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Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Freitag 21. Juni 2024, 21:00
von Räuber Hopfenstopf
Hallo,
ich hatte im "Was trinkt ihr gerade" Thread unser Wiener Lager gezeigt und bin nach dem Rezept gefragt worden. Wir mögen malzbetonte untergärige Biere. Franken und Böhmen lieben wir. Und nun hat Frau Malzzahn diverse Wiener Lager aus dem Skiurlaub mitgebracht. Da musste natürlich etwas eigenes her. Eher Schwechater als Ottakringer als Orientierung. Hier nun der derzeitige Stand der Dinge:

Ziel: 30 Liter mit 12,5 °P bei 60 % SHA, Bitterung auf ca. 24 IBU

Schüttung 6250 g:
5000 g Wiener Malz (80 %)
625 g Münchner Malz II (10 %)
375 g Cara Bohemien (6 %)
250 g Melaniodinmalz (4 %)

Ich habe trotz Kochmaische noch etwas Melanoidinmalz zugesetzt. Irgendwo gab es mal einen Bericht, das die Malze früher deutlich inhomogener waren. Deshalb gab es auch immer etwas dunklere und auch schlechter gelöste Anteile. Und ein Wenig Melanoidinmalz kommt dem Effekt entgegen. Wie gesagt, nur gelesen. Aber es schmeckt und ist deutlich besser als die ersten Versuche.

Mein Brauwasser (6,2 °dH, relativ salzarm) habe ich mit folgenden Stoffen aufbereitet (für jeweils 30 Liter, das habe ich zweimal gemacht):
1,5 g Braugips
2 g CaCl2
1 g NaCl
2 ml Milchsäure
Die Wasserwerte orientierten sich dann an den Angaben für "Märzen/Festbier) in Schlupfs Wasserrechner. Das SO4/CL Verhältnis war 0,48, also eher auf der malzigen Seite. Die Gesamthärte nach Aufbereitung lag bei 3,45 ° dh (rechnerisch).

Maischen mit dem Earl'schen Kochmaischverfahren:
3600 g in 10 Liter Hauptguss einmaischen (Zieltemperatur 57 °C)
Aufheizen auf 65 °C, dann 30 Minuten Rast
Aufheizen auf 72 °C (dauerte 8 Minuten), 30 Minuten Rast
zwischendurch mal eine Jodprobe machen
Dann 20 Minuten ordentlich kochen und noch ordentlicher rühren.
11 Liter Wasser zugeben (Zieltemperatur 64 °C)
Rest der Schüttung zugeben
Aufheizen auf 64 °C (passte bei mir direkt), dann 30 Minuten Rast
Aufheizen auf 72 °C, wieder 30 Minuten Rast

Ich habe dann auf 78 °C aufgeheizt (muss man nicht unbedingt, ich weiß) und dann in einen vorgewärmten Thermoport als Läuterbottich umgeschöpft.

Pfanne voll bei 34 Liter, Kochzeit 60 Minuten, 35 g Perle mit 9,2 % Alphasäure als Vorderwürzehopfung
Kochzeit dann doch um 20 Minuten verlängert, da Stammwürze etwas zu niedrig.

Kühlung mit Brunnenwasser auf 16 °C, dann weiter mit Eiswasser auf unter 10 °C. Ausschlagmenge 31,5 Liter, Hefe Mangrove Jacks M84 Bohemian Lager (die finde ich echt gut). Zwei Packungen in einem Liter Würze (identische Schüttung, Thermosflaschenmethode à la Alt-Phex) am Vortag angestellt, dann damit den Sud angestellt. Anstelltemperatur 8 °C, dann nach vier Tagen täglich um 1 °C bis auf 12 °C erhöht. Nach 12 Tagen ins Keg geschlaucht, nach vier Wochen glasklares Bier. Die Hefe sedimentiert in der Regel wunderbar. Flaschengärung habe ich bei ein paar Flaschen gemacht. War auch schön klar.

Alkoholgehalt: 5,2 %, AVG 71 %, Farbe wie beim Schwechater

Vielen Dank an DrFludribusvonZiesel für den wunderbaren Namen.

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Freitag 21. Juni 2024, 21:35
von BrauSachse
Oh Mann Räuber, das klingt richtig gut - und so sieht es auch aus. :thumbup Danke für die detaillierte Beschreibung :Greets Und wie das immer so ist, bei interessanten Berichten kommen Fragen auf. :Wink Hier sind sie:

Könntest du bitte noch schreiben, weshalb dich für das Kochmaischeverfahren entschieden hast?
Findest du die M84 besser als die W34/70 oder S189 - falls du das sagen kannst?

Lass es dir munden. :Drink

Schönes Wochendende
Tilo

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Freitag 21. Juni 2024, 22:00
von Räuber Hopfenstopf
Ich bilde mir immer ein, dass Dekoktion mehr Geschmack bringt. Eine „echte“ Dekoktion ist mir aber oft zu aufwändig. Das Kochmaischverfahren ist besser reproduzierbar und klappt wunderbar. Nicht viel Aufwand, dauert nur länger.
Die W34/70 mag ich nicht. Die schmecke ich raus und sie hat immer Noten von gekauftem Pils (wahrscheinlich leichte Schwefelnote). Mein Favorit ist für malzbetonte Biere die W120 und als einfache Alternative die M-84. S-189 ist gut, mag ich aber nicht in malzigen und dunklen Bieren, eher in leicht hopfigen und helleren. Ich finde da meist fruchtige Ester, die nicht zu dunkleren Bieren passen.

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Freitag 21. Juni 2024, 22:23
von BrauSachse
Danke dir :thumbup

Viele Grüße
Tilo

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Samstag 22. Juni 2024, 19:47
von thopo68
Das liest sich sehr gut! Du hast das Rezept nicht zufällig bei MMuM oder Brewfather eingestellt? 😘

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Sonntag 23. Juni 2024, 00:04
von Räuber Hopfenstopf
Nö, noch nicht. Ich wollte mal unser La Ferme Blanche bei MMuM hochladen. Das hat irgendwie nicht geklappt und dann habe ich es nicht nochmal probiert.

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Sonntag 23. Juni 2024, 10:47
von jbrand
Räuber Hopfenstopf hat geschrieben: Freitag 21. Juni 2024, 22:00 Mein Favorit ist für malzbetonte Biere die W120 und als einfache Alternative die M-84.
Kommt die M-84 geschmacklich tatsächlich in die Nähe der W120? Ich bin ebenfalls ein großer Fan der W120 für dunkle Biere aber sie ist schon recht aufwendig zu handhaben.

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Sonntag 23. Juni 2024, 10:59
von Räuber Hopfenstopf
Ich habe jetzt keinen direkten Vergleich gemacht. Eigentlich könnte ich das mal versuchen. Aber beide Hefen haben für mich nicht den seltsamen Unterton, den ich bei der 34/70 nicht mag und beide haben einen niedrigeren VG und unterstützen einen schönen Malzkörper. Wahrscheinlich wird die W120 im direkten Vergleich gewinnen. Aber das Wiener Lager und auch das böhmische Dunkel sind echt gut geworden. In Anbetracht vom Preis, Verfügbarkeit, Aufwand und Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Trotzdem muss ich auch mal wieder was mit der W120 machen.

Re: Gschupfter Ferdl - Wiener Lager von Hopfenstopf & Malzzahn

Verfasst: Sonntag 6. Oktober 2024, 17:27
von Räuber Hopfenstopf
Wie haben jetzt den direkten Vergleich gemacht, als wir mit einem guten Freund einen gemütlichen Bierabend gemacht haben. Man kann Unterschiede feststellen. Das Schwechater hat eine Spur mehr Karamell. Etwas in Richtung brauner Zucker. Unser Bier ist minimal bitterer. Ohne den direkten Vergleich würde es aber nicht einfach, diese Unterschiede zu schmecken. Beim nächsten Versuch ändere ich die Schüttung etwas beim Karamellmalz. Wer Schwechater mag, kann das so aber beruhigt nachbrauen. Das passt ganz gut.