Vielen herzlichen Dank für das gegebene Feedback! Von mir folgt an dieser Stelle erst mal ein kurzer Abriss über meine beiden Seminare, und dann gehe ich auch auf die erfolgten Kommentare ein:
Beim 1. Seminar ist es mir einfacher gefallen, die Gruppe ruhig zu halten. Dirk und ich hatten uns im Vorfeld darüber ausgetauscht, wie wir die großen Gruppen ruhig halten, und im ersten Seminar hat das super geklappt, im zweiten musste ich öfter einschreiten (auch aufgrund von Feedback aus der Gruppe heraus). Ich weiß nicht genau, woran es lag - aber, da ca. die Hälfte der Teilnehmer aus dem ersten Seminar auch das zweite Seminar gebucht hatten, ist es sicher nicht vermessen, anzunehmen, dass nach zwei bis vier Stunden Seminar die Konzentration etwas nachlässt. Ich selber war im zweiten Seminar auch nicht ganz so fokussiert wie im ersten, weil mir der Ablauf nicht so ganz vertraut war, und habe nicht gleich am Anfang mehrfach betont, wie wichtig Ruhe ist. Und von außen gab es gefühlt auch mehr Störung (Türen gingen auf usw.).
Dr.Ink_Beer hat geschrieben: ↑Dienstag 12. März 2024, 08:52
[...]
- das ausgedruckte Skript war an vielen Stellen verrutscht und ab und zu war was abgeschnitten
- an unserem Tisch war die Quote für die richtige Zuordnung der Fehlaromen sehr schlecht (2 von 6 Aromen richtig) --> da es sich um ein Anfänger Seminar handelt, wäre eine höhere Konzentration der Fehlaromen in der Probe vlt. besser geeignet?
[...]
Ja, der Fehldruck hat uns, wie Dirk schon geschrieben hat, auch geärgert! Sorry!
Und zur Zuordnung: wie Dirk schon geschrieben hat, da kommt viel zusammen, nicht frustriert sein! Die Fehlaroma-Ampullen sind auf das zwei- bis dreifache der Erkennungsschwelle ausgelegt. Dazu kommen individuelle Stärken und Schwächen, Trainingsniveau, Tagesform, Ablenkungen / störende Sinneseindrücke usw. - und ich habe nach insgesamt ca. zehn gehaltenen Seminaren auch immer wieder das Gefühl, dass die Aroma-Ampullen in der Intensität etwas schwanken. Bei DMS (in meinem Seminar konnten es dieses Mal nur 2 TN wahrnehmen) und Ethylacetat fällt mir das gefühlt öfter auf - vielleicht, weil diese generell nicht so stark wahrgenommen werden. Im zweiten Seminar war dieses Mal Indol gefühlt etwas schwächer, wurde aber öfters als blumig bzw. jasminartig wahrgenommen (was korrekt ist).
funkiwi hat geschrieben: ↑Montag 11. März 2024, 22:05
[...]
Von der Vortragsart und Präsentationsweise fand ich das Seminar unfassbar gut. Ich hatte den Eindruck, dass es dir Tilo wirklich um den Inhalt geht und du dir Thema Geschmack / Geruch / Sinneswahrnehmung am Herzen liegt. Trotz deines Wissens bzw. der Erfahrung kommst du sehr geerdet daher und weißt worauf die hinauswillst. Dabei kam ich mir nie belehrt vor! Das ist auch ein wichtiger Baustein, dass sich jemand aus der Gruppe traut auch bei schwierigen Aufgaben öffentlich zu sagen was das eigene Ergebnis ist und sich öffentlich vor der Gruppe festzulegen, möglicherweise nach dem eigenen Gefühl sich gar etwas zu "blamieren". Dort hast du sehr schön reagiert und auch "falsche" Antworten nicht abgewascht, sondern ernst genommen und teilweise erklärt.
Vielen herzlichen Dank für das sehr detaillierte Feedback!
Es ist eigentlich bei den Seminaren immer mein Ziel, die Teilnehmer zu ermutigen, sich auszudrücken. Im ersten Seminar bin ich sehr detailliert darauf eingegangen, wie wichtig es ist, dass man sich Geschmäcker / Aromen über die Bildung von sprachlichen Assoziationen und Erinnerungen einprägt. Dazu gehört, dass man seine eigene Sprache findet, und da gibt es in vielen Fällen auch kein "richtig" oder "falsch". Bei so großen Gruppen wird das leider zunehmend schwierig mit der Interaktion, aber ich versuche es trotzdem... und bloßstellen will ich selbstverständlich niemand, im Gegenteil!
[...]. Für mich persönlich war es in den Testphasen / Schmeckphasen ein bisschen zu unruhig und ich hab mich durchaus davon anstecken und ablenken lassen. Ich denke es ist unmöglich auszublenden, wenn man sich selbst unsicher ist und um einen herum bereits eine Meinung diskutiert wird [die allerdings hinreichend oft falsch war].
Vielleicht wäre es möglich bei gleichem Ablauf jeweils 1-2 Minuten um absolute Ruhe zu bitten, wobei das dann gleich sehr streng wirkt.
Siehe oben. Das ist beim zweiten Seminar nicht ganz so gut gelungen wie beim ersten.
[...]
Zum Experiment 2 aus 3 mit dem Glutamat hab ich ein gespaltenes Verhältnis. Am Anfang schmeckten alle gleich. Nach dem "Genuss" durch das Glutamat bzw. nach dem 2. oder 3. Schluck davon haben auch alle weiteren Proben der anderen beiden Becher einfach "ekelig" geschmeckt.
Sehr interessant! Ich hatte ja die Glutamattests zuhause vorbereitet und hatte beim ersten Dreiecks-Test mit der doppelten Menge (0,3g/l) wie im Seminar auch das Gefühl, dass die Zunge erst mal eine Art "Aufladung" braucht.
Erster Durchgang: nichts wahrgenommen.
Zweiter Durchgang: Proben klar unterscheidbar
Dritter Durchgang: Glutamatproben untrinkbar ekelhaft.
Bei den halbierten Proben für das Seminar (deutlich unterhalb der Erkennungsschwelle) ist mir die Unterscheidung dann selbst sehr schwer gefallen. Ich habe wieder mehrere Durchgänge gebraucht, habe mich aber nicht "überladen" gefühlt nach dem Test! Von daher schien mir das passend für das Seminar, zumal ich die geschmackliche Rolle von Glutamat bzw. auch anderen Eiweißen in Bier für noch nicht so gut verstanden halte. ich hatte dazu auch einen
Thread gestartet, habe das aber seither nicht mehr weiterverfolgt.
Der Nutzen für mich persönlich ist großartig. Einfach als Auffrischung verschiedener Fehlaromen, besonders aber in der Demut der eigenen Einstellung. Die Subjektivität des eigenen Geschmacks und Geruchs ist schon beeindruckend.
Demut und
Subjektivität sind zwei sehr treffende Begriffe in diesem Kontext! Super!
Zur
Subjektivität: ich hatte im ersten Seminar das Beispiel gebracht, dass der Geschmack von Weißwein unterschiedlich wahrgenommen wird, wenn die Raumbeleuchtung geändert wird! Bei rotem Licht schmeckt der Weißwein zusehends nach Rosé, bei grünem säuerlicher, wieder anders bei blauem Licht usw. Unglaublich eigentlich! Ist aber trotzdem so! Und je nach Set und Setting schmeckt halt ein Essen oder Bier auch mal besser oder schlechter - oder der Urlaubswein im Wohnzimmer daheim nicht mehr so toll wie auf der Veranda am Strand!
Und zu
Demut und
Erdung: ich empfehle dazu immer wieder Blindtests (mit Bier oder auch ganz simpel mit Gewürzen). Man glaubt gar nicht, wie leicht man sich täuscht, wenn man nicht sieht, was man da gerade isst oder trinkt! In meinem ersten Blindtest mit sechs verschiedenen Pilsnern (das ist schon einige Jahre her, war ganz zu Anfang meiner Hobbybrauerlaufbahn) konnte ich kein einziges korrekt identifizieren, obwohl ich sie selbst ausgesucht und gekauft hatte!
Zum Schluss vielleicht noch ein Tipp für alle Teilnehmer: das individuelle Geruch- und Geschmacksempfinden ist nicht in Stein gemeiselt! Man kann das trainieren, also gilt
üben, üben, üben!
Vorschläge dazu:
1) Blindtests machen mit verschiedenen Bieren. Rankings erstellen, geschmackliche Eindrücke notieren, Worte finden.
2) Blindtests machen mit Gewürzen. Ich mache das zur Zeit auch: immer wieder lasse ich mir drei Gewürze in der Küche reichen bei geschlossenen Augen! Das ist nicht immer einfach - selbst bei Gewürzen, die man eigentlich gut kennt - wenn man nicht sieht, was man schmeckt! Dazu dann immer wieder sprachliche Assoziationen bilden (woran erinnert das Gewürz, z.B. Weihnachten, Braten, Italien usw.)
Es gibt von
Aromaster auch entsprechende Kits, mit denen man trainieren kann. Gebhard (U-Tube) hat m.W. damit sehr gute Erfahrungen gemacht!
3) Es gibt in dem von mir zitierten Buch von Hanns Hatt (Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken) noch weitere Tests mit Parfüms, Geruchswanderungen usw.
4) Auch Bierfehler kann man teilweise recht einfach trainieren:
DMS: beim Würzekochen den Deckel eine Weile auflegen und dann am Kondensat riechen
Acetaldehyd: am Jungbier riechen (ist oft nicht das einzige Aroma)
Diacetyl: nach Tschechien fahren und dort Bier trinken (ist nicht immer drin)
Ethylacetat: am Uhu-Kleber riechen
usw. usf.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)