Leidensweg zum guten Untergärigen

Antworten
Andi Gandi
Neuling
Neuling
Beiträge: 2
Registriert: Samstag 27. Mai 2023, 07:04

Leidensweg zum guten Untergärigen

#1

Beitrag von Andi Gandi »

Ich habe in meiner Hobbybraukarriere einen längeren Leidensweg hinter mir, endlich ein ordentliches untergäriges Bier zu Brauen.
Wollte die Erfahrung einfach teilen und eventuell hat jemand auch Jahrelang an allen Stellschrauben gedreht und irgendwann sein Problem erkannt.

Bei mir war es so, dass ich sämtliche Schritte genau nach Lehrbuch ausgeführt habe: Ausreichend Trockenhefe W34/70 bzw. Diamond Lager, korrekt rehydriert, Gärführung genau geregelt, trotzdem jedes mal Ester und eine hefige Note im fertigem Bier. Die meisten haben nichts bemerkt, aber mich machte dieser Fehlgeschmack einfach verrückt, es war nicht so wie ein untergäriges im Gasthaus.
Habe die Hefemenge erhöht, Gärtemperatur immer weiter reduziert, Rezept angepasst, es hat nichts geholfen. Bis ich eines Tages aus erhöhtem Bier-Bedarf die Hefe direkt ein zweites mal geführt habe. Plötzlich ein ordentliches Helles, das wohl kaum einer auf die schnelle als Hobbybrauer Bier identifizieren würde.
Habe dann im obligatorischem "Untergärig ist warm vergoren genau so super" Thema einen Beitrag gefunden, in dem gesagt wurde, das Fermentis selbst bestätigt, dass die W34/70 keinen signifikanten Unterschied in der Esterproduktion hat, egal ob warm oder kalt vergoren. Meine einzige logische Erklärung: Untergärige Trockenhefe ist in erster Führung nicht warm so gut, sondern auch kalt ziemlich schlecht was Ester angeht.
Mach in erster Führung jetzt immer einen eigentlich sinnlosen "Starter" und schütte vor dem Anstellen den Überstand weg. Keine Hefigen Noten oder ungewollten Ester mehr!

Bestimmt werden viele die W34/70 genau nach Anleitung verwenden und damit zufrieden sein. Ich nehme einen Fehlgeschmack wahr und kann den Fehler bei mir zu 100% reproduzieren.

LG
Andreas
Benutzeravatar
integrator
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1568
Registriert: Montag 16. Mai 2016, 22:03

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#2

Beitrag von integrator »

Moin Andreas,
das sind interessante Informationen, die ich aber leider nicht bewerten kann.
Von meiner Seite kann ich nur beitragen, daß ich nach mehreren Versuchen mit Trockenhefe ein Pils zu brauen, bei Flüssighefe erfolgreich war.
Der Konservativen Uli gefällt mir und dem Uli jetzt besser als mit Trockenhefe. Wobei die Trockenhefe immer in erster Führung war.
:Bigsmile Selbstgespräche sind schlimm solange du nichts Neues erfährst. :Bigsmile
Benutzeravatar
schwarzwaldbrauer
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 2108
Registriert: Donnerstag 4. Januar 2018, 21:01

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#3

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Bin den Leidensweg auch gegangen.
Nach ein paar Mal mit rehydierter Trockenhefe, bei der Akommen und Vergären immer ein Geduldspiel war habe ich auf Flüssighefe umgestellt.
Seither bestelle ich diese zu Beginn der ug Brauzeit, bei mir im Oktober/November.
Dann wird diese Hefe immer geerntet, 5....6 Mal geführt und dann ist die Kaltbrauzeit auch schon wieder rum.

Grüßle Dieter
Brau, schau wem.
Benutzeravatar
Barney Gumble
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 2331
Registriert: Freitag 20. August 2010, 15:46
Wohnort: Minga

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#4

Beitrag von Barney Gumble »

Bei mir ist zwar Ankommen mit rehydrierter Trockenhefe überhaupt nie ein Problem aber das mit den abweichenden Geschmäckern habe ich auch immer früher letaneiartiger hier verbreitet. Mittlerweile habe ich so viele Tausch-Hobbybrauerbiere excellenter Art getrunken, denen die Trocken-Allerweltshefen (OG wie auch UG) zugrundelagen, das ich meine Meinung geändert habe. Allerdings habe ich selbst tatsächlich das noch nicht so im Griff, OG gelingt mir besser mit Trockenhefe als UG.
Vg Shlomo
Als ich von den schlimmen Folgen des Trinkens las, gab ich es sofort auf - das Lesen! (frei nach Henry Youngman)
Wenn ich nicht gleich antworte, liege ich unterm Zapfhahn :Bigsmile
NordSüd
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 25
Registriert: Donnerstag 7. April 2022, 22:39

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#5

Beitrag von NordSüd »

Ich habe bei Untergärigem leider auch noch viel zu häufig einen leichten Fehlgeschmack drin, den ich bisher nicht herausbekommen habe.
Allerdings konnte ich den bisher nicht an Trockenhefe, Flüssighefe, erste oder zweite Führung fest machen. Das Jungbier ist in der Regel auch fehlerfrei.
Daher vermute ich, dass es am Abfüllen, Reifen, Lagern liegen muss. Herausgefunden, was ich besser machen kann, habe ich noch nicht.
rauchbier
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 831
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2014, 22:29

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#6

Beitrag von rauchbier »

Stimme dir zu, die zweite Führung macht einen echten Mehrwert aus. Allerdings habe ich aktuell das ähnliche Phänomen wie NordSüd, dass noch leichte Ester im Bier sind. Insbesondere, wenn dann nach einigen Wochen Lagerung das Bier nicht mehr so frisch ist. Auch fehlt mir noch gerade beim Hellen etwas der Getreidegeschmack.
dosc
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 183
Registriert: Freitag 12. Februar 2021, 12:03

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#7

Beitrag von dosc »

Habe letzten Donnerstag zum ersten mal untergärig angestellt mit der W34/70. Wir haben uns ordentlich vertan beim rehydrieren, mit runterkühlen, das hätte viel zu lange gedauert, dann haben wir es riskiert und die 18 Grad warme rehydrierte Hefe in 8C warme Würze geleert. Beim nächsten mal würde ich Würze nehmen und damit schrittweise strecken. Dafür war aber der Kolben zu klein. Auf jeden Fall hab ich am nächsten morgen, knapp 10 Stunden später schon erste Aktivität im Gärröhrchen wahrgenommen und es blubbert seit dort munter weiter. Ich hoffe, dass sich durch den Shock keine Mutanten gebildet haben und das Bier deswegen schlecht schmeckt, denke ich aber nicht.
OS-Schlingel
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1078
Registriert: Sonntag 2. November 2014, 09:04
Wohnort: Lengerich

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#8

Beitrag von OS-Schlingel »

Hallo zusammen,

ich habe in allen obigen Beiträgen keine Temperaturangaben gefunden.

Den Vortrag von Fermentis habe ich auch bei Maisels gehört.....mit den Temperaturangaben.

Ich würde schlicht weg beim Wasser anfangen und hier nur dest. Wasser einsetzen. Die erforderlichen Salze nachsteuern.
PH-Wert kontrollieren, ggf vor dem Anstellen auf Zielwert anpassen. Ich gehe hier auf 5-5,2. Liegt aber auch an den verwendeten Malzen.
Anstelltemperatur sollte nicht mehr 2-stellig sein, für gut 24 Stunden. Danach gerne etwas erhöhen. Bei der Berechnung der Hefemenge
gibt es genug Formeln hier im Forum oder auf den Webseite der Anbieter/ Hersteller.

Nicht zu unterschätzen ist die Kaltlagerung der Nachgärung. Hier werden die Gärnebenprodukte, also Ester wieder abgebaut. Hier ist, sozusagen,
der zweite Haken. Ist die Gärung durch Ca- oder Zinkmangel (Hefenahrung) abgebrochen, wird es schwierig die Ester noch mal rauszubekommen.

Weiterhin viel Erfolg.

Gruß Stephen

P.S.: Ich arbeite mit einem Hefestarter auf Magnetrührer...
Or kindly when his credit's out
Surprise him with a pint of Stout
:Smile
Benutzeravatar
Alt-Phex
Moderator
Moderator
Beiträge: 9882
Registriert: Mittwoch 1. Februar 2012, 01:05
Wohnort: Düsseldorf

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#9

Beitrag von Alt-Phex »

Andi Gandi hat geschrieben: Samstag 27. Mai 2023, 08:34 Habe dann im obligatorischem "Untergärig ist warm vergoren genau so super" Thema einen Beitrag gefunden, in dem gesagt wurde, das Fermentis selbst bestätigt, dass die W34/70 keinen signifikanten Unterschied in der Esterproduktion hat, egal ob warm oder kalt vergoren. Meine einzige logische Erklärung: Untergärige Trockenhefe ist in erster Führung nicht warm so gut, sondern auch kalt ziemlich schlecht was Ester angeht.
Japp, diese These hatte der Jan dazu auch schon mal aufgestellt. :thumbsup

Das es keine geschmacklichen Unterschiede gibt ist Quatsch. Und das wissen die Hefe-Hersteller auch. Die haben aber in Ihren Testreihen herausgefunden, dass es die wenigsten überhaupt merken. Womit sie wahrscheinlich sogar Recht haben. Die Hefen verkaufen sich halt besser, wenn das Pils und Helle auch bei 25°C im Heizungskeller vor sich hin gären darf. Gerade Anfänger gehen da unwissend und naiv ran.

In der FB-Gruppe gab es kürzlich ein ähnliches Thema zu der M54 California Lager "Wunderhefe", die ja angeblich auch ein reintöniges Lager bei Zimmertemperatur machen soll. (Kleiner Spoiler: hat natürlich nicht geklappt). Viel interessanter ist aber, dass Hinweise aufgetaucht sind, dass es sich dabei gar nicht um eine untergärige, sondern eine obergärige Hefe handeln soll. Bewiesen ist das allerdings noch nicht.

Ferengi Erwerbsregel-Nr.: 239 - Hab keine Angst davor, ein Produkt falsch zu etikettieren.
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

"Viele Biere werden am Etikettierer gemacht"
rauchbier
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 831
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2014, 22:29

Re: Leidensweg zum guten Untergärigen

#10

Beitrag von rauchbier »

Inzwischen bin ich auch weg vom Gedanken, dass es "den einen" W 34/70-Stamm gibt, sonden es da auch Unterschiede zwischen den Herstellern gibt. Es wurde ja auch schon in den Raum gestellt, dass es sich dabei eigentlich gar nicht mehr um den Originalstamm handelt. Insoweit ist auch die Frage, welche Aussage von Herstellern kann man überhaupt auf Produkte anderer Hersteller übertragen. Meine Experimente mit wärmeren Temperaturen haben auch durch die Bank nicht zu Ergebnissen geführt, die für mich akzeptabel waren. Einen wirklichen Mehrwert hat aber die oben schon angesprochene Verwendung der Erntehefe nach der ersten Vergärung gebracht. Das waren bisher auch meine besten UG-Biere. Ausnahmen waren nur die Brauereihefen. Da hat man die Umstellung der Umgebung für die Hefe vereinzelt schon heraus geschmeckt.
Antworten