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Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 11:58
von Bierwisch
Hallo Hobbybrauer,
ich verbringe im Sommer gerne einige Zeit auf einer Alm in Südtirol. Da diese relativ hochgelegen ist (1850m) habe ich bisher nicht ernsthaft daran gedacht, ob man denn dort auch brauen könnte.
Nun ist es doch soweit und ich möchte im nächsten Jahr vor Ort brauen. Es gibt noch kein Rezept und die einzige Vorgabe aufgrund der begrenzte Menge (ca. 30 Liter, da ich die Würze dann zum Abfüllen mit nach Hause nehmen möchte) besteht darin, daß es etwas stärkeres werden soll.
Natürlich nichts untergäriges, eher was in Richtung Saison, ich würde gerne ein paar Wildkräuter oder Beeren mit einmaischen.

Die wichtigste Frage dazu wäre natürlich, ob die Kochtemperatur bei einem durchschnittlichen Luftdruck von 820 hPa überhaupt ausreicht, die Alphasäure zu isomerisieren (man könnte natürlich auch mit Enzianwurzel bittern, davon haben sie reichlich...).
Habt ihr sonst noch Ideen zum Rezept?

Danke & Gruß,
Bierwisch

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 12:06
von DevilsHole82
Zur Enzianwurzel passt super Arnika. Bin mir aber nicht sicher, ob das ernten der Pflanze in Südtirol verboten ist.

Auf welcher Alm willst Du denn brauen?

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 12:33
von Boludo
Irgendwo hier im Forum wurde mal diskutiert, wie die Brauereien das in La Paz in Bolivien machen. Das liegt auf immerhin 3600 Meter.
Vielleicht war es auch Quito, keine Ahnung.
Es geht wohl, man hat mit der isomerisierung aber in der Tat zu kämpfen, so viel ich mich erinnere.

Stefan

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 12:50
von Bierwisch
Die Stierbergalm bei Proveis.

Hat schon mal jemand Bier mit Enzianwurzel gebittert? Gibt es da irgendwelche Einschränkungen - soweit ich weiß steht die Pflanze in D unter Naturschutz, vermutlich auch in Italien, nur scheint das dort niemanden zu stören...

Ich hatte mal ein Bier aus Nepal, die warben mit der modernen deutschen Anlage, auf der sie brauen würden, aber das Bier war einfach nur Gemüsebrühe. Ich habe vorher noch nie DMS proBIERt, aber da wußte ich auf Anhieb, was das war...

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 13:02
von TOBIer
Die Enzianwurzel darf in Deutschland - soviel ich weiß - nur gegraben werden, wenn man die Rechte dazu besitzt. Unter Naturschutz steht der gelbe Enzian wohl eher nicht, wird ja zum Schnapsbrennen benutzt. Das Zeug kann man aber auch bei Grassl getrocknet bestellen oder in der Apotheke. Das ist aber wirklich sehr bitter. Ich habe das Mal versucht als Tee zu trinken... Der Schnaps ist schon dutlich besser:-)

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 13:13
von Ladeberger
Für die zu erwartenden 94 °C Siedetemperatur kann man von einer um ca. ein Drittel geringeren Isomerisierungsrate ausgehen [1]. Bezüglich DMS würde ich auf Pilsener Malz verzichten. Eine Kochdauer von 120 min schadet sicher ebenfalls nicht, um das Temperaturdefizit auszugleichen.

1] Malowicki, M. G; Shellhammer, T. H.; Isomerization and degradation kinetics of hop (Humulus lupulus) acids in a model wort-boiling system, J Agric. Food Chem. 4434-9, 53/11, 2005

Gruß
Andy

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 13:22
von Bierwisch
Danke Andy!
Dann wäre ich mit einem Saison ja auf der richtigen Seite - Münchner statt PiMa, die Kochzeit verdoppeln und da der Hopfen hier eine weniger große Rolle spielen soll, muß ich mir wegen der Isomerisierung auch keine großen Sorgen machen.

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 13:23
von DevilsHole82
Bierwisch hat geschrieben:Die Stierbergalm bei Proveis.
Och wie schön. Das ist ja ganz in der Nähe meiner zweiten Heimat Völlan (Gemeinde Lana). :thumbup

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 13:49
von Scheibelhund
Hier wird auch gebraut auf 1804 m

http://www.enzianhuette-oberstdorf.de

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 17:01
von Globias
Ich habe schon auf 2430 m ü.M. in den Schweizer Alpen gebraut. Gebraucht wurde ein Amber, auch mit Pilsner Malz. Das Ganze ist nun aber auch schon eine Weile her und soweit ich mich erinnern kann, war DMS kein Problem. Die Kochzeit betrug 60 Minuten.
Für 20 Liter benutze ich 22 g Target (11.5% alpha, 60 min) und 15 g Safir (4.4% alpha, 10 min). Bezüglich der Bitterkeit sind mir keine grösseren Unterschiede zu meinen Bieren aus dem Unterland aufgefallen.

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Donnerstag 15. September 2016, 20:20
von schollsedigger
Hi,

aufgrund des geringeren Drucks kocht die Würze bei niedrigeren Temperaturen, für die gleiche Verdampfung benötigst Du also weniger Energie. Ich gehe davon aus, dass Du in der gleichen Zeit eine annähernd gleiche Menge Wasser verdampfst wie bei Normaldruck. Eher sogar mehr, da es mit der gleichen Heizquelle noch heftiger kochen sollte als bei Normaldruck. Das dürfte analog auch für DMS gelten. Der Siedepunkt von DMS liegt bei 37°C (Normdruck), da reichen also 95°C auf jeden Fall.

Da die Isomerisierungsrate mit der Temperatur steigt, musst Du entweder länger kochen oder mehr Hopfen geben.

Grüße

Matze

Re: Brauen im Gebirge

Verfasst: Freitag 16. September 2016, 06:37
von Bierwisch
@Matze
Danke für die Klarstellung! Es ging mir hauptsächlich um DMS und so ist das Thema vom Tisch.

Gruß,
Bierwisch