Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

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qwe
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Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#1

Beitrag von qwe »

Meine momentane Ausrüstung:
28Liter Topf + 2000W Induktionsplatte (Maischen + Hopfenkochen)
25L Thermobehälter mit Läuterhexe (Maischen bei reiner Kombirast + Läutern)
26L Einkocher (Für Nachgüsse)
50L Edelstahl Gäreimer

Bis gestern braute ich Mengenmäßig immer nach Rezepten die für mein Sudhaus ausgelegt waren. Dementsprechend kam meist ca. 20-25L Ausschlagwürze dabei raus. Da damit der Gäreimer in der Regel nicht einmal halbvoll war, dachte ich probiers doch einmal mit mehr Malz und mehr Nachguss, um damit den Gäreimer vernünftig zu füllen. Dabei bin ich etwas übers Ziel hinausgeschossen.
Ich habe dieses Rezept (mit 7,51kg Schüttung) gemacht, allerdings mit nur 19 Liter Hauptguss. Maischen im Topf ging problemlos. Da das Rezept angeblich gerne für Läuterschwierigkeiten sorgt, gab ich am Ende auch noch 200g Reisspelzen dazu. Beim Umschöpfen kam ich dann drauf, dass der Thermobehälter tatsächlich ziemlich genau 25L Fassungsvermögen hat und ich durch Vorlegen von etwas Wasser dann 3L zu viel Maische hatte. :Ahh War jetzt aber nicht soo schlimm, sobald die ersten Liter Wärze rauskamen, hab ich die restliche Maische oben draufgegeben und dann noch die ersten 2,5L Vorderwürze rezirkuliert. (Bei 8% Röstgerste tat ich mir etwas schwer festzustellen ob die Würze nun "klar" läuft :Wink )
Läutern lieft recht problemlos, ich ging das ganze aber sehr langsam an, damit sich der Treber wegen der vielen feingemahlenen Röstgerste nicht zu zieht.
Nachdem die Pfanne voll war (nach ca. 1,5h), läuterte ich einfach weiter in einen anderen Topf und brachte laufend Nachgüsse auf bis 30 Minuten vor Kochende der Würze. Gehopft wurde nur die Vorderwürze, aber ich ließ ich die restliche Würze natürlich auch abkochen (ca. 30min). Zwischendurch goß ich einmal was davon in die "Hauptpfanne" nach um die verdampfte Flüssigkeit auszugleichen.

Am Ende hatte ich 26L Würze im Topf + 16L im Einkocher, die füllte ich heiß in meinen Gäreimer um dort dann nach dem Abkühlen die Stammwürze zu messen und die hatte 13,5°P :Shocked
Ziel war eine Stammwürze von 10,5°P bei 43L Ausschlagwürze. Ich verdünnte dann einfach, als mir dann aber einfiel, dass ich vielleicht doch etwas Platz im Gäreimer für die Kräusen lassen sollte beließ ich es bei 12°P und 46L und hoffe nun, dass die Gärung nicht allzu stürmisch verläuft... :redhead

Offensichtlich bin ich ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen und ich hätte durchaus etwas früher mit dem Läutern aufhören können.

Nun meine Frage:
Wie viel Anschwänzen ist denn zu viel? Aus der Literatur weiß ich, dass man nicht zu lange Läutern sollte um die Spelzen nicht zu sehr auszulaugen und dass man aufhören sollte, wenn die geläuterte Würze unter 3°P hat. Da frag ich mich aber, wie man das genau macht, soll ich da alle 5 min beim Läutern eine Spindelprobe machen, zugedeckt abkühlen lassen um Verdunstung zu vermeiden und dann messen? :Waa
Außerdem hängt das Maß der Spelzenauslaugung doch eher mit dem Faktor Zeit zusammen, als mit dem Faktor Extraktgehalt im Glattwasser. Gibts da Faustregeln wie zB: Besser nicht länger als 3h für Maischen+Läutern, damit die Spelzen nicht zu sehr ausgelaugt werden?
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schwarzwaldbrauer
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#2

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

qwe hat geschrieben: Donnerstag 6. Januar 2022, 22:22
Nun meine Frage:
Wie viel Anschwänzen ist denn zu viel? Aus der Literatur weiß ich, dass man nicht zu lange Läutern sollte um die Spelzen nicht zu sehr auszulaugen und dass man aufhören sollte, wenn die geläuterte Würze unter 3°P hat. Da frag ich mich aber, wie man das genau macht, soll ich da alle 5 min beim Läutern eine Spindelprobe machen, zugedeckt abkühlen lassen um Verdunstung zu vermeiden und dann messen? :Waa
Außerdem hängt das Maß der Spelzenauslaugung doch eher mit dem Faktor Zeit zusammen, als mit dem Faktor Extraktgehalt im Glattwasser. Gibts da Faustregeln wie zB: Besser nicht länger als 3h für Maischen+Läutern, damit die Spelzen nicht zu sehr ausgelaugt werden?
Du bist auf dem richtigen Weg.
Nachgiessen bis die gewünsche Stammwürze erreicht ist. Mit der Zeit bekommst du Erfahrung wieviel l ungefähr das auf deiner Anlage sind. Je nach dem wie lange du anschliessend kochst, ist die Zielstammwürze nach den Läutern 10....15% geringer als die angepeilte Anstellwürze. Auch dieser Erfahrungswert ist anlagenabhängig.
Zu "dick" Einbrauen (high gravity) und danach zu sehr zu verdünnen birgt die Gefahr, dass die Hopfung hinterher nicht mehr zum dem passt was du vor hattest.

Grüßle Dieter
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#3

Beitrag von afri »

qwe hat geschrieben: Donnerstag 6. Januar 2022, 22:22Da frag ich mich aber, wie man das genau macht, soll ich da alle 5 min beim Läutern eine Spindelprobe machen, zugedeckt abkühlen lassen um Verdunstung zu vermeiden und dann messen?
Ja. Die meisten werden sicherlich ein Refrakto für diesen Zweck verwenden (geht halt schneller), aber im Grunde ist es so wie mein Vorschreiber Dieter schrub: mit etwas Erfahrung bekommst du ein Gefühl dafür, wieviel Anschwänzmenge voraussichtlich nötig sein wird. Dicke Würze zu verdünnen ist immer einfacher, als andersherum. Dazu kannst du während des Kochens das Glattwasser nehmen, welches du üblicherweise haben solltest.
Achim
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#4

Beitrag von qwe »

Danke für die Antworten. Wie siehts allerdings mit der Spelzenauslaugung aus? Ist das was wo man generell penibelst darauf achten sollte nicht zu lange zu läutern (jetzt auf die Dauer bezogen, Stammwürze einmal außer Acht gelasssen) und wenn ja, wie lange ist dann zu viel?
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#5

Beitrag von BrauSachse »

Unerwünschte Geschmackskomponenten werden eher durch zu hohe Maische- bzw. Nachguss-Temperatur beim Läutern oder bei der Maischeführung (Stichwort: Dekoktion) aus dem Malz gelöst als durch langes Läutern. Auch ein zu hoher pH-Wert der Maische führt zu einer vermehrten Spelzenauslaugung.

Natürlich kann auch die Läuterdauer einen Einfluss haben, aber den halte ich für nicht so groß.

Viele Grüße
Tilo
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#6

Beitrag von qwe »

BrauSachse hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 17:50 Unerwünschte Geschmackskomponenten werden eher durch zu hohe Maische- bzw. Nachguss-Temperatur beim Läutern oder bei der Maischeführung (Stichwort: Dekoktion) aus dem Malz gelöst als durch langes Läutern. ...
Danke, mit "zu hoch" ist >78°C gemeint, oder auch schon darunter?
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BrauSachse
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#7

Beitrag von BrauSachse »

qwe hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 18:38 Danke, mit "zu hoch" ist >78°C gemeint, oder auch schon darunter?
Ja, > 78 Grad.

Viele Grüße
Tilo
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#8

Beitrag von Johanson »

Alternativ zum Refraktometer gibt es auch Läuterspindeln, die auf 70°C geeicht sind.
"Wenn das Wasser der Ruhr blondes Pils wär, ja dann möchte ich so gern ein Entlein sein" - Die Kassierer
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#9

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Johanson hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 21:19 Alternativ zum Refraktometer gibt es auch Läuterspindeln, die auf 70°C geeicht sind.
Genau,
oder man misst mit 20°- Spindel und korrigiert den Wert nach Tabelle
http://fabier.de/biercalcs.html

Grüßle Dieter
Brau, schau wem.
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#10

Beitrag von gloserbräu »

schwarzwaldbrauer hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 23:32
Johanson hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 21:19 Alternativ zum Refraktometer gibt es auch Läuterspindeln, die auf 70°C geeicht sind.
Genau,
oder man misst mit 20°- Spindel und korrigiert den Wert nach Tabelle
http://fabier.de/biercalcs.html

Grüßle Dieter
Ist die Annäherung mittels Korrektur dann noch genau genug? Ist ja doch ganz schön weit vom geeichten Wert entfernt? :Waa

BG Jo
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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#11

Beitrag von coyote77 »

Ja, anders als bein Refrakto funktioniert das einwandfrei. Mache ich immer so.
Grüße, Andreas :Drink

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Re: Anschwänzen - Wie viel ist zu viel?

#12

Beitrag von olibaer »

qwe hat geschrieben: Donnerstag 6. Januar 2022, 22:22 Nun meine Frage:
Wie viel Anschwänzen ist denn zu viel?
... wenn der Primärenergieeinsatz beim Kochen mehr kostet als der Extrakteinsatz ;-)
Gruss
Oli
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