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Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Montag 12. November 2018, 10:34
von Fert
Hallo zusammen,

ich habe einmal eine Frage zu einem kürzlich von mir gebrauten Imperial Stout. Und zwar habe ich bei der Rezeptentwicklung darauf gehofft, dass der Geschmack eher schokoladig bzw. in Richtung Kaffee geht. Jetzt habe ich am letzten Wochenende nach 3-4 Wochen Kaltreifung aber die erste Flasche probiert und musste feststellen, dass es eher deutlich nach Lakritz schmeckt, was eigentlich gar nicht so mein Fall (und der meiner Frau...) ist. Und jetzt frage ich mich natürlich, wo das her kommt, damit ich es das nächste Mal vermeiden kann.

Hier das Rezept:
Stammwürze: 22 °P
Bittere: 50 IBU

Schüttung:
PiMa: 4,12 kg (51,5 %)
MüMa: 1,2 kg (15 %)
CaraAroma: 0,68 kg (8,5 %)
Haferflocken: 0,68 kg (8,5 %, im Ofen leicht gebräunt)
Gerstenflocken: 0,68 kg (8,5 %, im Ofen leicht gebräunt)
Pale Chocolate Malz: 0,4 kg (5 %)
Röstgerste: 0,24 kg (3 %)

Maischen:
Kombirast bei 68 °C

Kochen: 90 min

Hopfen:
East Kent Goldings, Perle, Fuggle (alles ältere Reste, aber verschlossen im Tiefkühler aufbewahrt)

Hefe:
Wyeast 1728 Scottish Ale (erste Führung, mit Starter)

Vergärt wurde im Keller bei relativ konstanten 19 °C. Ich habe abends angestellt und am nächsten Morgen war die Hefe aktiv. Das Bier war für 3 Wochen im Gäreimer, danach hab ich es mit Zucker in Flaschen abgefüllt und nach 2 Wochen Nächgärung in den Kühlschrank gestellt. Restextrakt lag bei etwa 7,8 °P, scheinbarer Endvergärungsgrad ca. 65 %, Alkoholgehalt etwa 8 Vol.%.


Hat jemand eine Idee, was in diesem Rezept für den lakritzigen Geschmack verantwortlich sein kann? Meine Vermutung ist ja die Hefe (zu warm? zu wenig?) oder irgendwas von den Malzen... Bei meiner bisherigen Recherche kam ich auch darauf, dass es theoretisch durch das Wasser kommen kann, da ich das Problem aber nicht bei all meinen Bieren habe halte ich das für unwahrscheinlich (Wasseranalyse liegt keine vor). Das Bier ist natürlich für ein Stout auch noch verdammt jung, aber ich vermute, dass das kein Geschmack ist, der mit der Zeit verschwindet?

Ich hoffe, dass irgendwer ne Idee hat, was ich das nächste Mal besser machen kann :Wink
Beste Grüße,
Jakob

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Montag 12. November 2018, 10:44
von Johnny H
Ich vermute, das kommt von einer oder mehreren Deiner Röstkomponenten in der Schüttung.

Allerdings ist eine Lakritznote durchaus stiltypisch für manchen sehr dunklen Bierstil (Porter, Stout, tschechisches Dunkel etc.) und wird deswegen auch in den entsprechenden Stilbeschreibungen (z.B. BJCP) an verschiedenen Stellen aufgeführt.

Von daher von meiner Seite Gratulation - manch einer gibt zur Erzeugung dieses Geschmacks sogar Süßholzwurzel oder gleich direkt Lakritze in die Sudpfanne: Schwarzer Winter

Nachtrag: bei einem 22°P-Bier solltest Du darüber hinaus einige Monate Geduld haben! In meiner Erfahrung wird das erst nach mehreren Monaten (mind. 3-4, besser >6) richtig gut.

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Montag 12. November 2018, 10:53
von PabloNop
Ich vermute, es ist die Röstgerste. Ich habe einen ähnlichen Effekt bei einem Dark Impact. Das hat normalerweise Carafa Spezial 2 und Cara Aroma in der Schüttung und eher Kaffeearomen aber keine Lakritze. Ich hatte als Experiment aber einen kleinen Teil des Spezials durch ein Röstmalz/Röstgerste ersetzt (ich glaube es war Röstgerste, müsste aber erst in den Unterlagen nachschauen). Zudem hat der Sud einen nicht ganz so aromatischen Comet, wodurch das Lakritz recht gut durchkommt.

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Montag 12. November 2018, 13:34
von Fert
Danke für eure Einschätzung, das hilft mir schon mal ein wenig weiter. Dann würde ich das nächste Mal die Röstgerste vielleicht erst gegen Ende zugeben, damit sie weniger Geschmack abgibt? Oder durch Röstmalz ersetzen...
Johnny H hat geschrieben: Montag 12. November 2018, 10:44 Allerdings ist eine Lakritznote durchaus stiltypisch für manchen sehr dunklen Bierstil (Porter, Stout, tschechisches Dunkel etc.) und wird deswegen auch in den entsprechenden Stilbeschreibungen (z.B. BJCP) an verschiedenen Stellen aufgeführt.

Von daher von meiner Seite Gratulation - manch einer gibt zur Erzeugung dieses Geschmacks sogar Süßholzwurzel oder gleich direkt Lakritze in die Sudpfanne: Schwarzer Winter
Dass Lakritz stiltypisch sein kann weiß ich, aber es ist trotzdem nicht der Geschmack, den ich gerne in meinem Stout haben wollte :Grübel
Johnny H hat geschrieben: Montag 12. November 2018, 10:44 Nachtrag: bei einem 22°P-Bier solltest Du darüber hinaus einige Monate Geduld haben! In meiner Erfahrung wird das erst nach mehreren Monaten (mind. 3-4, besser >6) richtig gut.
Das war ja auch nur die erste Probierflasche weil ich es nicht mehr ausgehalten habe, der Rest darf noch längere Zeit im Kühlschrank ruhen :Angel

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Donnerstag 15. November 2018, 01:48
von CastleBravo
Wart mal ein paar Monate ab. Bei meinem ersten Stout war ich anfangs sehr enttäuscht später aber umso stärker begeistert.

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Donnerstag 15. November 2018, 09:15
von Johnny H
Bis zu zwei Jahren wird so ein starkes Bier immer besser, wobei das natürlich auch von den Lagerbedingungen abhängt.

Ich vermute, mir sind diesen Sommer, weil es auch im Keller irgendwann recht warm wurde, ein paar Restflaschen Baltic Porter von 2015 umgekippt, d.h. autolysiert, und ein paar Baltic Porter aus Polen, die ich vermutlich Anfang 2016 gekauft habe, sind auch nicht mehr so dolle.

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Donnerstag 15. November 2018, 12:31
von Fert
Ich plane schon es eine ganze Zeit noch stehen zu lassen, aber ich vermute, dass sich der Geschmack auch durch Lagerung nicht von Lakritz in Richtung Schokolade verschieben wird? Ansonsten hat das Bier sicherlich Potential - wenn man auf Lakritz steht :crying

Ich habe letztes Jahr schon Mal ein Old Ale gebraut, angelehnt an folgendes Rezept: Amazon Old Ale. Das hatte ebenfalls einen deutlichen Lakritzgeschmack, was ich auf den verwendeten Black Treacle Sirup geschoben habe. Allerdings habe ich das Bier ebenfalls mit der Scottish Ale Hefe vergoren und hatte Probleme mit meinem Starter (Magnetrührer hat versehentlich geheizt, sodass der Großteil der Hefen tot war und ich habs zu spät kapiert :Ahh ) - die Gärung ist deshalb erst nach einigen Tagen sichtbar angesprungen. Deshalb überlege ich jetzt, ob der Lakritzgeschmack (teilweise) vielleicht doch durch die verwendete Hefe (bzw. falsche Führung) kommen kann. Bei meiner bisherigen Recherche habe ich Aussagen gefunden, dass Lakritzgeschmack durch irgendwelche Phenole entstehen kann...

Johnny H hat geschrieben: Donnerstag 15. November 2018, 09:15 Ich vermute, mir sind diesen Sommer, weil es auch im Keller irgendwann recht warm wurde, ein paar Restflaschen Baltic Porter von 2015 umgekippt, d.h. autolysiert, und ein paar Baltic Porter aus Polen, die ich vermutlich Anfang 2016 gekauft habe, sind auch nicht mehr so dolle.
Das ist natürlich ärgerlich! Mein Bier steht derzeit im Kühlschrank, aber ob ich für so lange Zeit da den Platz habe bin ich mir unsicher, es kommt schließlich auch immer wieder Nachschub :Drink


Edit: Um den Thread nochmal in eine andere Richtung zu lenken: Hat jemand Verbessungsvorschläge für obiges Rezept, damit der nächste Durchlauf deutlich schokoladig wird (am liebsten ohne die Verwendung von Kakaonibs)?

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Donnerstag 15. November 2018, 13:06
von Johnny H
Fert hat geschrieben: Donnerstag 15. November 2018, 12:31 [...]
Ich habe letztes Jahr schon Mal ein Old Ale gebraut, angelehnt an folgendes Rezept: Amazon Old Ale. Das hatte ebenfalls einen deutlichen Lakritzgeschmack, was ich auf den verwendeten Black Treacle Sirup geschoben habe. Allerdings habe ich das Bier ebenfalls mit der Scottish Ale Hefe vergoren und hatte Probleme mit meinem Starter (Magnetrührer hat versehentlich geheizt, sodass der Großteil der Hefen tot war und ich habs zu spät kapiert :Ahh ) - die Gärung ist deshalb erst nach einigen Tagen sichtbar angesprungen. Deshalb überlege ich jetzt, ob der Lakritzgeschmack (teilweise) vielleicht doch durch die verwendete Hefe (bzw. falsche Führung) kommen kann. Bei meiner bisherigen Recherche habe ich Aussagen gefunden, dass Lakritzgeschmack durch irgendwelche Phenole entstehen kann...
[...]
Möglich ist natürlich, dass die Hefe bestimmte Geschmackseindrücke verstärkt bzw. unter bestimmten Umständen phenolische Komponenten produziert. Letzteres hatte ich auch schon in einem Englischen Ale mit der Wyeast1968. Ich habe das damals auf den Sommer und evtl. zu hohe Gärtemperaturen geschoben. Es trat danach auch nicht wieder auf. Vielleicht handelt es sich ja tatsächlich um Phenole, die in Kombination mit den Röstkomponenten dieses Lakritzaroma suggerieren?

Auf homebrewtalk finden sich auch ein paar Threads zu unerwünschten Lakritzaromen. Oft, aber nicht immer handelt es sich dabei auch um dunkle Biere.

Der typische Lakritzgeschmack soll wohl von Glycyrrhizin kommen. Die Verbindung ist mir bisher noch nicht untergekommen.

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Donnerstag 15. November 2018, 15:37
von HrXXLight
Werf doch nochmal Brettanomycen rein und Whisky getränkte Eichenchips

Re: Imperial Stout - Lakritzgeschmack?

Verfasst: Donnerstag 15. November 2018, 21:33
von Fert
Ein Stout mit Brett steht definitiv auch noch auf meiner to brew-Liste, allerdings ist das jetzt leider schon auf Flaschen abgefüllt. Außerdem sind meine zwei Mixed Fermentation Behälter derzeit sowieso belegt...
Und versteht mich nicht falsch, ich glaube das Bier wird schon gut, nur halt nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt habe.