Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

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fjs1403
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Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#1

Beitrag von fjs1403 »

Moin zusammen,
ich bin neu hier, deswegen hoffe ich, dass das hier an der richtigen Stelle gelandet ist und nicht eigentlich in ein anderes Forum gehört :)

Ich habe vor ein paar Wochen spontan die Idee gehabt, mein eigenes Bier zu brauen und mir nach ein paar Wochen Vorbereitung das notwendige Equipment und die Zutaten zusammengekauft. Gestern war es dann soweit und ich habe meinen Sonntag mit meinem ersten Brauversuch verbracht. Dabei habe ich versucht, mich strikt an die 25-Schritt-Anleitung von brauanleitung.com zu halten (mit den Anpassungen für ein Pils). Ich habe meine Vorgehensweise und Probleme dokumentiert und freue mich über Anregungen, Feedback und Tipps, damit es das nächste Mal noch besser wird.


1. Zutaten

Für ein Pils verwende ich das Rezept auf brauanleitung.com

• Best Pilsner Malz (geschrotet, 4,025 kg)
• 100g Saazer Hopfen (Pellets, 3,9% Alpha)
• 2 Tüten SAFLAGER W-34/70 untergärige Trockenhefe

Für den Einkocher verwende ich das Lidl-Modell für 60,00€ aus dem Internet, den Läuterbottich mit Läutereinsatz habe ich ebenso online bestellt.


2. Einmaischen und Läutern

Nachdem ich per Hand 20 Liter Wasser in den Einkocher gefüllt und das Wasser auf 70°C erhitzt habe, schütte ich die 4 kg Malz hinzu. Nach gutem Durchrühren, fällt die Temperatur laut eingebautem Thermometer auf etwa 66°C. Mit der Spitze des Bratenthermometers, was ich bei uns zu Hause gefunden habe, messe ich manuell die Wassertemperatur.

Die Temperaturen haben auf dem Bratenthermometer und dem Einkocherthermometer eine Differenz von etwa 5-6 Grad. Ich weiß nicht, ob es an einer unterschiedlichen Kalibrierung der Thermometer liegt oder daran, dass die Temperaturen an verschiedenen Stellen des Einkochers gemessen werden.

Ich habe Schwierigkeiten, die Maische 90 Minuten bei 66°C zu halten. Obwohl die Soll-Temperatur des Einkochers auf 66° eingestellt ist, erhöht sich die Temperatur vor allem während oder nach dem Rühren regelmäßig auf 69-73°, woraufhin ich den Einkocher händisch abschalte, um die Maische etwas runterzukühlen.

Nach 90 Minuten erhöhe ich die Temperatur erneut auf 76° und bereite parallel den Läutereimer vor. Mit einem Messbecher schütte ich die Maische vom Einkocher in den Läuterbottich und lasse sie danach 25 Minuten ruhen.

Im Internet habe ich gelesen, dass nun 4-5 Liter Vorlauf mit dem Messbecher aufgefangen und vorsichtig (z.B. über ein Sieb) zurück in den Eimer geschüttet werden sollen, bis sich die Flüssigkeit klärt. Hier fällt mir auf, dass die Würze zwar etwas klarer wird, aber auch nach 6-7 Litern nicht mit den Bildern aus dem Internet vergleichbar ist.


3. Würzekochen und Nachgüsse

Ich positioniere den Einkocher unterhalb des Läutereimers (dieser steht auf einem Tisch), sodass die Flüssigkeit aus dem Ablaufhahn direkt in den Kocher laufen kann. Per Wasserkocher erhitze ich insgesamt 14 Liter Wasser auf 75°C und gebe es über 60 Minuten hinweg immer dann in den Läutereimer, wenn über dem Treber noch etwa 1-2 Zentimeter Wasser steht. Dazu verwende ich ein Nudelsieb, damit der Treber nicht aufwirbelt.
Nach den 14 Litern Wasser ist der Einkocher fast bis zum Rand voll, im Läuterbottich befindet sich (neben dem Treber) aber auch noch einige Flüssigkeit, die ich allesamt auf unserem Komposthaufen entsorge.

Jetzt stelle ich die Temperatur des Einkochers auf 100°C, um die Würze wallend zum Kochen zu bringen. Nach 10 Minuten entnehme ich etwa 100 Milliliter Würze, lasse sie im kalten Wasser auf 20°C abkühlen und messe einen Wert von 6° Plato (laut Rezept sollte hier ein Wert von 10-12 Plato gemessen werden).

Nach etwa einer Stunde ist die Würze bei knapp 97°C und noch nicht am Kochen, als sich der Einkocher plötzlich ausschaltet. Die Displayanzeige ist aus, keine Reaktion bei der Bedienung der Knöpfe, am Stromkabel kann es nicht liegen, auch beim Probieren anderer Steckdosen kommt keine Reaktion. Ich schütte also die 21,1 Liter Würze in große Kochtöpfe um, die ich mir spontan aus der Nachbarschaft zusammengeliehen habe und bringe die Flüssigkeit auf unserem Herd in drei Töpfen (8,50 l, 7,25 l und 5,35 l) zum kochen. Nachdem die drei Töpfe wallend kochen, kümmere ich mich um den Hopfen. Für die erste Hopfengabe sind 38g vorgesehen, die ich entsprechend der Würzemenge auf die drei Kochtöpfe aufteile. In den folgenden 90 Minuten kocht die Würze wallend (ohne Deckel) und ein Teil des Wassers verdampft, die Töpfe sind jeweils um 4-6 Zentimeter leerer als zu Beginn.

Nach 90 Minuten verteile ich die 58 g der zweiten Hopfengabe anteilig auf die drei Töpfe, schalte sie nach etwa einer Minute ab und lasse sie 20 Minuten mit geschlossenem Deckel ruhen.


4. Hopfenseihen und Verdünnen

Nach den 20 Minuten beginne ich mit einem Messbecher die Würze aus den drei Töpfen in ein Sieb über dem gereinigten Läutereimer zu schütten, in das ich vorher ein sauberes Küchentuch gelegt habe. Ab und zu entnehme ich mit einem Löffel die Hopfenrückstände aus dem Sieb, da die Flüssigkeit sonst noch kaum durchlaufen kann. Insgesamt schütte ich so die etwa 15,5 verbliebenen Liter aus den Kochtöpfen in das Sieb und so in den Läutereimer. Danach messe ich die Stammwürze mit einer Würzespindel und komme auf ein Ergebnis von über 16° Plato. Laut Rezept liegt die Zielstammwürze bei 11,5° Plato.

Nach kurzem Googlen entschließe ich mich, die Würze mit abgekochtem Wasser zu verdünnen. Ich füge insgesamt 6 weitere Liter Wasser hinzu und messe nach jedem Liter erneut die Stammwürze. Die Flüssigkeit beträgt dabei über 40°C, weswegen ich die Messergebnisse online korrigiere. Nach 6 Litern Wasser messe ich bei 55°C einen Wert von 1.035 SG, was laut Online-Umrechner 11,43°P entspricht.
Laut Rezept soll die Würze nun auf 10-15°C abkühlen. Ich messe im kältesten Kellerraum 16°C und stelle den Läutereimer zum Abkühlen über Nacht hier ab.


5. Hefegabe

Nachdem die Würze am 16°C runtergekühlt ist, streue ich die beiden Tüten Hefe gleichmäßig auf die Oberfläche und lasse sie dann 30 Minuten mit offenem Deckel rehydrieren. Danach ziehe ich die Flüssigkeit mit einer Suppenkelle mehrmals auf, verschließe den Behälter anschließend und bringe das Gährröhrchen auf dem Behälter an.

Das ganze darf nun 14 Tage im Keller gären, bevor ich es in Flaschen abfüllen werde.
Zuletzt geändert von fjs1403 am Montag 4. April 2022, 13:26, insgesamt 2-mal geändert.
Colindo
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#2

Beitrag von Colindo »

Hallo fjs und willkommen im Forum,

der Bericht, den du erstellt hast, ist sehr ausführlich und ich denke, du gehst hier genau den richtigen Weg, dich mit deinen Erfahrungen an das Forum zu wenden.

Als Hilfestellung wäre eine Liste deiner Fragen vielleicht sinnvoll, damit hier jeder einfacher die Antworten zusammenstellen kann. Außerdem gibt es bei vielen Punkten mehr als einen Weg, zu einem guten Ergebnis zu gelangen. Ich habe mal nur die Frage beantwortet, bei der ich mir sicher bin.

Frage 1: Welches Thermometer misst richtig?
A:
Frage 2: Wie halte ich die Temperatur konstant?
A:
Frage 3: Wie läutere ich so, dass die Flüssigkeit wirklich klar fließt?
A:
Frage 4: Was geht in meinem Einkocher vor, dass er sich einfach abschaltet?
A:
Frage 5: Warum habe ich eine so hohe Stammwürze erhalten?
A: Du hast durch die drei Töpfe eine sehr viel höhere Oberfläche erhalten als mit einem Einkocher, weswegen mehr Wasser verdampft ist. Das Verdünnen im Anschluss ist der richtige Ansatz auf die Zielstammwürze zu kommen. Außerdem kann es immer sein, dass du mit der Malzmenge des Rezepts, selbst wenn alles klappt, am Ende auf eine leicht andere Stammwürze kommst, weil deine Sudhausausbeute anders ist als im Rezept erwartet. Das kannst du dann, wenn sich der Prozess einpendelt, in Zukunft bei der Malzmenge direkt berücksichtigen.
Auf Youtube: The British Pint
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Brandergartenbier
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#3

Beitrag von Brandergartenbier »

Servus,

das sieht doch schon echt gut aus. Was man am Anfang leider nicht weiß, Pils oder generell Untergärig ist nicht ganz so einfach zu brauen wie andere Birstile. Hängt zum einen vom Brauwasser ab, zum anderen natürlich davon, wie kalt man die Gärung ablaufen lassen kann. Die W34/70 die du da nutzt, nutze ich grad für mein Helles und da habe ich bei 10°C vergoren. Bekommt untergärige Hefe zu viel Wärme, entstehen Eigengeschmäcker der Hefe (Fruchtesther z.B.) und das ganze hat mit einem Pils dann nichts mehr zu tun. Deine 16°C sind absolute Schmerzgrenze. Bei der Gärung entsteht selber auch etwas Wärme.

Die Temperaturmessung des Einkochers ist wohl eher unten im Boden angesiedelt, da ist es durch die Heizspirale natürlich wärmer. Eine gute Durchmischung (Rühren) ist da gut um die Temperatur mehr zu verteilen. Ich habe genau wie du den Einkocher gegen mein Bratenthermometer laufen lassen und war genauso unzufrieden und wusste nicht was eigentlich jetzt richtig ist. Ich glaube weder das eine, noch das andere misst ordentlich. Eventuell hast du ein Glasthemometer.

Die Einkocher haben a) zu wenig Leistung um dann 28Liter voll zum Kochen zu bringen und b) einen Überhitzungsschutz. Ich habe den sofort zurück gegeben und mir einen Edelstahl WECK WAT 24A gekauft, finde den optisch geil und den kann man auf Dauerkochen stellen. Wenn du jetzt eine Isolierung ( Decke, Isomatte, etc.) um den Einkocher machst dann verliert der nicht so viel Wärme und kocht auch.

Ich habe eine komplette Einkocher Anlage mit Temperatursteuerung und Rührwerk im Schrank stehen, die dir sicher gefallen wird aber ich kann mich nicht davon trennen.

Wie Läuterst du? Mit Läuterboden, Läuterfreund, Tuch? Du musst die ersten Liter richtig vorschießen lassen, Hahn voll auf, aber nur kurz und dann mehrmals nacheinander.

Die Hefe habe ich auch nach dieser Anleitung aufgestreut und es hat gut geklappt, was besser ist, ist die Hefe vorher in Wasser zu rehydrieren.

Gib das mal in der Suche ein.

Wenn dir das Ergebnis schmeckt, du dir aber unter einem Pils was anderes vorstellst, dann lass den Kopf nicht hängen und mach weiter. Es wirf sich lohnen!
Gruß Florian
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Auch Wasser wird zum edlen Tropfen, mischt man es mit Malz und Hopfen!
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#4

Beitrag von Andimaus »

Hallo fjs und herzlich willkommen hier im Forum.

Zu Frage 2: wie hält sich die Temperatur konstant? Hier hat es sich bewährt, den Einkocher, in dem du maischst, mit ein oder zwei Lagen Isomatte zu isolieren. Viele hier nutzen die eines großen Sportartikelherstellers. Ich habe meine von einem großen Fahrradzubehörshop, eine Seite der Matte ist mit einer silbernen Alufolie beklebt/bedampft.
Dann heißt es langsam von unten an die Zieltemperatur der Rasten „anpirschen“, Kocher etwas früher ausschalten, rühren, messen, ggf. etwas nachheizen… Mit einer Isolierung hält der Topf danach die Rasttemperatur aber sehr zuverlässig - je nach Zeitdauer musst du ggf. etwas nachheizen.
Die Isolierung hilft dir später beim Kochen schneller auf Temperatur zu kommen, fördert leider aber auch dein anderes Problem: das von dir beschriebene Überhitzen des Kochers.
fjs1403
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#5

Beitrag von fjs1403 »

Vielen Dank für die ganzen Hinweise und Tipps!

Ich muss eine meiner Angaben oben korrigieren. Als ich die Hefe hinzugefügt habe, war die Würze noch etwa 20 Grad warm, ich hoffe das ist kein Problem.
Nach dem Hinweis von Brandergartenbier fahre ich nachher zu meinen Großeltern und messe in deren Keller die Temperatur. Mein Opa meinte vorhin am Telefon, es könnten gut weniger als 15°C sein, von daher habe ich Hoffnung, das Bier bei der empfohlenen Temperatur dort weitergären lassen zu können.

Läutern tue ich mit einem Filtereinsatz ("Strainbuddy"), den man von innen auf den Ausguss schraubt.

Ich werde versuchen, den defekten Einkocher zu reklamieren, mir ein hochwertigeres, vllt. gebrauchtes Modell zulegen und über die Anschaffung von einer Isolierung nachdenken.
Till
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#6

Beitrag von Till »

Untergärige Hefe bei 20 Grad aufstreuen und bei Kellertemperaturen vergären ist schon etwas drüber. Aber Fermentis ist da nicht so zimperlich bei den Temperaturangaben und viele merken es am Ende auch nicht negativ. Ein paar Amerikaner haben sogar einen Sport draus gemacht (brülosophy).

Ich würde jetzt nachträglich nichts mehr ändern und das so durchziehen, wird schon gehen. Fürs nächste mal lieber eine obergärige Hefe nehmen das ganze Kölsch nennen, oder richtig kühlen.
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#7

Beitrag von emjay2812 »

Ich habe den Silvercrest auch neu und die Erfahrung gemacht, das er drei Grad überschwingt, dann ausschaltet, wartet bis die Zieltemperatur unterschritten ist, dann wieder einschaltet. Möchte man 66 Grad muss man zunächst nur 63 Grad einstellen.
fjs1403
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#8

Beitrag von fjs1403 »

Das Bier steht jetzt seit 4 Tagen im Keller meiner Großeltern bei 13,5°C.
Ich war heute mal zur Kontrolle vor Ort und mache mir etwas Sorgen, da ich kein Blubbern im Gärröhrchen gesehen habe. Müsste der Gärvorgang nicht schon am Laufen sein?
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marsabba
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Re: Reflexion meines ersten Brauversuchs – Raum für Verbesserung

#9

Beitrag von marsabba »

Hallo,

nach 4 Tagen bei 13,5 Grad sollte die Hefe schon angekommen sein und heftig gären. Blubbern tuts wohl deswegen nicht weil dein Gärfass nicht ganz dicht ist.
Ein vorsichtiger Blick ins Gärfass sollte eine dicke weisse Schaumdecke zeigen.

Grüße
Martin
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