Hefe wie oft führen

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Sven
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Hefe wie oft führen

#1

Beitrag von Sven »

Hallo zusammen,

hat jemand Erfahrung wie oft man eine Hefe führen kann. Ich habe jetzt eine Hefe die ich zum 6ten mal wiederauffrische. Gibt es irgendwelche Nachteile durch eine wiederholende Führung. Vorraussetzung ist natürlich immer das die Hefe nicht mit Wildhefen infiziert wurde/ist.

Gruß
Sven
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Hagen
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Re: Hefe wie oft führen

#2

Beitrag von Hagen »

Ist nicht nur eine Frage der Infektion, sondern auch der Mutation der Originalhefe. Ist im HB-Bereich, wo es zumeist nicht auf absolute Reproduzierbarkeit ankommt, selten ein richtiges Problem. Aber auch da sollte nach der 6 Führung langsam mal Feierabend sein.
Besser während der Gärung die Hochkräusen ernten als das Sediment.
Aufbewahrung wie neulich in einem Aufbewahrungsthread , der sich auch mit den Cryo-Perlen beschäftigt, in isotonischer Kochsalzlösung. Damit soll bei geringem Aufwand aber relativ langer Haltbarkeit im KS die Degenerationsgefahr für die Hefe relativ gering sein.
Vorteil einer wiederholten Führung ist die stärkere Gäraktivität und ein höherer EVG als bei Erstführung.
Besten Gruß

Hagen

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Johnny H
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Re: Hefe wie oft führen

#3

Beitrag von Johnny H »

Hagen hat geschrieben:[...] Besser während der Gärung die Hochkräusen ernten als das Sediment.
[...]
Vorteil einer widerholten Führung ist die stärkere Gäraktivität und ein höherer EVG als bei Erstführung.
Das Ernten von oben ("Top Cropping") wird m.W. auch von kommerziellen Brauereien betrieben (nicht allen!). Vorteil: alte bzw. tote Hefezellen und Abfallstoffe setzen sich unten ab, während junge, frische Zellen zum Zeitpunkt des maximalen Zellwachstums oben schwimmen.

In einem Webinar von Chris White (White Labs) neulich hat dieser das eine oder andere dazu gesagt (edit: Link hinzugefügt). Ich meine, er hätte gesagt, dass erst in 3. Führung die Hefe in optimalem Zustand ist. "Top Cropping" sei das beste (auf Hygiene achten!). Ich meine auch, er hätte gesagt, dass nach sechs oder sieben Führungen im Hobbybrauerbereich Schluss sein sollte, hauptsächlich wegen der Perioden dazwischen, während denen die Hefe unnütz und vor allem untätig im Kühlschrank liegt (Risiko Mutationen, wie Hagen sagt?). Kommerzielle Brauereien können theoretisch unbegrenzt weiterführen. Letztes Jahr waren die Berliner Hobbybrauer z.B. bei einer Verkostung der Brauerei Svaneke Bryghus (DK) auf Bornholm - ich meine mich zu erinnern, dass der Braumeister von bereits >20 Führungen (individueller Stamm aus Weihenstephan) sprach, aber das ist leider schon eine Weile her.

Edit: bisschen was ergänzt oben
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Hieronymus
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Re: Hefe wie oft führen

#4

Beitrag von Hieronymus »

Das Mutieren der Hefe wird immer wieder gern angeführt. Ich glaube da nicht so recht dran, dass das im Hobbybrauerbereich zumindest kurz- und mittelfristig eine Rolle spielt. Ich kann mich auch an keinen Tread erinnern, wo jemanden die Mutation der Hefe Probleme bereitet hat. Meiner Meinung nach schreiben die Hersteller das gern mal auf die Packung, damit auch ja genug nachgekauft wird.
Ich selbst habe eine Hefe (WLP 802 - Czech Lager) von März ´13 bis Januar ´16 durch insgesamt 10 Sude geführt und selbst beim letzten Sud ein hervorragendes Ergebnis gehabt. Die Hefe habe ich in der Ug-Saison meist von einem Sud zum nächsten oder übernächsten direkt übernommen. Im nächsten Herbst habe ich sie dann aus den eigenen Flaschen gestrippt und genauso wie in der vorhergehenden Saison von einem Sud zum anderen geführt. Das mache ich aber nur bei Flüssighefen. Das macht deswegen Sinn, weil man sich dieses ganze Gezappel mit der Aktivierung spart. Von Threads mit Aktivierungsproblemen ist das Forum ja voll. Geld spart man natürlich auch noch.
Trockenhefen führe ich nur 1 oder 2 mal weiter und gebe sie dann auf. Jetzt ist die Ug- Saison für mich erst einmal zu Ende. Die Temperaturen in meinem Keller fangen wieder ganz langsam an zu steigen. Ob ich die WLP 802 im Herbst wieder aktiviere, weiss ich noch nicht, mal sehen. Im Moment habe ich die WY 2024 (Danish Lager) zugange, in der 4. Führung. Die gefällt mir auch nicht schlecht. Vielleicht ist das ein Kandidat im Herbst.
Mit den Og-Hefen läuft es natürlich genauso.

Heinrich
Ulrich
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Re: Hefe wie oft führen

#5

Beitrag von Ulrich »

Hieronymus hat geschrieben:Das Mutieren der Hefe wird immer wieder gern angeführt. Ich glaube da nicht so recht dran, dass das im Hobbybrauerbereich zumindest kurz- und mittelfristig eine Rolle spielt.
Mutation ist nicht zwangsweise negativ! Im Gegenteil, es ist wahrscheinlich, das die Hefe - langrfristig verwendet (viele Generationen), sich and die gegebenen Bedingungen "anpasst" und Du auf einmal ein Unikat hast, Deine "Haushefe" hast, die vieleicht hervorragende Perfomance zeigt.
Also gerade im Hobbybrauerbereich, wäre es interessant eine Hefe lange zu führen, vieleicht entwickelt sich ja was positives.

Wenn man die Mikrobiologie unter Kontrolle hat und die Hefe in einen für sie günstigen Moment erntet (zB,. wie oben erwähnt, Hochkräusen-Phase), richtig einlagert und nicht zu viel Hefe gibt (so, dass sich immer genügend neue, frische Hefen gebildet werden), kann dass sehr interessant werden.
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DevilsHole82
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Re: Hefe wie oft führen

#6

Beitrag von DevilsHole82 »

Ulrich hat geschrieben: Mutation ist nicht zwangsweise negativ! Im Gegenteil, es ist wahrscheinlich, das die Hefe - langrfristig verwendet (viele Generationen), sich and die gegebenen Bedingungen "anpasst" und Du auf einmal ein Unikat hast, Deine "Haushefe" hast, die vieleicht hervorragende Perfomance zeigt.
Sehe ich genauso. Auch in anderen Bereichen nutzt man eine unendliche Weiterführung von Mikrokulturen. Direkt fällt mir da meine Lieblingsbäckerei ein, die durch ihre unendliche Sauerteigführung das beste Schwarzbrot weit und breit backt.

Oder die italienischen Pizzabäcker, die den übrig gebliebenen Teig vom Vortag in den neuen kneten.
Gruß, Daniel

Was von Herzen kommt gelingt, weil's einen gibt, der die Kelle schwingt. Heute back ich, morgen brau ich, wer heimlich nascht, den verhau ich.
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flying
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Re: Hefe wie oft führen

#7

Beitrag von flying »

Im alten Forum hab ich mal von Leuten gelesen, die ihre Hefe seit 17 jahren führen..

Letztendlich sind alle Bierhefen über Jahrhunderte durch Mutation entstanden. Erst durch die Reinzucht seit gut 150 Jahren versucht man sie auf einen unveränderten Stand zu halten. Das Ende der Bierevolution sozusagen..

Mittlerweile haben es sogar Hobbybrauerhefen in die Profi-Hefebanken geschafft, wie Charlie Papazians "Cry Havok". Das soll ursprünglich wohl mal eine Budweisehefe aus den 80-igern gewesen sein? Oder die American Weat Wyeast 1010, ursprünglich wohl mal eine German Ale 1007, vor 30 Jahren. Das war aber in einer Profi-Brauerei.
Held im Schaumgelock

"Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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