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Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 16:06
von Felix83
Huhu,
ich würde gern mein Bier klarer hinbekommen und mit Gelantine pimpen.
Der Workflow ist ja normalerweise direkt im Gärmeiner (Primary) die Gelantine zugeben und dann coldcrashen.
Konträr dazu hab ich aber bei homebrewtalk sehr viel schrille Warnungen gelesen, genau das nicht zu tun, da durch das Abkühlen ein Unterdruck entsteht und Luft in den Eimer zieht -> Oxidation, schlimmer als die Hölle!
Aber wie soll es denn sonst gehen? Momentan geh ich vom Gäreimer ins NC Keg, zwangskarbonisieren und dann mit der GDA in Flaschen.
Was sind denn die Möglichkeiten mit Gelantine "coldzucrashen" und Oxidation dabei zu vermeiden? Habt ihr da ne Idee?
Viele Grüße
Felix
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 16:22
von DerDerDasBierBraut
Ich benutze keine Klärungsmittel. Eine angemessene Lagerdauer macht das Bier auch ohne so ein Zeugs klar. Cold Crash mache ich manchmal in der Gefriertruhe, im Winter auch mal auf der Terrasse, manchmal auch gar nicht.
Von einer Oxydation durch den Volumenausgleich beim Abkühlen habe ich noch nie etwas gemerkt. Das ist bestimmt wieder grundlose Panikmache. Da malt einer den Teufel an die Wand und alle anderen fluten ihre Gefriertruhen 'zur Sicherheit' beim Coldcrash mit CO2 ....
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 16:36
von M0ps
Ich glaube nicht, dass die Außenluft beim Abkühlen so schnell einströmt, dass die CO2 Schicht über dem Bier verwirbelt wird und direkt zu fieser Oxidation führt
Evtl aufpassen, dass keine Flüssigkeit aus dem Gärspund ins Bier läuft.
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 16:38
von Boludo
Man kann auch in der Gefriertruhe vergären, die ist dann automatisch mit CO2 geflutet. Dann einfach Cold Crash und das ganze geht ohne Sauerstoffeintrag. Genau so das Stopfen.
Stefan
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 16:47
von Beerbrouer
Ich kann mich jetzt schwer täuschen, aber der so genannte "Cold Crash" ist meine ich erst in jüngerer Zeit hier populär geworden.
Lange Zeit war eine Schönung mit Irish Moss, ggf. ergänzt mit Gelatine und/oder Kiselsol, aber ohne Cold Crash, das Mittel der Wahl.
Ich habe es auch noch nicht ausprobiert. Eine Schönung allein mit Irish Moss bewirkt bei mir bereits, dass das Bier bereits nach Ende der HG so klar ist, dass ich den Bodensatz sehen kann (bei 40 l). Manchmal kläre ich zusätzlich mit Gelatine (z.B. wenn ich Hopfen gestopft habe).
Gruß
Gerald
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 16:50
von Boludo
Cold Crash bringt vor allem auch den Stopfhopfen zuverlässig zum Sinken. Damit erspart man sich die Säckchen und erhöht die Aromaausbeute deutlich.
Ich erkläre mir das damit, dass beim Abkühlen die kleinen Gasbläschen, die an den Hopfenfitzel haften und diese in Schwebe halten, sich lösen und damit der Auftrieb verloren geht. Kann aber auch eine andere Ursache haben.
Stefan
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 16:52
von Bierjunge
DerDerDasBierBraut hat geschrieben:Da malt einer den Teufel an die Wand und alle anderen fluten ihre Gefriertruhen 'zur Sicherheit' beim Coldcrash mit CO2 ....
Brauchts gar nicht, meine Kühltruhe ist nach der Hauptgärung eh schon maximal mit CO2 geflutet.
Und nach Gay-Lussac strömen in ein als Worst-Case-Scenario mit nur 40 l Bier gefüllten 60 l Gärfass bei einer Abkühlung von 20°C auf 0°C gerade einmal 1,36 l Gas. Das ließe den CO2-See in meiner Truhe um weitere 4 Millimeter absinken. Also einfach mal locker bleiben!
Moritz
Nachtrag: Auch wenn das Bier dadurch galanter wirken mag, woher kommt eigentlich die hier so verbreitete Unsitte, Gelatine mit
n zu schreiben?
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 17:19
von Felix83
Ups....das hab ich jetzt mein Leben lang falsch geschrieben und ausgesprochen
Hier ist ein passender Thread:
http://www.homebrewtalk.com/showthread.php?t=584234
Der post hier macht mir Sorgen:
I did some calculations a while back for a 24 liter (6.4 gal) fermenter with 20 liters (5.3 gal) of beer and 4 liters (1.1 gal) of headspace. At the end of fermentation, the headspace is 100% CO2 at an absolute pressure of 14.7 psi. If the fermentation temp was 18˚C (64.4˚F) and you cold crash to 1˚C (33.8˚F), then the CO2 partial pressure drops from 14.7 psi to 13.8 psi. Due to the drop in CO2 pressure, 0.9 psi worth of air will suck back into the headspace, and the headspace will then contain 0.9 / 14.7 = 6% air and 1.2% O2 (about 12,000 ppm O2.)
Now since you cooled the beer, it will absorb more CO2 from the headspace. When equilibrium is reached, the CO2 partial pressure in the headspace will be 8.0 psi, and enough more air needs to suck back to make the air partial pressure 14.7 - 8.0 = 6.7 psi. The percentage of air in the headspace will then be 6.7 / 14.7 = 45.6%, and the O2 percentage will be 9.6% (about 96,000 ppm.)
So, immediately after cold crashing you will have about 12,000 ppm O2 in the headspace, which is more than enough to oxidize the beer over time. As cold crashing continues, the O2 concentration will rise towards 96,000 ppm. And, as the O2 concentration rises, the rate of absorption of O2 into the beer will increase, allowing for even faster oxidation of the beer.
I don't have data on how fast O2 absorbs into the beer, nor how fast the actual beer oxidation occurs at cold crash temps. The only advice I can offer is to keep your cold crash time to the absolute minimum, and also minimize any agitation of the beer which could cause additional O2 absorption.
Geht das mit der Galtine auch ohne Clodcrash? Ich dachte, dass geht Hand in Hand.
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 17:45
von Bierjunge
Der Autor des Zitats nimmt offenbar an, dass der Kopfraum des Gärbottichs ideal gerührt sein, d.h. dass man dort sofort eine homogene O2-Verteilung hätte.
Das ist wahrscheinlich ebenso unrealistisch wie die Annahme eines still und starr ruhenden C02-Sees. Die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen. Eine gewisse Schichtung wird es aber eine endlich lange Zeit lang geben. Ob man sich einen Kopf drum macht, mag jeder selbst entscheiden.
Wenn Du sicher ganz sicher gehen magst, dann vergäre von Anfang an in einer Truhe, die sich schon während der Gärung mit CO2 komplett füllt, und führe vom oberen Spund des Gärfasses (kein Gärspund, durch den beim Abkühlen Wasser eingezogen werden kann!) einen Schlauch bis fast zum Boden der Truhe. Dann kann beim Abkühlen gerne auch Luft oben in die Truhe nachströmen; unten wird man immer noch fast reine CO2 haben.
Moritz
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 18:11
von Felix83
Ne Truhe, interessante Idee! Wir kriegen demnächst ne neue Heizung im Keller, dann müsste Platz für sowas sein. Teuer sind die ja auch nicht wirklich.
Was mir noch einfällt: Könnt ich auch während des Abkühlens etwas CO2 durch das Loch für den Gärspund des Eimers reinfluten?
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 18:17
von Bierjunge
Felix83 hat geschrieben:Ne Truhe, interessante Idee! Wir kriegen demnächst ne neue Heizung im Keller, dann müsste Platz für sowas sein. Teuer sind die ja auch nicht wirklich.?
Zumal das die Eintrittskarte für eine wirklich reproduzierbare Temperaturführung während der Gärung ist.
Und das ist -meiner unmaßgeblichen Meinung nach- ein ungleich wertvollerer Qualitäts-Stellhebel, als sich jetzt einen Kopf um Oxidation während des Cold Crash zu machen.
Moritz
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 18:31
von quasarmin
Bierjunge hat geschrieben:
Wenn Du sicher ganz sicher gehen magst, dann vergäre von Anfang an in einer Truhe, die sich schon während der Gärung mit CO2 komplett füllt, und führe vom oberen Spund des Gärfasses (kein Gärspund, durch den beim Abkühlen Wasser eingezogen werden kann!) einen Schlauch bis fast zum Boden der Truhe. Dann kann beim Abkühlen gerne auch Luft oben in die Truhe nachströmen; unten wird man immer noch fast reine CO2 haben.
Moritz
Moin
ich bin mir nicht sicher ob das so funktioniert, bei momentanen bzw. starken Auftreten eines Gases nimmt es zwar erstmal die dem spezifischen Gewicht entsprechende Position ein, d.h. sinkt ab oder steigt an. Allerdings sind alle Gase in einem Raum bei gleichem Druck und gleicher Temperatur bestrebt den gleichen Raum einzunehmen (Bestreben des Partialdruckes). Ein aufgelegter Deckel auf der Truhe behindert zwar den Austausch der Gase, verhindert ihn jedoch nicht. D.h wird sich das CO2 allmählich mit O2/N2 aus der Umgebung mischen. Es gibt dazu sehr gegensätzliche Meinungen, aber das ist jedenfalls die Theorie (
https://de.wikipedia.org/wiki/Thermisch ... n_Avogadro).
Gruß
Armin
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 18:56
von PabloNop
Beerbrouer hat geschrieben:Ich kann mich jetzt schwer täuschen, aber der so genannte "Cold Crash" ist meine ich erst in jüngerer Zeit hier populär geworden.
Ich habe es auch schon ein paar mal probiert (zusätzlich zu einer Minidosis Irish Moss). Der wesentliche Vorteil aus meiner Sicht war, dass die Hefe etwas fester am Boden liegt und man beim Abziehen nicht so viel davon aufwirbelt und entsprechen mehr Bier erhält. Klarer als mit IM alleine wird es glaube ich nicht.
Re: Coldcrash im Gäreimer
Verfasst: Montag 20. März 2017, 18:57
von Bierjunge
quasarmin hat geschrieben:Ein aufgelegter Deckel auf der Truhe behindert zwar den Austausch der Gase, verhindert ihn jedoch nicht. D.h wird sich das CO2 allmählich mit O2/N2 aus der Umgebung mischen. Es gibt dazu sehr gegensätzliche Meinungen, aber das ist jedenfalls die Theorie (
https://de.wikipedia.org/wiki/Thermisch ... n_Avogadro).
Die Frage ist bloß, wie lange das dauert. Wie oben schon geschrieben, es gibt die beiden Eckpfosten "ideale Durchmischung" vs. "stiller See", und die Wahrheit ist irgendwo dazwischen. Kennt irgendjemand seriöse Untersuchungen, wie lange die Durchmischung dauert?
Ich halte es für unbestritten, dass sich eine Kühltruhe
bei noch aktiver Gärung vollständig mit CO2 flutet. Das kann man mit Boludos Feuerzeug-Experiment wunderbar zeigen.
Bei einer folgenden Abkühlung um angenommene 20 K strömen in die Truhe 7% Luft. Die leichter
und wärmer ist. Ich halte es zwar für wahrscheinlich, dass eine gewisse Schichtung eine Zeit lang bestehen bleibt, kann es aber nicht beweisen.
Aber selbst wenn es sich sofort komplett durchmischen sollte: Ins Gärfass strömen wiederum 7% des Kopfraum-Volumens. Wenn in der Truhe 7% Luft sind, gelangen in den Kopfraum 0,07*0,07 = 0,5% Luft. Oder 0,1% Sauerstoff. Die nur in Kontakt mit dem Bier kommen, wenn man abermals ideale Vermischung als worst case annimmt.
Ist das schlimm? Ich habe keine Ahnung.
Ich für meinen Teil denke aber, dass mein Bier selbst bei sorgfältigstem Arbeiten, Schlauchen und Abfüllen an anderer Stelle mit ungleich mehr Sauerstoff in Kontakt kommt, und habe daher beschlossen, mich nicht weiter darum zu scheren.
Damit will ich jetzt aber wirklich niemanden missionieren. Wer sicher gehen will, kann ja gerne beim Abkühlen beständig CO2 aus der Flasche ins Gärfass und/oder die Truhe nachströmen lassen. Oder den Cold Crash mit angeschlossenem Druckminderer machen. Oder aber...
Moritz