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Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 08:52
von DerDallmann
Moinsen.

Ich habe jetzt bei mehreren Bieren einen Geschmack gehabt, den ich am ehesten als Bubblegum/Fruchtkorb beschreiben würde. Nicht, dass die Biere nicht geschmeckt haben, aber der Geschmack war schon extrem und nicht jedermanns Sache, gerade bei den Weizen.
Es waren 2 Weizen und ein Saison. Die Weizen mit der Brewferm Blanche und der Wyeast 3638 vergoren, das Saison mit der Belle Saison. Maischeprogramm war jedes mal vollkommen unterschiedlich, Gärtemperatur immer um die 20° (Raumtemperatur), alle Biere moderat gehopft, zwischen 18 und 25 IBU. Die Hefen gehen ja prinzipiell alle in diese Richtung, trotzdem war mir das zu heftig!

Wie kommt dieser Geschmack technisch zustande und wie kann ich ihn ggf. umgehen? Handelt es sich um einen Fehlgeschmack?

:puzz
Gruß, Johst

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 09:00
von diapolo
Hi,
mein Weizen mit 3638 war auch mir zu fruchtig. In Kombination mit dem Comet ist das Bier einfach schwer trinkbar.
Einen Bubblegum Effekt hatte ich auch schonmal bei einem IPA, dass mit Pacific Gem gestopft war. Das gleiche Bier (Selber Sud) mit Cascade hatte diesen Geschmack nicht.

mfg

Bernd

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 09:06
von El Gordo
Das ist wohl wie mit der Banane, manche mögen es, andere gar nicht und wie man es gezielt macht, ist auch schwierig.
So viel ich weiß, kommt es da sehr auf die Hefe drauf an.
Vor allem die 3638 ist ein ziemliches Kaugummi-Fruchtmonster.
Muss aber nicht unbedingt schlecht sein.

Stefan

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 09:15
von DerDallmann
Nein, muss es nicht, ich mochte es. Einigen Testern war es aber zu viel...
Gerade bei dem Saison hat es mich aber doch gewundert, das hätte ich auch der BS irgendwie nicht erwartet. (Ich mag das Bier trotzdem, oder gerade deswegen, sehr gern)

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 09:36
von tauroplu
Warum willst Du denn den Geschmack umgehen, wenn er Dir schmeckt?

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 09:39
von flying
Die Leitsubstanz für den "Bubble Gum"- Geschmack ist das Isobutylacetat (ananasartig). Manche Hefestämme produzieren eben etwas mehr davon, so dass es gegenüber dem Isoamylacetat (Birne, Banane) durchdringt. Die Kombination ergibt dann Bubble-Gum.

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 10:22
von DerDallmann
@tauroplu
Weil das ein ziemlich spezieller Geschmack ist, für ein klassisches Weizen too much für die meisten.
Ich werde mal eine neutralere Hefe versuchen beim nächsten mal, zB die 3068.

@flying
Danke!

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 10:44
von t3k
Moin Moin,

In diesem Arikel hier wird das Thema auch angeschnitten. Ich fand ihn sehr lohnenswert:
http://braumagazin.de/article/stilportr ... d-bananen/

Mal sehen ob es was gebracht hat, mein Weizen ist grad in der 2. Verzuckerungsrast ;)

Cheers
T3K

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 10:46
von tauroplu
Ja, aber was ich oft nicht verstehe ist, dass man doch in erster Linie nicht für den Geschmack anderer braut, sondern für den eigenen. Das genau ist doch der Unterschied zu den großen Brauereien, dass wir uns nicht am vermeintlichen Geschmackswunsch von anderen orientieren…dachte ich zumindest.

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 11:00
von Ladeberger
Für diesen Bubblegum-Effekt sind meistens verschiedene Ester verantwortlich, sie interagieren teilweise synergetisch, teilweise maskierend. Zentral beim "Bubblegum" ist auch eine hohe Konzentration an Ethylacetat, das an sich eher diffus fruchtig, in höheren Konzentrationen lösemittelartig riecht. Eine Rolle spielen dann ferner noch Buttersäureethylester (Ananas, Tropifrutti). Isobutylacetat würde ich eigentlich auch eher bei Banane verordnen, spielt aber sicher auch eine Rolle, wie Isoamylacetat (ebenfalls Banane) auch.

Als Maßnahmen bietet sich alles an was die Gesamtester senkt, am besten selektiv das Ethylacetat, was vor allem über den Hefestamm und die Gärtemperatur getrieben wird. Mit dem W68 Stamm und einer Anstelltemperatur von 17-18°C an ist das Problem sicher erledigt. Eine höhere Belüftung sollte auch helfen, geht aber zu Lasten des Banane.

Gruß
Andy

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 11:15
von DerDallmann
Danke für die Info's, Männer. Das hat mir sehr geholfen!

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 12:31
von Griller76
Ich danke auch für diesen Thread, denn da habe ich heute was Neues gelernt. Ich wusste garnicht, dass es sowas gibt. Unser Forum überrascht mich (positiv) immer wieder. Schön, dass es das Hobbybrauerforum mit seinem geballten Wissen gibt. :thumbup

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 13:38
von Johnny H
Nur der Vollständigkeit halber: ich hatte das (bzw. ein Gummibärchen-Aroma, das gleiche?) auch in meinem ersten böhmischen Pils vor etwa drei Jahren. Hatte ich damals mit der W34/70 vergoren und unwissenderweise etwas hoch bei 15°C angestellt. Ich nehme an, es lag an letzterem, vielleicht war es auch zu wenig Hefe bzw. ich habe nicht korrekt rehydriert. War auch nicht in allen Flaschen schmeck- und riechbar bzw. hing gefühlt von der Trinktemperatur ab.

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 13:46
von Ladeberger
Gummibärchen-Aroma klingt nach Buttersäureethylester. Ob das direkt bei paar Grad zuviel entsteht? Ich weiß es nicht. Eine Quelle sind jedoch auch Kontaminationen des Kaltbereiches mit Malzstaub. Hierbei können die am Malz anhaftenden Clostridien Buttersäure produzieren, das als notwendiges Substrat für vorgenannten Ester dient.

Gruß
Andy

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 14:24
von Johnny H
Ladeberger hat geschrieben:Gummibärchen-Aroma klingt nach Buttersäureethylester. Ob das direkt bei paar Grad zuviel entsteht? Ich weiß es nicht. Eine Quelle sind jedoch auch Kontaminationen des Kaltbereiches mit Malzstaub. Hierbei können die am Malz anhaftenden Clostridien Buttersäure produzieren, das als notwendiges Substrat für vorgenannten Ester dient.

Gruß
Andy
Die Herkunft der Buttersäure war mir damals auch ein Rätsel, da mich Rene seinerzeit schon auf diese Verbindung aufmerksam gemacht hatte. Ich hatte es auch nur das eine Mal und gefühlt auch erst nach einiger Zeit oder(?) nicht immer schmeckbar. Vielleicht habe ich auch den Geschmack falsch interpretiert?

Re: Bubblegum, wie entsteht dieser Geschmack?

Verfasst: Dienstag 10. Mai 2016, 19:10
von flying
Den Buttersäureethylester wollte ich nicht hervorheben, weil als Leitsubstanz für "ananasartig" in der Literatur oft das Isobutylacetat genannt wird. Auf dem Schirm habe ich die Buttersäure- Gesellen aber auch. Das Breznak, ein sehr süßliches, helles böhmisches Bier hat wirklich eindeutige Weingummiaromen. Esterbildung ist halt universeller und nicht an ein POF+ Gen gebunden.