das liebe Brauwasser.
Schon immer nervt mich mein Stadtwasser in seiner Zusammensetzung:
- GH [°dH] = 17
- KH [°dH] = 15
- NKH [°dH] = 2
- RA [°dH] = 10,3
- Calcium [mg/l] = 116
- Magnesium [mg/l] = 3,1
- Chlorid [mg/l] = 23,0
- Sulfat [mg/l] = 8,0
- Nitrat [mg/l] = 17,0
Für "schwierige Rohwässer" geht der Trend, meiner Meinung nach, dahin, dass zunächst Härtebildner und Beiwerk nahezu vollständig aus dem Rohwasser entfernt werden, um im Anschluß mit "Aufsalzung", "Verschnitt" und/oder "Ansäuerung" die Verhältnisse im Brauwasser und in der Würze so einzustellen, dass zu jedem Prozessschritt(Maischen, Hauptguss, Nachguss, Pfanne voll, Kochung, Kochende) die gewünschten Verhältnisse in Maische und Würze vorliegen.
Zur "Gesamtentsalzung" eines Rohwassers bieten sich für Hobbybrauer Osmoseanlagen an, die zwischen 50-100€ für übliche Chargengrößen zu haben sind. Bedenken rund um diese Anlagen bestehen hauptäschlich in der Verkeimung und der Verblockung, wenn sie mehr "ausser Betrieb" als "in Betrieb sind" - mit Recht.
Begleitend dazu benötigen solche Kleinstanlagen eine gewisse Vorlaufzeit, bis die gewünschte Wassermenge zur Verfügung steht. 48h "Vorlaufzeit" für 100 L Brauwasser sind nicht unüblich.
Aus verschiedenen Gründen habe ich keine Zeit für "Vorplanung" rund um das Brauwasser. Wenn ich es brauche will ich es sofort, in ausreichender Menge und in guter Qualität. Es braucht also ein System, dass mir "ad hoc" aus Rohwasser ein Brau-Basiswasser macht und in Stillstandszeiten nicht verkeimt.
Unterm Strich benötige ich ein Enthärtungs- bzw. Gesamtentsalzungssystem das:
- schnell verfügbar ist
- schnell zu reinigen ist
- eine hohe Leistung hat
- einfach in der Handhabung ist
- modular aufgebaut ist
- leicht zu warten ist
- eine geringe Erst-Investitionen erfordert
- wenig laufende Kosten generiert
- leicht zu kontrollieren ist
- Ersatzteile leicht zu bekommen sind
Verglichend dazu wollte ich zu den sonst üblichen Osmoseanlagen nicht mehr als 50-100 € für eine Erstinvestition ausgeben und mehr wie 4-6 €/100 Liter Brauwasser(laufende Kosten) auch nicht.
Ein ganz nettes Anforderungsprogramm, wenn man nur alle paar Wochen mal ein Bier brauen möchte.
Nach ein wenig Recherche bin ich beim "Mischbettvollentsalzer" gelandet, der neben dem Harz selbst, nicht recht viel mehr benötigt als
- eine Kartusche/Patrone in der sich das Harz befindet
- ein Filtergehäuse mit Anschlüssen in der sich die Kartusche/Patrone befindet
Kern der Sache ist das Mischbettharz:
"Mischbettharz" besteht, je nach Mischung, aus 55% Kationenkomponenten und aus 45% Anionenkomponenten.
Die Spielarten, welches Harz man nun gerne hätte, sind vielseitig - eigentlich ist alles möglich - bis hin zur begleitenden pH-Wert Korrektur des Nutzwasssers. Selbst eine fachmännische "Regeneration" der Harze ist möglich.
Seis drum: das von mir gewählte Harz entfernt in seiner Mischung Kationen und Anionen. Richtig angewendet erhält man so voll entsalztes Wasser(VE). Hier im Bild das komplette Setup:
Bild 01: Filtergehäuse(links), Mischbettharz(mitte), Leerkartusche(rechts) und drumherum Schlauchverbindungen und Meßbestecke(p- und m-Wert, Leitwert)
Die Rohmaterialien kosten:
Filtergehäuse: 19,90 €
Leerkartusche: 5,90 €
Mischbettharz: 6,90 €/L
Das ganze "Anschluss- und Verbindungsdrama" ist individuell. Was man bereits hat, kann man verwenden, im Baumarkt für kleines Geld dazukaufen, oder aber, so wie ich hier, das "Anschlussset" mitbestellen. Entsprechend sortieren sich zusätzliche Kosten ein.
Hat man seine "Anschlüsse" beieinander, verbindet man sie mit dem Filtergehäusekopf - hier mein persönliches Setup.
Bild 02: Einlauf/Auslauf - Anschlüsse Filtergehäusekopf Mein "Filtergehäusekopf" hat am Einlauf/Auslauf ein 1/2" Innengewinde. Schon bei der Bestellung kann man wählen, was man an diesen Stellen gerne hätte. Am Auslauf hab ich einen 1/2"-Hahnen verbaut, am Einlauf einen Teil aus dem "Anschlussset"
Jetzt zum "Innenleben".
Die "Kartusche" muss mit "Mischbettharz" gefüllt und die "Kartusche" in das Filtergehäuse verbracht werden.
Bild 03: Leerkartusche mit Mischbettharz
Bild 04: Kartusche mit Mischbettharz befüllt
Jetzt wird die Kartusche ins Filtergehäuse eingebracht und mit dem Filtergehäusekopf veschraubt - komplettes Setup:
Bild 05: Alle zusammen. Die Mischbettenthärtungsanlage
Vor dem ersten Testlauf noch die Eigenschaften des Mischbettharzes:
Ein Liter Mischbettharz filtert
bei 5°GH oder 175µS : 250 Liter
bei 10°GH oder 350µS : 125 Liter
bei 15°GH oder 525µS : 84 Liter
bei 20°GH oder 700µS : 63 Liter
Als grober Wert kann für 1°GH ~ 35µS angenommen werden. Dies gilt aber nur für unbehandeltet(nicht aufgesalzt oder sonst wie konditioniert) Leitungswasser!
Für einen Liter Mischbettharz bezahlt man bei einer Abnahme von 5 L ca. 5€/L.
Für den ersten Testlauf habe ich 0,5 L Mischbettharz in die Patrone gefüllt.
Mein Rohwasser misst 695 µS. Begleitend dazu habe ich im Rohwasser den p- und m-Wert bestimmt:
- p-Wert = 0
- m-Wert = 5,4
- KH [°dH] = 15,2
Bild 06: KH °dH Rohwasser Bezüglich KH° decken sich die Angaben der Wasserwerke mit meinen Messungen - schon mal erfreulich:
Zur Info:
Die Kartusche/Patrone kann 0,7 Liter Harz aufnehmen, eingefüllt habe ich aber nur 0,5 L Harz. Bei Bedarf liese sich die Kapazität also noch um ca.20% steigern.
Meine Erwartungshaltung an die "Anlage":
Ich hätte gerne aus meinem "gruseligen" Rohwasser in 30 min 60 L Brauwasser hergestellt. Von einer GH° 17 möchte ich auf eine GH° < 2 kommen, oder in µS ausgedrückt, von ~ 700 auf < 70.
Damit muss das derzeitige Anlagensetup(0,5L Harz) mit 2L Rohwasser/min betrieben werden und der letzte Liter aus der Chragenmenge sollte < 70 µS messen. Schauen wir mal.
Bild 07: So sehen im "Standbild" 1,5 - 2 L/min Brauwasser aus einem Mischbettvollentsalzer aus
Im weiteren Verlauf, bis zu den anvisierten 60 L, schwankten die µS zwischen 30 und 90. Der 60. Liter zeigte nach 30 min 77 µS und die Gesamtmenge 65 µS. Die anschliessend gemessene Karbonathärte(m-Wert) in den 60 L ergab einen Wert von < 1,5 °dH.
Wie immer. Nach der Verwendung muss die "Anlage" wieder abgebaut, gereinigt und eingelagert werden.
Bild 08: Abbau, Rückbau, Pflege Kartusche und Filtergehäuse zerlegt, das Harz aus der Kartusche zum Austrocknen in einen Gefrierbeutel gestreut. Morgen, wenn das Harz "ausgetrocknet" ist, wirds in den Gefrierbeutel eingerollt und in das 0°C Fach gelegt.
Fazit:
Wasser "entsalzen" mittels Mischbettvollentsalzer ist ein ziemlich geiler "Scheiß" ;-)
Die Erstinvestitionen sind gering(35-50€), die laufenden Kosten gestalten sich überschaubar(6€/L Harz), die Kontrollmöglichkeiten sind einfach(µS), der Pflegeaufwand ist minimal und die Verfügbarkeit ist hoch.
Wer lange kein, dann aber schnell viel "Brauwasser" benötigt, ist bei der "Mischbettvollentsalzung" gut aufgehoben.
On Top kommt, dass man auch das "Innenleben" der Anlage im Griff hat - Stichwort: Hygiene.
Ergänzend dazu sind die Möglichkeiten für den Hobbybrauer enorm:
Warum nicht einen "BrewWaterHotShot" aus einer PET-Flasche o.ä. basteln, die "Harz" für einen Sud enthält. Hmmm, ...