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zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Mittwoch 7. September 2016, 12:12
von herbie01
Hallo,

ich habe mal wieder eine Verständnisfrage...

Ich habe mein Trappist 2015 (Rezept von Boludo, Restextrakt 4,5 (gespindelt)) beim Hobbybrauerwettbewerb eingereicht. Nicht gewonnen. Aber das ist nicht das Unverständnis, auf das ich hier hinaus will...
Auf den Verkostungsbögen schreibt einer, dass es (ihm) zu süß sei. Das könne durch zu wenig oder zu wenig aktive Hefe kommen.
Hmmm... Ja, süß ist es schon. Hat die Hefe also die Arbeit irgendwann verweigert? Aber sie hat doch auch noch brav die Nachgärung durchgeführt, ist dafür also wieder angesprungen. Wenn wir davon ausgehen, dass zu wenig Hefe im Spiel war, würde sie dann nicht langsam, oder gaaaanz langsam weiterarbeiten? Oder wenn sie sich totgearbeitet hat auch die Nachgärung verweigern?
Ich würde eher denken, dass zu viel unvergärbarer Zucker vorliegt, ich also was an den Rasten falsch gemacht habe. Oder habe ich alles falsch verstanden?

Christian

Re: zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Mittwoch 7. September 2016, 13:01
von cyme
Wenn ich das in "Yeast" richtig verstanden habe, schmecken unvergärbare Zucker nur wenig süß. Wahrgenommene Süße könne auch von höheren Alkoholen kommen.
Hattest du denn zu wenig Hefe?

Re: zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Mittwoch 7. September 2016, 13:14
von herbie01
cyme hat geschrieben:Hattest du denn zu wenig Hefe?
Keine Ahnung. Ich hatte die übliche WYEAST Flüssighefe. Ein Pack auf 20l. Gesmacked. Nicht nachgezählt.
Andererseits ist die Frage OB es wirklich zu wenig Hefe war auch nur eine Nebenfrage. Ich wollte halt wissen, ob das sein kann, dass das diesen Effekt hat...

Christian

Re: zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Mittwoch 7. September 2016, 13:39
von cyme
Um welches Rezept handelt es sich denn? Dieses? http://www.maischemalzundmehr.de/index. ... tte=recipe
Dann ist, laut Wyeast, ein Pack auf 20l zu wenig. Siehe die Webseite von Wyeast, https://www.wyeastlab.com/hb_pitchrates.cfm oder die Rückseite des Wyeast Packs selbst. Es steht auf jeder Packung, dass es für 5 Gallonen bei bis zu 1.060 O.G., also knapp 19 Liter bei bis zu 15 P gedacht ist.

Re: zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Donnerstag 8. September 2016, 11:18
von Johnny H
Wenn die Hefe bei der Vergärung von Maltose oder Maltotriose nicht vollständig gearbeitet hat, dann schmeckt man das m.E. schon als Restsüße. In bestimmten Fällen (zu viel einfache Zucker in der Würze) kann sich die Hefe auch vollständig der Vergärung von Maltose und Maltotriose verweigern (wobei das i.m.V. eher über ein paar Generationen passiert).

Es wird hier im Forum zwar oft geschrieben, dass der EVGs meist erreicht wird und alle Zucker letztendlich doch vergoren werden, aber in meiner Erfahrung wird der EVGs oft höher (und auch schneller erreicht), wenn man die Hefe weiterführt. Ich hatte auch schon unterschiedliche EVGs mit verschiedenen Hefen bei ansonsten gleichen Suden.

Wenn also im Fall von nichtvergorenen Resten an Maltotriose (oder sogar Maltose) wieder einfache Saccharose für die Karbonisierung ins Bier kommt, dann wird letztere trotzdem schnell und bevorzugt vergoren, während die für die Hefe komplizierteren Zucker trotzdem "liegen bleiben".

Bei zu wenig Hefe kann es auch helfen, ein paar Stunden nach dem Anstellen nochmals zu belüften. Der zusätzliche Sauerstoff kann positive Auswirkungen auf die Hefevermehrung haben. Ebenso positiv kann sich Hefenahrung auswirken. Oder man macht gleich einen Starter mit sehr aktiver Hefe.

Ich habe bei meinen Dekoktions-UG-Suden auch manchmal das Gefühl, dass die Restsüße recht hoch ist, manchmal auch trotz durchaus akzeptablem EVGs. Leider habe ich selbst noch nicht herausgefunden, woran das liegt. Das Thema Restsüße bzw. deren Wahrnehmung ist m.E. äußerst komplex und hängt auch nicht unwesentlich von der Gesamtzusammensetzung der Würze und des Biers ab. cyme hat ja schon die höheren Alkohole und auch die Nichtwahrnehmung von höheren Kohlehydraten erwähnt... ich frage mich z.B. auch, ob man hier Grenzdextrine wahrnimmt (also kurzkettige, verzweigte Stärkereste/Zucker, die übrig bleiben, wenn die ß-Amylase bis kurz vor die Verzweigungen weiterarbeitet).

Re: zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Donnerstag 8. September 2016, 11:24
von Boludo
Wenn da einer der Verkoster gemeint hat, dass es ihm zu süß sei, dann heißt das nicht automatisch, dass das Bier auch wirklich zu süß war.
Die verkosten da duzende von Bieren wild durcheinander und das überfordert irgend wann jeden mal. Das kann nicht wirklich objektiv werden.
Ich vermute, Du jagst da ein Phantom.
Und den Wettbewerb bei Camba würde ich nicht ganz so bierernst nehmen.

Stefan

Re: zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Donnerstag 8. September 2016, 11:38
von herbie01
Boludo hat geschrieben:Wenn da einer der Verkoster gemeint hat, dass es ihm zu süß sei, dann heißt das nicht automatisch, dass das Bier auch wirklich zu süß war.
Die verkosten da duzende von Bieren wild durcheinander und das überfordert irgend wann jeden mal. Das kann nicht wirklich objektiv werden.
Ich vermute, Du jagst da ein Phantom.
Und den Wettbewerb bei Camba würde ich nicht ganz so bierernst nehmen.

Stefan
Hi Stefan,

doch stimmt schon, das Bier ist schon etwas süß. Süßer als das 2014er, das ich mit zu Camba genommen hatte (und Dir zur Verkostung aufgedrängt). Es war also auch ein anderer Wettbewerb hier.
Das einzige, was ich ernst nehme, ist die Unverschämtheit, nicht gewonnen zu haben (bei allen Wettbewerben der Welt). Die Jury-Meinung sehe ich durchaus kritisch (das Jahr davor hat einer geschrieben, mein Bier sei "zu klar"). Aber ich will halt auch verstehen, was er gemeint hat, wie das funktioniert, ob er Recht hat und ob es sich entsprechend lohnt, in diese Richtung besser zu werden.

DASS ich offenbar zu wenig Hefe genommen habe, wurde schon dargelegt. Und Tilo hat jetzt auch was zur Sache beigetragen, also zum "was denkt sich die Hefe eigentlich dabei". Das muss ich mir aber nochmal ganz genau durchlesen und versuchen, zu verstehen.

Christian

Re: zu süß durch zu wenig Hefe

Verfasst: Donnerstag 8. September 2016, 11:45
von cyme
Das Buch "Yeast" hat auch im Fehlersuchekapitel einen Abschnitt "Bier zu süß". Den ganzen Abschnitt mag ich jetzt nicht kopieren, Urheberrechte und so, aber dort werden als mögliche Ursachen u.a. eine zu niedere Vergärung/stockende Gärung, das Rezept oder eben auch die oben genannten höheren Alkohole genannt.

Wenn du wirklich systematisch an die Sache rangehen willst, versuch mal einen "forced ferment test" mit etwas von dem Bier. Schüttle das CO2 raus, miss den Extrakt, dann belüfte es und stelle es mit frischer, aktiver Hefe auf einem Magnetrührer an. Wenn sich dann der Extrakt noch weiter senkt, dann war noch vergärbarer Zucker in der Würze und die erste Hefe hat ihn, aus welchen Gründen auch immer, nicht verwertet.