Wasseraufbereitung und RHG?

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schlupf
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Wasseraufbereitung und RHG?

#1

Beitrag von schlupf »

Moin,

Mal 'ne Frage in die Runde und insbesondere an unsere "Rechtsgelehrten".

Welche Maßnahmen zur Wasseraufbereitung sind eigentlich vom Reinheitsgebot gedeckt? (jaja, natürlich vorläufiges Biergesetz und entsprechende Verordnungen)
Es wurde nämlich von kompetenten Personen gesagt, Salz- und Schwefelsäure wäre innerhalb des RHG nicht zulässig, was ich definitiv anders sehe und jetzt frage ich mich natürlich, ob ich vielleicht auf dem Holzweg bin.

Meiner persönlichen Ansicht nach verhält es sich so:
In der Durchführungsverordnung zum vorläufigen Biergesetz heißt es in § 19:

"Wasser im Sinne des § 9 Abs. 1 des Gesetzes ist alles in der Natur vorkommende, gesundheitlich unbedenkliche Wasser sowie solches Wasser, das nach Maßgabe der jeweils geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften für Trink- oder Brauzwecke aufbereitet worden ist. Maische oder Würze darf mit auf dem Malz natürlich vorkommenden Milchsäurebakterien, auch wenn sie vermehrt worden sind, angereichert werden."

Danach darf man meiner Ansicht nach jedes Trinkwasser, was entsprechend der Vorschriften für Trinkwasseraufbereitung aufbereitet wurde zum Brauen verwenden. Und maßgeblich dafür ist die sogenannte §20 Liste des Umweltbundesamtes.

Der aufmerksamen Lesenden wird auffallen, dass da ziemlich viel erlaubt ist, also im Prinzip sämtliche "Brausalze" und meine heißgeliebten Salz-, Schwefel- und Phosphorsäuren aber Milchsäure eben gerade nicht.

Meiner Meinung ist es also so, dass das "Reinheitsgebots" zum Brauen aus Tradition Milchsäure in Form von Sauergut und Sauermalz zusätzlich erlaubt, obwohl das in einem "reinen" Trinkwasser nichts zu suchen hat.

Bitte um Diskussion und Aufklärung!

Viele Grüße
Sebastian
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Ladeberger
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Re: Wasseraufbereitung und RHG?

#2

Beitrag von Ladeberger »

Die Aufbereitung von Rohwasser zu Trinkwasser richtet sich nur dann nach trinkwasserrechtlichen Regelungen, wenn sie vor der Stelle der Einhaltung geschieht, was für Lebensmittelunternehmen nach § 10 Nr. 5 TrinkwV der Stelle der Verwendung entspricht. Das dürfte regelmäßig ein Hahn/Ventil der Trinkwasserinstallation sein. (Kleinere) Brauereien ohne eigenen Brunnen oder festinstallierte und dem eigenen Wassernetz vorgeschaltete Wasseraufbereitungsanlagen betreiben daher m.E. keine Wasseraufbereitung im Sinne der Trinkwasserverordnung, sondern sind nur "Verwender". Damit einhergehend ist man natürlich auch von vielen Pflichten befreit, die einen Betreiber von Wasserversorgungsanlagen betreffen.

Nach der Entnahmestelle wird aus dem Trinkwasser ein(e) Lebensmittel(-zutat), weshalb sich der Einsatz von Zusatzstoffen nur noch auf lebensmittelrechtliche Vorschriften stützen kann, d.h. hier die Lebensmittelzusatzstoff-Durchführungsverordnung (LMZDV) in Verbindung mit Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 und natürlich spezialrechtlichen Regelungen wie eben dem Vorläufigen Biergesetz und seinen Durchführungsbestimmungen.

Neben den erlaubten Zusatzstoffen für die Kategorie "Bier" (14.2.1) ist nach dem Carrry-Over-Prinzip aus Art. 18 Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 auch zulässig, was in den einzelnen Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels an Zusatzstoffen erlaubt ist. Hier relevant also noch die Kategorie "Wasser" nach 14.1.1. Man findet die Listen hier: https://ec.europa.eu/food/food-feed-por ... categories

Ich habe mir die entsprechenden Listen mal angeschaut und finde nur Phosphorsäure, keine Salz- und Schwefelsäure und auch keine Brausalze.

Die Verwendung von Calciumchlorid und -sulfat, sowie Mineralsäuren (abseits Phosphorsäure) die früher nach Anhang 6a zu § 6a Zusatzstoff-Zulassungsverordnung (ZZulV) noch zulässig waren, erscheint mir seit der Novelle des Zusatzstoffrechts 2021 daher aus lebensmittelrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht mehr erlaubt.

Gruß
Andy
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