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IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 20:08
von negme
Liebes Forum,

habe wieder einmal ein IPA (75% Pale, 20% Münchner, 5% Cara extrahell, 15°SW, 60 IBU, gehopft mit Chinook, Cascade und Citra) gebraut.

Abgesehen davon, dass mir die Kombrast ein wenig hoch (69 Grad) ausgefallen ist und ich darum eine relativ hohe Restsüße (5°P) bekommen hab, ist der Brauvorgang relativ unspektakulär verlaufen. Hab dann noch mit 8g/l Cascade und Citra gestopft, eigentlich perfekt.

Nun hab ich das Bier aber abgefüllt und optisch und geschmacklich passts einfach nicht. Erstens ist das Bier enorm trüb, obwohl es das bei der Schüttung eigentlich nicht sein sollte. Zweitens ist es geschmacklich irgendwie off. Ich kanns nur schwer beschreiben. Es ist nicht fruchtig, hopfig und bitter, wie ich es mir vorstelle, sondern einfach nur leicht süßlich. Außerdem riecht es, wie ganz frische Erdbeeren, leicht säuerlich. Sauer schmecken tut es aber gar nicht.

Kennt jemand dieses Phänomen? Meint ihr, ich hab mir eine Infektion eingefangen?

Beste Grüße und schonmal danke!

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 20:52
von Unbewegter Beweger
Hi,
du hast jetzt die Hefe und die Gärtemperatur nicht genannt. Die Notti macht bei höheren Gärtemperaturen wohl Erdbeeraromen. Da gäbs auch schon ziemlich viel Info drüber im Forum.
Liebe Grüße, Sven

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 20:58
von negme
Ah, guter Hinweis! Es war Notti, Gärtemperatur war 18 Grad, also nicht extrem hoch. Auch die ungewöhnliche Trübung würde das nicht erklären...

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 21:09
von Unbewegter Beweger
...nein bei 18 Grad noch nicht und sedimentieren tut die ja auch gut...

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 21:21
von gulp
negme hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2019, 20:58 Ah, guter Hinweis! Es war Notti, Gärtemperatur war 18 Grad, also nicht extrem hoch. Auch die ungewöhnliche Trübung würde das nicht erklären...
Hmm, dann war die RAUMtemperatur bei ~ 15°und die Temperatur der Würze beim Anstellen?

Gruß
Peter

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 21:36
von negme
Ich kontrollier die Temperatur in einem alten Gefrierschrank mit Fühler direkt am Edelstahlfass anliegend. Eingestellt war zwischen 17 und 19 Grad. Würze beim Anstellen war um die 21°C, als die Gärung eingesetzt hat wars aber eben zwischen 17 und 19.

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 22:03
von marsabba
Zu warm vergorene Notti hat tatsächlich ein Erdbeeraroma. Vielleicht ist das die richtige Spur.
Die meisten Fehlaromen entstehen leider genau in den ersten 24-36 Stunden, wenn die Hefe sich ordentlich vermehrt und noch nicht auf "Gärung" umgeschalten hat. Aber 21 Grad ist eigentlich nicht so schrecklich hoch.
Kann es sein, das dein Temperaturfühler keinen richtigen Kontakt mit dem Fass hatte, und deswegen die temperatur doch höher als 21 Grad wurde ?

Grüße
Martin

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Mittwoch 27. März 2019, 22:11
von Malzmagen
negme hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2019, 20:08 ...Hab dann noch mit 8g/l Cascade und Citra gestopft...

Kennt jemand dieses Phänomen? Meint ihr, ich hab mir eine Infektion eingefangen?
Ist das Erdbeeraroma ein bisschen Joghurtartig? Ich assoziire Oxidiertes IPA immer mit Campino Erdbeer-Sahne Bonbons.
Könnte am stopfen liegen. Wie gehst du dabei vor?

Gruß
MM

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 08:31
von heizungsrohr
Die Trübung kommt höchstwahrscheinlich vom Stopfen mit aberwitzigen 8g/l. Die gelösten Gerbsstoffe waren glaube ich die Ursache.
Bleibt da überhaupt noch Bier übrig nach dem quellen der Pellets?

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 08:51
von Snowman
Hallo,

ich kenne das Erdbeeraroma auch von der Notti und deswegen tippe ich (wie die Vorschreiber) auf ein Aroma, das von der Hefe herrührt.
Mit einer höheren Temperatur anstellen und dann runter gehen mag die Hefe nicht. Gerade in den ersten 24h dankt sie das einem mit höheren Alkoholen und Estern, die man meist leider dauerhaft im Bier behält.
Außer der Temperatur kann man die Hefe aber auch anderweitig stressen. Stichworte: Anstellrate? Rehydieren?

Lösungsvorschlag: Abwarten und hoffen, dass es Jungbukett-Stoffe sind, die sich mit der Reifungszeit abbauen.
Einfach mal abwarten und jede Woche 1-2 Fläschchen zum testen trinken!

LG Björn

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 11:51
von negme
marsabba hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2019, 22:03 Zu warm vergorene Notti hat tatsächlich ein Erdbeeraroma. Vielleicht ist das die richtige Spur.
Die meisten Fehlaromen entstehen leider genau in den ersten 24-36 Stunden, wenn die Hefe sich ordentlich vermehrt und noch nicht auf "Gärung" umgeschalten hat. Aber 21 Grad ist eigentlich nicht so schrecklich hoch.
Kann es sein, das dein Temperaturfühler keinen richtigen Kontakt mit dem Fass hatte, und deswegen die temperatur doch höher als 21 Grad wurde ?
Grüße
Martin
Das mit der Temperatur schließe ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus, da es auch im Keller, wo der Gefrierschrank steht, eher kühl war. Fühler drücke ich mit einem Schwamm recht fest an das Fass, da passiert normalerweise nichts...

heizungsrohr hat geschrieben: Donnerstag 28. März 2019, 08:31 Die Trübung kommt höchstwahrscheinlich vom Stopfen mit aberwitzigen 8g/l. Die gelösten Gerbsstoffe waren glaube ich die Ursache.
Bleibt da überhaupt noch Bier übrig nach dem quellen der Pellets?

8g/l find ich jetzt keine übertriebene Stopfmenge für ein ordentliches IPA. Hatte auch schon mehrere Biere so gestopft, die glasklar waren.
Malzmagen hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2019, 22:11
Ist das Erdbeeraroma ein bisschen Joghurtartig? Ich assoziire Oxidiertes IPA immer mit Campino Erdbeer-Sahne Bonbons.
Könnte am stopfen liegen. Wie gehst du dabei vor?
Oxidation halt ich auch eher für unwahrscheinlich. Die glaub ich mittlerweile recht gut erkennen zu können und das Bier ist auch noch relativ frisch dafür. Hab diesmal mit Edelstahlfilter gestopft, der war aber eigentlich abgekocht.
Snowman hat geschrieben: Donnerstag 28. März 2019, 08:51 Hallo,

ich kenne das Erdbeeraroma auch von der Notti und deswegen tippe ich (wie die Vorschreiber) auf ein Aroma, das von der Hefe herrührt.
Mit einer höheren Temperatur anstellen und dann runter gehen mag die Hefe nicht. Gerade in den ersten 24h dankt sie das einem mit höheren Alkoholen und Estern, die man meist leider dauerhaft im Bier behält.
Außer der Temperatur kann man die Hefe aber auch anderweitig stressen. Stichworte: Anstellrate? Rehydieren?

Lösungsvorschlag: Abwarten und hoffen, dass es Jungbukett-Stoffe sind, die sich mit der Reifungszeit abbauen.
Einfach mal abwarten und jede Woche 1-2 Fläschchen zum testen trinken!

LG Björn
Mehr als abwarten kann ich aktuell eh nicht machen...

Naja, danke jedenfalls an alle!

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 13:51
von flying
Erdbeeraroma besteht aus einer Kombination von über 300 Naturstoffen. 12 davon können sensorisch wahrgenommen werden. Als Leitsubstanz gilt das 4-Hydroxy-2,5-dimethyl-3(2H)-furanon (Ananas- Keton). Entfernt man es, wird das Aroma nicht mehr als erdbeerartig wahrgenommen.
4-Hydroxy-2,5-dimethyl-3(2H)-furanon (HDMF) entsteht auch bei der Erhitzung von Zuckerstoffen (Maillardreaktion). Weiterhin können einige Hefen und Bakterien Maillardprodukte in HDMF umwandelt.

In der Industrie wird HDMF als Aromastoff (Furaneol®) eingesetzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Furaneol

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 15:15
von Snowman
Super Info! Damit kann ich nachträglich einen Sud (Stout) besser einordnen.
Kannst du uns darüber berichten, zu welchem Zeitpunkt dann solche Maillard-Umbau-Aromen schmeckbat werden? Während der Hauptgärung oder erst bei Reifung/Lagerung?
Björn

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 16:57
von flying
Maillardreaktionen sind so vielfältig, dass sie immer noch nicht vollständig erforscht sind. HDMF kann durch die Maillardreaktion leicht aus Deoxy-Zuckern entstehen, vermutlich aus Rhamnose. Rhamnose kommt in Getreide und Malzprodukten kaum vor, wohl aber im Hopfen. Besonders wenn er nicht mehr ganz sooo frisch ist.

Ich tippe hier auf eine Kombination aus mehreren Faktoren. Nicht mehr ganz taufrischer Hopfen der Big Bag- weise( :Wink ) eingesetzt wurde, eine trickreiche Hefe die möglicherweise durch irgendwelche Stoffwechseltricks an den Hopfen- Schleimzuckern herumgeknabbert hat und oxidative Maillardreaktionen.

Das alles im extrem geringen Bereich aber die Wahrnehmungsschwelle von HDMF liegt im nasalen Bereich bei 30 Mikrogramm per Liter. Das ist halt wie der Mückenschiss im Ententümpel..

Re: IPA trüb, seltsamer Geruch nach Erdbeeren

Verfasst: Donnerstag 28. März 2019, 17:02
von Boludo
negme hat geschrieben: Donnerstag 28. März 2019, 11:51
Das mit der Temperatur schließe ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus, da es auch im Keller, wo der Gefrierschrank steht, eher kühl war. Fühler drücke ich mit einem Schwamm recht fest an das Fass, da passiert normalerweise nichts...
Du hast doch geschrieben, dass du deutlich wärmer angestellt hast. Und in der Phase entsteht die Erdbeere.

Stefan