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FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 08:58
von bierkind
Moin Leute,
Gestern probierte ich mich an einem Fullers London Pride Clone. Nach langem rumprobieren kam ich mit dem MMuM Wasseraufbereitungsrechner halbwegs hin:
Eilig versuchte ich bei uns in Wels Freitags noch die Salze zu bekommen. Die nette Apothekerin hatte auch alles nur das CaSO4x2H2O hatte sie nicht. Sie hat gesagt sie kann das auch nur als CaSO4 bestellen. (ohne 2H2O also) Sie meinte sie kann mir dass dann mit Wasser abmischen, was wie ich dachte nicht nötig ist. Also hab ich 80g CaSO4 reingekippt. Zum Glück ist ein Freund Chemiker und hat mir gesagt, dass ich ja, weil das 2H2O fehlt, jetzt die doppelte Menge CaSO4 im Kessel hab.
Da schauen dann die Werte gleich etwas anders aus

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Irgendwelche Tipps wie ich das kompensieren kann, bevor ich heute Nachmittag die Hefe hineinkippe? In der Hinsicht bin ich echt keine Koryphäe, ich kann nur den Wasserrechner benutzen und spiele mich normalerweise solang bis es passt. Muss mich bei Gelegenheit mal einlsen
Hobbybrauer zu sein ist was schönes. Man muss alles Gleichzeitig sein, Putzfrau, Elektriker, Chemiker, Mikrobiologe...
PS: Wer das zu erreichende Wasserprofil nicht kennt:
http://braumagazin.de/article/stilportrait_ipa/ - Ganz unten
LG
Alex
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 09:31
von lowaf
Hallo Alex,
bierkind hat geschrieben:Zum Glück ist ein Freund Chemiker und hat mir gesagt, dass ich ja, weil das 2H2O fehlt, jetzt die doppelte Menge CaSO4 im Kessel hab.
da hat sich Dein Chemiker leider etwas verrechnet. Grob überschlagen sieht es so aus:
CaSO
4: 136,1 g/mol
CaSO
4x2H
2O: 172,2 g/mol
Differenz bezogen auf das Dihydrat: ca. 20%
Damit hast Du nicht das doppelte an CaSO
4 zugegeben, sondern lediglich etwa 20% mehr als wenn Du CaSO
4x2H
2O verwendet hättest.
Wie sich das am Ende auf Dein Bier auswirkt, kann ich Dir leider nicht sagen. Wie konstant die Angaben Deines Wasserversorgers sind leider auch nicht. Da hast Du ja auch nochmal (teils erhebliche) Schwankungen, außer Du verwendest Osmosewasser (und kennst den Zustand der Membran) oder eben Destilliertes. Ob da die 20% Differenz noch ins Gewicht fallen?
Dass die Apothekerin das Dihydrat nicht bestellen kann halte ich auch für unwahrscheinlich. Zu dem
bierkind hat geschrieben:Sie meinte sie kann mir dass dann mit Wasser abmischen
sag ich jetzt besser nichts. Ich will der guten Frau hier ja nichts unterstellen
LG
Konstantin
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 09:45
von olibaer
Hallo Bierkind,
erst mal keine Panik.
Solltest Du tatsächlich ein Anhydrit von CaSO4 bezogen haben gilt immer noch:
Molmasse CaSO4 Anhydrit: 136 g/mol
Molmasse CaSO4 x 2 H20 Dihydrat: 172 g/mol
Von einer Verdoppelung kann vom Schritt Dihydrat in Richtung Anhydrit keine Rede sein. Wir reden im besten Fall von einem Faktor 172/136 = 1,26
Wie ich sehe hast Du die Dosage ohnehin nur auf den Hauptguss berechnet und für gewöhnlich wird der Gesamtsalzgehalt durch den Nachguss wieder verdünnt.
Die von Dir genannten Wasserprofile "Burton on Trent" gelten aber für das Gesamtwasser (Hauptguss + Nachguss = Gesamtguss) und damit wird aus der vermeintlichen "Überdosage" eher eine "Unterdosage" an CaSO4. Deswegen: erst mal keine Panik.
P.S.: Geh mal mit Deinem "Chemiker-Freund" und Deiner "Apothekerin" in Klausur und: CaSO4 zu Brauzwecken immer als Dihydrat beziehen(CaSO4 x 2 H20) - nix aufschwatzen lassen.
Gruß
Oli
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 09:47
von olibaer
*clap* Konstantin(lowaf) - sehr schön - du warst schneller

Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 10:23
von Kurt
Hat sich die riesige Menge Gips überhaupt gelöst? Das Bier wird kreidig schmecken, diese extremen Sulfatwerte sind meiner Meinung nach dem Biergeschmack nicht zuträglich.
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 11:51
von bierkind
Hat sich die riesige Menge Gips überhaupt gelöst?
Nun ja das Wasser war durchaus etwas trüb. Hab aber keine Ahnung wie das Wasser in Burton-on-Trent aussieht
Wie mir die Apothekerin das erlärt hat war iwie plausibel- "fehlt ja nur 2xH2O" - als Laie nachvollziehbar
Meinen Chemiker Spezi muss ich etwas in Schutz nehmen, das war mein Fehler jetzt. Die Apothekerin hat mir auch MgSO4 gegeben statt MgSO4x7H2O. Hier, so meinte er, habe ich jetzt die doppelte Konzentration im Sud. Das CaSO4 hatte er auch mit ca +20% gerechnet.
Natürlich dachte ich, er meint das CaSO4, weil ich nicht gewusst hab das ich das MgSO4 auch in Reinform bekommen habe.
Wie dem auch sei- jetzt schauen die Werte schon besser aus:

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Echt komisch diese Apotheken. Die Erste hatte es gar nicht, die Zweite hat es nur in Reinform- wo kauft ihr denn sowas?
Danke für euere kompetenten Antworten! Echt toll dass ihr euch immer so bemüht

Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 12:13
von metaler143
bierkind hat geschrieben:
Echt komisch diese Apotheken. Die Erste hatte es gar nicht, die Zweite hat es nur in Reinform- wo kauft ihr denn sowas?
Ich habe meine Salze von Schnapsbrenner, da werden die Produkte von Brouwland verkauft. Habe Kalziumsulfat als Anhydrat und Kalziumchlorid als 33% Lösung gekauft, damit arbeite ich jetzt schon recht lange.
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 12:57
von Sura
Du bekommst das auch in Apotheken, musst nur genau das verlangen. :)
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 13:04
von Boludo
Ich verstehe nicht, wie man auf die Idee kommen kann, Magnesiumsulfat ins Brauwasser zu geben.
Seit ich braue versuche ich alles, dieses aus meinem Wasser zu entfernen.
Wer eins hat soll mal eine Messerspitze probieren. Dann weiß er warum.
Stefan
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 14:59
von bierkind
Naja in dem Fall war es ja ein Versuch möglichst nahe ans Original zu kommen.
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Dienstag 18. April 2017, 17:34
von Tibor
bierkind hat geschrieben:Naja in dem Fall war es ja ein Versuch möglichst nahe ans Original zu kommen.
Aber du weißt schon das London Pride aus London ist.
Gruß
Tibor
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Mittwoch 19. April 2017, 07:31
von bierkind
Aber du weißt schon das London Pride aus London ist.

Das ist mir durchaus bewusst, aber in diversen Threads zu diesem Thema, vorallem auf englischsprachigen Foren lest man z.b.:
yeah, you got it, 5.10.2010 he called it a "standard burtonization technique" using only gypsum, so if London water is roughly 0.8g gypsum iin 5 gals and they add gypsum to it then it is probably less than idk 9g/5gals, but that is a total guess based on the "Mosher/toned-down, "idealized" burton profile. idk if i should go that high or not.
http://www.homebrewtalk.com/showthread.php?t=521978
Wie jeder Einzelne jetzt "burtonisierung" versteht sei ihm überlassen, nochdazu wo ja Fullers sich anscheind nicht wirklich über die Wasseraufbereitung auslässt. Für mich als Anfänger auf dem Gebiet der Wasseraufbereitung war es am Einfachsten mein Wasser dem Burton on Trent Profil anzupassen. Vielleicht habe ich nach mehreren Versuchen Wasser aufzubereiten das Know how sowas selber "auszulegen"

Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Mittwoch 19. April 2017, 09:14
von Kurt
Burtonizing heißt allerdings nicht zwangsläufig genau das Wasserprofil aus Burton nachzubauen, sondern wird vielmehr als Synonym für die Gipszugabe verwendet. Da steht auch "weniger als 9g/21L". 80g Gips auf 50L Wasser ist da schon eine andere Hausnummer, vor Allem wenn dann noch Bittersalz dazukommt.
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Mittwoch 19. April 2017, 11:59
von Boludo
Nur weil die in Burton Magnesium im Wasser haben, heißt das noch lange nicht, dass das Wasser damit besser geeignet ist als ohne.
Stefan
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Donnerstag 20. April 2017, 07:08
von bierkind
Wie gesagt ich behaupte nicht dass meine Vorgehensweise der Weisheit letzer Schluss war. Für Vorschläge wie ihrs machen würdet, was wohl am ehesten den gewünschten Wasserprofil entspricht, wäre ich durchaus dankbar.
Re: FAIL Wasseraufbereitung: Zu viel aufgesalzt
Verfasst: Donnerstag 20. April 2017, 07:40
von Sura
Die Profile die für Burton angegeben sind mögen an irgendeiner Stelle auch wirklich so sein. Die Wahrheit ist allerdings, das die verschiedenen Brauereien auch verschiedene eigene Brunnen hatten welche recht stark unterschiedliches Wasser produzierten. Sulfat und Kalzium schwanken da um bis zu 300%. Sulfatwerte von um die 1000ppm stehen welche um die 300 entgegen. Alles Brauerein in Burton.
Das was das Wasser ausgemacht hat, sind die grundsätzlich hohe Mineralwerte. "Burtonizing" ist das was dann später in London als das aufsalzen mit Braugips verstanden wurde. Wobei das Kalzium bei der damals gewünschten Klar- und Helligkeit hilft, und das Sulfat bei der Haltbarkeit und Trockenheit. Zuviel Kalzium wird sich eventuell als mineralischer, und zuviel Sulfat als schwefeliger Beigeschmack bemerkbar machen. Das letztere nennt man dann "burton snatch" oder so ähnlich.
Letztlich musst du selbst entscheiden wieviel du wovon haben möchtest. Übrigens wurde das Wasser damals auch gekocht um die Carbonate zu entfernen. Damit ist die ganze Wasserberechnung dann schon fast nichtmal mehr theroretisch wirklich nachvollziehbar :)
Willst du klares, trockenes, sehr hopfenaromatisches Bier: Immer rein mit dem Gips.