Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

Hier sollten Infos und Besprechungen über Fachliteratur der Brautechnik rein (incl. Onlinematerial).
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Brockmann24
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Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#1

Beitrag von Brockmann24 »

http://www.zeit.de/2015/25/konsum-avant ... craft-beer

Der Artikel in Zeit-online befasst sich mit der Entwicklung im Bereich "Craft-Beer" und anderen Genussmitteln, wie z.B. Kaffee.
Zwei Zitate:
"Sinnliches Handwerk verhilft zu dem eskapistischen Traum, in kleinen Nischen der Marktwirtschaft ein bisschen Unschuld zu finden".

"Deshalb nutzen große Marken jetzt auch die Anmutung des Handwerklichen als Label. Das verspricht ihnen neue, zahlungkräftige Kundenschichten. Und so wird die dritte Welle des Konsums in den Ozean des Massenkonsums zurückgezogen."

Eine gelungene Beschreibung, wie ich finde.
Gruß von der Mosel
Wolfgang

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flying
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#2

Beitrag von flying »

Echt gut geschrieben finde ich.

Zitat:

Wert und Sinn der guten Sachen müssen ja unweigerlich darunter leiden, dass ihr Fetischcharakter in den standardisierten Kopien allzu fadenscheinig wird. Der imaginäre Mehrwert des muskulös Begreifbaren wird billig.

Wir gehören also zur "Dritten Welle" der idealistischen Genusssucher. Bei mir stimmt das vermutlich..
Held im Schaumgelock

"Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
Cluve
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#3

Beitrag von Cluve »

"Meine letzten Biere schmecken seltsam" lautet der Titel eines anderen aktuellen Threads. Dachte ich auch ....bei meinen letzten Kaufbieren. Also habe ich mit dem Brauen begonnen. Und somit geht dieser Eskapismus über den genannten hinaus, in eine Übungs-Sphäre.

Vielleicht bekommen wir ja bald eine Theorie des Hobbybrauens. :popdrink
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quartermoose
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#4

Beitrag von quartermoose »

Urbane Avantgarde? Kosmopolitisch? Blödsinn!

Mann muss nur die natürlichen und handwerklich hergestellten Lebensmittel wertschätzen und bereit sein, mehr Geld dafür auszugeben. Ich kenne Leute, die prahlen mit der neuesten Technik, zeigen einen unaufgefordert ihre neuesten Apple Produkte und den sündhaft teuren Fernseher und bei Lebensmittel LIDL (lohnt nicht) und K-Classic. Tolles Leben!

Ja, ein fair gehandelter Bio-Kaffee aus einer kleinen Rösterei ist augenscheinlich teuer, aber wenn man ihn erstmal getrunken hat, merkt man erst wieder wie gut Kaffee sein kann. So verhält es sich bei vielen anderen Lebensmitteln. Speiseöle, Fleisch und Wurst, Gemüse und natürlich beim Bier.

Ein wenig bei Trends und unnützen Sparen und mehr in gute, natürliche Lebensmittel investieren. DAS ist Lebensqualität!
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traffzug
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#5

Beitrag von traffzug »

Beeindruckend wie man am Thema Bier soviel Kopfgewichse aufhängen kann.
Ich nehme an Autoren werden nach Wörtern bezahlt.

Prost
inem
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#6

Beitrag von inem »

Dieser leichte, blumige Bierstil ist ein Relikt aus der britischen Kolonialzeit und in der Craft-Beer-Bewegung populär geworden. - Wer so über IPA schreibt, der hat einen Fehler bei der Recherche gemacht.

Das ganze Geschreibsel von Kosmopolitisch ist ja einer der Gründe warum Craftbeer als Ausdruck hier im Forum ja verpönt ist.
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Robsen
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#7

Beitrag von Robsen »

Mann muss nur die natürlichen und handwerklich hergestellten Lebensmittel wertschätzen und bereit sein, mehr Geld dafür auszugeben. Ich kenne Leute, die prahlen mit der neuesten Technik, zeigen einen unaufgefordert ihre neuesten Apple Produkte und den sündhaft teuren Fernseher und bei Lebensmittel LIDL (lohnt nicht) und K-Classic. Tolles Leben!
Das sehe ich auch so.

Aus meiner Sicht haben sich die Verbraucher so an die quantitativen Produkte angepasst, dass sie meinen, ein gutes Produkt gekauft zu haben, nur weil es etwas teurer als die hauseigene Marke, des jeweiligen Kaufhauses ist. Die meisten Menschen kennen keine Qualität, weil sie nicht ausreichend damit konfrontiert werden. Ich bin ein gutes Beispiel dafür. Habe jahrelang gedacht, dass mein früher so geliebtes Becks ein weitaus überdurchschnittliches Bier ist. Irgendwann zog ich nach Berlin und lernte Biere von Privatbrauereien kennen. WOW dachte ich, was ist das für ein leckeres Gebräu...
Heutzutage braue ich selbst, hole mir frische Biere aus unserer Brauerei und trinke den Abfall aus Kaufland und Co. nur noch, wenn ich nichts anderes da habe oder ich neue Flaschen zum befüllen brauche. Und ja, für qualitatives Bier gebe ich gerne mehr Geld aus. :Drink Übrigens für Kaffee auch. :Bigsmile
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gulp
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#8

Beitrag von gulp »

Ein guter Artikel. Wenns nur mehr davon auf diesem Niveau gäbe.
Mann muss nur die natürlichen und handwerklich hergestellten Lebensmittel wertschätzen und bereit sein, mehr Geld dafür auszugeben. Ich kenne Leute, die prahlen mit der neuesten Technik, zeigen einen unaufgefordert ihre neuesten Apple Produkte und den sündhaft teuren Fernseher und bei Lebensmittel LIDL (lohnt nicht) und K-Classic. Tolles Leben!
Die Mentalität, dass das Auto besser behandelt wird, als der eigene Magen ist ja weit verbreitet und somit nichts Neues.
Beeindruckend wie man am Thema Bier soviel Kopfgewichse aufhängen kann.
Wird Zeit, dass Bier mal soviel Aufmerksamkeit wie Wein bekommt.

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

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traffzug
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#9

Beitrag von traffzug »

Aus meiner Sicht haben sich die Verbraucher so an die quantitativen Produkte angepasst, dass sie meinen, ein gutes Produkt gekauft zu haben, nur weil es etwas teurer als die hauseigene Marke, des jeweiligen Kaufhauses ist.
Genau , und auch deswegen, weil ihnen die Werbung sagt, dass es toll schmeckt MUHAHA :popdrink
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aegir
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#10

Beitrag von aegir »

gulp hat geschrieben: Wird Zeit, dass Bier mal soviel Aufmerksamkeit wie Wein bekommt.
Bloß nicht. Damit kommt auch die ganze Preistreiberei auf uns zu.
Ich war vor zwei Wochen an den Finger Lakes im Staat NY, was zufällig auch eine Weingegend war, allerdings keine der besseren Lagen.
Da kosten dann die Übernachtungen auch gleich das Doppelte und mehr wegen dem Weintourismuss. Das muß ich beim Bier nicht auch noch haben.
Ich muß auch nicht jeden zum Brauer missionieren. Ist mir ehrlich gesagt egal, ob das Hobby noch weiter wächst oder auf dem jetzigen Level bleibt.
Größer ist genauso wie teurer nicht immer besser.

Gruß Hotte
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#11

Beitrag von afri »

gulp hat geschrieben: Wird Zeit, dass Bier mal soviel Aufmerksamkeit wie Wein bekommt.
Genau so ist es. Was wird beim Wein nicht alles geschwurbelt, beim Bier ist es doch höchstens zu bitter oder malzig oder sowas. Dabei entwickeln gerade die Hopfennoten so vielschichtige Aromen, da sieht der Wein hingegen eher mau aus. Zumindest finde ich das, als nicht-Wein-Trinker.
Achim (der 2001 Dom Perignon Vintage 1991 probiert und befunden hat, dass er genau wie Faber schmecken würde)
Bier ist ein Stück Lebenskraft!
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traffzug
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#12

Beitrag von traffzug »

Bloß nicht. Damit kommt auch die ganze Preistreiberei auf uns zu.
Ich war vor zwei Wochen an den Finger Lakes im Staat NY, was zufällig auch eine Weingegend war, allerdings keine der besseren Lagen.
Da kosten dann die Übernachtungen auch gleich das Doppelte und mehr wegen dem Weintourismuss. Das muß ich beim Bier nicht auch noch haben.
Ich muß auch nicht jeden zum Brauer missionieren. Ist mir ehrlich gesagt egal, ob das Hobby noch weiter wächst oder auf dem jetzigen Level bleibt.
Größer ist genauso wie teurer nicht immer besser.
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Burkhart
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#13

Beitrag von Burkhart »

aegir hat geschrieben:
gulp hat geschrieben: Wird Zeit, dass Bier mal soviel Aufmerksamkeit wie Wein bekommt.
Bloß nicht. Damit kommt auch die ganze Preistreiberei auf uns zu.
Ich war vor zwei Wochen an den Finger Lakes im Staat NY, was zufällig auch eine Weingegend war, allerdings keine der besseren Lagen.
Da kosten dann die Übernachtungen auch gleich das Doppelte und mehr wegen dem Weintourismuss. Das muß ich beim Bier nicht auch noch haben.
Ich muß auch nicht jeden zum Brauer missionieren. Ist mir ehrlich gesagt egal, ob das Hobby noch weiter wächst oder auf dem jetzigen Level bleibt.
Größer ist genauso wie teurer nicht immer besser.

Gruß Hotte
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Ich habe erlebt, wie einige meiner liebsten Interessen/Hobbies zur 'kommerzialisierten Massenbewegung' wurden, so daß letztlich nichts von dem übrig blieb, was den ursprünglichen Reiz und Inhalt ausmachte.
Cheers
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grüner Drache
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#14

Beitrag von grüner Drache »

Na, sehr tiefgründig geschrieben und in einem kritischen Stil verfasst !
Es kommt mal wieder gut heraus, wie Trends wirtschaftlich ausgeschlachtet werden.
Natürlich kommt da auch etwas Wehmut auf, gerade wenn man durch sein Hobby so nah an der Materie dran ist, und meint für sich etwas besonderes gefunden zu haben.
Irgendwie scheint dieses Besondere unwiederuflich vom comerziellen Konsumrausch geschluckt zu werden:
Zitat aus:
http://www.zeit.de/2015/25/konsum-avant ... craft-beer

" Und so wird die dritte Welle des Konsums in den Ozean des Massenkonsums zurückgesogen."

Ich fühle mich an eine Stelle des Films " Fear and loathing Las Vegas" erinnert, wo der Protagonist ( Johnny Depp) das Ende der Hippie Ära" kennzeichnet.
Von den "Idealen" dieser Zeit ist ja auch nich mehr viel geblieben.
Wie auch immer, war schön mit Euch, ihr Hobbybrauer-Fraks :P

Allzeit gut Sud!
:Drink
Ciao, Alex!
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Bierwisch
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#15

Beitrag von Bierwisch »

Naja, so tiegründig ist die Analyse dann auch wieder nicht - schönes Feuilleton und auch nicht ohne Hintergrundwissen geschrieben, aber:

-der mündige Verbraucher, der Connaisseur, der Eingeweihte weiß Bescheid! Weiß, was nur "als ob" ist und was wirkliches Handwerk, das seinen Preis wert ist.

-die breite Masse läßt sich bestimmt blenden und wird zukünftig alles kaufen, wenn nur - wie in unserem Falle - "Craft beer" drauf steht.

Daher wird es auch morgen dabei bleiben - der Trend aus Amerika kommt, die Industrie holt sich ihren Teil vom Kuchen und ein paar Individualisten wurschteln sich mit ihrer Interpretation des Trends so durch, verlangen deutlich höhere Preise und finden auch ihren Markt.

So what?
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Brockmann24
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#16

Beitrag von Brockmann24 »

Bierwisch hat geschrieben:......

Daher wird es auch morgen dabei bleiben - der Trend aus Amerika kommt, die Industrie holt sich ihren Teil vom Kuchen und ein paar Individualisten wurschteln sich mit ihrer Interpretation des Trends so durch, verlangen deutlich höhere Preise und finden auch ihren Markt.

So what?
Könnte oder müsste man dieser Entwickling nicht so gut es geht entgegentreten, in konzertierten Aktionen möglichst vieler handwerklich arbeitender Bierbrauer? Einfach um der geballten Marketingmacht der Bierindustrie irgendwas entgegen zu setzen und sich auch klar davon abzugrenzen

Ich könnte mir da z.B. eine Art "Charta der Haus- und Hobbybrauer, Mikro- und Kleinstbrauereien" vorstellen. Darin könnte man u.a. festschreiben, was noch unter handwerkliche Braukunst fällt und was nicht, welche Rolle der Brauer dabei spielt, welche Produkte dabei aus welchen Rohstoffen und Zutaten entstehen, immer im Gegensatz zu denVerhältnissen in der Bierindustrie.

Das sollte also kein neues RHG werden, denn man muss sich ja nicht selbst einschränken. Es sollte eher eine Botschaft an den Konsumenten sein nach dem Motto: So stellen wir uns handwerkliche Braukunst vor und so arbeiten wir!

Vielleicht bin ich da ja einfach zu blauäugig. Und natürlich hat jeder Brauer, der handwerklich hergestelltes Bier auf den Markt bringt, seine eigene Philosophie, und womöglich gar kein Interesse daran, sich da irgendwie mit anderen abzustimmen, schon gar nicht mit den Hobbybrauern. Und so "wursteln" sich dann halt alle durch.

War nur so eine Idee.
Gruß von der Mosel
Wolfgang

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grüner Drache
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#17

Beitrag von grüner Drache »

Brockmann24 hat geschrieben:
Könnte oder müsste man dieser Entwickling nicht so gut es geht entgegentreten, in konzertierten Aktionen möglichst vieler handwerklich arbeitender Bierbrauer? Einfach um der geballten Marketingmacht der Bierindustrie irgendwas entgegen zu setzen und sich auch klar davon abzugrenzen

Ich könnte mir da z.B. eine Art "Charta der Haus- und Hobbybrauer, Mikro- und Kleinstbrauereien" vorstellen. Darin könnte man u.a. festschreiben, was noch unter handwerkliche Braukunst fällt und was nicht, welche Rolle der Brauer dabei spielt, welche Produkte dabei aus welchen Rohstoffen und Zutaten entstehen, immer im Gegensatz zu denVerhältnissen in der Bierindustrie.

Das sollte also kein neues RHG werden, denn man muss sich ja nicht selbst einschränken. Es sollte eher eine Botschaft an den Konsumenten sein nach dem Motto: So stellen wir uns handwerkliche Braukunst vor und so arbeiten wir!
Entgegentreten müssten viele, viele lokale Geschäftsleute dieser Entwicklung ! :achtung

Zur Erklärung :

Ich denke man sollte en Bogen um diese ständige Trendsetterrei durch die Macht der Medien machen und einfach mit einer gewissen Bodenständigkeit regionale Produkte forciert in lokalen Geschäften anbieten.
Das wäre auch etwas für die Geschäftsleute, die sich dauernd über die Errichtung großer Einkaufszentren beklagen.
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Blancblue
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#18

Beitrag von Blancblue »

Ich finde die kritischen Noten des ZEIT Artikels sehr gut, denn irgendwie ähnelt sich die ganzen Craftbeer Brauereien auch immer mehr. Designetikett, Alter 25-40 Jahre, viel Hopfen und am besten noch irgendwas mit bio und sozial korrekt und alles auf ne Kreidetafel geschrieben…

Und die Konsumenten? Urbane Avantgarde? Kosmopolitisch? Oder einfach nur Bestandteil eines immer größer werdenden Konsumbürgertums? (Dazu gibt es hier einen interessanten Artikel: (http://b1.de/Lemonaid)
So sei die Entstehung eines Konsumbürgertums zu beobachten, ähnlich selbstgerecht wie das Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts. Das hatte einen Dünkel gegenüber allen entwickelt, die weniger Kulturenthusiasmus an den Tag legten. Die Konsumbürger, so Ullrich, „verlangen von Otto Normalverbraucher, er solle bei jedem Produkt, das er kauft, Inhaltsstoffe, Herkunft und soziale Standards des Herstellers genau überprüfen. Wer es nicht tut, den diskriminieren sie schnell als Konsumanalphabeten – und damit als dumm und asozial.“
Zur Selbstgerechtigkeit verführt würden Moralkonsumenten durch das viele gute Gewissen, das sie allzu leicht erwerben können – etwa bei der Bestellung von T-Shirts im Warenhaus des »Greenpeace-Magazins« („Damit sich Ihr Gewissen so wohlfühlt wie Ihre Haut“), beim Verzehr von Fertigmenüs des Nachhaltigkeit beschwörenden Caterers Apetito („Genuss, Gesundheit, Gemeinsam, Gutes Gewissen“) oder beim Kauf von Oberhemden des Ökolabels Brainshirt („100 Prozent gutes Gewissen“).
Nichts symbolisiert Ullrich zufolge gute und böse Konsumenten stärker als die Existenz von Biosupermärkten. Hier seien die Konsumbürger unter sich. Dass die Produkte, die sie kaufen, teurer sind als andere, bestätige sie in ihrem Gefühl, Gutes zu tun.
Ärmere werden davon ausgeschlossen. Mehr noch: Sie sind plötzlich nicht mehr nur arm, sondern tragen durch ihr Einkaufsverhalten Mitschuld an der verschmutzten Umwelt und der Armut in der Dritten Welt. Explizit sagt das so zwar keiner, aber in dem propagierten Ideal des gesunden und nachhaltigen Lebens im Milieu der Moralkonsumenten, etwa auf der Plattform Utopia.de, schwingt diese Haltung mit.
Deren Überlegenheitsgestus trägt zur Verfestigung sozialer Differenzen bei und provoziert Gegenbewegungen, ist Ullrich überzeugt. „Denn wer sich diskriminiert fühlt, wird mit Unmut reagieren und eigene Ressentiments entwickeln.“
Brauen ist zu 50% Kunst und zu 50% Handwerk. Dazu kommen noch mal 100% Erfahrung.
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Re: Craft-Beer als "dritte Welle des Geschmacks"

#19

Beitrag von kalausr »

Konnte nicht anders, musste kommentieren.

Die Richtung des Artikels ist nicht schlecht, geht aber am eigentlichen Punkt vorbei. Alle konsumieren abgelöst vom Herstellungsprozess, wir hier sicher auch in vielen Bereichen.
Sozialkritik á la böse Hipster und schlimme Industrie hat aber schon einen müffelnden Beigeschmack.
Unser System funktioniert nun einmal so. Deshalb kann es Innovationen überhaupt nur geben.
Protektionismus ist jedoch der Feind alles Neuen.

71. "Craft" ist nur ein Label - Bierkultur ist gelebte Vielfalt
Sehr interessant, wie sich die Diskussion hier an der Oberfläche des Artikels aufhält und sich die Stossrichtung der Kommentare vorherbestimmen lässt.

Ich bin Hobbybrauer. Mir macht Brauen Spaß. Brauen ist wie Kochen: frei. Ich kann Rezepte erschaffen, die Biere ergeben wie es sie fast nicht zu kaufen gibt.
Die gelebte und geniessbare Kreativität ist etwas, woraus sich die Craft Brewery Szene in den USA entwickelt hat. Aus Hobbybrauern, die sich in den 80ern in ihren Garagen dem traurigen Einheitsgeschmack von etwa 60 (!) verbliebenen Industrie-Brauereien entgegengestellt haben. Ist es schlimm, dass sich daraus eine neue kleinteilige/mittelständische Brauindustrie entwickelt? Nö.
Biere werden in Europa seit Jahrhunderten in unglaublicher regionaler Vielfalt hergestellt. Wer sich einmal eine Karte der Bierstile angesehen hat, versteht dass er vor einem Regenbogen unendlicher Geschmackswelten steht.
Wir in Deutschland brauen traditionell vielleicht 5% davon. Ist das schlimm? Nö.

Schlimm ist, dass sich unsere Väter und Mütter hier in Deutschland einfach so das Bierbrauen haben abnehmen lassen. Aus Bequemlichkeit. Traditionell gab es in ganz Deutschland lokale und kommunale Braustätten. Fast alle haben zugemacht. Selbst hier in Franken geben immer noch täglich Brauereien auf, vielleicht ist das auch gut so. Junge Braumeister, die sich was trauen und "neue" alte Geschmäcker nach Deutschland bringen, springen in die Bresche.

Leute seid offen und probiert. Traut Euch zu brauen!


Vielleicht ein bisschen pathetisch, aber so bin ich nunmal. :Wink
Klaus
Fuck it - it needs to be bigger!
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