Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

Hier sollten Infos und Besprechungen über Fachliteratur der Brautechnik rein (incl. Onlinematerial).
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§11
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Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#1

Beitrag von §11 »

Hallo Forum,

ich wurde gefragt ob ich den Artikel, den ich für die letzte Ausgabe der Zymurgy geschrieben habe, veröffentlichen kann, weil ja viele nicht an das Magazin kommen.

here you go!

Jan
Dateianhänge
2022.6 Zym ND Reinheitsgebot.pdf
(1.59 MiB) 1519-mal heruntergeladen
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mesmerize
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#2

Beitrag von mesmerize »

Vielen Dank Jan, fürs einstellen!!

Sehr schöner Artikel. Wie stehen denn die Amerikaner zu dem Thema? Wenn Du Feedback aus den USA dazu bekommst, berichte doch einmal.

:thumbsup
Beste Grüße
Tommy
Two beer or not two beer, that's the question! :Drink -
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Alt-Phex
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#3

Beitrag von Alt-Phex »

Schöner Artikel. RHG-Jünger müssen aber gaaanz tapfer sein.
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

"Viele Biere werden am Etikettierer gemacht"
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gulp
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#4

Beitrag von gulp »

Was ich auf Facebook dazu gesagt habe:

>>>>Servus Jan, das passiert mir ganz selten, dass ich einen Artikel in der Zymurgy sofort zu Ende lese. Diesmal war das mal wieder der Fall und es hat sich rentiert. You must be strong now, wunderbar!
Keine Steuer auf die Hefe und deshalb nicht im Märchengebot erwähnt, sehr interessant!
Merci für den guten Artikel!<<<<

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

https://biergrantler.de
https://stixbraeu.de
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#5

Beitrag von Colindo »

Toller Artikel. Danke dafür, Jan!
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#6

Beitrag von DietmarK »

Sehr informativer Artikel, danke dafür!

Ich denke man hätte die Vorteile des RHG vielleicht noch etwas stärker herausarbeiten können.
Sicherlich trägt das RHG zum positiven Eindruck bei, den die Welt von deutschen Produkten hat. Damit hilft/half es nicht nur der kompletten Baubranche sondern (indirekt) auch den meisten anderen Industriezweigen.
Qualität, Verlässlichkeit, Kompetenz etc - nicht ganz unwichtige Punkte im global Branding

Cheers
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Cheers!
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Occhio
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#7

Beitrag von Occhio »

Schöner Artikel, aber ich vermisse die Erwähnung des Weissbiermonopols. Es ging doch auch hauptsächlich um den schnöden Mammon oder liege ich da falsch?
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#8

Beitrag von Vestenrunner »

Occhio hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 09:23 Schöner Artikel, aber ich vermisse die Erwähnung des Weissbiermonopols. Es ging doch auch hauptsächlich um den schnöden Mammon oder liege ich da falsch?
Wird doch erwähnt, 3. Spalte ab Zeile 11. "Had they truly been convinced of barley’s “purity” for brewing, it would have been crazy for them to allow the Baron of Degenberg in 1548, only 33 years after the proclamation of the “Reinheitsgebot,” to brew wheat beer and to make brewing with weat a privilege of the royals."

Ich finde den Artikel interessant wie sich das alles über die Zeit warum entwickelt hat. Details werde ich mir wie immer nicht merken können sonst wäre ich Geschichtsprofessor geworden.
1. Es gibt nix Bessers wäi wos Gouds!
2. Die Frauen schimpfen immer nur über das Saufen. Über den Durst sagen sie nichts.
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#9

Beitrag von Occhio »

Nicht ganz, denn das Weissbiermonopol entstand ja erst danach, als das Weissbierbraurecht wieder an die Wittelsbacher zurückfiel und 200 Jahre andauerte…

Es ging beim Weizen halt nicht nur um die Ernährung der Bevölkerung sondern eben auch um die leeren Staatskassen und die Finanzierung des 30-jährigen Krieges.
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#10

Beitrag von Colindo »

Die Vereinheitlichung für ganz Deutschland 1906 geschah ja auch im Rahmen eines Finanzierungspakets der kaiserlichen Marine. Das zeigt auch noch einmal deutlich, dass es den Herrschern nie um Lebensmittelgesetze ging. Aber so viele Details kann man unmöglich in einen Artikel fassen.
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#11

Beitrag von secuspec »

Super 👍 Danke 🙏
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#12

Beitrag von §11 »

Danke für euer Feedback!
mesmerize hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 00:29 Vielen Dank Jan, fürs einstellen!!

Sehr schöner Artikel. Wie stehen denn die Amerikaner zu dem Thema? Wenn Du Feedback aus den USA dazu bekommst, berichte doch einmal.

:thumbsup
Die sehen, wie so vieles aus der alten Welt, das Ganze mit einer rosaroten Brille. Wir wissen ja, Krankenversicherung für jeden umsonst, Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung und eben gutes Bier aus Eimern im Biergarten. Das ist Deutschland. Dabei trifft halt leider geballtes Unwissen oft auf romantische Verblendung. Allerdings kann man es niemanden übel nehmen, da ja genau diese 'Message' so gerne auch vom Marketing gestreut wird. Allerdings zeigt sich in den Brauereien in den USA auch wie gut wir es haben mit den gesetzlichen Regelungen die wir haben, weil hier wirklich viele Hilfsmittelchen aus dem Labor benutzt werden und das durchaus auch in der Craftszene.

Nicht ganz, denn das Weissbiermonopol entstand ja erst danach, als das Weissbierbraurecht wieder an die Wittelsbacher zurückfiel und 200 Jahre andauerte…

Es ging beim Weizen halt nicht nur um die Ernährung der Bevölkerung sondern eben auch um die leeren Staatskassen und die Finanzierung des 30-jährigen Krieges.
Historisch spricht man bereits ab 1548, also mit der Übertragung des Weizenbierbraurechts auf die Herren von Degenberg, vom sog. Weißbierprivileg. Das ging 1602, mit dem Tot des letzten Degenbergers in der Manneslinie, zurück an Herzog Max I von Bayern. Aber das Weissbierregal ist ein ganz anderes, nicht minder interessantes Thema. Was viele übersehen, es war ja nicht nur das Recht Weissbier, also obergärig, zu brauen und das eben auch mit Weizen, es befreite ebenfalls vom Sommerbrauverbot das Albrecht V 1553 proklamiert hat und es beinhaltete die Pflicht aller Wirte, im Wirkungsgebiet, neben dem eigenen Braun- oder Rotbier, auch das herzögliche Weissbier anzubieten. Heisst im Umkehrschluss, wer im Sommer frisches Bier wollte, war gezwungen Weissbier zu trinken.
Weissbierprivileg.jpg
Quelle: https://www.historisches-lexikon-bayern ... Weizenbier
Ich denke man hätte die Vorteile des RHG vielleicht noch etwas stärker herausarbeiten können.
Sicherlich trägt das RHG zum positiven Eindruck bei, den die Welt von deutschen Produkten hat. Damit hilft/half es nicht nur der kompletten Baubranche sondern (indirekt) auch den meisten anderen Industriezweigen.
Qualität, Verlässlichkeit, Kompetenz etc - nicht ganz unwichtige Punkte im global Branding
Da sehe ich allerdings andere Produkt in der Wahrnehmung wesentlich weiter vorne. "German Engineering" ist ein stehender Begriff hier in den USA und dient der Wertschätzung vor allem von technischen Produkten, wie Autos, und Maschinen. Gerade im Braugewerbe sind die deutschen Anlagenbauer ganz vorne mit dabei.

Cheers!

Jan
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#13

Beitrag von §11 »

Colindo hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 11:11 Die Vereinheitlichung für ganz Deutschland 1906 geschah ja auch im Rahmen eines Finanzierungspakets der kaiserlichen Marine. Das zeigt auch noch einmal deutlich, dass es den Herrschern nie um Lebensmittelgesetze ging. Aber so viele Details kann man unmöglich in einen Artikel fassen.
Ja und nein, denn durch die Reservatsrechte, die sich Bayern beim Reichsbeitritt 1871 gesichert hat, fiel die Bier- und Branntweinsteuer, Bayern zu und nicht dem Reich. Die selben Reservatsrechte gestanden Bayern auch sehr viel Freiheiten im Militärwesen zu. Zur Finanzierung der kaiserlichen Marine hat Willi II. 1902 vor allem die Schaumweinsteuer eingeführt.

Allerdings spielen all diese "Alkoholsteuern" heute eine relativ geringe Rolle. Insgesamt machen Branntweinsteuer, Biersteuer, Schaumweinsteuer, Zwischenerzeugnissteuer und Alkopopsteuer, nicht mal ein Prozent der gesamten Steuereinnahmen aus.

Cheers!

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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#14

Beitrag von scne59 »

Schöne Zusammenfassung, danke dafür.
Und die Text-Bild-Schere mit der Werbung für gentechnisch modifizierte Hefe ist noch ein besonderes Schmankerl.

Inhaltlich hätte man noch die Formulierung "but other malts and sugars were permitted for ales." optimeren könne.
Klar, der gemeine US-Amerikaner unterscheidet die Bierwelt in Lager und Ale, aber aus deutscher Legalperspektive ist sicher nicht jedes obergärige Bier ein Ale.

Prost.
Jochen
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#15

Beitrag von §11 »

scne59 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 12:22
Inhaltlich hätte man noch die Formulierung "but other malts and sugars were permitted for ales." optimeren könne.
Klar, der gemeine US-Amerikaner unterscheidet die Bierwelt in Lager und Ale, aber aus deutscher Legalperspektive ist sicher nicht jedes obergärige Bier ein Ale.

Prost.
Jochen
Das ist ja insofern weniger relevant, weil der Artikel in der Zymurgy, also dem Magazin der American Homebrewers Association in den USA erschienen ist. Die Amerikaner tun sich nach wie vor schwer mit der Einteilung "top-fermented" und 'bottom-fermented'. Die Bezeichung Lager für UG und Ale für OG ist hier eigentlich gebräuchlich und eindeutig.

Cheers!

Jan
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#16

Beitrag von Colindo »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 12:17 Ja und nein, denn durch die Reservatsrechte, die sich Bayern beim Reichsbeitritt 1871 gesichert hat, fiel die Bier- und Branntweinsteuer, Bayern zu und nicht dem Reich. Die selben Reservatsrechte gestanden Bayern auch sehr viel Freiheiten im Militärwesen zu. Zur Finanzierung der kaiserlichen Marine hat Willi II. 1902 vor allem die Schaumweinsteuer eingeführt.
Das heißt Bayern hat die Einnahmen aus der Biersteuer behalten? Dann wäre es ja bei deutschlandweiten Reformen trotzdem ein Vorteil für Einnahmen aus dem Rest Deutschlands gewesen, oder nicht?
Ich bezog mich hierauf: https://www.mbaa.com/publications/tq/tq ... 831-01.pdf
Ab S. 13ff bzw. Ende S. 12ff geht es um die Einführung im Jahr 1906.
§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 12:17 Allerdings spielen all diese "Alkoholsteuern" heute eine relativ geringe Rolle. Insgesamt machen Branntweinsteuer, Biersteuer, Schaumweinsteuer, Zwischenerzeugnissteuer und Alkopopsteuer, nicht mal ein Prozent der gesamten Steuereinnahmen aus.
Wenn man dann noch bedenkt, dass der Staat beim Eintreiben des Hobbybraueranteils Miesen macht, umso erschreckender.
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#17

Beitrag von §11 »

Colindo hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 14:25
§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 12:17 Ja und nein, denn durch die Reservatsrechte, die sich Bayern beim Reichsbeitritt 1871 gesichert hat, fiel die Bier- und Branntweinsteuer, Bayern zu und nicht dem Reich. Die selben Reservatsrechte gestanden Bayern auch sehr viel Freiheiten im Militärwesen zu. Zur Finanzierung der kaiserlichen Marine hat Willi II. 1902 vor allem die Schaumweinsteuer eingeführt.
Das heißt Bayern hat die Einnahmen aus der Biersteuer behalten? Dann wäre es ja bei deutschlandweiten Reformen trotzdem ein Vorteil für Einnahmen aus dem Rest Deutschlands gewesen, oder nicht?
Ich bezog mich hierauf: https://www.mbaa.com/publications/tq/tq ... 831-01.pdf
Ab S. 13ff bzw. Ende S. 12ff geht es um die Einführung im Jahr 1906.
§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 12:17 Allerdings spielen all diese "Alkoholsteuern" heute eine relativ geringe Rolle. Insgesamt machen Branntweinsteuer, Biersteuer, Schaumweinsteuer, Zwischenerzeugnissteuer und Alkopopsteuer, nicht mal ein Prozent der gesamten Steuereinnahmen aus.
Wenn man dann noch bedenkt, dass der Staat beim Eintreiben des Hobbybraueranteils Miesen macht, umso erschreckender.
Das ist Alles nicht so ganz einfach, weil ja diese Änderungen alle nach und nach kamen. Bayern ist proforma am 23.11.1870 dem Norddeutschen Bund beigetreten. Damals aber unter vorbehalt der sog. Reservatsrechte, die unter anderem die Biersteuer umfassten. Das hat wohl auch zu ordenlich Ärge im Bund gesorgt, denn die hohen Biersteuereinnahmen in Bayern verblieben in Bayern, während z.B. Kaffee- und Teeabgaben, die vor allem im Norden recht einträglich waren, gingen ans "Reich". Das regelte das preussische Gesetz zur Besteuerung des inländischen Brantweins, Braumalzes, Weinmostes und der Tabakblätter vom 8.2.1819. Hiernach waren 16 Groschen je Zentner Malz fällig. Hier auch ein Unterschied zum bayrischen Gesetz, das ein Volumen und kein Gewicht des Malzes als Grundlage hatte.

Diese Reservatsrechte wurden dann am 16.4.1871 in die neue Reichverfassung des am 18.1.1871 ausgerufenen Deutschen Reichs. Bayern trat dem Reich am 30.1.1871, allerdings rückwirkend zum 1.1.1871 bei.

Bayern ist dann am 24.06.1919 auch der sogenannten Biersteuergemeinschaft beigetreten (nicht ganz freiwillig). Ab dem 1.7.1919, dem Tag des Inkrafttretens war die Biersteuer im Reich einheitlich. Durch die Weiomarer Verfassung vom 14.8.1919 war dann auch offiziell Schluss mit den Reservatsrechten und der bayrischen Sonderstellung.
Vorher gab es im Reich 5 Biersteuergebiete.
1. Die Biersteuergemeinschaft des Norddeutschen Bundes, später des Reiches
2. Bayern
3. Würtenberg
4. Baden
5. Elsass-Lothringen (so lange es zum Reich gehörte)

Auch das ist nur eine sehr kurze Zusammenfassung :Wink

Cheers

Jan
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#18

Beitrag von Colindo »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 15:12 Das ist Alles nicht so ganz einfach, weil ja diese Änderungen alle nach und nach kamen. Bayern ist proforma am 23.11.1870 dem Norddeutschen Bund beigetreten. Damals aber unter vorbehalt der sog. Reservatsrechte, die unter anderem die Biersteuer umfassten. Das hat wohl auch zu ordenlich Ärge im Bund gesorgt, denn die hohen Biersteuereinnahmen in Bayern verblieben in Bayern, während z.B. Kaffee- und Teeabgaben, die vor allem im Norden recht einträglich waren, gingen ans "Reich". Das regelte das preussische Gesetz zur Besteuerung des inländischen Brantweins, Braumalzes, Weinmostes und der Tabakblätter vom 8.2.1819. Hiernach waren 16 Groschen je Zentner Malz fällig. Hier auch ein Unterschied zum bayrischen Gesetz, das ein Volumen und kein Gewicht des Malzes als Grundlage hatte.

Diese Reservatsrechte wurden dann am 16.4.1871 in die neue Reichverfassung des am 18.1.1871 ausgerufenen Deutschen Reichs. Bayern trat dem Reich am 30.1.1871, allerdings rückwirkend zum 1.1.1871 bei.

Bayern ist dann am 24.06.1919 auch der sogenannten Biersteuergemeinschaft beigetreten (nicht ganz freiwillig). Ab dem 1.7.1919, dem Tag des Inkrafttretens war die Biersteuer im Reich einheitlich. Durch die Weiomarer Verfassung vom 14.8.1919 war dann auch offiziell Schluss mit den Reservatsrechten und der bayrischen Sonderstellung.
Vorher gab es im Reich 5 Biersteuergebiete.
1. Die Biersteuergemeinschaft des Norddeutschen Bundes, später des Reiches
2. Bayern
3. Würtenberg
4. Baden
5. Elsass-Lothringen (so lange es zum Reich gehörte)

Auch das ist nur eine sehr kurze Zusammenfassung :Wink

Cheers

Jan
Wow, ja das ist deutlich komplizierter als ich ahnte. Ich kannte von der Geschichte nur Ausschnitte. Von daher danke für die Übersicht.

Steuer nach Malzvolumen war in England auch sehr lange üblich.
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#19

Beitrag von §11 »

Colindo hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 15:15
§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 15:12 Das ist Alles nicht so ganz einfach, weil ja diese Änderungen alle nach und nach kamen. Bayern ist proforma am 23.11.1870 dem Norddeutschen Bund beigetreten. Damals aber unter vorbehalt der sog. Reservatsrechte, die unter anderem die Biersteuer umfassten. Das hat wohl auch zu ordenlich Ärge im Bund gesorgt, denn die hohen Biersteuereinnahmen in Bayern verblieben in Bayern, während z.B. Kaffee- und Teeabgaben, die vor allem im Norden recht einträglich waren, gingen ans "Reich". Das regelte das preussische Gesetz zur Besteuerung des inländischen Brantweins, Braumalzes, Weinmostes und der Tabakblätter vom 8.2.1819. Hiernach waren 16 Groschen je Zentner Malz fällig. Hier auch ein Unterschied zum bayrischen Gesetz, das ein Volumen und kein Gewicht des Malzes als Grundlage hatte.

Diese Reservatsrechte wurden dann am 16.4.1871 in die neue Reichverfassung des am 18.1.1871 ausgerufenen Deutschen Reichs. Bayern trat dem Reich am 30.1.1871, allerdings rückwirkend zum 1.1.1871 bei.

Bayern ist dann am 24.06.1919 auch der sogenannten Biersteuergemeinschaft beigetreten (nicht ganz freiwillig). Ab dem 1.7.1919, dem Tag des Inkrafttretens war die Biersteuer im Reich einheitlich. Durch die Weiomarer Verfassung vom 14.8.1919 war dann auch offiziell Schluss mit den Reservatsrechten und der bayrischen Sonderstellung.
Vorher gab es im Reich 5 Biersteuergebiete.
1. Die Biersteuergemeinschaft des Norddeutschen Bundes, später des Reiches
2. Bayern
3. Würtenberg
4. Baden
5. Elsass-Lothringen (so lange es zum Reich gehörte)

Auch das ist nur eine sehr kurze Zusammenfassung :Wink

Cheers

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Wow, ja das ist deutlich komplizierter als ich ahnte. Ich kannte von der Geschichte nur Ausschnitte. Von daher danke für die Übersicht.

Steuer nach Malzvolumen war in England auch sehr lange üblich.
Dieser ganze Wahnsinn schwingt übrigens bis Heute mit. Hier liegt z.B. der ursprung warum in ganz Deutschland in obergärigen Bieren Zucker erlaubt ist, während in Bayern das sogenannte Surrogatesverbot nachhallt und den Einsatz verbietet. Auch ein Grund warum andere Bundesländer relativ lax mit der Vergabe von Genehmigungen für sogenannte 'besondere Biere' umgehen, während diese in Bayern faktisch nicht existent sind.

Cheers

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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#20

Beitrag von Colindo »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 15:46 Dieser ganze Wahnsinn schwingt übrigens bis Heute mit. Hier liegt z.B. der ursprung warum in ganz Deutschland in obergärigen Bieren Zucker erlaubt ist, während in Bayern das sogenannte Surrogatesverbot nachhallt und den Einsatz verbietet. Auch ein Grund warum andere Bundesländer relativ lax mit der Vergabe von Genehmigungen für sogenannte 'besondere Biere' umgehen, während diese in Bayern faktisch nicht existent sind.
Ja, ich muss sagen, das habe ich früh mitbekommen. Bin schon froh, dass ich in NRW lebe, da ist es wenigstens theoretisch möglich, ein englisches Bier mit Invertzucker kommerziell herzustellen.
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#21

Beitrag von hiasl »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 15:46 Auch ein Grund warum andere Bundesländer relativ lax mit der Vergabe von Genehmigungen für sogenannte 'besondere Biere' umgehen, während diese in Bayern faktisch nicht existent sind.
In Bayern nicht nur nicht existent, sondern sogar per Verordnung untersagt:
viewtopic.php?p=173959&hilit=Bayern#p173959
Auf Grund des Artikels 2 des Gesetzes, betreffend Abweichungen von dem Biersteuergesetz vom 26. Juli 1918, vom 9. Juli 1922 (RGBl. S. 572) und des § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Eintritt der Freistaaten Bayern und Baden in die Biersteuergemeinschaft2) vom 24. Juni 1919/9. Juli 1923 (RGBl. 1919 S. 599/1923 S. 563) wird bestimmt:
Die Anwendung der Vorschriften des Biersteuergesetzes3) vom 14. 3. 1952 (BGBl. I S. 149) über die Verwendung von Zucker und von aus Zucker hergestellten Farbmitteln sowie von Süßstoff bei der Bereitung obergärigen Biers, ferner der Vorschriften in § 9 Abs. 5 und 6 dieses Gesetzes3) bleibt für Bayern ausgeschlossen.
Staatsministerium der Finanzen
§9 Abs. 5 entspricht dem heutigen Abs. 7, in dem die Außnahmen geregelt sind ("Besondere Biere").
Interessanterweise beinhaltet der genannte Abs. 6 (heute Abs. 8) das Bier der Hausbrauer ("nur für den Hausbedarf"), was theoretisch auch auf die Hobbybrauer zuträfe. Wobei der Begriff Hausbrauer wahrscheinlich zu der damaligen Zeit eine andere Bedeutung hatte. Hobbybrauer gab's ja bei Strafe noch nicht... :P
Gruß
Matthias
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#22

Beitrag von renzbräu »

Hallo!
Schöner Beitrag, auch die sehr detaillierten geschichtlichen Ausführungen :thumbsup

Eine Frage zur Bamberger Umgeldordnung:
Wo genau bzw mit welchem Begriff ist die Hefe erwähnt?
https://www.historisches-lexikon-bayern ... ebot,_1516

Hier wird die Hefe erwähnt. Als die Bamberger Umgeldordnung entdeckt wurde, war in den Publikationen von Malz, Hopfen und Wasser die Rede. Der Originaltext ist nicht leicht lesbar...
Grüße Johannes

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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#23

Beitrag von §11 »

hiasl hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 16:45
§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 15:46 Auch ein Grund warum andere Bundesländer relativ lax mit der Vergabe von Genehmigungen für sogenannte 'besondere Biere' umgehen, während diese in Bayern faktisch nicht existent sind.
In Bayern nicht nur nicht existent, sondern sogar per Verordnung untersagt:
viewtopic.php?p=173959&hilit=Bayern#p173959
Auf Grund des Artikels 2 des Gesetzes, betreffend Abweichungen von dem Biersteuergesetz vom 26. Juli 1918, vom 9. Juli 1922 (RGBl. S. 572) und des § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Eintritt der Freistaaten Bayern und Baden in die Biersteuergemeinschaft2) vom 24. Juni 1919/9. Juli 1923 (RGBl. 1919 S. 599/1923 S. 563) wird bestimmt:
Die Anwendung der Vorschriften des Biersteuergesetzes3) vom 14. 3. 1952 (BGBl. I S. 149) über die Verwendung von Zucker und von aus Zucker hergestellten Farbmitteln sowie von Süßstoff bei der Bereitung obergärigen Biers, ferner der Vorschriften in § 9 Abs. 5 und 6 dieses Gesetzes3) bleibt für Bayern ausgeschlossen.
Staatsministerium der Finanzen
§9 Abs. 5 entspricht dem heutigen Abs. 7, in dem die Außnahmen geregelt sind ("Besondere Biere").
Interessanterweise beinhaltet der genannte Abs. 6 (heute Abs. 8) das Bier der Hausbrauer ("nur für den Hausbedarf"), was theoretisch auch auf die Hobbybrauer zuträfe. Wobei der Begriff Hausbrauer wahrscheinlich zu der damaligen Zeit eine andere Bedeutung hatte. Hobbybrauer gab's ja bei Strafe noch nicht... :P
Das meinte ich eigentlich mit "faktisch". Interessant ist ja in diesem Zusammenhang das Gerichtsurteil zum schwarzen Abt.
Die Richter hatten ja damals folgendes entschieden:
Mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit wäre es nicht vereinbar, die Herstellung von Bier ausnahmslos dem deutschen Reinheitsgebot zu unterwerfen. § 9 VorlBierG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil er die Möglichkeit von Ausnahmen vorsieht. Allerdings ist eine großzügige Handhabung geboten.

Ein unter Einhaltung des Reinheitsgebots gebrautes untergäriges Bier, dem nach der Filtrierung aus geschmacklichen Gründen Invertzuckersirup zugesetzt wird, ist ein "besonderes Bier" im Sinne von § 9 Abs. 7 VorlBierG, dessen Herstellung genehmigt werden kann.
weiter dann im Urteil:
Die Revision ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf die begehrte Genehmigung sowohl für das Herstellen ihres Getränks (1.) als auch für dessen Inverkehrbringen als Bier (2.) zu.
1. Nach § 9 Abs. 1 des Vorläufigen Biergesetzes (VorlBierG) vom 21. Dezember 1992 (Art. 1 § 27 des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes, BGBl I S. 2150) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 1992 (BGBl I S. 1399), zuletzt geändert durch Art. 109 der Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl I S. 2785, 2806), darf zur Bereitung von untergärigem Bier, abgesehen von den Vorschriften in den Absätzen 4 bis 6, nur Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden. Nach § 9 Abs. 7 VorlBierG kann auf Antrag im einzelnen Fall zugelassen werden, dass bei der Bereitung von besonderen Bieren von Absatz 1 abgewichen wird. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine derartige Genehmigung zu.
Weiter dann im Urteil warum dann die gesetzlichen Regelungen nicht allgemein verfassungswidrig sind:
Der vorliegende Fall erfordert nicht, zu den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken abschließend Stellung zu nehmen. Mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar wäre es jedenfalls, die Herstellung von Bier dem Reinheitsgebot ausnahmslos zu unterwerfen; zu rechtfertigen ist die Geltung des Reinheitsgebots vielmehr allenfalls als Regel, die begründeten Ausnahmen zugänglich ist. § 9 VorlBierG genügt diesen Anforderungen, weil er in Absatz 7 die Möglichkeit von Ausnahmen vorsieht. Allerdings muss die Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift von den beschriebenen verfassungsrechtlichen Anforderungen geleitet sein. Das verlangt eine großzügige Handhabung.
Das ist aber eben für Bayern der Fall. :Wink

Aber wo kein Kläger da kein Richter.

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Jan
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#24

Beitrag von §11 »

renzbräu hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 17:22 Hallo!
Schöner Beitrag, auch die sehr detaillierten geschichtlichen Ausführungen :thumbsup

Eine Frage zur Bamberger Umgeldordnung:
Wo genau bzw mit welchem Begriff ist die Hefe erwähnt?
https://www.historisches-lexikon-bayern ... ebot,_1516

Hier wird die Hefe erwähnt. Als die Bamberger Umgeldordnung entdeckt wurde, war in den Publikationen von Malz, Hopfen und Wasser die Rede. Der Originaltext ist nicht leicht lesbar...
Die Frage hatte mich auch interessiert und hab mich vor einiger Zeit an die Bayrische Staatsbibliothek gewandt. Hier die Antwort
Sehr geehrter Bruecklmeier,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

In der Bamberger Ungeldordnung ist der Begriff "Hefe" als erlaubte Zutat tatsächlich enthalten, am Ende der in der Bildunterschrift genannten Zeile 28 (6. Zeile von unten). "Hefe" taucht hier in der Bezeichnung "Gerbe" auf.

Nähere Infos finden Sie in folgenden Beiträgen:

Klaus Rupprecht, Das "Bamberger Reinheitsgebot". Bestandteil der Ungeldordnung von 1489, in: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 151 (2015), 73-86.

Reinhard Riepertinger u. a. (Hg.), Bier in Bayern. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2016 (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 65), Augsburg 2016, Kat.nr. 029, S. 153.

Ungeldordnung.JPG
Quelle: https://www.historisches-lexikon-bayern ... ebot,_1516
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#25

Beitrag von renzbräu »

Cool, Danke! :Cool
Ich hatte schon diverse fränkische (Fach-)Wörterbüchern nach möglichen Begriffen abgesucht, dass nun aber germ zu gerbe verschliffen ist...
Grüße Johannes

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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#26

Beitrag von bwanapombe »

Hallo Johannes,

ich teile Deine Zweifel am linguistischen Befund und meine da ist nichts abgeschliffen, sondern das sind zwei Wörter unterschiedlichen Ursprungs.

Meiner Meinung nach ist Gerbe mit ahd. und mhd. garwen (bereiten) verwandt, germ aber mit jesem, gesen, geren, jeren (davon auch das engl.yeast, dt. Gischt etc.).

Ein drittes Wort für das, was wir heute Hefe nennen, ist niederdt. Bärme das wohl - wen wundert's? - mit dem von Kelten entlehnten Wort Bier verwandt ist, das seinen Ursprung aus einem Wort mit der Bedeutung kochen teilt. Man denke hier nur an die optischen Ähnlichkeiten der Gärung mit dem Sieden.

Dirk
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#27

Beitrag von renzbräu »

Sowohl Grimm als auch Adelung bieten die Variante germ und gerb.
„GERM, m. und f.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=G09119>, abgerufen am 03.11.2022.
„Hêfen“, Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (Ausgabe letzter Hand, Leipzig 1793–1801), digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/Adelung?lemid=H01522>, abgerufen am 03.11.2022.
"Die gleichbedeutenden Wörter von Hefen bestätigen diese Ableitung, wohin das in den gemeinen Mundarten gehörige Bärme, welches mit dem Latein. Fermentum überein kommt, von dem alten bären, heben, das Oberdeutsche Gärm, Germ, Görm, Baier. die Gerben, von gähren, das Österreich. Urhab, Ura, Nura, und andere mehr gehören; S. auch Sauerteig. In Steiermark werden die Hefen Gleger, von legen, genannt."
gerbe ist also plausibel.
Grüße Johannes

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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#28

Beitrag von §11 »

renzbräu hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 22:46 gerbe ist also plausibel.
Das es plausibel, davon gehe ich aus. Die oben kopierte Antwort kommt ja nicht vom Bibliothekar, sondern vom Historiker der Staatsbibliothek. Die Aussage stützt sich ja zudem auf die Untersuchung der Ungeldordnung, die erst 2014 im Bamberger Staatsarchiv entdeckt wurde

Cheers

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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#29

Beitrag von hiasl »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 3. November 2022, 18:08 Weiter dann im Urteil warum dann die gesetzlichen Regelungen nicht allgemein verfassungswidrig sind:
Der vorliegende Fall erfordert nicht, zu den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken abschließend Stellung zu nehmen. Mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar wäre es jedenfalls, die Herstellung von Bier dem Reinheitsgebot ausnahmslos zu unterwerfen; zu rechtfertigen ist die Geltung des Reinheitsgebots vielmehr allenfalls als Regel, die begründeten Ausnahmen zugänglich ist. § 9 VorlBierG genügt diesen Anforderungen, weil er in Absatz 7 die Möglichkeit von Ausnahmen vorsieht. Allerdings muss die Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift von den beschriebenen verfassungsrechtlichen Anforderungen geleitet sein. Das verlangt eine großzügige Handhabung.
Das ist aber eben für Bayern der Fall. :Wink

Aber wo kein Kläger da kein Richter.
Das hieße ja im Prinzip, dass die Anordnung des StmF, also das Ausklammern der Sondergenehmigungsfähigkeit, die übrigen Bestimmungen des vorl. BierG verfassungswidrig werden ließe. Wahrscheinlich einer der Gründe, warum die Post von Herrn Feuerbach mutmaßlich in vielen Landratsämtern geschreddert wird. :redhead
Die Brauer, die Nicht-RHG-Biere auch in Bayern herstellen, haben sicherlich schon die Klageschrift ihrer Anwälte in den Schubladen liegen.

Der Brauerbund wäre echt gut beraten, endlich mal mit der Politik in die Pötte zu kommen. :puzz
Gruß
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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#30

Beitrag von bwanapombe »

Dass der Text als gerbe zu lesen ist und auch so geschrieben sein wollte, ist sicher richtig.

Ich ergänze mal meinen Beitrag von oben: germ und gerbe können auch vom selben Wortstamm kommen. Allerdings ist es gerben das zu germ verschliffen ist und nicht anders herum. Daneben gibt aber auch die Möglichkeit, dass hier zwei Wortstämme unterschiedlicher Herkunft und Bedeutung (jesen etc und garwen) zu einem Wort "zusammengewachsen" sind, weil aus beiden Wörter für Hefe entstanden sind. Ist aber für den Text nur am Rande interessant.

Was mir ins Auge sprang: Mit der Nennung der Hefe im Bamberger Bierbrauereid (1498), kommt dieser einem Zutatengebot näher als die Landesordnung von 1516. Vielen Dank für den Artikel und für die Posts!

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Re: Zymurgy - Volume 45: The German Reinheitsgebot

#31

Beitrag von renzbräu »

bwanapombe hat geschrieben: Freitag 4. November 2022, 09:45 Allerdings ist es gerben das zu germ verschliffen ist und nicht anders herum.
Nachdem ich in oben zitierten Wörterbücher zu den betreffenden Wortfeldern gelesen habe: Stimmt.
mhd gerwe - bei b und w ist der Weg nicht weit, wird gerbe draus; bei germ gab es eine Zusammenziehung. Nur ist germ der (im Süden) landschaftlich heute geläufigere Begriff. Daher erstmal meine Verwunderung.
Wer es genau wissen will:
„gerbe, f.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=G08410>, abgerufen am 04.11.2022.
Grüße Johannes

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