Hobbybrauer.de

Hallo zusammen,

ich habe eine ungewöhnliche Frage:

Normal wird DMS ja beim Kochen ausgetrieben. Zusätzlich kann es in der HG durch die Hefe ggf. verstoffwechselt werden.
In NG bzw. Reifung (sofern man nicht andere Hefe nachimpft) kann es doch eigentlich nicht mehr weniger werden, oder?

Ich habe nämlich Folgenden Fall: Ich habe am 05.07.2018 Michas OG Märzen gebraut. Aufgrund von Zeitstress und ungeplanten Komplikationen ging mir am Ende die Zeit aus, so dass das Bier viel zu kurz gekocht hat. "Na toll" hab ich gedacht - das wird ein Maisbier. Das muss ja vor DMS strotzen. Egal - gären lassen, abgefüllt, reifen lassen. Probiert. Bah Pfui! Dosenmais par Excellence.
Da ich ja wusste, dass es nach DMS schmecken muss, habe ich einen Bieraffinen Freund um eine zweite Meinung gebeten (Ohne ihm zu sagen, was ich schmecke). Ihm hat es geschmeckt - ein "komischer Geschmack" wär aber da. Ich bin dann die Braufehler-Liste aus dem Wiki durchgegangen und bei "Gemüse, Dosenmais" hat er direkt gesagt "Ja, das ist es."

Okay, also hab ich es mir nicht eingebildet.

Das Bier hab ich dann Stück für Stück an Freunde verfüttert, denen das dennoch geschmeckt hat. Ich konnte es partout nicht trinken. (Ja, hab immer mal wieder probiert). Jetzt hab ich es seit längerem in einer hinteren Ecke meines Kühlschranks stehen und habe gestern mal "aus Versehen" eine Flasche davon gegriffen und eingeschüttet. Nanu, sieht gar nicht aus wie ein Pils. Egal, eingeschenkt ist eingeschenkt. Probiert - Kein Dosenmais. Sehr leckeres, ausgewogenes Bier. Traumhaft.
Zur Sicherheit nochmal im KBH geschaut, ob es noch ein anderes Bier sein könnte, das ich aus meinem Gedächtnis verdrängt hatte - Nein, muss das OG Märzen sein. Farbe und sonstiger Geschmack passt auch. Nur der Dosenmais fehlt.

Also: Kann es sein, dass sich das rausgelagert hat?

Die Zeit heilt so manche Wunde, warum nicht auch DMS, das man versehentlich eingefangen bzw. eingebraut hat? Halte ich für nicht unwahrscheinlich.

Generell finde ich, dass selbst ein Frischeprodukt wie viele Biere mit der Zeit nur noch besser werden, egal ob das Klarheit oder generell "Geschmack" betrifft. Das einzige, das ich bei meinen paar Versuchen noch nicht hinbekam: zuviel Bitterhopfen lagert sich nicht aus, auch nach zwei Jahren ist mein Urteil stets: zu bitter.

Ich führe nicht nur ein Braubuch mit den obligatorischen Angaben, es werden auch die Verkostungsnotizen darin vermerkt. Hole ich nun einen Jährling oder Zweijährling aus dem lichtarmen Schrank im Keller, verkoste ich das Bier zuerst und sehe dann in die Notizen (damit ich mich nicht selbst beeinflusse). Meist kann ich die Eindrücke bestätigen, die bereits beim Verkosten der noch frischen Flaschen entstanden sind. Manchmal jedoch hat sich dies oder jenes doch leicht bis stark (positiv) verändert. Ausreißer nach unten hatte ich zwar auch schon, aber bislang waren fast alle Zweijährlinge zumindest nicht schlechter, als im Protokoll fürs Frischbier vermerkt.

Fazit: wenn ein Selbstbräu partout nicht schmecken will, einfach mal drei Monate stehen lassen, lichtarm und nicht allzu warm. Das könnte helfen, so manchen vermeintlichen Fehlversuch vor dem Kanal zu bewahren. Ich jedenfalls kippe nur ganz selten mal was weg, vom Selbstbräu bislang noch keins (mit Ausnahme eines Kit-Versuchs, der wirklich und gründlich misslang).
Achim

Bitterstoffe bauen sich mit der Zeit definitiv ab, das kann man auch messen. DMS hatte ich zum Glück noch nie im Bier, das baut sich aber so viel ich gehört habe kaum bis gar nicht ab. Was soll da auch schon groß damit passieren? Unter stark oxidativen Bedingungen kann es zu DMSO oder gar Dimethylsulfon oxidieren, aber da wäre dann auch der Rest vom Bier durchoxidiert und ungenießbar.
Mehr zum Thema :
https://braumagazin.de/article/bierfehl ... ulfid-dms/

Stefan

Erstmal Danke euch beiden!

Boludo hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 23:50 DMS hatte ich zum Glück noch nie im Bier, das baut sich aber so viel ich gehört habe kaum bis gar nicht ab. Was soll da auch schon groß damit passieren?

Genau auf dem Stand war ich auch, daher auch meine (verwunderte) Anfrage.

https://braumagazin.de/article/bierfehl ... ulfid-dms/

Den Artikel kenne ich. Hier wird z.B. geschrieben:

Neben der unterdrückten Bildung aus DMSO trägt eine intensive Gärung nämlich auch zu einer effektiven CO2-Wäsche des Jungbiers bei. So kann DMS besonders in warmen Obergärungen selbst bei ungünstigem Gehalt in der Ausschlagwürze häufig noch unter den Schwellenwert reduziert werden.

D.h. ein "auswaschen" kann stattfinden - das hätte jedoch während der HG stattfinden müssen, bei der Reifung kann ja nichts mehr ausgewaschen werden.

afri hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 22:59 Die Zeit heilt so manche Wunde, warum nicht auch DMS, das man versehentlich eingefangen bzw. eingebraut hat? Halte ich für nicht unwahrscheinlich.

Ja, warum nicht, aber warum sollte es? Es gibt keine bekannte Reaktion, die das erklären würde. Wie Stefan geschrieben hat: Für Aroma und Bitterstoffe ist das erwiesen, für DMS nicht. Das genaue Gegenteil habe ich jedoch auch nirgends gelesen.

Generell finde ich, dass selbst ein Frischeprodukt wie viele Biere mit der Zeit nur noch besser werden, egal ob das Klarheit oder generell "Geschmack" betrifft.

Darüber kann man sich streiten. Irgendwann beginnt auch die Alterung einzusetzen

Ich führe nicht nur ein Braubuch mit den obligatorischen Angaben, es werden auch die Verkostungsnotizen darin vermerkt.

Ich auch, bietet der KBH ja zum Glück in der neuesten Version.

Fazit: wenn ein Selbstbräu partout nicht schmecken will, einfach mal drei Monate stehen lassen, lichtarm und nicht allzu warm.

Das werde ich nach meinen jetzigen Erfahrungen auch machen.

Eine Antwort habe ich bislang übrigens auch noch nicht gefunden.