Dies vor dem Hintergrund, dass einige der Berliner Hobbybrauer versucht haben, für eine Serie gemeinsam gebrauter Stouts die Hopfenalterung mittels eines Hopfenalterungsrechners zu berücksichtigen. Das Ergebnis ist wohl u.a. ein Stout, das anstelle von geplanten 35 IBUs nun gefühlte 80 IBUs enthält

Zur Alterung des Hopfen bzw. der Veränderung der Bittere steht z.B. im verlinkten Post von Andy (Ladeberger) folgendes:
Auch die restlichen Kommentare bzw. Erfahrungen in diesem Thread sind interessant und relevant.Ich bin aufgrund kürzlicher Recherchen zu dem Thema etwas skeptisch geworden was diese alpha-Säure Rechnerei angeht. Zwar ist der Aromaverlust völlig unstrittig, aber ein paralleler, selten beachteter Prozess in Bezug auf die Bitterstoffausbeute ist die durch Lagerung ebenfalls oxidierte beta-Säure, die nur in oxidiertem Zustand bitter wirkt. Dieser zum Verlust an alpha-Säure gegenläufigen Prozess soll sich bei einem Verhältnis von 2:1 alpha-Säure zu beta-Säure sogar in der Summe aufheben, jedoch unter dem Hinweis dass die Bitterqualität leidet.
Dieses Verhältnis zwischen alpha- und beta-Säure schwankt je nach Sorte recht stark. Ich habe Sorten wie den Strisselspalter gefunden, die das umgedrehte Verhältnis von 1:2 haben und dieser Theorie nach im Laufe der Lagerung sogar deutlich bitterer werden müssten. Konnte das noch nicht testen, aber mir fiel dazu ein dass die Belgier doch ganz gerne ihren Hopfen ablagern; vielleicht frühe ökonomische Optimierung? Hingegen besitzen vor allem einige amerikanische Hochalphasorten Verhältnisse von bis zu 4:1, wodurch diese überschlägig wohl die Hälfte des alpha-Säure Verlustes auch tatsächlich an subjektiver Bitterkeit einbüßen.
Alles in allem zeigt es mir, dass die Umrechnung ohne Berücksichtigung der beta-Säure riskant ist und schnell zu überhopften Bieren führen könnte. Ich hatte auch schon den Fehler gemacht einen denkbar schlecht gelagerten Sack ganzen Tettnanger (ca. 1:1), der meiner Rechnung zu folge nur noch 20% der ursprünglichen alpha-Säure haben sollte, als 90min Gabe bei einem Weizen entsprechend hochgerechnet herein zu pfeffern. Das Ergebnis war definitiv zu bitter. Ich lasse die Umrechnung daher mittlerweile weg.
Olibaer haut in die gleiche Kerbe und zitiert hier Narziß bzw. einen Artikel aus der Brauwelt:
Auch in diesem Thread sind viele wertvolle Erfahrungen gebündelt."...Mittels vergleichbaren Versuchen belegte Prof.Narziß, dass Aromahopfen relative gesehen mehr der wertvollen Inhaltsstoffe ins Bier abgibt, die in Verkostungen als positiv erkannt werden. Vor allem die Weichharze punkten zusätzlich zu ihrer Bitterkraft durch die Abrundung der manchmal harten Bittere der Alpha-Säure. Selbst bei gelagertem Hopfen ist ein Effekt zu erkennbar. Er verliert weniger Bitterkraft, als man durch die Abnahme des Alpha-Säure-Gehaltes vermuten könnte. Durch Oxidationsprozesse von Alpha-, und Beta-Säuren zu Weichharzen während der Lagerung können diese Hopfenpartien eine durchaus angenehme Bittere vermitteln. Solange der Abbau von Alpha-Säure während der Lagerung nicht mehr als 25% beträgt, kompensieren die entstandenen Weichharze die abnehmende Bitterkraft, wie Prof.Narziß erläuterte..."
Also aufgepasst beim runterrechnen der Alpha-Säure über die Hopfen-Lagerdauer und der daraus resultierenden Erhöhung der Hopfengabe. Der analytisch ermittelbare Gehalt der Alphasäure reduziert sich zwar über die Lagerdauer, allerdings bleibt die Bitterkraft des Hopfens in Form von positiven Weichharzen erhalten !
Insgesamt scheinen sich hier zahlreiche Hobbybrauer-Beobachtungen zu decken: Bittereverlust durch Hopfenalterung muss nicht sein, und Vorsicht bei Hopfenalterungsrechnern (z.B. hier) ist auf alle Fälle angebracht!!
Die Anmerkungen beziehen sich nur auf die Bittere. Aromen können sich natürlich sehr stark verändern bzw. verlustig gehen.
Edit 8/2016:
Oli hat mittlerweile einen neueren Artikel in der BRAUWELT 11/2016 zu diesem Thema in diesem Thread zitiert und kommentiert. Dieser ergänzt sehr schön das momentane Gesamtbild. Aus dem Artikel "Einsatz von Hopfenpellets aus früheren Ernten":
sowie Olis persönliche Schlussfolgerungen:"An Pellets älterer Jahrgänge(Anmerkung: im Schnitt 6 Jahre alt) werden moderate Abnahmen der Konduktometerwerte(KW) über die Lagerzeit beobachtet, vorausgesetzt, sie werden inert und kalt aufbewahrt. Auch mehrere Jahre alte Pellets sollten nach den Analysen wie zum Zeitpunkt der Fertigung dosiert werden. Eine Verringerung des Konduktometerwertes(KW) steht nämlich eine Bildung von Iso-alpha-Säuren gegenüber. Diese deckt zwar nur etwa 40% der Konduktometer-Verluste ab, doch die höheren Ausbeuten der Iso-Alpha-Säuren in der Würze gleichen das aus. Das Hopfenöl erfährt keine nennenswerte Veränderung. Lediglich der Hop-Storage-Index(HSI) nimmt durch die Bildung der Iso-alpha-Säuren ab."
Für ältere und sorgsam verpackte/gelagerte Pellets besteht keinerlei Handlungsbedarf hinsicht einer Gabekorrektur basierend auf Bitterstoff- oder Hopfenölverlusten. Mir ist bekannt, dass es andere/abweichende Aussagen zu diesem Thema gibt aber in Anbetracht dessen, dass die beprobten Pellets im Schnitt 6 Jahre alt waren und diese Untersuchung die aktuellste ist, werde ich zumindest danach handeln und eben nichts an den Gabemengen korrigieren (immer vorausgesetzt, dass die Verpackung i.O. ist und angemessene Lagerbedingungen gegeben waren/sind).