Britisch Mild

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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emjay2812
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Britisch Mild

#1

Beitrag von emjay2812 »

In unserer Nachbarschaft gibt es schon seit längerem eine Gasthausbrauerei.
Die Qualität des Bieres war bisher immer schwankend, auch weil die Braumeister
öfters gewechselt wurden, und der Gastwirt selbst braute.

Seit einiger Zeit scheint dort ein recht kreativer Brauer am Werk zu sein.
Momentan ist ein Sommerbier "nach Art eines British Mild" im Ausschank.
9°Ṕlato, 3,5 Vol. %. Das Bier war recht dunkel eingebraut, sehr malzlastig
und sehr wenig gehopft. Sehr leicht ohne wässrig oder dünn zu wirken.
Laut Kellner ist es obergärig.

Wer kennt diesen Bierstil? Ich könnte mir durchaus vorstellen so etwas nachzubrauen.
Haubi
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Re: Britisch Mild

#2

Beitrag von Haubi »

Hallo,

in dem Buch "Bier selbst brauen" von Greg Hughes gibt es ein Rezept für ein Southern Brown Ale.
Das sollte dem von dir genannten Bierstil recht nahe kommen.
der_ak
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Re: Britisch Mild

#3

Beitrag von der_ak »

Früher war "mild" einfach der Begriff für relativ junges Bier. In den letzten hundert Jahren hat sich die Bedeutung aber so gewandelt, dass Mild Ale mittlerweile ein leichtes, malziges Ale mit nur geringer Hopfenbittere und keinem oder nur minimalen Hopfenaroma darstellt. Die allermeisten Milds sind eher dunkel eingebraut (dark mild), es gibt aber noch vereinzelt helle Exemplare (pale mild/light mild). Die paar Milds, die ich in England so getrunken habe (sind leider kaum noch zu finden, tlw. auch, weil manche Brauereien den Begriff "mild" vermeiden), tendierten im Geschmacksprofil her in Richtung Brown Ale bis Porter, natürlich mit deutlich geringerer Stammwürze.

Typische Dark Mild Rezepte verwenden Pale Ale Malt (oftmals die typischen britischen Gerstensorten) oder Mild Ale Malt als Basis alz, dann ein dunkles Crystal Malt, und evtl. noch Chocolate Malt oder Black Malt zur Farbabstimmung. In älteren Rezepten wird oft auch noch mit dunklen Invertzuckern und/oder Zuckercouleur gearbeitet, ich halte das allerdings für nicht notwendig.

Mein präferiertes Rezept für Dark Mild sieht übrigens so aus:

87% Mild Ale Malt
11.5% CaraAroma
1.5% Black Malt

0.75g/l East Kent Goldings (6.5% AA) 60 min
0.25g/l East Kent Goldings (6.5% AA) 15 min

Stammwürze 8.5 °P, 19 IBU, 3.1% ABV.

Das ist schon ein ganz süffiges Bier, und schön malzig und nussig, ohne irgendwie süß zu sein. Ich weiß, CaraAroma ist für den Bierstil nicht das authentischste Malz, aber kommt trotzdem ziemlich gut an den Geschmack ran, den ich so in dunklen Mild Ales gefunden habe.
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Kurt
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Re: Britisch Mild

#4

Beitrag von Kurt »

Da werden Sie geholfen:

http://barclayperkins.blogspot.de/
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Trisman
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Re: Britisch Mild

#5

Beitrag von Trisman »

Die Seite ist echt informativ. Leider habe ich in meinem Leben noch keine so unübersichtliche Seite gesehen wie diese. Der sollte das ganze mal irgendwie anders strukturieren. Es gab mal eine Seite, die wenigstens die Hobbybrauer Rezepte auf seiner Seite indexiert hatte, aber die funktioniert auch nicht mehr so richtig.
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Kurt
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Re: Britisch Mild

#6

Beitrag von Kurt »

Die let´s brew wednesdays:
http://www.unholymess.com/blog/lets-brew

P.S. Die Seite lädt im Firefox manchmal nicht vollständig und die Liste fehlt.
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Johnny H
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Re: Britisch Mild

#7

Beitrag von Johnny H »

Der gute Ron Pattinson ist eine lebende Enzyklopädie an Bierwissen, insbesondere zu historischen Stilen (hat z.B. schon mal jemand von einem East India Porter gehört?). Er hat auch einiges zu untergegangenen deutschen Bierstilen zusammengetragen, weil er auch Deutsch spricht oder zumindest versteht und historische Quellen recht akkurat verstehen und ins Englische übersetzen kann.

Lesbarkeit und/oder Strukturierung gehören leider nicht unbedingt zu seinen Stärken. Bei seinen Büchern ist es vermutlich durchweg ähnlich, und ich kämpfe immer noch mit seinem "Decoction!", was eine einigermaßen gut gegliederte Zusammenfassung seiner unzähligen Blogposts ist. Ich empfehle das Buch trotzdem fast uneingeschränkt! Es steckt voller Perlen!

Da muss man also wohl durch!
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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gulp
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Re: Britisch Mild

#8

Beitrag von gulp »

hat z.B. schon mal jemand von einem East India Porter gehört?
Na ja, die haben halt erst mal alles, was sie an Bier hatten nach Indien geschickt. Durst war damals schon schlimmer als Heimweh. Mit der Zeit haben sich ein paar Biere durchgesetzt, die besonders haltbar waren. So ist das India Pale Ale entstanden. Damals noch mit den englischen niedrig Alpha Hopfen, was sicher zur Geschmacks Stabilität beigetragen hat.

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

https://biergrantler.de
https://stixbraeu.de
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Johnny H
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Re: Britisch Mild

#9

Beitrag von Johnny H »

gulp hat geschrieben:
hat z.B. schon mal jemand von einem East India Porter gehört?
Na ja, die haben halt erst mal alles, was sie an Bier hatten nach Indien geschickt. Durst war damals schon schlimmer als Heimweh. Mit der Zeit haben sich ein paar Biere durchgesetzt, die besonders haltbar waren. So ist das India Pale Ale entstanden. Damals noch mit den englischen niedrig Alpha Hopfen, was sicher zur Geschmacks Stabilität beigetragen hat.

Gruß
Peter
Die IPA-Geschichte kenne ich natürlich. Ron behauptet aber nun, dass in Bezug auf exportiertes Volumen ein stärker gehopftes Porter (also ein (East) India Porter, IP) sehr viel populärer und verbreiteter war (und es gab es wohl auch schon früher als IPA, angeblich ab 1805). Weiterhin sagt er, dass das IP eher für die allgemeinen Soldaten gewesen sein muss, während das IPA eher den Offizieren vorbehalten war. Aufgrund dessen und wohl auch aufgrund des allgemeinen Niedergangs des Porters ist das India Porter dann irgendwann in Vergessenheit geraten. In diesem Youtube-Interview redet er auch kurz drüber: A Chat With Ron Pattinson, ca. ab 2:20 min.

Stilistisch muss das wohl dann fast in Richtung Cascadian Dark Ale bzw. Black IPA gegangen sein, schätze ich. War vielleicht aber süßer.

Gruß, Tilo

PS: Sorry für Off Topic-Posting...
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(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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