingansgpost hast du 1gr./ L geplant.
Ist es dann auch die Menge geworden und über welche Dauer hattest du gestopft?
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#16

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

hattorihanspeter hat geschrieben: Dienstag 2. August 2022, 08:56Gerade gärt ein imperial Stout bei mir, das möchte ich ebenfalls mit in Rum getränkten amerikanischen medium toast Eichenholzchips stopfen.
Lt. deinem Eingansgpost hast du 1gr./ L geplant.
Ist es dann auch die Menge geworden und über welche Dauer hattest du gestopft?
Servus Hanspeter,

ich habe 3g/l gegeben und für 2 Wochen drin gelassen. Beim nächsten Mal würde ich es bei 2g belassen. Das Bier war anfangs sehr adstringierend und die Holznote ist nach einem Jahr nun nicht mehr aufdringlich, aber noch vorhanden. Ein Hauch weniger wäre perfekt, aber ich hoffe darauf dass es sich noch leicht abmildert.

Ich hab auch schon Mal 5g/l (Wacholderholz) dosiert und das hat sich auch nach mehreren Jahren nicht ausgelagert. Holz sollte man mMn eher eine Spur zurückhaltender dosieren, zuviel (dazu zählt für mich auch schon das Rausschmecken) kann das Bier schwer trinkbar bis ungenießbar machen.

Mein Tipp: bleib bei den 1g/l, das sollte dein Bier komplexer machen und auch das Mundgefühl verstärken.
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#17

Beitrag von rakader »

DrFludribusVonZiesel hat geschrieben: Dienstag 7. Juni 2022, 23:12
Das Bier kommt mit voller Wucht daher, dick und intensiv am Gaumen. Durch die Melasse ist eine deutliche Bitterkeit vorhanden, der Muscovado ist für die Karamellnoten verantwortlich und das Caraaroma bringt Süße und Röstigkeit. Es ist kein einfaches Bier geworden, sondern fordert einen heraus, definitiv nix zum Runterspülen für zwischendurch. Ganz ausgewogen ist es auch noch nicht, aber im Vergleich zu vor 5 Monaten liegen Welten dazwischen.

Kann ich mir gut mit einer Zigarre vorstellen, als Abendbeschäftigung im Winter mit einem Buch oder guten Film. Definitiv ein Bier zum Nippen.
Mal sehen, wie es sich in den nächsten Jahren entwickelt. Ich hoffe, dass es von der Reifung profitiert und sich die vorhandenen Kanten noch auslagern. Soweit ein erster Zwischenstand und ich werde über die weitere Entwicklung berichten.
Top. Danke für die Beschreibung. Habe vor Corona ein sehr sehr ähnliches Bier gemacht, lustigerweise stand auch Tonkamazeration im Entwurf. Und für Pale Chocolate entschied ich mich auch. Die Hefe war allerdings ganz anders - ein Blend aus irischen und schottischen. Werde es mir jetzt nochmal vornehmen und mit Deinem Rezept abgleichen, z.B. der Melasse (Black Strap), von der ich mir Lakritz-Eindrücke verspreche … ganz ekklektisch. Danke für die schöne Doku!

Ach ja: abgefüllt habe ich es Dezember 2019, nach zehn Monaten auf Eichenfass - und es ist immer noch lecker. Du wirst mit Sicherheit noch länger nippen können :Greets

Grüße
Radulph

Edit: Mich würde interessieren, wie Du den Rum selber machst.
---
Viele Grüße / Regards
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#18

Beitrag von hattorihanspeter »

DrFludribusVonZiesel hat geschrieben: Dienstag 2. August 2022, 22:37 Mein Tipp: bleib bei den 1g/l, das sollte dein Bier komplexer machen und auch das Mundgefühl verstärken.
Super, dank Dir!
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#19

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

rakader hat geschrieben: Dienstag 2. August 2022, 23:36 Mich würde interessieren, wie Du den Rum selber machst.
Das is leider nix geworden, keine Ahnung was da schief gegangen ist. Hab dann Kaufrum aus Mauritius benutzt und nicht reingegeben weil vergessen.

Plan war aber folgender: Muscovado und Melasse mit Wasser auf etwa 18B verdünnen und mit Hefe (hab die Kveik Voss genommen weil grad als Erntehefe vorhanden) vergären lassen. Anschließend zweimal brennen, einmal die Maische, anschließend das gesamte gewonnene Destillat nochmals. Spezielle Brennereihefe ist hier wohl zielführender, habe auch keinen anständigen EVG verzeichnen können.

Geschmacklich is es unter "Mutprobe" einzuordnen, nicht wirklich trinkbar.
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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#20

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Zwei Jahre danach nun ein vorläufiger Geschmacksbericht:

Das Bier gießt sich schon leicht viskos ins Glas ein, ist nach der langen Zeit natürlich gut geklärt und hat ein tiefes Dunkelbraun.
signal-2023-10-24-19-17-24-147.jpg
In der Nase dunkles Malz, Melasse und verbrannter Zucker sowie eine leicht wahrnehmbare Alkoholnote. Geschmacklich kommt Karamell und Rosine als erstes in den Sinn, es erinnert vom Malzcharakter her an ein Rochefort 10, aber mit einer viel deutlicheren Bitterkeit und dadurch weniger Gefälligkeit.
Die Eichenholzchips merkt man auch im Geschmack, sie verstärken außerdem den Eindruck der Bitterkeit durch die Adstringenz, die sie mitbringen.

Nebenbei steht als Vergleich ein kleiner Schluck Jamaikarum und man merkt, dass die feinen Noten des Rums - man kann das Zuckerrohr gut rausschmecken - bei meinem Bier vom dunklen Malz erschlagen werden. Im Geschmack können sich nur die dunklen Noten des Muscovados und der Melasse durchsetzen. Hier würde ich für Leute, die diesen Thread in Zukunft als Inspiration hernehmen wollen, raten, mit dem Spezialmalz etwas zurückhaltender als ich zu sein und eine ähnliche Strategie wie die Belgier mit dem Einsatz des Candisyrups zu wählen. Ich glaube, dass dies meinem Bier gut getan hätte. Strategie für nächstes Mal wäre Pale Ale Malz, Caraaroma im Bereich von 2-3% und etwa 1kg Muscovado (oder sogar was helleres) sowie 500g Melasse, IBU eher um die 40 und wenn Eichenholzchips, dann maximal 1,5g/l.

Nichtsdestotrotz ein gelungener Sud und es ist zum Glück weit entfernt von diesen schweren Bieren, die man Schluck für Schluck lutschen muss weil sie zu schwer und sprittig sind.
Es hat Spaß gemacht, die Entwicklung des Bieres zu verfolgen. Von der Untrinkbarkeit nach wenigen Monaten (Holzchips viel zu dominant) zu etwas kantig und letztendlich doch ziemlich rund war es eine interessante Reise. Ich werde das natürlich weiter verfolgen, habe noch etwa 30 Flaschen, die allesamt mit Wachs versiegelt wurden und sich vielleicht in den nächsten Jahren noch minimal verändern werden. Das jetzige Level sollte aber einige Zeit gehalten werden, mal sehen wann der Zenit überschritten sein wird.

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Re: Rezeptfindung Rum-Bier

#21

Beitrag von Stuggbrew »

Vielen Dank für das Update. Ist immer interessant solche „Langzeit“ Themen zu verfolgen.
Mich reizt sowas ja sehr, bislang bin ich aber mit dem trinken schneller als mit der geduld 😂🙈
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