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Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 14:07
von stemps
Hallo allerseits,

Verständnisfrage: man liest und hört oft dass man sich beim Einmaischen Zeit lassen soll und das Malz nur langsam und unter viel Rühren ins Wasser rieseln lasen soll, damit keine Klumpen entstehen.

Dabei sorge ich mich aber etwas um die Temperatur, insbesondere bei einer Rasttemperatur die am oberen Ende der Komfortzone der Beta-Amylase liegt. Wenn ich z.B. bei ca. 75 Grad einmaische um am Ende bei 69 Grad Rasttemperatur für Bier mit viel Körper zu landen und mir dabei viel Zeit nehme, dann verbringt ja ein Großteil meiner Schüttung mehrere Minuten bei über 70 Grad und damit in dem Bereich in der die Beta-Amylase denaturiert.

Sollte ich nicht besser schnell einschütten, damit das ganze Volumen möglichst schnell auf die 69 Grad runterkommt und dann ein bisschen mehr Zeit damit verbringen eventuelle Klumpen am Topfrand plattzudrücken? Verstehe ich hier etwas falsch? Oder ist die Beta-Amylase robuster als ich es mir vorstelle? Wie seht ihr das?

Gruß,
Simon

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 14:48
von DerDerDasBierBraut
Die Rasttemperatur mit der Mischtemperatur von Hauptguss und Malz zu treffen hat bei mir noch nie funktioniert. Ein idealisierter Mythos von den Bottichmaischern, meiner Meinung nach.

Maische einfach langsam bei der Rasttemperatur ein und heize dann etwas nach. Das funktioniert immer.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 15:12
von stemps
DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 14:48 Die Rasttemperatur mit der Mischtemperatur von Hauptguss und Malz zu treffen hat bei mir noch nie funktioniert. Ein idealisierter Mythos von den Bottichmaischern, meiner Meinung nach.
Hi Jens,

was funktioniert daran bei dir nicht? Triffst du die Zieltemperatur nicht? Ich habe immer die Temperaturen gewählt wie sie mir BeerSmith vorgeschlagen hat und habe damit bisher immer punktgenau die Temperatur getroffen. Ich habe zugegebenermassen erst 4 Sude mit BeerSmith gemacht. Da dem ganzen aber eine einfache physikalische Formel zugrunde liegt, würde ich aber mal nicht davon ausgehen dass sich das ändert.

Gruß,
Simon

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 15:18
von DerDerDasBierBraut
stemps hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 15:12 was funktioniert daran bei dir nicht? Triffst du die Zieltemperatur nicht?
Ich vertraue der Physik zu 100%. Aber mein Malz scheint keine nennenswerte Wärmekapazität zu besitzen. Egal nach welchem Rechner ... Die effektive Temperatur war immer wärmer als die errechnete Mischtemperatur.
Ist mir aber auch egal. Ich mache den "Unfug" :Ätsch schon lange nicht mehr und heize während des Einmaischens lieber ein paar Grad nach. Das dauert auch nicht länger und stimmt auf den Punkt.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 15:23
von §11
Also mein Einmaischen dauert vielleicht 3 Minuten. Malz rein, umrühren und gut. Klumpen bilden sich da eigentlich keine. Alledings maische ich im BM ja eher dünn ein.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 15:38
von guenter
Ich kann die Erfahrung von Jens bestätigen. Auch bei mir sinkt die Temperatur kaum. Fazit: besser eigene Erfahrungen mit deiner Anlage sammeln als sich fix auf Faustformeln verlassen.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 15:50
von Commander8x
stemps hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 14:07 mehrere Minuten bei über 70 Grad und damit in dem Bereich in der die Beta-Amylase denaturiert.
Amylasen denaturieren erst bei ~80°C. Darunter sind sie nur weniger aktiv als an ihrem Temperatur-Optimum.

Gruß Matthias

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 16:27
von flatflo
DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 14:48 Die Rasttemperatur mit der Mischtemperatur von Hauptguss und Malz zu treffen hat bei mir noch nie funktioniert. Ein idealisierter Mythos von den Bottichmaischern, meiner Meinung nach.

Maische einfach langsam bei der Rasttemperatur ein und heize dann etwas nach. Das funktioniert immer.
Das klingt gut (zu wissen). Bei mir hat das letztens auch gar nicht geklappt das sich die Temperatur weit genug gesenkt hätte. Gehe dann das nächste mal gleich auf Rasttemperatur und gut ist.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 16:30
von Boludo
Commander8x hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 15:50
stemps hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 14:07 mehrere Minuten bei über 70 Grad und damit in dem Bereich in der die Beta-Amylase denaturiert.
Amylasen denaturieren erst bei ~80°C. Darunter sind sie nur weniger aktiv als an ihrem Temperatur-Optimum.

Gruß Matthias
Bist du dir sicher? Man liest eigentlich überall, dass die Betaamylase bereits bei 70°C denaturieriert und selbst bei normaler Maltoserast nach einer Stunde nicht mehr viel davon übrig ist.
Die 80°C werden immer für die Alphaamylase genannt.

Zum anderen Thema : In meiner Bottichmaischezeit hab ich die Temperatur immer ziemlich genau getroffen. Man muss das halt ein paar Mal ausprobieren, dann sitzt es normalerweise.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 16:34
von Alt-Phex
Boludo hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 16:30 Zum anderen Thema : In meiner Bottichmaischezeit hab ich die Temperatur immer ziemlich genau getroffen. Man muss das halt ein paar Mal ausprobieren, dann sitzt es normalerweise.
Bei mir passt eigentlich auch immer ziemlich genau. Wenn es doch mal ein Grad mehr oder weniger ist juckt mich das wenig.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 16:38
von Commander8x
Dann muss ich das halt nochmal nachschauen....

Gruß Matthias

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 16:54
von secuspec
guenter hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 15:38 Ich kann die Erfahrung von Jens bestätigen. Auch bei mir sinkt die Temperatur kaum. Fazit: besser eigene Erfahrungen mit deiner Anlage sammeln als sich fix auf Faustformeln verlassen.
Dann ist das bei Euch wirklich anders. Ich berechne diese Temperatur mit BrewFather und lande auch immer recht genau da wo ich nach dem Einmaischen hin wollte - eher minimal tiefer, was ich dann eben wieder nachheize. Hatte mit meinen 83l Töpfen bisher nie Probleme damit.

Einmaischen ist bei mir in der Regel bei laufendem Rührwerk innerhalb 3-4 Minuten erledigt.

Viele Grüße,
Steffen

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 17:00
von monsti88
Moin!

Ich maische auch im Thermobehälter. Ich kippe immer die ganze Schüttung in einem Rutsch rein und rühre dann um. Habe noch nie Klumpen gehabt, selbst wenn ich mal dicker eingemaischt habe. Anfangs habe ich die Temperatur immer um 2-3°K übertroffen. Seitdem ich den Wert aber bei der Einmaischtemperatur abziehe, treffe ich die Temperatur recht genau.

Viele Grüße!

Monsti

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 17:23
von Seed7
Maltz vorlegen, dann wasser dazu. Schont die amylasen.

Ingo

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 18:15
von gulp
Langsam, weil der Schritt wichtig bei der Kombirast.

So geht das: https://www.youtube.com/watch?v=VnfcuEV ... e=emb_logo

Vorher rechne ich das mit Beersmith aus:
Einmaischen.png
Einmaischen.png (24.2 KiB) 8162 mal betrachtet
Und wenn das mal nicht passt, was bei mir erst 2 oder 3 mal vorgekommen ist, dass zieht man halt ein paar Liter Dünnmaische, macht ne Pseudodekoktion und schüttet die kochende Würze wieder zurück.

Gruß
Peter

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 18:29
von Commander8x
Also hier, S.33 oder in "Ausgewählte Kapitel der Brauereitechnologie" (wie auch im Kunze) wird von "Inaktivierung" gesprochen, nicht von Denaturierung. Denaturierung bedeutet unwiederbringlichen Zusammenbruch der Enzymstruktur und -funktion. Ich verstehe das so, dass die Enzymaktivität zurückkehrt, wenn die Temperatur wieder in den Optimalbereich gesenkt wird. Das scheint jedoch noch keiner geprüft zu haben, Bilder dazu fehlen. Es wird immer nur der Effekt bei konstanter Temperatur (65°C) erwähnt.

Meine eigene Beobachtung ist, dass beim kurzzeitigen Überschreiten der Rasttemperatur die Enzym-Aktivität nicht irreversibel zum Teufel geht, und man durch Senken der Temperatur die Maische noch erfolgreich beenden kann (Brauer sieht das Thermometer, erschrickt und schüttet kaltes Wasser rein....).

Durch dickere Maischen kann man die beta-Amylase ebenfalls länger aktiv halten.

Gruss Matthias

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 19:02
von heizungsrohr
Commander8x hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 18:29 Also hier, S.33 oder in "Ausgewählte Kapitel der Brauereitechnologie" (wie auch im Kunze) wird von "Inaktivierung" gesprochen, nicht von Denaturierung. Denaturierung bedeutet unwiederbringlichen Zusammenbruch der Enzymstruktur und -funktion. Ich verstehe das so, dass die Enzymaktivität zurückkehrt, wenn die Temperatur wieder in den Optimalbereich gesenkt wird. Das scheint jedoch noch keiner geprüft zu haben, Bilder dazu fehlen. Es wird immer nur der Effekt bei konstanter Temperatur (65°C) erwähnt.
Doch, das haben schon sehr viele geprüft und ist in der Biotechnologie seit langem Stand des Wissens (nichts für ungut :Wink ) Schon bei der Optimaltemperatur werden die Enzyme irreversibel geschädigt und sind nach einiger Zeit (mehrere Stunden idR) komplett hinüber. Optimal bezieht sich hier nur auf eine Mischkalkulation der Aktivität und Wirkdauer. Sozusagen der Bereich, in dem das Verhältnis von Wirkungszeitraum und Aktivität möglichst günstig ist. Oberhalb dieser Temperatur geht es dann zunehmend schneller. Bei ß-Amylasen ist das ca ab 69-70°C der Fall. Da arbeiten die zwar sehr schnell, sind aber auch nach wenigen Minuten vollständig denaturiert. Kein Weg zurück mehr.

Edit: Dass schon beim Optimum schaden an den Enzymen entsteht, ist verständlicher, wenn man sich überlegt, für welche Bedingungen die Natur diese vorgesehen hat. 65-75°C hat ein keimendes Gerstenkorn normalerweise nicht :Bigsmile

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 19:15
von §11
Commander8x hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 18:29 Also hier, S.33 oder in "Ausgewählte Kapitel der Brauereitechnologie" (wie auch im Kunze) wird von "Inaktivierung" gesprochen, nicht von Denaturierung. Denaturierung bedeutet unwiederbringlichen Zusammenbruch der Enzymstruktur und -funktion. Ich verstehe das so, dass die Enzymaktivität zurückkehrt, wenn die Temperatur wieder in den Optimalbereich gesenkt wird. Das scheint jedoch noch keiner geprüft zu haben, Bilder dazu fehlen. Es wird immer nur der Effekt bei konstanter Temperatur (65°C) erwähnt.

Meine eigene Beobachtung ist, dass beim kurzzeitigen Überschreiten der Rasttemperatur die Enzym-Aktivität nicht irreversibel zum Teufel geht, und man durch Senken der Temperatur die Maische noch erfolgreich beenden kann (Brauer sieht das Thermometer, erschrickt und schüttet kaltes Wasser rein....).

Durch dickere Maischen kann man die beta-Amylase ebenfalls länger aktiv halten.

Gruss Matthias
Ich meine die Begriffe werden bei der thermischen Inaktivierung gleichbedeutend benutzt. Bei Löffler Biochemie und Pathobiochemie heisst er dazu "thermische Inaktivierung durch Denaturierung"
Die Temperaturabhängigkeit der Enzymaktivität zeichnet
sich durch ein Temperaturoptimum aus, jenseits dessen die Reaktionsgeschwindigkeit steil abfällt (. Abb. 8.1). Ursache des
Abfalls ist eine Hitzedenaturierung des Enzymproteins.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Dienstag 1. September 2020, 19:36
von Boludo
Seed7 hat geschrieben: Dienstag 1. September 2020, 17:23 Maltz vorlegen, dann wasser dazu. Schont die amylasen.

Ingo
Ja, so ist es auch bei amerikanischen Hobbybrauer üblich und das macht auch sehr viel Sinn.
Sorry Commander8x, wollte dich nicht ärgern :Drink

Ein Enzym ist ein Eiweißmolekül. Bei hoher Temperatur wird dessen dreidimensionale Struktur irreversibel verändert. Jeder, der schon mal ein Spiegelei gemacht hat weiß, daß das Eiweiß nie wieder zu dem wird, was man vorher in die Pfanne geworfen hat. Auch nicht beim Abkühlen.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 05:32
von Commander8x
Fakten ärgern doch niemanden. Ich hätte nur gern einen Beleg dazu, Magnus. Bin grad am Malern und hatte keine Zeit zum Suchen. Ich kenne auch die üblichen Grafiken, da wird immer nur die Aktivität bei einer konstanten Temperatur dargestellt.

Biochemisch ist die Optimaltemperatur diejenige, bei der der meiste Umsatz pro Zeit passiert. Man muss also klarer definieren: optimal im Bezug auf was?

Einige Proteine als Arzneistoffe werden im übrigen als denaturierte Eiweiße hergestellt, v. a. aus Bakterien. Anschließend werden sie durch geeignete Chemikalien und Bedingungen renaturiert und aktiviert.

Gruß Matthias

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 05:50
von Commander8x
Also ein gekochtes Ei würde ich mich trauen wieder zu verflüssigen. Die 150°C in der Pfanne richten jedoch noch weitergehenden Schäden an (Verkohlung).

Die funktionelle Herstellung aller Eiweißproteine im Gemisch ist natürlich sehr schwer, da jedes Protein eigene Renaturierungsbedingungen braucht.

Gruß Matthias

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 06:10
von Boludo
Commander8x hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 05:50 Also ein gekochtes Ei würde ich mich trauen wieder zu verflüssigen.
Man kann die Denaturierung mancher Eiweiße in der Tat mit entsprechenden Methoden rückgängig machen. Aber nur, wenn die strukturellen Veränderungen nicht so groß sind. Und einfaches Abkühlen reicht da auch nicht aus. Da muss man schon chemisch rangehen. Bei einem Spieglei kann ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen, aber wir reden hier ja nicht von Eiern.
Durch einfaches googeln kannst du herausfinden, dass die Denaturierung der Betaamylase irreversibel ist und bereits bei 60°C stattfindet.
Wenn man zu heiß maischt und dadurch einen Blausud erhält, bringt auch Abkühlen nichts mehr. Kannst es ja mal ausprobieren. Nicht umsonst wird dann dazu geraten, neues Malz mit Enzymen zuzugeben.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 09:29
von stemps
Danke allerseits für die hilfreichen Infos, inbesondere an Commander8x für den Link zu dem Paper. Ich ziehe für mich folgendes Fazit daraus:

* Lieber nicht zu langsam einmaischen um schnell den Inaktivierungsbereich der Beta-Amylase zu passieren
* Eine gewisse Zeit im Intoleranzbereich ist aber vermutlich ok, weil "inaktiviert" nicht gleich "denaturiert" bedeutet und zu gewissem Grad reversibel ist
* In der Praxis bedeutet das für mich, lieber Klumpen riskieren als kaputte Enzyme, da man Klumpen plattdrücken kann, Enzyme aber nicht mehr reparieren
* Ich werde mal aufpassen ob das Einmaischen mit berechneter Zieltemperatur weiterhin so gut klappt wie bisher. So lange ich die Temperatur genau treffe sehe ich aber keinen Grund hier was zu ändern.

Gruß,
Simon

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 10:30
von Boludo
stemps hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 09:29 Danke allerseits für die hilfreichen Infos, inbesondere an Commander8x für den Link zu dem Paper. Ich ziehe für mich folgendes Fazit daraus:

* Lieber nicht zu langsam einmaischen um schnell den Inaktivierungsbereich der Beta-Amylase zu passieren
* Eine gewisse Zeit im Intoleranzbereich ist aber vermutlich ok, weil "inaktiviert" nicht gleich "denaturiert" bedeutet und zu gewissem Grad reversibel ist
* In der Praxis bedeutet das für mich, lieber Klumpen riskieren als kaputte Enzyme, da man Klumpen plattdrücken kann, Enzyme aber nicht mehr reparieren
* Ich werde mal aufpassen ob das Einmaischen mit berechneter Zieltemperatur weiterhin so gut klappt wie bisher. So lange ich die Temperatur genau treffe sehe ich aber keinen Grund hier was zu ändern.

Gruß,
Simon
Amylasen werden nicht reversibel inaktiviert. Sie denaturieren bei zu hoher Temperatur mit der Zeit irreversibel. Wenn du nur kurz zu heiß bist, dann hält sich der Schaden aber in Grenzen. Besser ist es deshalb, gar nicht erst zu heiß zu werden. Z.B. wenn du wie Simon vorgeschlagen hat, das Malz vorlegst. Dann wirst Du automatisch nie zu heiß.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 10:56
von Commander8x
Das Herunterbeten von Lehrbuchinhalten hat noch keinem geholfen (außer er/sie studiert Medizin). :Bigsmile

Boludo, Google doch mal nach "5 Molar Guanidiniumhydrochlorid" oder "8 Molar Harnstoff" Da tätste dir wundern.

Vermutlich wurden die ganzen Inaktivierungstemperaturen mit gereinigtem oder rekombinant hergestelltem Enzym gemessen. Das kann durchaus einen Unterschied zu einer Maische machen: die enthält mehr Ionen, Glucane und auch andere Eiweiße, das kann die Enzyme zusätzlich stabilisieren. Die Inaktivierung tritt dann erst bei höherer Temperatur ein, als im Lehrbuch geschrieben.

Also dick einmischen hilft, und die Rasttemperatur lieber von unten erreichen. Bei 75 Grad einzumischen wie im Ausgangspost ist eher nicht ratsam....

Gruß Matthias

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 11:00
von gulp
Boludo hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 10:30
stemps hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 09:29 Danke allerseits für die hilfreichen Infos, inbesondere an Commander8x für den Link zu dem Paper. Ich ziehe für mich folgendes Fazit daraus:

* Lieber nicht zu langsam einmaischen um schnell den Inaktivierungsbereich der Beta-Amylase zu passieren
* Eine gewisse Zeit im Intoleranzbereich ist aber vermutlich ok, weil "inaktiviert" nicht gleich "denaturiert" bedeutet und zu gewissem Grad reversibel ist
* In der Praxis bedeutet das für mich, lieber Klumpen riskieren als kaputte Enzyme, da man Klumpen plattdrücken kann, Enzyme aber nicht mehr reparieren
* Ich werde mal aufpassen ob das Einmaischen mit berechneter Zieltemperatur weiterhin so gut klappt wie bisher. So lange ich die Temperatur genau treffe sehe ich aber keinen Grund hier was zu ändern.

Gruß,
Simon
Amylasen werden nicht reversibel inaktiviert. Sie denaturieren bei zu hoher Temperatur mit der Zeit irreversibel. Wenn du nur kurz zu heiß bist, dann hält sich der Schaden aber in Grenzen. Besser ist es deshalb, gar nicht erst zu heiß zu werden. Z.B. wenn du wie Simon vorgeschlagen hat, das Malz vorlegst. Dann wirst Du automatisch nie zu heiß.
Servus Stefan,

Kommt halt drauf an, welches System man hat. Mit einem Läuterblech wünsche ich viel Spaß beim Malz vorlegen. Es könnte Luft unterm Blech bleiben und die Orgie beginnen. Mit Hexe mag das aber hinhauen. Meinereiner läutert mit Hexe, legt trotzdem Wasser vor bis selbige bedeckt ist und gibt dann gleichmäßig Wasser und Malz zu. Dann gleicht sich die Temperatur auch gleich an.

Nur meine 5 Cent

Gruß
Peter

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 12:19
von Seed7
gulp hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 11:00 Mit einem Läuterblech wünsche ich viel Spaß beim Malz vorlegen.
Peter,
ist doch eigentlich nichts anderes als wie bei dem whirlpool/laueterfass. Erst ein wenig wasser vorlegen das es einige centimeter ueber dem laueterboden steht. Erst dann das malz und zu letzt heisses wasser.

Ingo

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 12:20
von Boludo
Commander8x hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 10:56 Das Herunterbeten von Lehrbuchinhalten hat noch keinem geholfen (außer er/sie studiert Medizin). :Bigsmile

Boludo, Google doch mal nach "5 Molar Guanidiniumhydrochlorid" oder "8 Molar Harnstoff" Da tätste dir wundern.

Vermutlich wurden die ganzen Inaktivierungstemperaturen mit gereinigtem oder rekombinant hergestelltem Enzym gemessen. Das kann durchaus einen Unterschied zu einer Maische machen: die enthält mehr Ionen, Glucane und auch andere Eiweiße, das kann die Enzyme zusätzlich stabilisieren. Die Inaktivierung tritt dann erst bei höherer Temperatur ein, als im Lehrbuch geschrieben.

Also dick einmischen hilft, und die Rasttemperatur lieber von unten erreichen. Bei 75 Grad einzumischen wie im Ausgangspost ist eher nicht ratsam....
Was hat das jetzt bitte mit dem Thema zu tun? Werden die Amylasen in deiner Würze durch Guanidiniumhydrochlorid oder Harnstoff wieder renaturiert?
Wohl eher nicht, ich gehe mal lieber davon aus, dass da kein Harnstoff in Deiner Würze ist....
Du wolltest eine Quellenangabe, die hast du jetzt und dann machst Du Dich über das Herunterbeten von Lehrbuchinhalte lustig.
Und ja, die Amylasen werden teilweise geschützt und denaturieren nicht schlagartig, aber deswegen werden sie trotzdem nicht durch einfaches Abkühlen renaturiert, sobald sie mal denaturiert sind. Deine Argumentation ist sehr seltsam, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Dein Beispiel mit dem geronnen Ei, das du wieder renaturieren wolltest, wird hier überigens auch behandelt (ja ich weiß,ist nur wikipedia):
Dagegen kann nach einer irreversiblen Veränderung der Molekülstruktur der ursprüngliche räumliche Aufbau des Moleküls nicht wiederhergestellt werden. Solche Veränderungen erfährt zum Beispiel ein Frühstücksei beim Kochen,[5] das weder durch Abkühlen in den Vorzustand überführbar ist, wenn es erst einmal ein „hartes Ei“ geworden ist, noch durch weiteres Kochen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Denaturierung_(Biochemie)
Dazu braucht man Harnstoff und eine Zentrifuge:
Eine Umkehrung ist jedoch unter Laborbedingungen mit Hilfe von Zentrifugen und der Zugabe von Harnstoff möglich. Durch die auftretenden Scherkräfte können Hühnereier beispielsweise teilweise „entkocht“ werden.
Das sind alles Bedingungen, die mit dem, was wir in der Maische haben, nichts zu tun haben.

Ich habe nicht behauptet, dass es unmöglich ist, Proteine zu renaturieren. Das geht aber nur manchmal und unter Laborbedingungen und deswegen können denaturierte Amylasen noch lange nicht in der Würze durch einfaches Abkühlen renaturiert werden. Unzählige Hobbybrauer, die mit der Temperatur zu hoch kamen und einen Blausud hatten, können Dir das bestätigen.
Du möchtest hier mit aller Gewalt Recht haben und dikustierst am Thema vorbei. Dadurch machst Du Dir keinen Gefallen und schadest nur Deiner Glaubwürdigkeit.
Es stimmt nicht, dass sich Amylasen in der Maische durch hohe Temperatur abschalten und durch Abkühlen wieder anschalten lassen.
Ich glaub ich weiß so langsam warum es besser war, sich in letzter Zeit aus diesem Forum herauszuhalten :Grübel

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 13:18
von §11
Commander8x hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 05:32 Fakten ärgern doch niemanden. Ich hätte nur gern einen Beleg dazu, Magnus. Bin grad am Malern und hatte keine Zeit zum Suchen. Ich kenne auch die üblichen Grafiken, da wird immer nur die Aktivität bei einer konstanten Temperatur dargestellt.
Hast du einen Beleg dafür das die Aussagen, wie die von mir aufgezeigte Quelle, sich grundsätzlich auf reine Enzymlösungen beziehen? Hast du Belege für deine Aussage das sich Enzyme in der Maische durch abkühlen wieder renaturieren? Es ist immer leicht nach Belegen und Quellen zu schreien und selbst unbelegte Hypothesen in den Raum zu werfen.

Wenn dem so wäre das sich Enzyme beim Abkühlen wieder renaturieren, wäre die gesamte Maischarbeit im Prinzip für die Katze, weil am Ende der Sudhausarbeit immer abgekühlt wird und, bis zum Ankommen der Hefe, sich auch am pH noch nichts ändert. Spätestens hier würden, nach der Hypothese der renaturierenden Enzyme, ja wieder alle Enzyme zur Verfügung stehen. Im Extremfall dürfte also ein Springmaischverfahren nicht funktionieren. Da lehrt uns aber die Praxis etwas anderes.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 13:27
von afri
Und was ist mit Dekoktion? Man zieht Teilmaischen, kocht diese und brüht sie zur restlichen Maische zu, um deren Rasttemperatur zu erhöhen. Dabei kommt ein nicht unerheblicher Teil der restlichen Maische mit fast kochender Flüssigkeit in Berührung. Dann würde ja nach dem ersten Zubrühen keine Verzuckerung mehr stattfinden, wenn das so schlimm wäre.

Auch hier lehrt die Praxis etwas anderes. Oder sind Enzyme in Getreide einfach recht robuste Kerlchen?
Achim

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 13:33
von Boludo
Dekoktion ist ein schönes Beispiel. Man zieht ja gerade deswegen zu Beginn Dickmaischen, da die meisten Enzyme in der Dünnmaische gelöst sind und man diese nicht irreversibel deaktivieren will. Sonst wäre es ja vollkommen egal, was man da kocht.
Dann würde ja nach dem ersten Zubrühen keine Verzuckerung mehr stattfinden, wenn das so schlimm wäre.
Ja, beim Zubrühen leiden die Enzyme. Die werden aber nicht schlagartig alle denaturiert und daher findet natürlich noch eine Verzuckerung statt.
Daher kann man eine Maische nach dem Überhitzen auch noch retten, wenn man schnell genug abkühlt. Dann sind noch genügend Amylasen vorhanden.
Das hat nichts damit zu tun, dass sich die Amylasen wieder renaturieren, sondern dass noch genügend davon das Ganze unbeschadet überstanden haben.
Man kann sich auch mal das Herrmann Verfahren anschauen, da wird auch ein mords Aufwand betrieben, um Enzyme nicht irreversibel zu denaturieren.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 13:52
von §11
@afri

Und warum verzuckert man dann die Dekoktionsmaische vor dem Kochen? Wäre ja vollkommen unnötig, wenn nach dem Abkühlen alle Enzyme wieder renaturieren.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 13:56
von hiasl
Commander8x hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 05:32 1. Fakten ärgern doch niemanden. Ich hätte nur gern einen Beleg dazu, Magnus. Bin grad am Malern und hatte keine Zeit zum Suchen. Ich kenne auch die üblichen Grafiken, da wird immer nur die Aktivität bei einer konstanten Temperatur dargestellt.

2. Biochemisch ist die Optimaltemperatur diejenige, bei der der meiste Umsatz pro Zeit passiert. Man muss also klarer definieren: optimal im Bezug auf was?

3. Einige Proteine als Arzneistoffe werden im übrigen als denaturierte Eiweiße hergestellt, v. a. aus Bakterien. Anschließend werden sie durch geeignete Chemikalien und Bedingungen renaturiert und aktiviert.

Gruß Matthias
Ad 1: Hier ist der Beleg:
Zale, S.E. and Klibanov, A.M. (1983), On the role of reversible denaturation (unfolding) in the irreversible thermal inactivation of enzymes. Biotechnol. Bioeng., 25: 2221-2230. doi:10.1002/bit.260250908
Dass es als lange gesichertes Wissen gilt, dass thermisch irreversibel inaktivierte Enzyme denaturiert sind, ist mir irgendwie auch geläufig. Zale und Klibanov unterscheiden da zwei Stufen. 1. thermische Entfaltung (reversibele Denaturierung) und anschließend entweder kovalente Reaktionen und/oder Fehlfaltung und Aggregation (irreversible Denaturierung). Danach ist vollkommen reppo. Da wird man auch chemisch nichts mehr ausrichten können.

As 2: Optimal wird hinsichtlich des künstlichen Prozesses "Maischen" berachtet. Dieser ist auf vollständige Verzuckerung und Malzausbeute optimiert hinsichtlich Temperatur und Zeit. Optimal liegt also im Auge des Betrachters. Aus sicht des Gerstenkorns wäre das wiederum anders. Hier läuft's optimal bei wesentlich niedrigeren Temperaturen.

Ad 3: Dazu bräucht es aber auch eine Quelle. Hitze führt in der Regel immer zu irreversibler Inhibierung. Hier mögen dann andere Mechanismen vorliegen, z.B. das Aussalzen zum Aufkonzentrieren und -reinigen.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 14:00
von hiasl
Hier noch mehr, Wayne's interessiert:
https://books.google.de/books?hl=de&lr= ... es&f=false

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 14:07
von renzbräu
Es gibt Dekoktionsverfahren ohne Teilmaischen, aber die benötigen neue, frische Enzyme. Die wären nicht nötig, wenn die Amylasen durch abkühlen reversibel renaturierbar wären.
Beim Earlschen Kochmaischeverfahren wird nach dem Kochen und Abkühlen frisches Malz eingemaischt, beim Kesselmaischeverfahren und, als Variante, Schmitzverfahren kommt ein vorher aus dem verwendeten Malz gewonnenes Enzymextrakt (sog. kalter Satz) wieder dazu.

Edit: Rechtschreibfehler korrigiert.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 14:29
von §11
In „die Bierbrauerei- zweiter Band“ 7. Auflage S.116 wird in Tabelle 80 sogar darauf eingegangen das Beta- Amylase in Maische ein anderes Wirkungsoptimum hat als in reiner Stärkelösung. Allerdings spricht Schuster, Weinfurter und Narziss trotzdem davon das das Enzym über 70°C rasch inaktiviert wird. Tabelle 81 zeigt das selbe für Alpha Amylase, die, laut Tabelle, über 80°C rasch inaktiviert wird.

Auf S. 122 schlüsselt Tabelle 85 sogar auf welche Enzymaktivität bei welcher Temperatur gemessen wurde.

Auf Seite 121 ist die Rede davon das beim Kochen die Enzyme „vernichtet“ werden. Persönlich sehe ich in „vernichtet“ nicht unbedingt eine Umkehrbarkeit des Vorgangs.

Auch S. 261 Punkt 5.3.2 im Kapitel „Das Kochen und Hopfen der Würze“ nennt sich „Zerstörung der Enzyme des Malzes“. Meiner Meinung nach schließt „Zerstörung“ eine renaturierung aus.

Im Abriss der Bierbrauerei, 6. Auflage, S.159 findet sich zum Thema Kochen „während des Kochens tritt eine Zerstörung sämtlicher Enzyme des Malzes [...] ein“. Zerstörung klingt nicht nach reversibler Inaktivierung.

Ich hoffe das reicht erstmal in Kombination mit meiner vorhergenannten Quelle ergeben sich noch eine ganze Liste weiterer Belege für die irreversible Inaktivierung von Enzymen durch Hitze.

Jetzt bin ich mal auch die Quellen gespannt die zeigen das sich Enzyme in Würze durch abkühlen reaktivieren lassen.

Schöne Grüße

Jan

Edit: Da stand zwei mal Maische

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 14:40
von gulp
In „die Bierbrauerei- zweiter Band“ 7. Auflage S.116 wird in Tabelle 80 sogar darauf eingegangen das Beta- Amylase in Maische ein anderes Wirkungsoptimum hat als in Maische.
Hmm, äh, ja :Grübel

Gruß
Peter

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 14:46
von §11
afri hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 13:27 Und was ist mit Dekoktion? Man zieht Teilmaischen, kocht diese und brüht sie zur restlichen Maische zu, um deren Rasttemperatur zu erhöhen. Dabei kommt ein nicht unerheblicher Teil der restlichen Maische mit fast kochender Flüssigkeit in Berührung. Dann würde ja nach dem ersten Zubrühen keine Verzuckerung mehr stattfinden, wenn das so schlimm wäre.

Auch hier lehrt die Praxis etwas anderes. Oder sind Enzyme in Getreide einfach recht robuste Kerlchen?
Achim
Auch hierzu lässt sich Narziss, Weinfurtner und Schuster sehr ausgiebig aus das das Zubrühen eine Schädigung der Enzyme verursacht. Deine Aussage beruht auf der irrigen Annahme das die komplette Maische beim Zubrühen eine sprunghafte Temperaturzunahme über die Inaktivierungstemperatur erfährt. Diese Verfahren gibt es. WIe gesagt ist das Springmaischverfahren ein solches und genau da ist zu beobachten das die Enzyme eben irreversibel zerstört sind. Bevor wir jetzt mit der Haarspalterei anfangen das diese Enzyme chemisch oder technische wieder aktiviert werden könnten, grenze ich meine Aussage ein: Sie sind unter den Bedingungen die bei der Bierherstellung herschen, irreversibel inaktiviert.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 14:50
von §11
gulp hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 14:40
In „die Bierbrauerei- zweiter Band“ 7. Auflage S.116 wird in Tabelle 80 sogar darauf eingegangen das Beta- Amylase in Maische ein anderes Wirkungsoptimum hat als in Maische.
Hmm, äh, ja :Grübel

Gruß
Peter
Deshalb hab ich den Beitrag editiert und verbessert. Soll ich mich jetzt auf die Suche begeben wo dir solche Fehler unterlaufen sind. Ist das das Niveau auf dem wir jetzt in der Diskussion angekommen sind? :puzz

Warum springe ich eigentlich über jedes Stöckchen? Ich würde mich mit nur einem Beleg zufrieden geben das die Amylasen unter den Bedingungen die bei der Bierherstellung herschen, durch bloße Absenkung der Temperatur renaturieren.

Ohne eine solchen Beleg ist hier eigentlich alles gesagt.

Gruss

Jan

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 15:33
von muldengold
Männers - reißt euch zusammen! Beim Thema Einmaischen schnell oder langsam sollten Emotionen eigentlich vollkommen artfremd sein. Zumal wir hier ein tolerantes, nicht lehrerhaftes, freundschaftliches und hilfreiches Forum sein wollen.

Bei mir liegt der Temperatursprung beim Einmaischen bei einem Mischungsverhältnis 1:4 i.d.R. bei -2°C. Plusminus 1-2°C würde ich sagen. Wenn ich 63°C anpeile und bei knapp unter 65°C lande, dann gilt das für mich als noch akzeptabel und lass das einfach so. In der anderen Richtung heize ich einfach etwas nach. Ich hab mir jetzt nicht den ganzen Thread durchgelesen, aber wo ist denn da ein Problem mit Denaturierung?

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 15:40
von gulp
§11 hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 14:50
gulp hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 14:40
In „die Bierbrauerei- zweiter Band“ 7. Auflage S.116 wird in Tabelle 80 sogar darauf eingegangen das Beta- Amylase in Maische ein anderes Wirkungsoptimum hat als in Maische.
Hmm, äh, ja :Grübel

Gruß
Peter
Deshalb hab ich den Beitrag editiert und verbessert. Soll ich mich jetzt auf die Suche begeben wo dir solche Fehler unterlaufen sind. Ist das das Niveau auf dem wir jetzt in der Diskussion angekommen sind? :puzz

Warum springe ich eigentlich über jedes Stöckchen? Ich würde mich mit nur einem Beleg zufrieden geben das die Amylasen unter den Bedingungen die bei der Bierherstellung herschen, durch bloße Absenkung der Temperatur renaturieren.

Ohne eine solchen Beleg ist hier eigentlich alles gesagt.

Gruss

Jan
Na etz aber Jan, heut bist aber ganz schön dünnheutig. :Drink

Im Übrigen bin ich ganz deiner Meinung! Es ist auch nicht das erste mal, dass wir dieses Thema durchgekaut haben, aber bei manchen Leuten helfen halt auch keine Zitate.

https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic.php?t=23209

und hier Beitrag 43. https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... ase#p86775

Gruß
Peter

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 16:02
von Commander8x
Die Dynamik ist schon beeindruckend hier. Wenn ich meinen Löffler gefunden habe, melde ich mich vielleicht nochmal. Bis dahin werde ich mich erst einmal wundern, was man so alles in den Mund gelegt bekommt.

Gruß Matthias

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 16:03
von Boludo
muldengold hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 15:33 Männers - reißt euch zusammen! Beim Thema Einmaischen schnell oder langsam sollten Emotionen eigentlich vollkommen artfremd sein. Zumal wir hier ein tolerantes, nicht lehrerhaftes, freundschaftliches und hilfreiches Forum sein wollen.
Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich hatte in letzter Zeit zur Genüge Diskussionen, in denen ständig Belege eingefordert wurden, diese dann aber nicht anerkannt wurden und gleichzeitig Theorien aufgestellt wurden, ohne einen einzigen Beleg dafür zu haben.
Ich bin da wohl in der Tat etwas dünnhäutig geworden.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 16:13
von Boludo
Commander8x hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 16:02 Die Dynamik ist schon beeindruckend hier. Wenn ich meinen Löffler gefunden habe, melde ich mich vielleicht nochmal. Bis dahin werde ich mich erst einmal wundern, was man so alles in den Mund gelegt bekommt.

Gruß Matthias
Es ging hier eigentlich die ganze Zeit um deine Behauptung hier:
Ich verstehe das so, dass die Enzymaktivität zurückkehrt, wenn die Temperatur wieder in den Optimalbereich gesenkt wird.
Du kannst dich gerne mit entsprechenden Belegen oder gar Experimenten darüber nochmal melden.
Eine Möglichkeit wäre z.B. eine Springmaische zu machen. Wenn die vollständig verzuckert ist, kannst du die Hälfte auf Maltoserast abkühlen und entsprechend rasten und schauen, was dabei im Vergleich zur anderen Hälfte für ein Vergärungsgrad herauskommt. Ich kann es dir aber auch jetzt schon verraten.

Es ist übrigens ein Zeichen von Stärke, einen Fehler zuzugeben und jeder der das macht, hat meinen vollen Respekt. Im Gegensatz zu Leuten, die auch dann noch stur sind, wenn ihnen alle Argumente um die Ohren fliegen.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 16:29
von muldengold
Boludo hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 16:13 Es ist übrigens ein Zeichen von Stärke....
Ich dachte, dass wäre die positive Jodprobe? :Grübel

Spass beiseite, ich stimme Dir da 100% zu. Anderseits sollten wir uns auch nicht immer in jeder Diskussion als potentielle Gegner ansehen, die es gilt auf Biegen und brechen zu überzeugen oder argumentativ klein zu machen (ich meine hier ausdrücklich nicht Dich Stefan!). Alles eine Frage der entspannten Diskussionskultur. Und ich gebe Dir auch Recht, wer Quellen und Belege möchte muss für seine Behauptungen natürlich auch Quellen liefern - sollte sich von selbst verstehen.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 20:06
von heizungsrohr
Um dem Thema Inaktivierung noch ein paar Fakten zu geben:

Ja, wie oft schon erwähnt, werden Enzyme bei zu hohen Temperaturen nicht schlagartig denaturiert. Es dauert eine gewisse Zeit, daher kann man durchaus mit einem Notfallschluck kaltem Wasser einiges retten.
enzyme.jpg
Entnommen aus Kunze, Technologie Brauer und Mälzer

Hier sieht man den Zusammenhang zwischen Aktivität und Zeit bei verschiedenen Temperaturen. Es dürfte sich dabei um a-Amylasen handeln. Man sieht beispielsweise, dass selbst bei über 80°C für 20 Minuten noch mehr als die Hälfte der Aktivität vorhanden ist. Allerdings nur in dieser Messung, in dieser Malzcharge, diesem Maischprozess, diesem Verhältnis Wasser zu Schüttung, usw. usw. Das kann bei mir zu Hause schon ganz anders aussehen. Daher sollte man ein leichtes Überheizen der Maische möglichst vermeiden, aber 1-2°C zu viel verdirbt noch nicht den Brei. Insbesondere, da die Maische ja eh über die Rast abkühlt.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 20:59
von §11
heizungsrohr hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 20:06 Um dem Thema Inaktivierung noch ein paar Fakten zu geben:

Ja, wie oft schon erwähnt, werden Enzyme bei zu hohen Temperaturen nicht schlagartig denaturiert. Es dauert eine gewisse Zeit, daher kann man durchaus mit einem Notfallschluck kaltem Wasser einiges retten.
enzyme.jpg
Entnommen aus Kunze, Technologie Brauer und Mälzer

Hier sieht man den Zusammenhang zwischen Aktivität und Zeit bei verschiedenen Temperaturen. Es dürfte sich dabei um a-Amylasen handeln. Man sieht beispielsweise, dass selbst bei über 80°C für 20 Minuten noch mehr als die Hälfte der Aktivität vorhanden ist. Allerdings nur in dieser Messung, in dieser Malzcharge, diesem Maischprozess, diesem Verhältnis Wasser zu Schüttung, usw. usw. Das kann bei mir zu Hause schon ganz anders aussehen. Daher sollte man ein leichtes Überheizen der Maische möglichst vermeiden, aber 1-2°C zu viel verdirbt noch nicht den Brei. Insbesondere, da die Maische ja eh über die Rast abkühlt.
So weit glaube ich, das keiner widerspricht. Allerdings gehe ich nicht davon aus das die 50% der Enzymaktivität beim Abkühlen auf 65C wieder auf 100% steigt. Hier liegt der Diskussionspunkt. Die Inaktivierung ist nicht reversible, zumindest nicht unter den Umständen die wir beim Maischen vorfinden.

Gruss

Jan

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Mittwoch 2. September 2020, 21:43
von heizungsrohr
§11 hat geschrieben: Mittwoch 2. September 2020, 20:59
So weit glaube ich, das keiner widerspricht. Allerdings gehe ich nicht davon aus das die 50% der Enzymaktivität beim Abkühlen auf 65C wieder auf 100% steigt. Hier liegt der Diskussionspunkt. Die Inaktivierung ist nicht reversible, zumindest nicht unter den Umständen die wir beim Maischen vorfinden.

Gruss

Jan
Da stimme ich absolut zu. Nachdem dieser Punkt aber immer wieder angesprochen wurde, dachte ich, unterfüttere ich das mal mit einer relativ anschaulichen Grafik aus einem Fachbuch. Zumindest wollte ich damit zur Ausgangsfrage ein Stück beitragen.

Der Part mit der Renaturierung bei Maischeenzymen ist natürlich quatsch und wurde ja glücklicherweise ausreichend widerlegt. Sonderfälle mit Eiern und Harnstoff kann ich nicht beurteilen.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Donnerstag 3. September 2020, 05:36
von Commander8x
Die Grafik in #46 wird im Kunze nicht explizit einem bestimmten Enzym zugeordnet, ich hatte das Buch gestern auch nochmals in der Hand. Gleich darauf ist das Bild für die alphaAmylase, leider kann man die Zeitachse kaum erkennen. Deren Aktivität nimmt aber deutlich schneller ab.

Die hochkochende Erregung hier ist mir völlig unbegreiflich. Ich habe lediglich gesagt, dass in keiner mir bekannten Quelle von Denaturierung geschrieben wird, sondern immer von Inaktivierung. Das mag eine unscharfe Formulierung sein, die immer wieder von einem zum nächsten Autor gegangen ist. Dann habe ich (laut gedacht) festgestellt, dass es denkbar wäre, dass die Aktivität des Enzyms bei Temperatursenkung wiederkommt. Und dann habe ich festgestellt, dass das wahrscheinlich nie geprüft wurde, und nach einem Beleg dafür gefragt.
That's it.

Re: Langsam oder schnell einmaischen?

Verfasst: Donnerstag 3. September 2020, 06:20
von heizungsrohr
Commander8x hat geschrieben: Donnerstag 3. September 2020, 05:36 Dann habe ich (laut gedacht) festgestellt, dass es denkbar wäre, dass die Aktivität des Enzyms bei Temperatursenkung wiederkommt. Und dann habe ich festgestellt, dass das wahrscheinlich nie geprüft wurde, und nach einem Beleg dafür gefragt.
That's it.
Unpassender Vergleich in 3, 2, 1,...


Das hat Trump mit intravenösen Desinfektionsmitteln auch gesagt...

*duckundweg* :Angel