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Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 14. November 2020, 10:33
von branch
Einmal ist's das erste Mal. Habe gestern ein Bier mit der falschen Hefe angestellt ... und das ausgerechnet beim Barleywine.

Die Stammwürze liegt bei 24.8°P und der Plan wäre gewesen, sie mit US-05 bei 18°C zu vergären (Dosierung 2g/l). Leider sehen diese 500-Gramm-Packungen ja alle etwas gleich aus und ich habe prompt die W34/70 erwischt. Ich habe die gestern Abend bei etwa 24°C rehydriert und dann in der knapp 20°C warmen Würze angestellt.

Heute früh war dann schon ziemlich was los im Gärtank, was ich so nicht unbedingt erwartet hätte. Beim Aufräumen eben habe ich gemerkt, dass ich offenbar die falsche Hefe angestellt habe :Ahh
Im Gärtank sind aktuell 17.5°C.

Nun die Frage: lasse ich das einfach so laufen unter dem Motto "shit happens" und mal schauen, was draus wird? Ein Barleywine ist ja obergärig. Und vielleicht nimmt mir die W34/70 das ja gar nicht so übel ...

Oder soll ich da mit der Gärtemperatur runter?

Gruss, Bruno

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 14. November 2020, 10:48
von dem_bier
Hej Bruno

Gemäss Fermentis machst du alles richtig mit der Hefe:
https://fermentis.com/en/rediscover-saflager-w-34-70/

Gut Sud

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 14. November 2020, 12:54
von muldengold
Ah Mist, sehr schade - ich kann mit Dir mitfühlen. Gerade bei einem Barleywine!!! Ich würde jetzt trotzdem zügig runterkühlen und nicht bei 17-18°C weitergären. Evtl. reichen ja schon 3-4°C um das schlimmste zu verhindern und damit die Hefe sich nicht auf den Bauch dreht. Meine Prognose: wahrscheinlich verstecken sich die Fehltöne der warmen Gärung hinter dem erwartbaren Koloss an Aromen, die aus dem Malz stammen und Du wirst mit einem blauen Auge davonkommen :Drink

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 14. November 2020, 13:57
von gulp
Thomas Hardy braut mit untergäriger Lagerhefe einen Barleywine mit 30°P bei 20° Gärtemperatur und finalen 10,6 % Alk.Vol.. Wie das die Hefe packt ist mir zwar ein Rätsel, aber anscheinend geht das recht gut.

Gruß
Peter

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 14. November 2020, 15:05
von §11
Gefühlt würde ich auch die Temperatur etwas senken. Nach meiner Erfahrung neigt die 34/70 bei zu warmer Führung zur Bildung höherer Alkohole. Das kann im eh schon „starken“ Barleywine, zu einer recht scharfen alkoholischen Note führen.

Gruß

Jan

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 14. November 2020, 17:33
von Barney Gumble
Ich hätte weder noch genommen, eher sehr starke Stouthefe oder irgendwas belgisches, aber alles geht nix muss, also nicht als Kritik aufnehmen bitte.
VG
Salomon

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Sonntag 15. November 2020, 10:14
von branch
Danke für die Feedbacks.

Habe den Tank jetzt mal auf 14°C runterkommen lassen. Mal schauen, was passiert. Die scharfe alkoholische Note möchte ich tatsächlich nicht im Barleywine haben.

Salomon: ich habe bewusst auf Hefen mit sehr hoher Alkoholtoleranz verzichtet, da ich möchte, dass die Gärung irgendwann mal stoppt und eine wahrnehmbare Restsüsse bleibt. Wobei ja beiden Hefen (US-05, W34/70) Toleranzen jenseits von 10% nachgesagt werden.
Das letzte RIS (23,8°P, Wyeast 1084) hat bei 9,2% vol. gestoppt. Etwas höher dürft's diesmal sein.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Sonntag 15. November 2020, 16:47
von flying
Ich hab mal einen Honig- Barleywine mit der W34/70 gemacht. 21 Plato angestellt und mit Honig nachgezuckert auf rechnerische 30 Plato. Die Gärung ist dann irgendwann eingeschlafen. Nach 6 Wochen habe ich den Barleywine ohne weitere Zuckergabe auf Flaschen gefüllt und für 4 Monate in den Keller gestellt.
Ich bezeichne das Bier immer noch als Wunder, da es ganz zufällig noch die perfekte Karbonisierung entwickelt hat. Es war einfach grandios lecker, süß und mit starken Honigaroma. Das fertige Bier hatte noch 17 Brix. Die Hefe hat rechnerisch 12° Vol. Alk geschafft.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Dienstag 17. November 2020, 17:24
von branch
Die Gärung verläuft sehr gemächlich. In drei Tagen hat die Hefe von 24.8°P nur gerade auf 19.2°P runter geknuspert. Die Temperatur liegt bei gut 14°C.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Sonntag 29. November 2020, 12:26
von branch
Nach vierzehn Tagen unter 14°C ist der Barleywine heute bei 10.5°P und also etwa 8.5% ABV. Die Gärung hat sich schon recht verlangsamt ... es geht aber noch vorwärts. Den Alkohol spürt man nicht besonders raus, das Bier ist aber noch recht süss.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Mittwoch 2. Dezember 2020, 10:50
von branch
Heute ist die Gärung bei 9.4°P und 9.2% ABV angelangt. Mal schauen, wie weit die W34/70 da noch kommt. Die letzten 9 Tage war der Fortschritt sehr gleichmässig mit etwa -0.4°P pro Tag.

Mir fällt jedoch auf, dass während die Malzaromen die ersten zwei Wochen schon fast überwältigend und sehr vielfältig waren, mittlerweile eine wenig aromatische Flüssigkeit entstanden ist, wohl immer noch recht süss mit (leider) deutlich spürbarem Alkoholgeschmack. Aber die anfänglichen Malzaromen nimmt man nur noch vage wahr.

Ist das die W34/70?

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Mittwoch 2. Dezember 2020, 12:46
von Bierwisch
Was da so süß schmeckt, ist das Glyzerol, das die Hefe unter Stress produziert hat. Ein Großteil der Kohlehydrate ist jetzt verstoffwechselt. Das wäre Dir mit den meisten anderen Hefen vermutlich genauso ergangen.
Jetzt brauchst Du Geduld.

Gruß
Bierwisch

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Mittwoch 2. Dezember 2020, 15:57
von muldengold
branch hat geschrieben: Mittwoch 2. Dezember 2020, 10:50 Heute ist die Gärung bei 9.4°P und 9.2% ABV angelangt. Mal schauen, wie weit die W34/70 da noch kommt. Die letzten 9 Tage war der Fortschritt sehr gleichmässig mit etwa -0.4°P pro Tag.

Mir fällt jedoch auf, dass während die Malzaromen die ersten zwei Wochen schon fast überwältigend und sehr vielfältig waren, mittlerweile eine wenig aromatische Flüssigkeit entstanden ist, wohl immer noch recht süss mit (leider) deutlich spürbarem Alkoholgeschmack. Aber die anfänglichen Malzaromen nimmt man nur noch vage wahr.

Ist das die W34/70?
Abgesehen von groben Gärfehlern, kann bei so einem Monster am Ende der Hauptgärung nur schwer beurteilt werden wohin die Reise genau geht. Bis da alles rund und sauber ist gehen mehrere Monate ins Land! Nächsten Frühling weisst Du mehr.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Mittwoch 2. Dezember 2020, 16:01
von branch
Ist mir schon klar, dass ein BW seine Zeit braucht. Ist ja auch nicht der erste.

Mich wundert wirklich nur grad, wo die verschiedenen (Malz-)Aromen hin verschwunden sind. Und das recht plötzlich (sprich innerhalb von Grössenordnung 3 Tagen).

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Mittwoch 2. Dezember 2020, 16:34
von muldengold
Ist ok, ich wollte nur helfen.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Mittwoch 2. Dezember 2020, 21:09
von branch
Ja, und die Hilfe und Unterstützung schätze ich auch sehr.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 5. Dezember 2020, 12:40
von branch
Die Gärung mit der W34/70 kommt langsam zum Erliegen. Stand heute ist 8.6°P und damit 9.6% ABV.

Ich lasse das jetzt sicher noch ein 2-3 Wochen stehen. Ich will ja auch noch eine Kleinigkeit stopfen.

Könnte ich mit einer höheren Temperatur allenfalls den Vergärungsgrad noch erhöhen? Ich hätte zur Zeit auch noch US-05 aus zweiter Führung, die ich da reinkippen könnte.

Oder ist ein SVG von 65%, das, was man beim BW zu erreichen hoffen kann? Ich meine gelesen zu haben, dass Leute hier über 11% ABV gekommen sind (ok, ja, halt mit US-05 und nicht mit W34/70).

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 5. Dezember 2020, 13:19
von muldengold
65% EVG ist schon etwas niedrig. Das Resultat geht dann eher Richtung stark alkoholischer Sirup. Die US05 ist eine super geeignete Barleywine-Hefe und kann mit hohem Alkoholgehalt gut umgehen. Vorschlag: rühr mal deinen barleywine vorsichtig auf (möglichst wenig Sauerstoff eintragen) und geh mit der Temperatur ggf. ein paar Grad nach Norden und wenn sich dann innerhalb von 2-3 Tagen nix tut, wird's Zeit für Deine zweifach geführte US05-Geheimwaffe.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 5. Dezember 2020, 19:17
von branch
Habe jetzt mal 1°C raufgeschraubt. Es scheint jetzt (nach ca. 4 Stunden) bereits wieder etwas häufiger zu blubbern. Mal schauen, was weiter passiert. Gehe morgen nochmal etwas rauf.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Montag 7. Dezember 2020, 11:02
von branch
Bin jetzt bei 16°C Gärtemperatur und habe die Hefe vorsichtig aufgerührt. Ich bilde mir ein, dass das die Gärung eine kleine Wenigkeit beschleunigt hat.

Habe dann ein klein wenig probiert und habe ein sehr deutliches Lakritz-Aroma wahrgenommen. Ich braue jetzt doch schon einige Jahre, darunter auch BWs, aber das ist mir bislang nicht gelungen. Bin gespannt, ob sich das Aroma in das fertige Bier retten kann.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Dienstag 8. Dezember 2020, 17:01
von branch
Noch immer bei 16°C: 7.9°P und somit 10% ABV und 68% SVG. US-05 wurde noch nicht aktiviert.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Freitag 11. Dezember 2020, 16:08
von branch
Habe die Hefe wegen Gärstopp vor 2 Tagen auf 18°C aufgewärmt: heute ist der BW bei 7.4°P und 70% SVG. US-05 wurde nicht verwendet.

Die Frage ist jetzt eher, womit ich mich zufrieden geben soll. Wenn's jetzt noch auf 72-73% raufgeht, kann ich's dann so belassen? Ich möchte, wenn möglich, eher nicht noch eine weitere Hefe reinkippen.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Dienstag 15. Dezember 2020, 21:35
von branch
Na, wer sagt's denn: der BW ist jetzt bei 6.9°P und somit 72% SVG. Ich werde jetzt warten, bis die Gärung stoppt und dann noch ein kleines Bisschen stopfen. Danach ab in die Flasche. Bin gespannt, wie gut die Flaschengärung klappen wird.

Habe mittlerweile bei Allen und Cantwell nachgelesen: beim BW sollte die FG zwischen 20% bis 28% der OG liegen. Somit liegt mein BW bereits in deren grünem Bereich.

Wie immer bewährt sich Geduld :Bigsmile

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 2. Januar 2021, 17:10
von branch
Das Experiment kann wohl als gescheitert betrachtet werden. Final Gravity liegt bei 6.7°P und gibt zwar einen SVG von 73% (und 10.7% ABV). Allerdings war der Weg dahin offenbar zu lang. Ich hab zwar am 20. Dezember etwa 3 dl Hefe geerntet und das Bier nachgären lassen. Aber da das Bier jetzt etwas nach Katzenfutter riecht, nehme ich an, dass hier die Autolyse schon eingesetzt hat.

Ich hatte das Problem noch nie. Ich nehme nicht an, dass sich der Autolyse-Geruch mit der Reifung verflüchtigt, oder?

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Samstag 2. Januar 2021, 17:59
von Barney Gumble
Tröste Dich, auch mein pseudo-barley wine am 20.05. gebraut (eher als triple-Stout anzusehen), ist nur stark alkoholisches Schwarzbier geworden. Die Hefe war die wlp004, auch bei mir zähes Ankommen. Einen echten barley wine -auch abgesehen von einer ausreichenden Carbonisierung- mit geschmacklich gut eingebundenem Zucker ist m. E. was schon ziemlich Schwieriges.

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Dienstag 5. Januar 2021, 10:23
von KCSteevo
Klingt spannend was raus kam. Wenn es U h nicht 100% für dich zufriedenstellend geworden ist. Kannst du trotzdem ggf dein r ezept Posten? Bin auch Grad an der Planung für Weihnachten. Dark Impact steht gerade oben mit dabei.
flying hat geschrieben: Sonntag 15. November 2020, 16:47 Ich hab mal einen Honig- Barleywine mit der W34/70 gemacht. 21 Plato angestellt und mit Honig nachgezuckert auf rechnerische 30 Plato. Die Gärung ist dann irgendwann eingeschlafen. Nach 6 Wochen habe ich den Barleywine ohne weitere Zuckergabe auf Flaschen gefüllt und für 4 Monate in den Keller gestellt.
Ich bezeichne das Bier immer noch als Wunder, da es ganz zufällig noch die perfekte Karbonisierung entwickelt hat. Es war einfach grandios lecker, süß und mit starken Honigaroma. Das fertige Bier hatte noch 17 Brix. Die Hefe hat rechnerisch 12° Vol. Alk geschafft.
Auch hier wär ein Rezept super wenn es so super nach honig geworden ist. Als Imker werd ich da hellhörig...

Grüße Stefan

Re: Barleywine mit falscher Hefe angestellt

Verfasst: Dienstag 5. Januar 2021, 18:55
von branch
Mein Rezept ist ziemlich simpel, da Smash: Maris Otter (100%, 60 min bei 68°, Abmaischen bei 76°C; im Doppelmaischverfahren), 4h Kochen (hab grad bei Allen und Cantwell gelesen, dass man nicht über 3h gehen soll) mit East Kent Goldings (34 IBU Bitterhopfen, 20 IBU Rest als Aroma, ein Viertel zum Stopfen). Und nächstes Mal nehme ich einen günstigeren Bitterhopfen, Smash hin oder her.

Hat 44 Liter mit 24.8°P und (gerechnet) 54 IBU ergeben.

Hefe hätte US-05 sein sollen, war aber W34/70 (diese Packungen sehen aber auch alle gleich aus). Vergoren wurde bis etwa 6.7-6.9°P (EasyDens ist sich hier nicht so sicher). ABV ist 10.7% und SVG 73%.