15 hl auf historischer Anlage
Verfasst: Sonntag 30. August 2020, 20:55
Guten Abend,
ich hatte gestern Gelegenheit, in der Brauerei Vielau einen Sud "Vielauer Dunkel", ein süffiges, nicht ganz schwarzes Schwarzbier, mitzubrauen. Das ganze auf einer Anlage aus der Vorkriegszeit mit all den Dingen, die man nur noch aus alten Lehrbüchern kennt. Zwar war ich "nur" als Brauhelfer für niedere Tätigkeiten dabei, trotzdem wird das ein unvergessliches Erlebnis bleiben!
06:00 Wir starten. Der Heizer hat schon am Vorabend die 15 hl Hauptguss auf Temperatur gebracht, jetzt hat die Pfanne 55 °C. Das schafft er nur mit viel Erfahrung.
Die Pfeile im Bild markieren eine Rohrschlange durch den Brennraum, über die mittels Schwerkraft das Nachgusswasser erwärmt wird. Einfach aber wirkungsvoll.
Wir maischen ein, kapp 300 kg Malz plus 8 kg Röstmalz für 15hl Vollbier, sehr großzügig. Hier die Braupfanne - alles aus schwarzem Stahl gefertigt. Gefeuert wird mit Holz.
Das Rührwerk wird händisch unterstützt, keine Klumpen bilden!
Nun fahren wir eine ganz normale Infusion mit 10'/53°C, 50' 64°C und 40' 72°C. Der Biersieder trifft die Temperaturen auf 1/10 genau. Respekt!
Zeit für ein ausgiebiges Frühstück, erstmal nur mit Kaffee - der Tag wird schließlich noch lang.
Dann reinigen wir den ebenfalls aus schwarzem Stahl bestehenden Läuterbottich und setzen den Läuterboden ein. Letzterer besteht aus Edelstahl und musste neu beschafft werden, nachdem sich der Original - Messingboden in einer wohl nicht ganz kompetenten Galvanikwerkstatt buchstäblich aufgelöst hatte. Shit happens. Nachdem wir ganz lehrbuchmäßig ca. 2hl Wasser vorgelegt haben, stechen wir die Pfanne ab. Das Prallblech soll die Maische gleichmäßig im Bottich verteilen. Sauerstoffeintrag ist kein Thema.
Der Läutergrand ist auch nicht mehr original, dafür aber die Pumpe im Hintergrund. Diese wird wirklich noch per Transmission angetrieben und möchte vor dem Pumpen bitte auch noch angefüllt werden. Aber gerne doch.
Die Würze kommt zurück in die inzwischen ausgespülte Pfanne, auch hier spielt Sauerstoff keine Rolle.
Nun gibt es die erste Läuterhalbe. Ich trinke "Rubin" ein kupferrotes, kaltgehopftes Ale, das sehr lecker und süffig ist.
Das Läutern vollzieht sich schmerzfrei und ohne Zuhilfenahme des Hackwerks. Das wir nur von 4 Schraubpressungen gehalten (siehe Bilder oben) - nicht ausreichend für 400 kg Treber. Zu meiner Verwunderung wurde es auch 2 cm über dem Läuterboden eingestellt. Muss das so?
Anstrengender war dann das Austrebern und Reinigen des Läuterbottichs. Hier wird klar, warum die Brauerei mit 3-4 freiwilligen Helfern braut. Mit Eimern schaffen wir den Treber nach draußen.
Nach einer Kochzeit von 1h und einer einzigen Würzegabe von 1,3 kg Magnum zu Kochbeginn schlagen wir aus - zunächst wieder in den Läuterbottich. Wir werden die vorhin erwähnte Pumpe brauchen, um die Würze auf das Kühlschiff zu bringen.
Vorher nutzen wir aber das Hackwerk, um im Läuterbottich einen Whirlpool zu erzeugen: Per Pumpe geht es nun auf das Kühlschiff, das wir vorher natürlich ordentlich geschrubbt hatten.
Der Whirlpool hat trotz des Hackwerks sogar ganz gut funktioniert.
Es ist inzwischen 15:30 geworden.
Während des Verweilens auf dem Kühlschiff, desinfizieren wir den Berieselungskühler. Dieser hat eine neue Kaltwassereinspeisung bekommen, die heute Premiere feiert. Leider nicht ganz erfolgreich, aber das führt hier zu weit. Grundsätzlich ist so ein Berieselungskühler ein sehr schönes und sinnvolles Teil. Sehr effektiv, belüftet die Würze sehr gut und es sieht wirklich herrlich aus, wenn sich die Würze wie ein Ölfilm darüber schiebt.
Vorher musste der Brauhelfer mit den weißen Gummistifeln noch den Gärbottich schrubben & desinfizieren. Eine zusätzliche Sporteinheit für mich.
Bei ca. halbvollem Bottich wurde die Hefe "aufgezogen" (naja) und gegeben. 10l feinste dickbreiige Brauereihefe für 15 hl. Etwas knapp, aber die Anstelltemperatur beträgt 15°C. Ich will nicht reinreden, schliesslich verkauft sich das Bier gut und das ist ja wohl ausschlaggebend.
Entsprechend kommt die Hefe auch praktisch sofort an: Um 19:30 beenden wir den Tag mit einem Abendbrot und einem Scheidebecher. Ich werde zuhause nur noch ins Bett fallen.
....
Es gäbe noch so viele Bilder und Eindrücke, hier z.B. nochmal ein Teil der Transmission: Fazit: Das sollte man mal erlebt haben. Ein rundum gelungener Tag mit schönen Gesprächen und der Demut vor dem Erfindungsreichtum der Vorfahren. Da sage ich als völlig konfessionsloser Mensch sehr gern: "Gott gebe Glück und Segen drein!"
Beste Grüße
Tino
ich hatte gestern Gelegenheit, in der Brauerei Vielau einen Sud "Vielauer Dunkel", ein süffiges, nicht ganz schwarzes Schwarzbier, mitzubrauen. Das ganze auf einer Anlage aus der Vorkriegszeit mit all den Dingen, die man nur noch aus alten Lehrbüchern kennt. Zwar war ich "nur" als Brauhelfer für niedere Tätigkeiten dabei, trotzdem wird das ein unvergessliches Erlebnis bleiben!
06:00 Wir starten. Der Heizer hat schon am Vorabend die 15 hl Hauptguss auf Temperatur gebracht, jetzt hat die Pfanne 55 °C. Das schafft er nur mit viel Erfahrung.
Die Pfeile im Bild markieren eine Rohrschlange durch den Brennraum, über die mittels Schwerkraft das Nachgusswasser erwärmt wird. Einfach aber wirkungsvoll.
Wir maischen ein, kapp 300 kg Malz plus 8 kg Röstmalz für 15hl Vollbier, sehr großzügig. Hier die Braupfanne - alles aus schwarzem Stahl gefertigt. Gefeuert wird mit Holz.
Das Rührwerk wird händisch unterstützt, keine Klumpen bilden!
Nun fahren wir eine ganz normale Infusion mit 10'/53°C, 50' 64°C und 40' 72°C. Der Biersieder trifft die Temperaturen auf 1/10 genau. Respekt!
Zeit für ein ausgiebiges Frühstück, erstmal nur mit Kaffee - der Tag wird schließlich noch lang.
Dann reinigen wir den ebenfalls aus schwarzem Stahl bestehenden Läuterbottich und setzen den Läuterboden ein. Letzterer besteht aus Edelstahl und musste neu beschafft werden, nachdem sich der Original - Messingboden in einer wohl nicht ganz kompetenten Galvanikwerkstatt buchstäblich aufgelöst hatte. Shit happens. Nachdem wir ganz lehrbuchmäßig ca. 2hl Wasser vorgelegt haben, stechen wir die Pfanne ab. Das Prallblech soll die Maische gleichmäßig im Bottich verteilen. Sauerstoffeintrag ist kein Thema.
Der Läutergrand ist auch nicht mehr original, dafür aber die Pumpe im Hintergrund. Diese wird wirklich noch per Transmission angetrieben und möchte vor dem Pumpen bitte auch noch angefüllt werden. Aber gerne doch.
Die Würze kommt zurück in die inzwischen ausgespülte Pfanne, auch hier spielt Sauerstoff keine Rolle.
Nun gibt es die erste Läuterhalbe. Ich trinke "Rubin" ein kupferrotes, kaltgehopftes Ale, das sehr lecker und süffig ist.
Das Läutern vollzieht sich schmerzfrei und ohne Zuhilfenahme des Hackwerks. Das wir nur von 4 Schraubpressungen gehalten (siehe Bilder oben) - nicht ausreichend für 400 kg Treber. Zu meiner Verwunderung wurde es auch 2 cm über dem Läuterboden eingestellt. Muss das so?
Anstrengender war dann das Austrebern und Reinigen des Läuterbottichs. Hier wird klar, warum die Brauerei mit 3-4 freiwilligen Helfern braut. Mit Eimern schaffen wir den Treber nach draußen.
Nach einer Kochzeit von 1h und einer einzigen Würzegabe von 1,3 kg Magnum zu Kochbeginn schlagen wir aus - zunächst wieder in den Läuterbottich. Wir werden die vorhin erwähnte Pumpe brauchen, um die Würze auf das Kühlschiff zu bringen.
Vorher nutzen wir aber das Hackwerk, um im Läuterbottich einen Whirlpool zu erzeugen: Per Pumpe geht es nun auf das Kühlschiff, das wir vorher natürlich ordentlich geschrubbt hatten.
Der Whirlpool hat trotz des Hackwerks sogar ganz gut funktioniert.
Es ist inzwischen 15:30 geworden.
Während des Verweilens auf dem Kühlschiff, desinfizieren wir den Berieselungskühler. Dieser hat eine neue Kaltwassereinspeisung bekommen, die heute Premiere feiert. Leider nicht ganz erfolgreich, aber das führt hier zu weit. Grundsätzlich ist so ein Berieselungskühler ein sehr schönes und sinnvolles Teil. Sehr effektiv, belüftet die Würze sehr gut und es sieht wirklich herrlich aus, wenn sich die Würze wie ein Ölfilm darüber schiebt.
Vorher musste der Brauhelfer mit den weißen Gummistifeln noch den Gärbottich schrubben & desinfizieren. Eine zusätzliche Sporteinheit für mich.
Bei ca. halbvollem Bottich wurde die Hefe "aufgezogen" (naja) und gegeben. 10l feinste dickbreiige Brauereihefe für 15 hl. Etwas knapp, aber die Anstelltemperatur beträgt 15°C. Ich will nicht reinreden, schliesslich verkauft sich das Bier gut und das ist ja wohl ausschlaggebend.
Entsprechend kommt die Hefe auch praktisch sofort an: Um 19:30 beenden wir den Tag mit einem Abendbrot und einem Scheidebecher. Ich werde zuhause nur noch ins Bett fallen.
....
Es gäbe noch so viele Bilder und Eindrücke, hier z.B. nochmal ein Teil der Transmission: Fazit: Das sollte man mal erlebt haben. Ein rundum gelungener Tag mit schönen Gesprächen und der Demut vor dem Erfindungsreichtum der Vorfahren. Da sage ich als völlig konfessionsloser Mensch sehr gern: "Gott gebe Glück und Segen drein!"
Beste Grüße
Tino