Smart Brew - Fertige Würze aus Deutschland

[LeckerBierchen]

Ich habe gerade beim Googlen eine neue Erfindung der amerikanischen (oder deutschen) Brau-Convenience Industrie entdeckt: Smart Brew https://www.smartbrew.com/

Die verkaufen und liefern High Gravity Würze, die man vor Ort in einem Gärprozess zu Bier weiterverarbeitet. Die gesamte Hardware gibts dazu. Fermentation for Dummies in meinen Augen… Vermutlich wird die mit Wasser gestreckt, um eine normale Stammwürze zu bekommen.

Son bisschen wie Nespresso: absoluter Vendor Lock In, man muss Hardware und Zutaten beim Hersteller kaufen… dafür hat man dann vor Ort vergorenes Bier. Wenn man der Seite glauben schenken darf, scheint das in den USA, Australien und Neuseeland durchaus erfolgreich zu sein.

Ich finds beängstigend: eigentlich mag ich Brew Pubs sehr gerne. Aber wenn deren ‚Brau Kompetenz‘ in der automatisierten Hefe und Hopfengabe besteht, dann kann man auch gleich Industriebier an den Hahn hängen. Da ist für mich der Witz weg…

Warum schreibe ich das hier: zum einen um euch zu zeigen, welche Entwicklung auf uns zukommt… Eigentlich eine logische Weiterentwicklung der Industrie. Brewpubs sind im Trend, Restaurants mit eigenem Bier sind hip… da hat jemand eine interessante Idee kommerzialisiert.
und dann Neugierde: auf der Seite steht dass die Würze aus Deutschland kommt. Hat davon schon mal jemand was gehört? Irgendeine hiesige Brauerei mit Überkapazitäten oder wer macht da mit? Wie viel Gravity kann so eine Würze wohl haben, wenn man die lohnenswert von Deutschland rund um die Welt schickt? Kann mir gerade schwerlich vorstellen dass es Sinn macht, einen Tankwagen mit 20P zu verschicken. Sondern eher irgendwie ein dickflüssiger Sirup mit 100P oder so?!
Dürfte man sowas in Deutschland anbieten und selbstgebraut nennen? Wo fängt Brauen an und wo hört brauen auf? Oder hat schon mal jemand was ähnliches hier gesehen?

[afri]

Ist doch nix neues, es wird gehopfter Sirup in einer Dose + Trockenhefe verkauft, eine kurze Anleitung dabei ("nach 8 Tagen ist die Gärung vorbei und es kann abgefüllt werden") und den Rest lässt man den "Brau"neuling selbst machen. Neu ist allenfalls dass man noch was anderes als die konzentrierte Würze verkauft bekommt, aber auch das wird in manchen Kits inkludiert (Eimer, Spindel, Monofilamentfilter etc.).

Ich sehe das nicht kritischer als den Convenience-Trend bei anderen Lebensmitteln: so vorverarbeitet wie möglich und der Käufer erhält etwas das einem Frischeprodukt möglichst ähnlich ist. Wer wirklichen Genuss will, kocht seine Brühe, seine Ravioli oder seine Jus selbst und greift nicht zu Fertigprodukten. Punkt. So wird es möglicherweise auch den Kitbierbrauerinnen gehen, man testet das und wenn man da "richtig" bei gehen will macht man schließlich auch die Maische selbst, die man dann auch noch ganz nach Gusto variieren kann. Solange man die Wahl hat, alles gut.

[LeckerBierchen]

Wenn man das in seiner eigenen Bude macht, find ich das auch okay. Aber wenn jemand eine ‚Brauerei‘ auf Sirup Basis betreibt und das ggf nicht klar deklariert, empfinde ich das als Beschiss…
Als wenn ich in ein Lokal mit hausgemachten Spezialitäten gehen würde und dann kommen Maggi Spätzle auf den Teller.

[Wintermuffel]

Ist nix anderes, als all die Restaurants welche vorgefertigtes aufwärmen. Gibts zuhauf und ich han schon in einigen "Landgasthäusern" Fertigspäzle oder -knödel vorgesetzt bekommen. Geh ich halt nie wieder hin.
Und wenn ich beim Pseudoburgerbrater, da geh ich hin und wieder hin, die Wahl zwischen Zuckerplörre und MacIPA hätte würde ich jedenfalls probieren.

[LeckerBierchen]

Was denkt ihr, wie das im Detail läuft? Wie viel Plato hat die Würze? Wie transportiert man die Flüssigkeit?

[C.M.Burns]

Moin zusammen!

Mir würde bei diesem "Brauprozess" was abgehen.
Keine Frage, man kann damit sicherlich auch schmackhafte Biere zusammenbauen, aber zumindest mir geht es da mehr um den Brauvorgang ansich.
Abends das ganze Zeug bereitlegen, Morgens dann als erstes mal das Brauwasser einfüllen, während des Hochheizens erstmal das Malz, welches ich selbst zusammengestellt habe schroten, dann einmaischen, die Rasten durchfahren, usw., usw. Oder auch das ständige Rumschrauben an den Rezepten, dem Prozess an sich...Das ist es um was es mir geht!

Bei mir geht ein Brautag meistens um 6, 7 Uhr Morgens los und bis ich alles wieder sauber und verstaut habe is es Nachmittags 4 Uhr oder so. Alles ganz easy, gemütlich - mehr so das meditative Brauerlebnis ;)

Einfach nur Sirup, am besten schon gehopft, mit Wasser aufschütten, kochen, Hefe dazu und dann abfüllen - nein, mir persönlich würde da was fehlen!
Wenn es schnell, schnell gehen muss geh ich zum Getränkemarkt und hol mir a paar halbe August oder Erdinger. ;)

Ich muss aber auch gestehen: Ich bin jetzt nicht der übermäßige Biertrinker - bestimmt 3/4 meiner Sude verkonsumieren meine Bekannten und Kumpels - mir geht es da wirklich mehr um den Prozess an sich :)
...aber vielleicht bin ich da auch einfach nur ein wenig zu "geltungssüchtig" ;) - wenn mir ein "Grillgast" sagt: Boah, was isn das fürn Weizen, wo hastn das her, das is ja geiler Stoff - dann grins ich mir eins vom einen Ohr zum anderen :)

Aber gerade das ist doch auch das schöne an dem Hobby: "richtiges" oder "falsches" brauen gibt es in meinen Augen nicht - jeder wie er mag!

Viele Grüße
Rainer

[LeckerBierchen]

Öhm, ich glaub da hast du was falsch verstanden. Niemand würde mit diesem Fertigwürze Konzept in das Reich der Hobbybrauer eindringen. Das ist was für den kommerziellen Bereich. Kneipe, Gastro oder so…

[C.M.Burns]

Ok, hatte ich wirklich falsch verstanden.

Gut, ich kenne mich was das kalkulatorische bei einer Brauerei angeht nicht aus, aber ich würde vermuten, das sich das ökonomisch nicht ausgeht.

Craftbiere, bei denen man Preislich "hinfahren" kann leben ja von der einzelnen Zusammenstellung, von der Expertise des Braumeisters.

Und bei Standartbieren kann ich mir auch nicht vorstellen das das funktioniert. Ich glaube kaum, dass man da Preislich mit ner Großbrauerei mithalten kann...

VIele Grüße
Rainer

[LeckerBierchen]

Craftbiere, bei denen man Preislich "hinfahren" kann leben ja von der einzelnen Zusammenstellung, von der Expertise des Braumeisters.

Nunja, das ist der Knackpunkt. Hier hat jemand ein Verfahren entwickelt, mit dem sozusagen jeder Depp ein ‚erstklassiges‘ Bier herstellen kann OHNE auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben.

[Boludo]

Ketzerische Frage: Was ist der Unterschied, ob ein Brauautomat wie zb ein Braumeister eine Würze herstellt oder ob das eine Brauerei macht?
Eventuell ist die Würze aus der Brauerei qualitativ sogar besser, da weniger oxidiert und mit geeignetem Wasser hergestellt.
Michael Zepf von Doemens hat mal sinngemäß gemeint, wenn er Hobbybrauer wäre, würde er sich Würze aus einer Brauerei besorgen und die dann vergären, da dann erst die wahre Kunst anfängt. Alles im Sudhaus sei langweilig, die wahre Magie beginnt im Gärkeller.
Natürlich mache ich auch weiterhin meine Würze selber, schon alleine wegen den Variationsmöglichkeiten. Man sollte sich aber über solche Lösung mit fertiger Würze nicht so sehr aufregen. Eventuell würde dadurch die Qualität so mancher Gasthausbrauerei deutlich zunehmen.

[Commander8x]

Hier hat jemand ein Verfahren entwickelt, mit dem sozusagen jeder Depp ein ‚erstklassiges‘ Bier herstellen kann OHNE auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben.

Naja, das ist schon ein wenig verkürzt. Auch mit einer fertigen Würze bleiben genügend andere Fallen, in die einer tappen kann.

Gruß Matthias

[Boludo]

Naja, das ist schon ein wenig verkürzt. Auch mit einer fertigen Würze bleiben genügend andere Fallen, in die einer tappen kann.

Genau meine Meinung.
Die beste Würze bringt nichts, wenn im Gärkeller gemurkst wird. Würze herstellen kann eigentlich jeder. Bei der Gärung trennt sich Spreu vom Weizen.

[BrauWastlKoeln]

Niemand würde mit diesem Fertigwürze Konzept in das Reich der Hobbybrauer eindringen.

Vielleicht nicht mit genau diesem, aber für Hobbybrauer gibt's doch auch Fertigwürze.

https://www.hobbybrauerversand.de/Brewf ... -Ale-15-kg

https://gastro-brennecke.de/malzextrakt ... g-kanister

Und gerade wenn man in US Foren guckt, sind da im Hobbybereich viele Extraktbrauer unterwegs.

Gruß
Sebastian

[Frommersbraeu]

Selbst für Brauereien gibt es fertige Würze. Manch ein dunkles Bier wird erst durch fertiges Konzentrat aus Bamberg schön dunkel

Die Idee gab's auch in Form des Braufässchens auch schon. Sirup ins 5L Fass, Hefe dazu, fertig

[LeckerBierchen]

Die Tücke liegt im Detail. Bei üblichem Extrakt, wie es bspw Brennecke verkauft, steht folgender Hinweis dabei:

‚Malzextrakt ist wie es das Wort schon sagt, ein Extrakt aus Malz. Die Hauptarbeit wie maischen und läutern ist bereits erledigt.
Bei den hier angebotenen ungehopften Konzentrat muss also noch die Würze mit Hopfen gekocht werden.‘

Das Zeug aus meinem Eingangsposting muss eben nicht gekocht werden. Das wird angeliefert, kommt in den Gärbehälter und fertig. Vermutlich kommt noch Wasser dazu, um aus High Gravity Würze eine normale Stammwürze zu verdünnen und dann war’s das. Hefe rein, vllt noch Kaltstopfen. Kein Kochen. Kein Kühlen. Keine Nach-Iso…

[Braufex]

Fertige Würze ist für mich keine Option.
Aber über:
-Einstellung der gewünschten Stammwürze
- Wahl des Wassers zum Verdünnen
- Wahl der geeigneten Hefe bzw. propagieren eines Starters
- Wählen der richtigen Hefemenge
- Temperaturführung der Hefe
- Kalthopfung mit Auswahl der Sorte, der Menge und des Zeitpunktes
- Karbonisierung
- sauerstofffreie Gärung und Abfüllung
- richtige Lagerung und Reifung
- etc. ...
gibt es sehr viele Stellschrauben um dieser Würze seinen persönlichen Stempel aufzudrücken.
Für einen "Deppen" fast zu viel.
Aber auch die haben mal Glück

Gruß Erwin

[Weißbierdoktor]

Interessant. Würde mich interessieren, ob die Würze steril ist, das wäre ja ideal für Starter (analog Fast Pitch Canned Wort).
Allerdings scheint es da ja um größere Mengen zu gehen. Was von den Transportkosten her und ökologisch auch nicht so sinnvoll sein kann ...

[renzbräu]

Die Frage die sich in der kommerziellen Anwendung stellt: Was erwarten Verbraucher:innen bei "selbstgebrautem Bier". Die wenigsten würden Instant High Gravity Würze vor Ort vergoren darunter verstehen - selbst wenn die selbe Praktik in der Küche vom Verbraucher geduldet wird.
(Oder die fränkischen Wirte, die drei Schweine halten und am Wochenende 150 Schäufala aus eigener Haltung servieren, solange der Kunde es glauben will.)

[LeckerBierchen]

Was erwarten Verbraucher:innen bei "selbstgebrautem Bier". Die wenigsten würden Instant High Gravity Würze vor Ort vergoren darunter verstehen

100% Zustimmung!
Das ist in meinen Augen auch das große Problem: der Kunde erwartet in einer Gasthaus Brauerei eben Bier, das vollständig durch den Brauprozess gelaufen ist.
Wäre es Kundentäuschung oder Unlauterer Wettbewerb wenn man es nicht deutlich deklariert?

[Frommersbraeu]

Naja, so unbekannt ist das Konzept nicht, ich sag nur Zoigl Bier.
Hier holen sich die Wirte auch die fertige Würze aus dem Gemeinde Brauhaus und vergären mit eigener Hefe im Gasthaus Keller...
Ist ein riesen Event in der Oberpfalz

[Zoigl Jehovas]

Hallo Patrick,

Zoigl ist kein „riesen Event“, Zoigl ist Tradition. Klar ist Zoigl die letzten Jahre sehr angesagt und kommerziell und es gibt sogar organisierte Busreisen in die nördliche Oberpfalz, aber der Ursprung dieser Bierkultur liegt in der Tradition. Und das ist der Unterschied.
Außerdem hat jeder echte Zoiglwirt sein eigenes Rezept und ist oft beim Brauen mit dabei. Und mit High Gravity hat das auch rein garnix zu tun.

Grüße
Martin

[Frommersbraeu]

Hi Martin,

nicht immer alles negativ interpretiert
Ich wollte damit nur darauf hinweisen, dass es diese Tradition im Kommunalbrauhaus zu brauen und im Gasthaus vergären bereits gibt und eben das Zoigl definiert.
Dass das Ganze mit fertiger High Gravity Würze nix zu tun hat, sondern trotzdem ein handwerkliches Bier ist, sollte dem mündigen Foristen hoffentlich klar sein.

Den besten Vergleich sehe ich in den Konzentraten Sinamar und Co. oder eben das Braufässchen für Privat

[Zoigl Jehovas]

Alles easy :-)

Nur Eines noch: es heißt "der Zoigl".

[LeckerBierchen]

Den besten Vergleich sehe ich in den Konzentraten Sinamar und Co. oder eben das Braufässchen für Privat

Genau genommen nicht: Bräufässchen kommen doch mit Extrakt, das gekocht werden muss.

[Frommersbraeu]

Den besten Vergleich sehe ich in den Konzentraten Sinamar und Co. oder eben das Braufässchen für Privat

Genau genommen nicht: Bräufässchen kommen doch mit Extrakt, das gekocht werden muss.

Laut FAQ nimmt einem das Braufässchen die Arbeit (oder den Spaß am Brauen) bis zur fertig gekochten Würze ab.