Gute Belüftung für erfolgreiche Nachgärung
Verfasst: Montag 12. Dezember 2016, 16:27
Liebe Mitbrauer,
aufgrund dieses Fadens zum Thema schleppende Nachgärung habe ich mir gedacht, fasse ich mal die folgendes Infos zusammen. Ursprünglich sollte es nur eine Antwort auf den Faden werden. Beim schreiben dachte ich mir aber, dass es als eigenes Thema mehr Beachtung findet, was dem ganzen glaube ich mehr gerecht wird.
Ein ganz wichtiger, aber aus meiner Sicht auch ganz häufig unterschätzter, Schlüssel zur erfolgreichen Nachgärung ist Folgender:
Eine ordentliche Belüftung beim Anstellen.
Es ist ganz entscheidend beim Anstellen so viel Sauerstoff wie möglich in die Würze einzubringen, d.h. mal 30 Sek mit einem kleines Schneebesen ein bisschen Schaum zu schlagen ist eigentlich nicht genug. Am besten ist es hier wohl wirklich lange mit einem guten Blubberstein und einer kleinen Pumpe (mit Sterilfilter) zu belüften.
Warum ist das nun so wichtig?
Häufig liest man, dass die Hefe den eingebrachten Sauerstoff zu Beginn der Gärung nutzt um sich aerob zu Ernähren und zu vervielfältigen. Das sei auch der Grund, warum es dauert, bis die Hefe "ankommt". Das ist nicht korrekt. Der Grund, warum es dauert, bis die Hefe ankommt, ist die sogenannte Lag-Phase. In dieser Phase gewöhnt sich die Hefe an die neue Umgebung (Temperatur, Nährstoffangebot, eventuelle Hemmstoffe). In dieser Zeit werden Gene abgelesen und passende Enzyme hergestellt, um auf die neuen Bedingungen adäquat reagieren zu können. Dieser Effekt kann durch Anstellen mit einem Starter, der sich in der Wachstumsphase (Log-Phase) befindet, minimiert werden.1
Auch ist die Lebensweise der Hefe in belüfteter Würze nicht zu beginn aerob und erst wenn der Sauerstoff verbraucht ist anaerob. Durch den sog. Crabtree-Effekt ist von Beginn an der anearobe Stoffwechselweg (sprich: alkoholische Gärung) aktiv und nur ganz hintergründig auch der aerobe (sprich: Zellatmung) (98 % Gärung, 2 % Atmung2)3. Trotzdem ist dieser hintergründige Sauerstoff-Stoffwechsel imminent für ein gesundes Hefewachstum und dafür, dass die Hefe möglichst lange vital bleibt, am besten bis zum Ende der Nachgärung.
Hier kommt die Plasmamembran der Hefe ins spiel, die sich zu einem ganz großen Teil aus Lipiden zusammensezt. Das können z.B. gesättigte oder ungesättigte Fettsäuren sein. Besonders die ungesättigten Fettsäuren sind von hoher Bedeutung, da sie die Membran flexibel machen. Nur in einer flexiblen Membran können Permeasen (Transporterproteine) Nährstoffe, wie z.B. freie Aminosäuren, aus dem Medium in das Zellinnere befördern. Ungesättigte Fettsäuren werden, wenn sie nicht ständig nachgebildet werden oder aus anderen Quellen bezogen werden, mit der Zeit zu gesättigten Fettsäuren reduziert. Die machen die Membran starr und undurchlässig. Die Hefe kommt also nicht mehr an die wichtigen Nährstoffe ran, selbst wenn sie in der Würze noch vorhanden sind. Das hat zur Folge, dass die Vitalität der Hefe gegen Ende der Gärung abnimmt, eventuell leidet sogar schon der Vergärgrad darunter und in der Folge auch die Nachgärung.
Hier kommt nun der Sauerstoff aus der Belüftung ins Spiel. In einer gut belüfteten Würze ist die Hefe sogar im Stande ungesättigte Fetsäuren aus gesättigten zu synthetisieren und in die Zellmembran einzusetzen. Wenn zu Beginn genügend Sauerstoff in der angestellten Würze ist, kann eine ausreichende Menge an ungesättigten Fettsäuren gebildet werden2, S. 203, 3.2.3.2.
LG Florian
1G. Fuchs, Allgemeine Mikrobiologie, 8. Auflage, Thieme
2L. Narziß, Abriss der Bierbrauerei, 7. Auflage (aktualisiert und erweitert), Wiley-VCH
3https://de.wikipedia.org/wiki/Crabtree-Effekt
aufgrund dieses Fadens zum Thema schleppende Nachgärung habe ich mir gedacht, fasse ich mal die folgendes Infos zusammen. Ursprünglich sollte es nur eine Antwort auf den Faden werden. Beim schreiben dachte ich mir aber, dass es als eigenes Thema mehr Beachtung findet, was dem ganzen glaube ich mehr gerecht wird.
Ein ganz wichtiger, aber aus meiner Sicht auch ganz häufig unterschätzter, Schlüssel zur erfolgreichen Nachgärung ist Folgender:
Eine ordentliche Belüftung beim Anstellen.
Es ist ganz entscheidend beim Anstellen so viel Sauerstoff wie möglich in die Würze einzubringen, d.h. mal 30 Sek mit einem kleines Schneebesen ein bisschen Schaum zu schlagen ist eigentlich nicht genug. Am besten ist es hier wohl wirklich lange mit einem guten Blubberstein und einer kleinen Pumpe (mit Sterilfilter) zu belüften.
Warum ist das nun so wichtig?
Häufig liest man, dass die Hefe den eingebrachten Sauerstoff zu Beginn der Gärung nutzt um sich aerob zu Ernähren und zu vervielfältigen. Das sei auch der Grund, warum es dauert, bis die Hefe "ankommt". Das ist nicht korrekt. Der Grund, warum es dauert, bis die Hefe ankommt, ist die sogenannte Lag-Phase. In dieser Phase gewöhnt sich die Hefe an die neue Umgebung (Temperatur, Nährstoffangebot, eventuelle Hemmstoffe). In dieser Zeit werden Gene abgelesen und passende Enzyme hergestellt, um auf die neuen Bedingungen adäquat reagieren zu können. Dieser Effekt kann durch Anstellen mit einem Starter, der sich in der Wachstumsphase (Log-Phase) befindet, minimiert werden.1
Auch ist die Lebensweise der Hefe in belüfteter Würze nicht zu beginn aerob und erst wenn der Sauerstoff verbraucht ist anaerob. Durch den sog. Crabtree-Effekt ist von Beginn an der anearobe Stoffwechselweg (sprich: alkoholische Gärung) aktiv und nur ganz hintergründig auch der aerobe (sprich: Zellatmung) (98 % Gärung, 2 % Atmung2)3. Trotzdem ist dieser hintergründige Sauerstoff-Stoffwechsel imminent für ein gesundes Hefewachstum und dafür, dass die Hefe möglichst lange vital bleibt, am besten bis zum Ende der Nachgärung.
Hier kommt die Plasmamembran der Hefe ins spiel, die sich zu einem ganz großen Teil aus Lipiden zusammensezt. Das können z.B. gesättigte oder ungesättigte Fettsäuren sein. Besonders die ungesättigten Fettsäuren sind von hoher Bedeutung, da sie die Membran flexibel machen. Nur in einer flexiblen Membran können Permeasen (Transporterproteine) Nährstoffe, wie z.B. freie Aminosäuren, aus dem Medium in das Zellinnere befördern. Ungesättigte Fettsäuren werden, wenn sie nicht ständig nachgebildet werden oder aus anderen Quellen bezogen werden, mit der Zeit zu gesättigten Fettsäuren reduziert. Die machen die Membran starr und undurchlässig. Die Hefe kommt also nicht mehr an die wichtigen Nährstoffe ran, selbst wenn sie in der Würze noch vorhanden sind. Das hat zur Folge, dass die Vitalität der Hefe gegen Ende der Gärung abnimmt, eventuell leidet sogar schon der Vergärgrad darunter und in der Folge auch die Nachgärung.
Hier kommt nun der Sauerstoff aus der Belüftung ins Spiel. In einer gut belüfteten Würze ist die Hefe sogar im Stande ungesättigte Fetsäuren aus gesättigten zu synthetisieren und in die Zellmembran einzusetzen. Wenn zu Beginn genügend Sauerstoff in der angestellten Würze ist, kann eine ausreichende Menge an ungesättigten Fettsäuren gebildet werden2, S. 203, 3.2.3.2.
LG Florian
1G. Fuchs, Allgemeine Mikrobiologie, 8. Auflage, Thieme
2L. Narziß, Abriss der Bierbrauerei, 7. Auflage (aktualisiert und erweitert), Wiley-VCH
3https://de.wikipedia.org/wiki/Crabtree-Effekt