Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

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PabloNop
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#51

Beitrag von PabloNop »

fritzla hat geschrieben: Freitag 18. März 2022, 09:50 Ich würde mich gerne etwas grundlegender mit der "Brauphysik" auseinandersetzen, sprich, die in der Literatur genannten Formeln mit Konstanten nachvollziehen können. Kann mir jemand eine Literaturempfehlung geben?
Du kannst die Erklärungen zu den Refraktometer-Berechnungen im Theorie-Teil auf MMuM lesen. Da steht eigentlich alles. Das Blog von Terrill ist leider aktuell nicht aktiv, aber es gibt noch Formeln von Novotny. Grundsätzlich sind das aber alles nur Schätzungen, daher auch die unterscheidlichen Ergebnisse.
Colindo
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#52

Beitrag von Colindo »

Such mal hier im Forum, da gab es vor einigen Wochen eine Diskussion zu. Die "Standardformel" gilt übrigens allgemein als veraltet, während Terrill von vielen benutzt wird und akkurat bei vollständiger und nahezu vollständiger Gärung ist. Beim Anfang der Gärung ist Novotny die beste, nutzt zum Beispiel dieser Rechner https://www.brewersfriend.com/refractometer-calculator/

Edit: Hatte den Post von Pablo nicht gesehen, da der auf der nächsten Seite war
Auf Youtube: The British Pint
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dmtaylor
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#53

Beitrag von dmtaylor »

fritzla hat geschrieben: Montag 14. März 2022, 17:18 Hallo Brauergemeinde,
ich habe da mal eine Frage!
Mein letzter Biersud hatte eine Stammwürze von 13,1°P (=13,5 Brix), das Jungbier beim Abfüllen einen Refraktorwert von 8,8 Brix. Nun wollte ich gerne Restextrakt, Vergärungsgrad und Alkoholgehalt ermitteln. Dazu gibt es ja bekanntlich gute Rechentools. Doch leider erhält man bei den verschiedenen Tools auch recht verschiedene Ergebnisse (Alkoholgehalt: 3,9% bis 4,8%; Restextrakt: 7,2% bis 6,3%; ...). Im beiliegndem PDF habe ich eine Gegenüberstellung der Ergebnisse bei gleichen Werten der Eingangsgrößen vorgenommen.
Kann mir jemand erklären, wieso so große Unterschiede bei den verschiedenen Tools auftreten und was nun die der Wirklichkeit am nächsten kommenden Werte sind?
Kann mir außerdem jemand gute Literatur empfehlen, über die man selbst mit passablen Physikkenntnissen die Werte berechnen kann, ohne auf die häufig aufgeführten zugeschnittenen Größengleichungen mit Erfahrungs-Pauschalwerten zurückzugreifen?

Schon mal vorab vielen Dank für eure Hilfe.
fritzla
Unterschiedliche Rechenergebnisse für Restextrakt.pdf
Die meisten Refraktometer-Tools, auf die Sie verwiesen haben, verwenden die Terrill-Umrechnungsberechnung, die während der aktiven Fermentation oder wenn die Enddichte größer als 1,014 oder der endgültige Brix oder Plato größer als etwa 3,5 ist, nicht sehr genau ist. Unter diesen Bedingungen ist der Umrechnungsrechner "Standardformel" (in Ihrem Link auf der linken Seite gezeigt) ziemlich gut für diese Bedingungen, ebenso wie der Novotny-Rechner, den Sie bei BrewersFriend.com finden.

Ich kann versuchen, später mehr Informationen zu liefern. Im Moment muss ich gehen, um zur Arbeit zu gehen.
David

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olibaer
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#54

Beitrag von olibaer »

dmtaylor hat geschrieben: Mittwoch 23. März 2022, 11:45 Die meisten Refraktometer-Tools, auf die Sie verwiesen haben, verwenden die Terrill-Umrechnungsberechnung, die während der aktiven Fermentation oder wenn die Enddichte größer als 1,014 oder der endgültige Brix oder Plato größer als etwa 3,5 ist, nicht sehr genau ist. Unter diesen Bedingungen ist der Umrechnungsrechner "Standardformel" (in Ihrem Link auf der linken Seite gezeigt) ziemlich gut für diese Bedingungen, ebenso wie der Novotny-Rechner, den Sie bei BrewersFriend.com finden.
Die Seiten von Sean Terrill sind zur Zeit schwer zu erreichen, aber der angesprochene Kontext lässt sich noch unter
http://seanterrill.com/2010/06/11/refra ... al-gravity
abrufen.

Jim Gosset weißt in einem Blogeintrag vom 01.12.2013 bei Sean(eben da) darauf hin, dass er(Terrill) wohl die ursprünglichen Arbeiten von
Bonham, L. K., “The Use of Handheld Refractometers by Homebrewers,” Zymurgy, 43-45, January/February (2001)
an einer entscheidenden Stelle nicht richtig interpretiert hat. Zitat Jim Gosset:

"... The correction factor (often assumed for initial extract to be 1.04 — i.e., Initial extract = Initial Brix/1.04) is, among other things, to correct for the presence of non-extract constituents in the wort that give a positive RI measure. After fermentation, the fraction these constituents would contribute to final RI would be expected to be much higher than in the initial wort. There is no basis for using the same correction factor for both initial wort and final beer, which is probably why Bonham’s empirical regression did not call for a correction at all. There’s nothing wrong with devising an empirical regression formula to predict FG using any transformation of variables you wish. Heck, you could use Rif + 10 if you wanted, or Rif squared. My point is not that your method is “wrong,” but merely to point out that your critique of Bonham’s is a bit misplaced, since I believe you have misapplied his equation."

Sandro von MMuM greift das Thema ebenfalls auf(inhaltlich, nicht wertend). Zitat:

"Neben dieser Formel (der so genannten Standardformel) hat Sean Terrill in seinem Blog eine alternative Formel vorgestellt, welche im Vergleich zur alten Standardformel eine höhere Präzision haben soll:
Gleichung 2: Restextrakt = 1,0000 – 0,00085683 · BIa + 0,0034941 · BIe
Wobei hier sowohl BIa als auch BIe in würzekorrigierten Brix (Brix / 1.03) verwendet werden
"

Terril wendet den Korrekturfaktor für Würze auch auf Bierproben an.
Jim Gosset begreift diese Vorgehensweise als "from Bonham missapplied" und reibt seine Einschätzung dem Terrill ungeschönt unter die Nase.
Im Ergebnis ist die Terrill-Formel für scheinbare Vergärungsgrade < 40% überhaupt nicht zu gebrauchen und die Vorteile gegenüber der Standard- oder Novotny-Formel im Umfeld von "endvergoren" - die sind marginal.

Terrill als Quasi-Standard. Das verstehe ich nicht.
Gruss
Oli
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christianf
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#55

Beitrag von christianf »

olibaer hat geschrieben: Mittwoch 23. März 2022, 23:00 Jim Gosset weißt in einem Blogeintrag vom 01.12.2013 bei Sean(eben da) darauf hin, dass er(Terrill) wohl die ursprünglichen Arbeiten von
Bonham, L. K., “The Use of Handheld Refractometers by Homebrewers,” Zymurgy, 43-45, January/February (2001)
an einer entscheidenden Stelle nicht richtig interpretiert hat. Zitat Jim Gosset:
Ich kann aber auch die Ableitung der heute bei Hobbybrauern sogenannten Standartformel bei besagtem Artikel von Bonham nicht nachvollziehen. Die Terillformel beruht auf wenigen Meßpunkten, die nicht mit professionellem Equipment gemessen wurden und ist entsprechend wenig verlässlich. Alles in allem halte ich Novotny für die verlässlichste Formel. Die Herleitung ist nachvollziehbar und die Datenbasis solide.
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dmtaylor
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#56

Beitrag von dmtaylor »

Danke Oli für die effektive Zusammenfassung von Gossetts Schlussfolgerungen oben. Diese stimmen mit meinen eigenen Schlussfolgerungen überein. Tatsächlich habe ich nach Dutzenden von Hydrometervergleichen herausgefunden, dass mein eigener "Korrekturfaktor" nicht 1,04 beträgt, wie von Terrill vorgeschlagen, sondern meiner zwischen 0,99 und 1,00 variiert. Mit anderen Worten, ich brauche eigentlich überhaupt keinen Korrekturfaktor, wie von Gossett vorgeschlagen, und die Formeln von Terrill auch nicht.

Unter dem folgenden Link geriet ich in eine lange Diskussion mit Sean Terrill selbst (er ist "a10t2") und versuchte, ihn fast dazu zu bringen, zuzugeben, dass seine Formel bei einem spezifischen Gewicht von mehr als 1,014 nicht so genau ist wie andere. Von diesem Zeitpunkt an hatte ich also Erfolg mit Terrills Formel für Biere mit niedriger Schwerkraft unter 1,014 (wieder unter Verwendung meines Korrekturfaktors von 0,99-1,00), während ich Terrill für andere Proben vollständig ignorierte und stattdessen Ergebnisse von Standard und Novotny verwendete. Diese kommen immer sehr nah raus.

https://www.reddit.com/r/Homebrewing/co ... te_issues/

Ich habe viele Proben sowohl mit Hydrometer als auch Refraktometer für Vergleiche zwischen fünf verschiedenen Berechnungen gemessen, um Gesamtstandardabweichungen von etwa 0,001 für Standard und Novotny und 0,002 für Terrill gegenüber den tatsächlichen Hydrometer-Messwerten zu erhalten. Dieses Wissen ist sehr nützlich für kleine Chargen von 4 bis 7 Litern, bei denen ich nicht einen hohen Prozentsatz der Charge für eine relativ große Aräometerprobe verwenden möchte, sondern nur ein paar Tropfen auf einem Refraktometer.

Ich stimme zu, dass Terrills Berechnungen nicht Standard sein sollten. Entweder die alte "Standard"-Bonham-Berechnung oder die neuen Novotny-Berechnungen sind eine sehr solide Wahl für alle Würzen und Biere, genau auf einen Fehler von 0,001.

Prost!
David

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§11
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#57

Beitrag von §11 »

fritzla hat geschrieben: Freitag 18. März 2022, 09:50 Vielen Dank für den Hinweis. Wie selbstverständlich habe ich bisher immer den Faktor 1,03 beim Umrechnen von Brix zu °P angenommen. Den Begriff Würzekorrekturfaktor kannte ich nicht, bzw. wusste nicht, was in dem Berechnungsformular damit gemeint sei.
Tatsächlich werden die Werte durch die Verwendung des Würzekorrekturfaktors 1,03 einander angenähert, sind aber nicht identisch z.B. Alk (Vol) von 3,9% bis 4,6%. Insbesondere groß ist der Unterschied zwischen den Berechnungen nach Terrill-Formel und Standardformel (bei MMM), z.B. TRE von 6,3% bis 7,2%. Gleiches beim Endvergärungsgrad.

Ich würde mich gerne etwas grundlegender mit der "Brauphysik" auseinandersetzen, sprich, die in der Literatur genannten Formeln mit Konstanten nachvollziehen können. Kann mir jemand eine Literaturempfehlung geben?
Das Problem ist das alle Formeln Näherungen sind. Dabei ist die Näherung nicht in allen Extraktbereichen gleich "gut". Aber es sind nun mal alles Näherungen, da Bier eben ein "Mehrstoffgemisch" mit unbekannter Zusammensetzung ist.

Hier ist schon mal ein guter Start dich in das Problem einzulesen http://seanterrill.com/2010/06/11/refra ... l-gravity/

Gruss

Jan
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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fritzla
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Re: Wichtiges zum Thema "Refraktometer"

#58

Beitrag von fritzla »

Vielen Dank für die vielen Hinweise. Werde versuchen, mich mit den Links mal intensiver einzuarbeiten.
Gruß fritzla
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