Hallo Florian(brauflo),
ich bin dir noch eine Antwort schuldig:
brauflo hat geschrieben: ↑Sonntag 2. September 2018, 19:25
Dabei interessiert es mich tatsächlich, ob das Optimum für die Enzyme bei 5,5 oder bei 5,6 liegen.
Hast Du (oder Du, Flothe) Literatur für mich ?
Hab ich. Folgt aber erst weiter unten im Beitrag.
Nachtrag:
Meine Verrwirrung in Antwort
#18 begründet sich zum einen dadurch, dass du Aussagen Dritter in falschen Kontexten wiedergibst ("
MaischeMalzundMehr gibt 5,5 als "optimalen pH-Bereich" für die Maische an") und zum anderen dadurch, dass pH-Werte kommuniziert werden, die falsche oder keine Bezüge zu einem konkreten Prozessschritt haben(
Rohwasser, Brauwasser, Maische, Würze, Bier).
Was, wie gemeint war, hat sich ja im weiteren Verlauf
geklärt.
Zu den Quellen(u.a. Enzym-pH-Optimum):
Sie gibt sie haufenweise: Hier, in allerlei Fachbüchern, im Braumagazin, im Internet, ... .
Eine besonders gelungene Zusammenfassung hat Frau
Martina Gastl formuliert.
Bild 01:
Quelle: Grundlegende Brautechnologie, Gastl, M.
Lehrstuhl fürBrau-und Getränketechnologie Technische Universität München
http://www.wzw.tum.de/bgt
Mit dieser Auflistung im Blickfeld lässt sich auch die Aussage von
Enfield im Beitrag
#23 bestätigen:
"
Man muss dabei aber auch beachten, dass 5,6 pH das Wirkoptimum BEIDER Enzyme trifft."(-> Alpha- & Beta-Amylase sind gemeint)
In Beitrag von tozzi(#14) bzw. von Enfield(#20) erfahren wir, dass für eher hellere Biere pH-Werte < 5,6 anzustreben sind, Muldengold hält in Beitrag #22 dagegen bzw. ergänzt, und nimmt selbiges für dunklere Bier in Anspruch.
In Summe trifft ein für
Alpha- & Beta-Amylase gemeinsam festgestelltes pH-Optimum(5,6) auf Aussagen, dass ein wenig mehr "
sauer", z.B. pH 5,4, sich auf Maische, Würze und Bier positiv auswirken kann. Das beist sich auf den ersten Blick, tut es aber nicht wirklich.
Das Zünglein an der Waage sind die Rohstoffe, die aktuell mehr Diastatische Kraft(->ich komme gleich dazu) im Kreuz haben als unbedingt nötig und ein gewisser Verlust an dieser Kraft, fernab jeglichen Risikos ist. Kalkuliertes jonglieren mit den pH-Werten rund um die
Amylolyse ist also durchaus erlaubt, keine Frage.
Überprüfen lassen sich die Veränderungen relativ einfach über die Festellung des EVG mit identischem Hefestamm.
Warum jetzt doch gerne mal ein wenig saurer ?
Naja, etwas niederen pH-Werten in Maische, Würze und Bier werden allerhand positive Eigenschaften zugeschrieben. Manche sind mehr oder weniger auch für den Hobbybrauer interessant und wertfrei vom Biertyp zu sehen:
-
verbessertes Wuchsstoffangebot für die Hefe (u. a. Zink).
- verbesserte Eiweißausscheidung/Bruchbildung beim Kochen.
- erhöhtes Redoxpotential, dadurch bessere Geschmacksstabilität.
- beschleunigtes Läutern und Bierfiltrieren.
- verbesserter Gärverlauf durch schnelleren pH-Sturz
- bessere Trubausscheidung
- höhere Vergärungsgrade
- vollerer, weicherer und runderer Biergeschmack.
- hellere Farben und weniger Spelzenauslaugung.
- angenehme Hopfenbittere.
- verbesserte Rezenz.
- höhere Schaumstabilität.
- höhere chemisch-physikalische Stabilität.
- höhere biologische Stabilität.
So aneinandergereit spricht nichts dagegen die "
Wohlfühlzone" von pH 5,6 für die Amylolyse in Richtung "
etwas saurer" zu verlassen. Begleitend dazu muss aber klar sein, dass an dieser Stelle mit blosen "
Annahmen für die Rohstoffe" und mit vorgelagerten Kalkulationen für den pH-Wert Schluß ist. Hier hilft nur noch
präzises Messen zum richtigen Zeitpunkt und nahe am Prozess.
pH-Wert Messung und pH-Wert-Korrektur in der Maische bezüglich Amylolyse
In der täglichen Praxis gestaltet sich das schwierig. Warum ?
Angenommen du maischt bei 60°C ein und benötigst dazu 10 min. Dann wird weitere 10 min homogensiert und gewartet, bis die Raektionen zur Ausbildung des Maisch-pH-Wertes weitesgehend abgeschlossen sind. Im Anschluß wird eine Probe gezogen und diese 10 min bis zur Messtemperatur abgekühlt. Das erste Ergebnis steht also nach 30 min Maischdauer fest, während die Enzymausstattung der Basismalze längst dafür gesorgt hat, dass die amyolytischen Stoffumsetzungen in weiten Teilen abgeschlossen sind(-> Malzanlayse -> Verzuckerungszeit).
Tritt nun tatsächlich der Fall ein, dass man den pH korrigieren
muss, dann folgt nach der Korrektur, z.B. mit Milchsäure, eine zweite Messung, die ebenfalls wieder einen zeitlichen Versatz bis zur Ergebnisanzeige generiert. Leicht sind bis zur finalen Feststellung 45 min um, in der die ß-Amylase im Temperaturoptimum gewirkt hat.
Mit Blick auf die Rezepturen hier und anderswo sind kaum Rastdauern bei 60-65°C über 45 min zu finden und damit scheidet leider auch die Möglichkeit aus, dass man mit einer pH-Wert-Korrektur in der Maische noch Einfluss auf den Endvergärungsgrad ausüben könnte(ß-Amylase).
Überspitzt ausgedrückt verzockt man sich in dem Glauben, dass man der ß-Amylase mit einer pH-Korrektur in der Maische noch etwas gutes tun könnte. Im Gegenteil zwingt man die a-Amylase in die Knie, die weder mit niederen pH-Werten noch mit dicken Maischen gut zurecht kommt.
Alternativ dazu nimmt man lieber die
Pfannen-Voll-Würze, die
Ausschlagwürze und das
Nachgusswasser aufs Korn. Hier bleibt genug Zeit für eine Messung und ggf. für eine Korrektur. Die in
Bild 01 ausformulierten positiven Effekte stellen sich so ausgeführt ebenfalls ein.
Brauwasser - Enthärtung und kalkulierte pH-Werte für die Maische
Wer sein Brauwasser im Griff hat, kann die Situation wie oben dargestellt ebenfalls entschärfen.
Gerne kommen Rechner zum Einsatz, die zu erwartende pH-Werte für Maischen
vorhersagen. Wer mit der Ergebnislage geschickt hantiert und gerne Milchsäure oder andere Säuren zum Einsatz bringt ist gut beraten, für den Hauptguss(Brauwasser) zunächst nur ca. 80% einer berechneten Menge in Einsatz zu bringen. So bleibt für die Maische im "
Ist" noch ein gewisser Handlungsspielraum und man ist nahe am geplanten, ohne sich jedoch vollständig auf das Rechenwerk verlassen zu müssen.
Fazit
Wer in die pH-Wert-Messung einsteigt und eine erste Orientierung sucht, ist mit einem Zielwert in der Maische von pH 5,6 sehr gut bedient - ganz unabhängig vom Brauwasser. Wer sich erste Gedanken bezüglich "
Spelzenauslaugung" macht, korrigiert in einem ersten Schritt am besten sein Nachgusswasser und erst in einem zweiten Schritt seinen Maische-pH. Für die "
Feinjustierung" steht dann noch die
Pfannen-Voll-Würze und die
Ausschlagwürze auf dem Plan.
Rund um die Amylolyse und mit "
nach unten gezogenenen pH-Werten in der Maische" sollte die a-Amylase nicht aus dem Fokus geraten. Sie verträgt zwar höhere Temperaturen, reagiert aber sensibel auf zu niedere pH-Werte und zu dicke Maischen. Wer höhere Stammwürzen plant und ggf. dicker einmaischt, sollte das auf dem Zettel haben. Der "
Spelzenauslaugungshype" gerät sonst zur Phrase, wenn ich 20 min länger auf die Verzuckerung warten muss.