Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

Antworten
Stoffel_84
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 68
Registriert: Mittwoch 4. Januar 2023, 18:41

Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

#1

Beitrag von Stoffel_84 »

Ich habe am Sonntag ein IPA mit 16,8 °P gebraut. Am Montagmorgen mit einer US 05 Erntehefe versetzt. Als ich am Montagabend nach Hause gekommen bin, ist das 30 Liter Gärfass mit 24 Liter Inhalt übergeschäumt. Ich habe alles gereinigt und das Gärrohr getaucht. Nun zum eigentlichen Problem. Außen am Gärfass habe ich den Temperaturfühler für den Inkbird mit Klebeband befestigt. Dieser hat am Montagabend bei 18°C Raumtemperatur noch 23,2 °C angezeigt. Die Temperatur im Gärfass dürft deutlich höher gewesen sein. Am Dienstagmorgen waren es immer noch 21,5 °C beim nicht isolierten Gärfass. Enzwischen ist die Heizmatte und Isolierung drauf und das Gärfass wird auf 19 °C gehalten.

Nun habe ich die Sorge, dass durch die viel zu hohe Gärtemperatur am Beginn der Gärung zu viele Ester und Fuselalkohole gebildet haben. Inwiefern kann ich das Bier durch Auslagern noch retten?

LG
Stoffel
Benutzeravatar
Johnny H
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 3998
Registriert: Donnerstag 31. Januar 2013, 22:08
Wohnort: Graz, Österreich

Re: Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

#2

Beitrag von Johnny H »

Ester lagern sich, wenn überhaupt, nur sehr langsam raus. Höhere Alkohole meines Wissens auch nicht oder kaum.

Da Dir ja vor allem am Anfang der Gärung die Temperatur weggelaufen ist, dürften eher viele höhere Alkohole gebildet worden sein. Esterbildung erfolgt normalerweise erst später während der Gärung (so ab ~50% Vergärgrad bis hin zum Ende). Wobei die Präsenz höherer Alkohole auch die Esterbildung beeinflussen kann, da diese selbst zu Estern weiterreagieren können, zumindest in meinem Verständnis.

Wie stark nun gerade die US-05 zu beidem neigt, kann ich gar nicht so sehr sagen. Da bleibt m.E. nur abwarten und probieren.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
Colindo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1517
Registriert: Dienstag 16. Februar 2021, 16:36
Wohnort: bei Düsseldorf

Re: Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

#3

Beitrag von Colindo »

Fermentis gibt keine klare Angabe zur Erzeugung von Fuseln, nur dass die ideale Gärtemperatur laut Datenblatt zwischen 18°C und 26°C liegen sollte. Es ist davon auszugehen, dass sich ordentlich Fusel gebildet haben, es gibt aber auch Hefen, die bei 25°C noch benutzbar sind. Von daher würde ich das Ganze nach der Gärung mal verkosten und dann nach Bedarf noch etwas liegen lassen. Wie Johnny schreibt ist es aber nicht sinnvoll, das Bier, vor allem ein frisch zu trinkendes wie ein IPA, monatelang zu lagern. Fusel und Ester sind meist sehr stabil, wobei Ester an sich nichts Schlimmes sind, solange nicht Gummibärchen- oder Kaugummigeschmack erzeugt wurden.

Zur Nachbereitung würde ich dich gerne fragen, welche Anstellrate du verwendet hast? Höhere Anstellraten erzeugen zwar ein neutraleres Bier, wenn die Temperatur stimmt, erzeugen aber eben auch deutlich mehr Hitze.
Auf Youtube: The British Pint
Benutzeravatar
Boludo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 19403
Registriert: Mittwoch 12. November 2008, 20:55

Re: Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

#4

Beitrag von Boludo »

Bei einem IPA kann es sein, dass sich die Fehlaromen der Hefe in den Hopfenaromen verlieren.
Die Rechnung bekommst du dann allerdings am nächsten Morgen.
hattorihanspeter
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 703
Registriert: Donnerstag 17. September 2020, 12:11

Re: Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

#5

Beitrag von hattorihanspeter »

Hatte das mit der Verdant und einem NEIPA. Mit 25° bei 16° Raumtemperatur angestellt. Hatte die Hoffnung, dass die Umgebungstemperatur noch kühlt bevor die Hefe richtig in Gang kommt. Das hatte leider nicht funktioniert und die Hefe war in knapp zwei Tagen durchmarschiert und hatte dabei kurzzeitig 26° erreicht.
Das Bier war leider untrinkbar und die Fuselalkohole hatten sich auch nach zwei-drei Monaten nicht ausgelagert/ abgebaut.
Stoffel_84
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 68
Registriert: Mittwoch 4. Januar 2023, 18:41

Re: Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

#6

Beitrag von Stoffel_84 »

Vielen Dank für eure Antworten!
Die Anstellrate kann kenne ich nicht. Es waren ca. 3 cm Erntehefe in einem 750 ml Einmachglas auf 24 Liter. Diese war wohl besonders vital. Die Hefe so wie die Würze hatten beim Anstellen 18-19 °C.
Heute Morgen zeigte die Hefe noch Gäraktivität, wenn die Gärung fertig ist (Restextrakt über 3 Tage konstant) werde das Jungbier einmal probieren. Falls es geschmacklich passt, kommt es in die Flaschengärung. Wenn es „Kopfwehbier“ wird, kann ich es auch später entsorgen.
Plankton
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 139
Registriert: Sonntag 12. April 2020, 20:36

Re: Gärung durchgegangen, zu warm, ist das Bier noch zu retten?

#7

Beitrag von Plankton »

Aufgrund des Jungbiergeschmacks ist es nicht unbedingt leicht zu beurteilen, ob das trinkbar wird, da sich da oft noch diverse Fehlaromen - auch der fruchtigen Art - tummeln.

Ich würde dem Bier eine Chance geben. Ich habe zwar irgendwo schon mal was über bizarre Fruchtaromen (Erdbeer) der US 5 bei hohen Temperaturen gelesen, aber im allgemeinen verzeiht diese Hefe schon viel.
Antworten