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Cambridge
Verfasst: Sonntag 18. Juni 2017, 21:25
von ggansde
Moin,
Ich war drei Tage in Cambridge und bin gerade zurück. Als kein Freund der englischen Biere fand ich zu meiner Freude in fast jedem Pub verschiedene Craft-Biere vor. Doch die Enttäuschung war leider groß. Dünne PA's und IPA's, die Hopfenaromen völlig deplatziert bei 3 - 4.5 % Alk. (Negativ Beispiel ein IPA mit 60 IBU und 3 % Alk.), wie zu erwarten auch lauwarm und ohne jede Rezenz aus dem Pumphahn. Da ist Mangel scheinbar leider Kultur. Die Positivbeispiele gab es aber auch, ein sehr leckeres Camden Hells und ein Chocolat Banana Stout einer ansässigen Brauerei. Die Craft-Biere aus dem Aldi waren auch nicht so übel.
VG, Markus
Re: Cambridge
Verfasst: Sonntag 18. Juni 2017, 21:36
von ruger63
Cambridge ist eigentlich klasse, schade dass Du mit dem Bier nicht so zufrieden warst.
Re: Cambridge
Verfasst: Montag 19. Juni 2017, 07:18
von ggansde
Moin,
natürlich ist Cambridge klasse: alte Studienkollegen und Freunde treffen, auf den Greens abhängen, Cricket spielen, Doppeldeckerbus fahren, Punten, Cream-Tea in Grantchester, ...
Leider war da auch das mit dem Bier...
VG, Markus
Re: Cambridge
Verfasst: Montag 19. Juni 2017, 10:17
von Johnny H
Ich musste einige Zeit in England leben, um mich an die englische Art, Bier zu trinken, zu gewöhnen. Am Anfang war das für mich auch nur lauwarme, unterkarbonisierte Plörre. Mittlerweile sehe ich das aber ganz anders, und ein Besuch in Sheffield (der erste nach fast vier Jahren seit Rückkehr nach D) neulich war diesbezüglich ganz toll. Mit "Mangel" hat das m.E. nichts zu tun, eher mit "anders".
Schade, dass Dir die Biere größtenteils nicht geschmeckt haben.
Edit: vielleicht hättest Du Dich auch an ein paar "Klassiker" halten sollen. Die gibt es doch in Cambridge bestimmt auch.
Re: Cambridge
Verfasst: Montag 19. Juni 2017, 12:32
von Malzmagen
Von einer "Kultur des Mangels" zu sprechen ist meines Erachtens etwas überzogen. Dafür ist die Bierauswahl in England zu groß.
Ich habe nur ein halbes Pint gebraucht um mich an "lauwarm ohne Rezenz" zu gewöhnen und zu verlieben (insbesondere in die <4,5% Alk. Abteilung).
Re: Cambridge
Verfasst: Montag 19. Juni 2017, 12:49
von ggansde
Moin,
sorry, war vielleicht etwas missverständlich. Mit "Kultur des Mangels" wollte ich speziell ausdrücken, dass die Briten häufig versuchen, aus einem Mangel eine Tugend zu machen, z.B. lieber im Stau zu stehen, als an der Verbesserung der Infrastruktur zu arbeiten. In diesem speziellen Fall aus gesetzlichen Vorgaben das Beste machen zu wollen und ein IPA mit möglichst wenig Alkohol einbrauen zu müssen. Die würden das auch anders machen wenn sie dürften. Englische Biere sind natürlich anders als z.B. unsere, aber die Vielfalt finde ich ähnlich zu Deutschland. Ich habe lange Zeit drüben verbracht, konnte aber nichts mit den Bieren anfangen - Geschmacksache. Und nein, ich übe nicht solange bis mir ein Bier schmeckt. Entweder es schmeckt mir oder nicht. Die meisten belgischen und tschechischen Biere schmecken mir z.B. auf Anhieb.
VG, Markus
Edit: Ich habe in einem Pub auch noch ein Pilsner Urquell als unpasteurisierte Fassversion getrunken. Was für eine leckere Diacethyl-Bombe.
That's me on a punt, totally sunburned.
Re: Cambridge
Verfasst: Montag 19. Juni 2017, 16:23
von Johnny H
ggansde hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2017, 21:25
(Negativ Beispiel ein IPA mit 60 IBU und 3 % Alk.)
ggansde hat geschrieben: Montag 19. Juni 2017, 12:49
In diesem speziellen Fall aus gesetzlichen Vorgaben das Beste machen zu wollen und ein IPA mit möglichst wenig Alkohol einbrauen zu müssen. Die würden das auch anders machen wenn sie dürften.
[...]
Ich habe lange Zeit drüben verbracht, konnte aber nichts mit den Bieren anfangen - Geschmacksache.
Natürlich finde ich auch ein IPA mit 3 Vol.% und 60 IBUs unpassend und eigentlich eine Stilverfehlung, wobei solche Eckdaten m.E. auch alles andere als die Regel sind für englische IPAs (das schreckliche Greene King IPA mal abgesehen). Es gibt doch zahlreiche andere hervorragende englische IPAs, wie z.B. das recht bekannte St. Austell Proper Job mit 5,5 Vol.%, das großartige Worthington White Shield mit 5,6 Vol.% oder auch Fuller's IPA mit 5,3 Vol.% etc. Die orientieren sich an den historischen Vorbildern bzw. leiten sich m.W. direkt aus diesen ab.
Dein Post liest sich für mich nun, alle englischen IPAs wären so dünn aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe. Das ist aber natürlich nicht so bzw. diese gesetzliche Vorschrift wäre mir neu. Könntest Du da erläutern, worauf Du Dich beziehst?
Re: Cambridge
Verfasst: Dienstag 20. Juni 2017, 09:27
von ggansde
Moin,
da ist halt die hohe Steuer. Schaue ich mir den Bierstil IPA an, sind laut BJCP dort Alkoholgehalte von 5 bis 7.5 üblich. Warum wohl hat dieser Bierstil bei uns fast immer den höchstmöglichen und auf der Insel den niedrigst möglichen Alkoholgehalt? Weil es die Kunden drüben sonst nicht bezahlen könnten. Ich finde halt, dass den IBU's genügend Alkohol/Stammwürze entgegen stehen müssen. Bei den PA's ist es sogar noch ausgeprägter. Es gibt kaum einen Malzkörper, wie auch bei 8 - 10 °P StW.? Das Fuller's IPA habe ich probiert, war absolut nicht meins, zu warm und ohne Rezenz. Vielleicht ist es aus der Flasche ja besser
VG, Markus
Re: Cambridge
Verfasst: Dienstag 20. Juni 2017, 10:24
von Neubierig
Es gibt in GB eine Alk-Steuer Stufung. Alle Biere mit 2,8% und weniger landen in einem wesentlichen niedrigeren Steuerbereich, und so werden einige Biere mit genau 2,8% eingebraut.
In allgemein ist die Alksteuer in GB ca 13 mal so hoch als in Deutschland
Cheers,
Keith :-)
Re: Cambridge
Verfasst: Dienstag 20. Juni 2017, 10:48
von flying
Und da beschweren wir uns ueber den Zoll...

Re: Cambridge
Verfasst: Dienstag 20. Juni 2017, 12:16
von Johnny H
Beer duty:
How much Beer Duty you pay depends on the beer’s strength, or ‘alcohol by volume’ (ABV).
Strength (ABV) Beer Duty rate per litre for each % of alcohol
More than 1.2%, up to 2.8% 8.42 pence
More than 2.8%, up to 7.5% 19.08 pence
More than 7.5% 24.77 pence
Example
You buy a pint of 5.0% strength lager. The Beer Duty you pay is 19.08p x 5.0 = 95.40 pence per litre. This works out at just over 54 pence a pint (about 568ml or 0.568 litres).
Das sind heftige Zahlen, wobei sich mir nicht unmittelbar erschließt, wie hier bei krummen Prozentzahlen gerundet wird, da "pro Vol.%" gerechnet wird. Der steuerliche Sprung kommt aber vor allem bei den Schlüsselzahlen 2,8% und 7,5%.
Die Biere sind in GB im 20. Jahrhundert aus vielen Gründen (Krieg, Mangel, gesetzliche und steuerliche Maßnahmen etc.) viel leichter geworden. Das hat die Brau- und Trinkgewohnheiten nachhaltig verändert. Ich sehe auch bei den "neueren" und kleinen Brauereien oft leichte Biere (<4%) im Programm - die Brauereien sind aber unterhalb eines gewissen Ausstoßes (<60.000 hl p.a.) m.W. aber
steuerreduziert.
Ich denke von daher, die Gewohnheit, generell etwas leichtere Biere zu brauen und zu trinken, hat auch sehr stark mit Kundennachfrage und über lange Zeit etablierten Gewohnheiten zu tun, und nicht nur mit Besteuerung.