Kegging- Einstellen des Drucks in hohen Lagen

Antworten
Sunshine-Beer
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 93
Registriert: Montag 4. September 2023, 10:55

Kegging- Einstellen des Drucks in hohen Lagen

#1

Beitrag von Sunshine-Beer »

Hi ihr,

Weihnachten naht und meine bessere Hälfte wird mit einem miniKeg- System beglückt :Bigsmile

Mein jetziges Jungbier wird in die Kegs gefüllt- eins wird zwangskarbonisiert, das andere klassisch mit Zucker (mal schauen ob man einen Unterschied schmeckt) und zu Weihnachten kommt alles auf den Gabentisch- samt Zapfhahn :Bigsmile

Nun zu meiner Frage (hab hier in der Suche nichts gefunden): es gibt ja für's Einstellen des Drucks einige Richtwerte, die aber nur Temperaturabhängig sind (bzw. Zielwert der Karbonisierung). Jetzt wohnen wir auf 1000 m.ü.M
Theoretisch müsste ich ja einen höheren Druck einstellen- hat irgend jemand von euch dazu eine Anleitung/Berechnung oder ist die Höhe vernachlässigbar (beim Eierkochen ist es das nicht- min. 1 Minute längere Kochzeit :Smile )

Dankeschön und liebe Grüße aus dem verschneiten Tirol
Susanne
Benutzeravatar
schlupf
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1698
Registriert: Sonntag 5. Juni 2016, 15:51
Wohnort: Lentföhrden

Re: Kegging- Einstellen des Drucks in hohen Lagen

#2

Beitrag von schlupf »

Moin Susanne,
Interessante Frage...
Spontan wäre meine Überlegung, dass für die CO2 Sättigung tatsächlich der absolute Druck entscheidend ist, während meines Wissens Druckminderer mit relativem Druck arbeiten, du also quasi den Überdruck gegenüber der Umgebung einstellst.
Daher wäre meine Überlegung, dass man den geringeren Umgebungsdruck tatsächlich berücksichtigen sollte/könnte, bei 1000 Höhenmetern sind das ja schon 0,125bar.
Das ist zumindest nicht nichts, tritt aber womöglich gegenüber anderen Faktoren in den Hintergrund, bei einem Kompensatorhahn wird z.B. von einem Mindestzapfdruck von 1,2bar gesprochen.
Aber man sollte das vielleicht als Bergbewohner*in tatsächlich wenigstens im Hinterkopf behalten...

Viele Grüße aus der norddeutschen Tiefebene
Sebastian
jaulinho
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 244
Registriert: Donnerstag 2. Dezember 2021, 11:46
Wohnort: Saarbrooklyn - Saarland

Re: Kegging- Einstellen des Drucks in hohen Lagen

#3

Beitrag von jaulinho »

Wie Sebastian richtig schreibt: Die Druckminderer zeigen das Delta zum Umgebungsdruck an. Liegt also ein Druck von 2bar an, so müsste man korrekterweise von "2bar Überdruck ggü dem Umgebungsdruck reden".

In 1000m Höhe liegt der Luftdruck nach Standardformel noch bei 88% bzw. 0,891 bar - die Luft wird dünner, das Volumen nimmt zu, die Dichte wird geringer. Nach einer druckfreien Hauptgärung hast du somit weniger CO2 in Deinem Bier. Wieviel genau weniger das ist, hängt zusätzlich noch von der Temperatur des Bieres ab - je kälter die Gärung, umso größer ist der Impact.

Wenn Du wissen willst, wieviel CO2 in g/l fehlt, so kannst du dir das genau ausrechnen mittels des Gesetzes von Henry - einfach mal googeln. Als einfache Rechnung mal: bei 10°C Bier hast Du ca. 2,3g/l CO2 auf Meeresniveau nach der druckfreien HG, auf 1000m sind es noch ca 2g/l.

Willst Du dieselbe Karbonisierung erreichen, wie jemand auf Meereshöhe, musst Du diese 0.3g/l CO2 erst einmal dazu geben, bevor Du die ganzen Spundungsrechner benutzt, die es so im Netz gibt.

Daher ist es eigentlich Nonsens, über Spundungsdruck als Überdruck zum atmosphärischen Druck zu reden - besser wäre es, in absoluten Drücken zu sprechen. Für uns im Hobbybrauerumfeld ist es jedoch ein gangbarer Weg, für die drucklose HG von einer Sättigung nach dem atmosphärischen Standarddruck auszugehen.

Im Übrigen wird Dein Gezapftes auch schneller ausgasen - da hilft Dir nur schneller und/oder kälter trinken, wenn Du nicht ins Tal ziehen willst :)

Gruß
Tom
jaulinho
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 244
Registriert: Donnerstag 2. Dezember 2021, 11:46
Wohnort: Saarbrooklyn - Saarland

Re: Kegging- Einstellen des Drucks in hohen Lagen

#4

Beitrag von jaulinho »

schlupf hat geschrieben: Mittwoch 29. November 2023, 09:08 Das ist zumindest nicht nichts, tritt aber womöglich gegenüber anderen Faktoren in den Hintergrund, bei einem Kompensatorhahn wird z.B. von einem Mindestzapfdruck von 1,2bar gesprochen.
Servus Sebastian,

die 1.2bar sind ein Richtwert für Wirte und andere, die sich mit der Physik dahinter nicht beschäftigen wollen oder können. Die Zahl kommt aus der Annahme, dass der Standardwirt ein Standard Bier bei Standard Temperaturen zapft. Also: ein Pils am Hahn (ca. 5,3g CO2/l), Fass in der Kühlung bei 3-5°C, keine allzu große Höhendifferenz plus etwas Sicherheit wegen Verlusten in der Leitung (Bögen, Reibungsverluste,...).

Ich konnte dieses Jahr erleben, wie solche Daumenregeln scheitern und das Desaster droht, wenn man nicht versteht, was man da macht. Zur heißesten Phase des Sommers gab es hier ein Parkfest, bei dem ab 22 Uhr auf einmal nur noch Schaum kam. Anfänglich wurden gut vorgekühlte Fässer an die Durchlaufkühler angeschlossen und bei ca. 1,2bar Überdruck problemlos verzapft. Als bei den hohen Temperaturen die halb vollen Fässer auf einmal 10 Grad wärmer waren, reichte dieser Druck nicht mehr aus - das Bier schäumte im Fass aus. Da half dann nur noch eine massive Erhöhung des Aufschlagdrucks auf 3bar, um einigermaßen vernünftig wieder zapfen zu können (das Aufschäumen ist ja nicht in 1 Sekunde reversibel).

Daher bitte immer schauen, dass man KArbonisierung und Temperatur des Bieres im Kopf behalten sollte, wenn man den Aufschlagdruck einstellt. Ein zu hoher Druck führt zwar zur Aufkarbonisierung (die, wie wir aus der Zwangskarbonisierung wissen, auch nicht innerhalb von Minuten oder Stunden erfolgt), ist aber alle Mal besser als eine Schaumparty.

Gruß
Tom
Sunshine-Beer
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 93
Registriert: Montag 4. September 2023, 10:55

Re: Kegging- Einstellen des Drucks in hohen Lagen

#5

Beitrag von Sunshine-Beer »

Vielen Dank für eure Antworten- das sieht tatsächlich so aus, als müsste ich auf meine alten Tage doch noch in den Tiefen meiner Physik-Kenntnisse graben, um sowohl am Berg als auch im Tal nicht unangenehm überrascht zu werden. Der Henry wird mich wohl ein bisschen begleiten.

Schnell austrinken ist übrigens das geringste Problem :Drink
Benutzeravatar
Räuber Hopfenstopf
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 2144
Registriert: Mittwoch 15. Juli 2020, 07:50

Re: Kegging- Einstellen des Drucks in hohen Lagen

#6

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Bei geringerem Druck auf dem Berg müsste sich das CO2 doch auch eher entbinden. Ein Bier aus dem Tal müsste auf dem Berg eine höhere Rezenz haben. Und ein Bergbier in Tal etwas schaler wirken.
Viele Grüße
Björn

Allen wird bekannt gemacht, dass keiner in die Jeetze kackt - denn morgen wird gebraut.
Steht am Bierbrunnen in Salzwedel
Antworten