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Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Montag 26. Dezember 2016, 22:05
von Pale Ale
Hallo liebe Braufreunde

Ich beziehe meine Maischekits von zwei Anbietern.
Auf den Rezepturen für obergäriges Bier steht beim einen Braushop jeweils:
Gärtank bei idealer Gärtemperatur lassen, nach 3-12 Tagen abschäumen und umfüllen (klären) ev. Hefe ernten.
Beim anderen Braushop:
Nach 3 bis 5 Tagen kann das Bier umgefüllt werden. Das unterstützt die Gärung und das Bier klärt schneller.
Letzterer gibt noch eine Braufibel in Buchform heraus. Darin steht dann:
Der entscheidende Vorteil des Umfüllens ist eine geringere Trübung und weniger Hefegeschmack beim fertigen Bier.

Meine Frage zu dieser Sache:
Besserer Gärverlauf, weniger Trübung und vor allem: weniger Hefegeschmack.
Eine rundum tolle Sache für das sich der zusätzliche Aufwand sicher lohnt.
Oder etwa doch nicht? Weil diese Effekte so gering sind, dass man diesen Schritt vernachlässigen kann?

In der Zusammenfassung dieses Forums: Bier abfüllen und reifen von Moderator Boludo
wird das 2-Stufen Vergären nämlich nicht erwähnt. Und auch in der Hobbybrauliteratur
findet diese Empfehlung nicht statt.

Was ist Eure Meinung und Erfahrung dazu?

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Montag 26. Dezember 2016, 22:16
von §11
Wie immer Leben: Es kommt drauf an.

Natuerlich kannst du dein Bier auch direkt aus dem Gäreimer trinken. Das hat nur zwei beachtliche Nachteile. Erstens hast du kein CO2 im Bier und zweiten hast du das komplette Gelaeger mit im Bier.

Den ersten Nachteil könntest du umgehen in dem du in einem Drucktank mit Soundapparat vergärst. Das wird auch gemacht, wobei der Spundapparat zunächst keinen Gegendruck erzeugt. Damit kann das sich bildende Kohlendioxid die Jungbukettstoffe aus dem Bier austreiben. Erst kurz vor Ende der Gärung wird uber den Spundapparat der Spundungsdruck eingestellt und so das CO2 im Bier gelöst. Allerdings hast du dann halt immer noch das komplette Geläger im Bier. Um das los zu werden und eben immer noch nicht zu schlauchen, benötigst du einen zylindrokonischen Tank (ZKT). Der lässt es nämlich zu die Hefe unten aus dem Konus abzuziehen und zwar unter Druck. Damit bis du beim klassischen Eintankverfahren mit ZKT. Das Bier kannst du nun entweder Tank trinken oder aber du brauchst einen Gegendruckfueller zum Abfüllen.

Ich denke aber deine Frage war anders gemeint, du hast aber bereits beim Fragen vergessen das die Nachgärung eben wichtige Aufgaben übernimmt.

Jan

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Montag 26. Dezember 2016, 22:23
von Alt-Phex
@Jan: Er meint nicht die Nachgärung sondern das was man im englischsprachigen
Raum "Secondary" nennt. Also von der Hefe in ein zweites Gärfass umschlauchen.

Kann man so machen, muss man aber nicht. Ich fülle z.b. direkt aus dem Gärfass ab.
Allerdings lasse ich mein Bier auch entsprechend länger stehen damit sich die Hefe
absetzt. Siehe hier: viewtopic.php?f=7&t=11234&view=unread#unread

Auf keinen Fall soltest du dich an die 3-5 oder 3-15 Tage halten, die dort empfohlen werden.
Das Ende der Gärung kann man nicht in pauschalen Tagen rechnen, das muss man messen.

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Montag 26. Dezember 2016, 23:16
von Pale Ale
Ich bedanke mich für die ersten Antworten.

Ich muss hier ergänzen, dass ich immer einmal umschlauche. Nämlich nach der Hauptgärung in ein Gefäss mit dem aufgelösten Zucker zur Karbonisierung. Danach wird umgerührt und in Flaschen abgefüllt. In den erwähnten Beispielen wären es aber zweimal. Nach 3-5 Tagen das erste mal. Wobei davon ausgegangen wird, dass die Gärung noch nicht abgeschlossen ist in diesem Stadium. Sie schreiben ja, dass damit die weitere Gärung begünstigt wird. Danach wird selbstverständlich solange gemessen bis nichts mehr geht. Und weil danach vermutlich ein dünner Hefeboden zurückbleibt,
muss auch da wieder umgeschlaucht werden. Ich kann ja nicht einfach den Zucker oben reingeben und umrühren.

Der genaue Auszug aus der Braufibel:
Das immer noch gärende Bier wird durch Umfüllen von der Hefe getrennt. Obwohl dabei ein Grossteil der sichtbaren Hefe zurückbleibt, ist immer noch genügend davon in der Schwebe um eine ausreichende Fermentation zu gewährleisten.
Der entscheidende Vorteil des Umfüllens ist eine geringere Trübung und weniger Hefegeschmack beim fertigen Bier.

Es steht dann noch an anderer Stelle: Für echte Lagerbiere ist die 2-Stufen Vergärung sehr zu empfehlen, da die Fermentation bei niedriger Temperatur mehrere Wochen dauern kann.

Das heisst: Vor allem für Lagerbiere aber nicht nur. Auch auf den obergärigen Rezepten wird auf das umfüllen hingewiesen.

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Montag 26. Dezember 2016, 23:28
von Pale Ale
@Alt-Phex

Ein interessanter Link mit einer blausieblen Grafik. Ich werde mir das noch genauer ansehen.

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Montag 26. Dezember 2016, 23:32
von Alt-Phex
Wie gesagt - kann man machen, muss man aber nicht. Ich mache es nicht.
Das ist ein Schritt mehr der eine Infektion und/oder Sauerstoff Eintrag
begünstigen kann. Ausserdem bin zu faul dazu und nehme den einfachen
Weg, der auch wunderbar funktioniert.

Hefenbodensatz lässt sich als Flaschengärer nunmal nicht vermeiden,
egal wie oft man da umschlaucht. Die Wahl der richtigen Hefe ist da
evt. entscheidender, bzgl. Sedimentation und Klärung.

Muss man beim einschenken halt ein bißchen vorsichtig sein.
Wichtiger ist die Geduld für die Kaltreifung, dann setzt sich
das Sediment auch gut am Flaschenboden ab. Je nach Hefe...

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Montag 26. Dezember 2016, 23:36
von hutschpferd
Egal ob UG oder OG, nach Ende der Hauptgärung empfehle ich ein Umschlauchen.
Dann, je nach Bier 1-2 Wochen stehen lassen, und beim Abfüllen schlauche ich nochmals um.
Ergibt bislang ein sehr gutes Ergebnis.
Aber es ist halt ein weiteres Risiko das ich gerne eingehe.

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Dienstag 27. Dezember 2016, 07:09
von Sura
Pale Ale hat geschrieben:Und auch in der Hobbybrauliteratur
findet diese Empfehlung nicht statt.
Das ist schonmal falsch, die Empfehlung gibt es durchaus öfters zu lesen. Zu Primary und Secondary Fermentation wirst du etliches finden, und nichts anderes ist das.
Es macht durchaus Sinn, nicht zuviel Hefe mit in die Flasche zu bringen. Die Hefe in der Flasche muss lediglich ein wenig für sie optimalen Zucker verarbeiten um CO2 zu erzeugen. Danach kann sie sterben.

Der Zeitpunkt des umschlauchens, da kann man sich super drüber streiten. Ich schaue mittlerweile nach einer Woche ob das Jungbier schon mindestens 2/3 des Extraktes verknuspert hat, die nach der Schnellgärprobe erreicht werden könnten. Ist das der Fall, schlauche ich um. Nach weiteren 5-10 Tagen schaue ich nochmal ob alles durchgegoren ist und über 3 Tage konstant bleibt. Dann mache ich über 2-3 Tage einen Coldcrash.
Dann schlauche ich nochmal um und auf eine Zuckerlösung, und fülle ab.
Dabei muss man allerdings penibel sauber arbeiten, weil natürlich jedes umschlauchen auch eine Infektionsgefahr darstellt.

Es gibt aber auch genug, die das garnicht machen, und aus dem Gäreimer heraus direkt in die Flasche abfüllen und den Zucker in diese vorlegen.

Gruß,
Kai

Re: Ist die 2-Stufen Vergärung notwendig?

Verfasst: Dienstag 27. Dezember 2016, 08:50
von Gartenbrauer
§11 hat geschrieben:
Den ersten Nachteil könntest du umgehen in dem du in einem Drucktank mit Soundapparat vergärst.

Jan
Das ist mal ein interessanter Ansatz.
Nur welche Musik hört den eine Hefe gerne?
Obergärige AC/DC, untergärige eher Beethoven?

Sorry, das musste jetzt raus.

Harald