Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

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GroundZero
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Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#1

Beitrag von GroundZero »

Hallo zusammen,

nachdem endlich nach ca. 6 Monaten hier nichtmehr gechlort wird (Bakterien im Tiefbrunnen), habe ich nun einen Wassertest bei Ivario durchführen lassen.

Warum? Wir haben eine Enthärtungsanlage im Haus (leider keine Ahnung was genau), und ich kann leider nicht davor Wasser abzwacken.

Ursprüngliches Wasser:
https://www.gemeinde-allensbach.de/file ... r_2017.pdf

Gemessenes Wasser vom Labor:
Kupfer 0,017 mg/L
Blei 0,0010 mg/L
Eisen 0,050 mg/L
Nickel 0,010 mg/L
Cadmium 0,0003 mg/L
Nitrit 0,1 mg/L
Nitrat 12 mg/L
Natrium 140 mg/L
Sulfat 20 mg/L
Ph-Wert 7,7
Elektrische Leitfähigkeit 632 uS/cm
Kalzium 11 mg/L
Magnesium 3,5 mg/L
Wasserhärte 2,3 dH
Chlorid 10 mg/L
Chrom 0,001 mg/L
Kalium 0,44 mg/L
Zink 1,7 mg/L
Uran 0,0018 mg/L

Ich braue noch kein UG, da ich keine/zu wenig Kühlmöglichkeiten habe.
Meist in die Richtung 7 Korn Landbier, Weizen, IPA (Hopfiges Bier ist in Zukunft dran), keine Platobomben.

Frage:
Ist mein Wasser grundsätzlich brauchbar? Oder ratet ihr eher direkt dazu Purania kaufen?
Leider bin ich kein Chemiker, und habe mich noch zu wenig mit Wasseraufbereitung befasst.

Vielen Dank euch allen, da ich echt noch wenig Ahnung davon habe (Artikel im Braumagazin kenne ich schon).
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Lanzbräu
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#2

Beitrag von Lanzbräu »

Hallo GroundZero,

Zufälle gibts: auch hier im Haus ist eine Enthärtungsanlage und auch ich habe damals eine Wasseranalyse bei IVARIO machen lassen. Deine Werte habe ich meinen mal gegenübergestellt, du links, ich rechts (ich hab's exakt in der gleichen Reihenfolge wie du, scheinen immer noch die gleiche Ergebnisvorlage zu verwenden ^^):

Kupfer 0,017 mg/L <> 0,03
Blei 0,0010 mg/L <> 0,001
Eisen 0,050 mg/L <> 0,05
Nickel 0,010 mg/L <> 0,01
Cadmium 0,0003 mg/L <> 0,0003
Nitrit 0,1 mg/L <> 0,1
Nitrat 12 mg/L <> 4
Natrium 140 mg/L <> 54
Sulfat 20 mg/L <> 31
Ph-Wert 7,7 <> 7,9
Elektrische Leitfähigkeit 632 uS/cm <> 511
Kalzium 11 mg/L <> 42
Magnesium 3,5 mg/L <> 9,8
Wasserhärte 2,3 dH <> 8,1
Chlorid 10 mg/L <> 6,8
Chrom 0,001 mg/L <> 0,001
Kalium 0,44 mg/L <> 0,57
Zink 1,7 mg/L <> 0,02
Uran 0,0018 mg/L <> 0,00093

Wasserenthärtungsanlagen in Mehrfamilienhäusern sind nach meiner Kenntnis zwei aufrecht stehende GFK Zylinder unmittelbar nach der Wasseruhr und dem DRUFI, die abwechselnd ihren Dienst verrichten (eine enthärtet aktiv, die andere regeneriert oder macht nix). Ich kann hier auch nix abzwacken. Ist wohl Absicht. Daneben steht ein Kunststoffbehälter mit Salzpellets. Die Zylinder gehen mir hier bei uns sagen wir mal bis zum Bauchnabel und haben einen Durchmesser von vlt. 30cm.

Jedenfalls arbeiten die nach dem Prinzip des Ionenaustauschs, d.h. aus dem einströmenden Rohwasser werden die Härtebildner Magnesium und Calcium ausgetauscht mit Natrium (Natriumausfällungen im Wasserkocher bzw. im Kessel und Warmwasserspeicher lassen sich deutlich leichter entfernen als die von Magnesium und Calcium, reines Haltbarkeitsthema). Daher sind üblicherweise bei solchen Anlagen die Natriumkonzentrationen gegenüber dem Rohwasser erhöht, das eine wird durch das andere ersetzt; der Vorgang findet auf der Oberfläche von kleinen in den Zylinder schwimmenden Kügelchen statt.

Der Natrium-Wert bei dir liegt recht hoch (Grenzwert der TWV = 200), die Wasserhärte entsprechend niedrig, d.h. deine Anlage enthärtet das Wasser sehr stark. Ui, ja klar, habe gerade den Link deines Wasserversorgers geöffnet. Puh, das ist ja tatsächlich bretthart. Evtl. lässt sich ja dein Vermieter oder die Verwaltung auf ein Gespräch ein und fährt die Enthärtung etwas zurück?

Wozu dein Wasser taugt, findest du mit einer Recherche hier im Forum/Netz.
Deine Zink- und Nitrat-Werte sind im Vergleich zu mir ziemlich erhöht. Hm.

Ich wünsche dir stets gut Sud!

Edith: Grenzwert Natrium geändert auf 200 gem. TWV
Zuletzt geändert von Lanzbräu am Donnerstag 25. Mai 2023, 08:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#3

Beitrag von GroundZero »

Ja, das Natrium hat mich auch gewundert.
Ich frage morgen mal nach, was für eine Anlage und wie oft nachgefüllt wird (wahrscheinlich Salztabletten), bzw. auch wann.

Morgen weiß ich hoffentlich mehr.

Danke dir schon einmal, genauer einlesen ist definitiv nötig.
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#4

Beitrag von Froddug »

Wie brauchbar dein Wasser zum brauen ist, kann ich dir leider nicht im Detail verraten, aber dafür kann ich dir verraten welche Art von Enthärteranlage du hast. Bin Chemiker ;-)

Du hast einen überlichen Ionenaustauscher mit NaCl (Kochsalz). Das Calcium im Wasser wird also durch Natrium getauscht. Deswegen auch der hohe Natrium Wert mit 140 mg/L und niedrige Calcium Wert 11 mg/L Vergleich zum Ausgangswasser mit Natrium 4-8 mg/L und Calcium mit 84 -106 mg/L. Schmeckt man auch im LW, wenn man sensibel für sowas ist.

Ich selber braue übrigens auch mit enthärtetem Wasser wie deinem und habe aber auch nie ne Wasseranalyse wie du machen lassen. Bis Dato habe ich damit immer gute Ergebnisse bekommeb und würde deshalb sagen: Gib Ihm! Wird schon klappen.
Bin aber, wie gesagt, kein Profi auf dem Brauwassergebiet

Grüße
Beni
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#5

Beitrag von Froddug »

Ohh da hat Lanzbräu schon gepostet, als ich noch am Tippen war. Sorry für die doppelte Erklärung.... stimmt alles was er sagt!

Dein Natriumwert sollte aber grob stimmen. Pro mg Calcium was raus geht gehen 1,15 mg Natrium ins LW. Wenn du valso ca. 80 mg Calcium rausholst, gehen dafür 92 mg natrium in Lösung. Dein enthärter Arbeit einfach deutlich krasser als der von seiner, deswegen hat er auch 42 mg/L Restcalcium und du nur 11 mg/L. Was echt wenig ist.
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#6

Beitrag von Lanzbräu »

Da du nach den Typen gefragt hattest, die du mit deinem Wasser brauen kannst => Hier oder hier findest du exemplarisch eine Auflistung von Bierstilen/Braustätten und deren Wasserzusammensetzung. In das Thema einlesen und dann entscheiden, an welchen Stellschrauben du drehen müsstest, um das eine oder das andere Wasserprofil nachzubauen.

Aber mir sind seit meinem Post von gestern noch zwei weitere Punkte eingefallen:
...vor jedem Brautag gehe ich in den Keller und prüfe, ob die Entkalkungsanlage keine Störung hat; bspw. leuchtet das Display komplett rot auf, wenn kein Salz mehr im Vorratsbehälter ist und somit womöglich unbehandeltes Rohwasser ins Haus gelangt, da keine Regeneration mehr durchgeführt werden kann. Dann schaltet das Ventil oben an den GFK Dingern nämlich auf Durchzug. Wenn dem so ist, kommt dann auch in der Wohnung entsprechend hartes Wasser aus dem Hahn.
...und: die Wasseranalyse ist beim Stadtwasser auch immer nur eine Momentaufnahme, d.h. je nach Zumischung von Wasser aus anderen Quellen kann sich das Ionenbild ändern. In manchen Städten wird z.B. einem Talsperrenwasser je nach Bedarf und Verfügbarkeit Wasser aus Uferfiltrat zugemischt. Dies hat mit Sicherheit einen Einfluss auf die Ionen.
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#7

Beitrag von GroundZero »

Wow, vielen lieben Dank für eure wertvolle Hilfe.
Ich wusste das ich mich richtig einlesen muss bzw. werde. Wichtig war für mich nur: Ja, keine Katastrophe, mach mal und versuche es.

Ich hab nämlich keine Lust dauerhaft für jeden Sud das Wasser in den 2. Stock zu schleppen.

Nur eine kleine Frage noch:
Wie kann ich die HCO3 (Hydrogencarbonat) errechnen, bzw. was muss ich bei Rechner eingeben?

Achja, der Tip mit Anlage prüfen werde ich beherzigen. Vor jedem Brauen kurz zum Hausmeister und abklären, ob alles passt.

Vielen Dank euch, und immer gut Sud
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#8

Beitrag von Braufex »

GroundZero hat geschrieben: Donnerstag 25. Mai 2023, 18:14 Nur eine kleine Frage noch:
Wie kann ich die HCO3 (Hydrogencarbonat) errechnen, bzw. was muss ich bei Rechner eingeben?
Über Deine Angaben zu Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium, Chlorid, Sulfat und Nitrat kann man den HCO3-Wert errechnen.
Bei Deinen Angaben sind es 369 mg/l bzw. 6,04 mmol/l

Gruß Erwin
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Ich weiß zwar nicht wie, aber sie funktioniert prima ;-)
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#9

Beitrag von GroundZero »

Braufex hat geschrieben: Donnerstag 25. Mai 2023, 19:08
GroundZero hat geschrieben: Donnerstag 25. Mai 2023, 18:14 Nur eine kleine Frage noch:
Wie kann ich die HCO3 (Hydrogencarbonat) errechnen, bzw. was muss ich bei Rechner eingeben?
Über Deine Angaben zu Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium, Chlorid, Sulfat und Nitrat kann man den HCO3-Wert errechnen.
Bei Deinen Angaben sind es 369 mg/l bzw. 6,04 mmol/l

Gruß Erwin

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Dann lese ich mich mal tiefer ein, danke dir
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#10

Beitrag von Braufex »

GroundZero hat geschrieben: Donnerstag 25. Mai 2023, 19:39 Mille Grazie :thumbup :Pulpfiction

Dann lese ich mich mal tiefer ein, danke dir
Gerne, sind natürlich nur Näherungs-Werte, aber zur Orientierung ausreichend ...
Viel Erfolg :Drink
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#11

Beitrag von olibaer »

Hallo zusammen,

ich empfehle erneut den Brau!Magazin-Artikel Von der Was­ser­ana­ly­se zum Brauwasser, Kapitel 3.6 Neutralaustauscher.

Beim hier bereits beschriebenen Austausch(#4) von Ca2+ und Mg2+ durch Na+ entstehen Salze, die in Wasser alkalisch reagieren. Allen voran Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3 - auch als Soda bekannt. Wässer mit einem erhöhten Sodaanteil werden in der Branche ugs. auch als Soda-Alkalische-Wässer bezeichnet.

Diese Wässer sind mit besonderer Tücke behaftet. Andreas Staudt(Ladeberger) benennt im oben zitierten Artikel bereits zwei Gründe dafür. Ich zitiere:
https://braumagazin.de/article/von-der-wasseranalyse-zum-brauwasser/ hat geschrieben:Es ist zum einen nichts gegen die säurevernichtende Wirkung des Hydrogencarbonats unternommen, und zum anderen fehlt die saure Reaktion des entfernten Calciums und Magnesiums im Wasser
Weitere Gründe kommen hinzu:
  • Das Calcium und das Magnesium fehlt uns im weiteren Prozess
  • Natrium ist im Gegensatz zu Calcium und Magnesium aufgrund der Definition für die Gesamthärte, Karbonathärte, Nichtkarbonathärte und Restalkalität kein Härtebildner und trägt damit nicht zur Wasserhärte bei

Der letzte Punkt hat Folgen für unser Verständnis für eine Wasseranalyse:
Die Gesamthärte GH ist definiert als die Summe aller Calcium- und Magnesiumionen im Wasser. Die Karbonathärte KH ist definiert als die Summe aller Calcium- und Magnesiumionen, die an einen Karbonatrest(Carbonat CO3-/Hydrogencarbonat HCO3-) gebunden sind. Es kann sich demnach maximal so viel Karbonathärte ausbilden, wie Calcium- und Magnesiumionen im Wasser sind, weswegen die Karbonathärte nie größer der Gesamthärte sein kann.

Das Konfliktpotential ergibt sich schlussfolgernd daraus, dass nach einem Neutralaustausch mit Natrium die Karbonatreste am Natrium hängen, Natrium aber kein Härtebildner ist und uns letzten Endes eine Karbonathärte vorgegaukelt wird, wo keine ist.

Tilos(Johnny H) Tool ionenbilanz zeigt das mit den Wasserwerten aus Beitrag #1 wunderbar auf:
KH &gt; GH = Soda-Alkalisches-Wasser
KH > GH = Soda-Alkalisches-Wasser
sodaalkalisch.PNG (2.16 KiB) 766 mal betrachtet
Aus der Ionenbilanz(auch analytisch) ergibt sich KH > GH, was aber lt. Definition für die Wasserhärte so nicht sein kann.
Ein Neutralaustausch bzw. ein erhöhter Anteil von Natriumhydrogencarbonat macht es trotzdem möglich.

Wasseranalysen, egal ob berechnet oder wirklich analysiert, die eine Karbonathärte größer der Gesamthärte aufweisen, bitte immer mit Vorsicht genießen!
Solche Wässer sind, und da schließe ich mich Andy an, erstmal nicht fürs Bierbrauen geeignet und damit meine ich nicht nur den Maische-pH und die Brauwasserqualität, sondern den gesamten Herstellprozess.


Anmerkung:
Gerade im Haushaltsumfeld trifft man vorzugsweise auf Neutralaustauscher die nicht wirklich enthärten, entsalzen oder entkarbonisieren, sondern nur umsalzen. Die Einsatzgebiete reichen hier vom Rohwassereinlauf bis hin zu den Tools&Parts im Küchenumfeld.
Wer aus dieser Nummer nicht rauskommt, der sollte tatsächlich über eine Vollentsalzung nachdenken und im Nachgang sein Wasser wieder aufsalzen.
Gruss
Oli
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#12

Beitrag von Froddug »

Moin zusammen,

Unglaublich gute Antwort Oli. Ich ziehe meinen Hut und der verlinkte Artikel ist ebenfalls top.

Dennoch hab ich eine paar Nachfragen, weil ich ebenfalls mit Neutralentsalztem Wasser (für mich erfolgreich) braue.

1. Ein Neutralentsalzer reduziert je nach Einstellung nur den Mg/Ca-Gehalt und setzt den ja in der Regen nicht auf Null, wie im Artikel fälschlich abgebildet. Bei mir z.B geht die GH von 11 auf ca. 5, KH bleibt logischerweise gleich. Also sollte doch noch genug Mg/Ca für die Gärung vorhanden sein, nur Na-Gehalt ist entsprechend um ca. 60 mg/L erhöht.

2. Das überschüssige HCO3- kann man ja wunderbar durch Säurezugabe vernichten. Also ist das Problem mit der RA ja lösbar.

3. Das eingebrachte Natrium wird man natürlich nicht mehr los, aber das ist ja laut dem obigen Artikel perse kein Problem solange der Chlorid-Gehalt niedrig genug ist.

4. Im hier geschilderten Fall ist der Ca-Gehalt nach der Entkslkung mit 11 mg/L natürlich sehr niedrig und der Natrium-Gehalt mit 140 mg/L sehr hoch. Es sollte doch durch Zugabe von CaSO4 und verdünnen mit VE-Wasser möglich sein Na+ auf 50-100 mg/L zu bekommen und Ca hoch auf 20-50 mg/L, oder? Frage ist nur ob der Aufwand sich lohnt.

Ich bin gespannt auf die Antworten, da ich bis dato selber noch nix mit meinem Brauwasser gemacht habe. Stand immer auf meiner viel zu langen to do Liste.

Grüße
Beni
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olibaer
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#13

Beitrag von olibaer »

Hi Beni,

danke für die freundliche Rückmeldung.
Froddug hat geschrieben: Freitag 26. Mai 2023, 09:37 1. Ein Neutralentsalzer reduziert je nach Einstellung nur den Mg/Ca-Gehalt und setzt den ja in der Regen nicht auf Null, wie im Artikel fälschlich abgebildet. Bei mir z.B geht die GH von 11 auf ca. 5, KH bleibt logischerweise gleich. Also sollte doch noch genug Mg/Ca für die Gärung vorhanden sein, nur Na-Gehalt ist entsprechend um ca. 60 mg/L erhöht.
Antwort 1:
Im Beispiel ist der "Umsalzeffekt" eher moderat(GH 11 -> 5). Ca. 45 % der ursprünglichen Rohwasserqualität bleibt für Mg/Ca erhalten und dem Verfahren geschuldet - 100 % vom Hydrogencarbonat(HCO3-) -> KH unverändert.
Solch ein Wasser würde ich zunächst im Vergleich zum Rohwasser verkosten und wenn es unauffällig bleibt für einen Braugang in Erwägung ziehen.

Froddug hat geschrieben: Freitag 26. Mai 2023, 09:37 2. Das überschüssige HCO3- kann man ja wunderbar durch Säurezugabe vernichten. Also ist das Problem mit der RA ja lösbar.
Antwort 2:
Sicher. Für sich alleine betrachtet sind die resultierenden pH-Werte in Maische, Würze und Bier entscheidend.
Dummerweise ändern Zusätze aller Art meist nicht nur den Zielwert, sondern nebenbei noch das Gefüge drumherum.
Zwischen Wohl&Übel richtig abzuwägen, das kann dann schon mal zur Verzweiflung führen.

Froddug hat geschrieben: Freitag 26. Mai 2023, 09:37 3. Das eingebrachte Natrium wird man natürlich nicht mehr los, aber das ist ja laut dem obigen Artikel perse kein Problem solange der Chlorid-Gehalt niedrig genug ist.
Antwort 3:
Wahrscheinlich ist das so. Hier sind Verkostungen angesagt.
So zumindest hat man die Freiheitsgrade selbst zu entscheiden, wann was genug in welchem Kontext ist.

Froddug hat geschrieben: Freitag 26. Mai 2023, 09:37 4. Im hier geschilderten Fall ist der Ca-Gehalt nach der Entkslkung mit 11 mg/L natürlich sehr niedrig und der Natrium-Gehalt mit 140 mg/L sehr hoch. Es sollte doch durch Zugabe von CaSO4 und verdünnen mit VE-Wasser möglich sein Na+ auf 50-100 mg/L zu bekommen und Ca hoch auf 20-50 mg/L, oder? Frage ist nur ob der Aufwand sich lohnt.
Antwort 4:
Natürlich.
Die Abhängigkeiten zwischen Rohwasserqualität, Enthärtung, Aufhärtung und Brauwasserqualität in Richtung Bierstil gekonnt aufzulösen ist Teil der Braukunst.


Frage ist nur ob der Aufwand sich lohnt....

Tja.
Für dein Beispiel vielleicht schon und selbst da muss man schon recht pfiffig und gefestigt in der Materie sein.
Ansonsten würde ich die Finger von Soda-Alkalischen-Wässern lassen. Das kann schnell unlustig, unerfreulich und nervtötend werden. Sinnvoller wäre eine VE hinter den Wasserhahn zu klemmen und sich auf den Teil der Bierbrauerei zu konzentrieren, der Spaß macht.
Gruss
Oli
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Ladeberger
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#14

Beitrag von Ladeberger »

Hallo Beni,

Oli hat das alles hervorragend aufgedröselt. Daher nur noch kurz zu 1.: ich denke schon, dass Ionenaustauscherharze ziemlich vollständig arbeiten, aus einem Mischbettharz kommt schließlich nahezu VE-Wasser. Insofern finde ich "fälschlich abgebildet" etwas harsch :Wink Aber es ist natürlich richtig und in meinem Artikel nicht erwähnt, dass in Hausanlagen durch einen Bypass/Verschneideventil in der Regel ein Verschnitt aus Rohwasser und behandeltem Wasser gemacht wird. Einerseits aus Gründen der Wirtschaftlichkeit (geringerer Einsatz von NaCl), andererseits um je nach Kontaktmaterialien nicht korrosiv zu wirken.

Im big picture: Das Wasser aus Neutraltauschern ist nur aufgrund der erhöhten Natriumwerte sicher nicht "unbrauchbar", nur eben aus brautechnischer Sicht nicht besser als zuvor - im Gegenteil. Wichtig ist daher vor allem zu wissen, dass durch einen Neutraltauscher eben keine Enthärtung im Sinne der Bierbrauerei stattgefunden hat und man daher Dinge wie Karbonathärte, pH-Verhältnisse und ein Calcium-SOLL immer noch auf dem Schirm behalten muss.

Ich bin daher auch ganz bei Oli was die Bewertung derartiger Wässer angeht: Völlig unspaßig mit Potenzial für Verschlimmbesserungen.

Gruß
Andy
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Re: Frage zu grundsätzlicher Wasserqualität/Enthärtungsanlage

#15

Beitrag von Froddug »

Ok, das Wort "fälschlich" ist in der Tat etwas harsche als ich es beabsichtigt hatte. Ich gelobe Besserung :Angel
Der Prozess ist auch zu 100% korrekt beschrieben und der Artikel tip top, nur sind die Neutralentsalzung-Hausanlagen auf Austauscherharz/NaCl-Basis nicht auf 100% Entkalkung sondern auf eine sinnvolle Teilentkalkung ausgelegt. Wie viel jede einzelne Anlage aber effektiv entkalkt muss man selbst bestimmen.
GroundZero hat geschrieben: Mittwoch 24. Mai 2023, 21:54
Frage:
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@GroundZero kommst du an die Anlage ran? Wenn ja kannst du diese eventuell von jetzt 90% entkalkung zum Brauen auf 20-40% Entkalkung stellen, damit der Natrium-Gehalt nicht so brutal hoch ist.

Zum Schluss nochmal ein fettes Lob für das tolle fachliche Nivea hier. :thumbsup Wirklich sehr bereichernd!
Ich habe immer mein Wasser mit nem Britta-Filter mühselig entkalkt, weil mir persönlich das entkalkte Wasser besser schmeckt. Aber dass das zum Bierbrauen garnicht so optimal ist war, mir bis dato nicht bewusst =/ (kein Profi eben, wie Ihr). Den nächsten Batch mache ich mal mit 100% LW und stelle den pH-Wert mit Schwefelsäure ein. Bin gespannt ob ich einen unterschied schmecke =) habe einen eher stumpfen Geruchs- und Geschmackssinn.

Grüße
Beni
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