Erster Brautag - Mandarina Weizen
Verfasst: Montag 16. November 2020, 23:59
Hallo allerseits!
Nachdem ich hier im Forum schon jede Menge Berichte von Anderen gelesen habe, hier nun meine Dokumentation des ersten Brautages:
Gebraut wurde ein mit Mandarina Bavaria gehopftes Weizenbier, das Rezept stammt aus Ferdinant Laudages:"Craft Bier":
Schüttung:
2.500g Wiener Malz
2.500g helles Weizenmalz
Hopfen:
12g Mandarina Bavaria (70 Minuten Kochzeit)
20g Mandarina Bavaria (0 Minuten Kochzeit)
Hefe:
Danstar Munich Classic
Wasser:
18l Hauptguss
12l Nachguss
Das Katastrophenwasser und die Wasserkatastrophe
Vor Braubeginn hatte ich mir beim Versorger die Wasseranalyse heruntergeladen. Mir war schon vorher klar das unser Wasser evtl. nicht optimal zum brauen sein könnte, aber ein Blick auf die Werte überstieg dann die schlimmsten Befürchtungen:
Leitfähigkeit: 1240µS/cm
Gesamthärte: 26°dH
pH-Wert: 7,05
Calcium: 161mg/l
Magnesium: 16mg/l
Natrium: 70mg/l
Chlorid: 220mg/l
Sulfat: 120mg/l
Das kommt dabei heraus wenn man in der Nähe einer Solequelle wohnt...
Um wenigstens halbwegs vernünftige Werte zu bekommen war der Plan den Hauptguss voll zu entsalzen und den Nachguss aus der Leitung zu nehmen. Dazu habe ich mir wie hier beschrieben einen Mischbettvollentsalzer besorgt und in einem stabilen Rahmen verbaut. Im Zulauf ist noch ein ein Durchflussmengenbegrenzer (1l/min) eingeschraubt, damit das Harz nicht zu schnell durchströmt wird. Im Testbetrieb hat das Teil den Leitwert des Leitungswassers von 1240µS/cm auf 50µS/cm herunterbekommen, tat also genau was es soll.
Am Brautag habe ich dann den Hauptguss durch den Ionentauscher laufen lassen und zwischendurch ab und zu den Leitwert gemessen. Am Anfang lag er bei 60µS/cm, stieg nach 8 Litern auf 120 und war dann nach 10 Litern auf über 2500, also deutlich höher als das zugeführte Wasser
.
Ich hab das Wasser probiert, und es was sauer wie Zitronenlimonade! Eine genaue chemische Erklärung habe ich noch nicht, aber ich vermute das mein Leitungswasser den Ionentauscher in kürzester Zeit gesättigt und anschließend Ionen aus dem Mischbett gewaschen hat, die dann den pH-Wert ins Nirvana gejagt haben. Ich werde mal den Hersteller anschreiben und fragen ob er eine Idee hat was passiert ist und wie man das in Zukunft vermeidet.
Nachdem die Wasseraufbereitung am Brautag gründlich in die Hose gegangen war musste ich notgedrungen das unbehandelte Wasser verwenden. In der Hoffnung das etwas trinkbares dabei herauskommt habe ich die Hopfenmenge etwas reduziert. Zudem werde ich auf die Kalthopfung verzichten die eigentlich lt. Rezept geplant war.
Die Ausrüstung: Im Bild sieht man meinen Aufbau: Auf der linken Seite steht der 100l Behälter mit dem Wasser für's Würzekühlen. Der hatte die letzten Tage im Freihen verbracht und wurde morgens auf der Palette ins Haus gefahren. Daneben auf dem Tisch stehen die Kühlwasserpumpe, der Gähr- und Läuterbottich, der 35l Sudkessel von Polsinelli auf einem 7,5kW Hockerkocher sowie ein 20l Topf für den Nachguss. Mit dem Sudkessel bin ich sehr zufrieden, allerdings sollte man die auf der Polsinelli-Homepage beworbene Lieferzeit von ab 5 Tagen mit etwas Skepsis aufnehmen. Bei mir hat es 4 Wochen gedauert.
Das Ganze steht übrigens in unserer alten Schmiede. Nicht der ideale Platz, beim nächsten Mal werde ich wohl in unserer Waschküche aufbauen.
Um die Temperaturen besser zu überwachen habe ich das hier gebaut: Angezeigt wird die Temperatur von zwei angesteckten DS18B20 Sensoren, daneben die Solltemperatur, der Temperaturgradient in °C/min sowie die Zeit zum Ereichen der Solltemperatur in Minuten. Das Ganze ist per Wlan mit meinem Openhab System verbunden über das ich die Sollwerte eingeben und Temperaturverläufe anzeigen und mitloggen kann. Alles dient aber nur der Anzeige und Kontrolle, es ist kein Regelsystem für die Sudtemperatur!
Die Sensoren "schwimmen" nicht direkt im Sud, sondern werden in Tauchhülsen gesteckt die per Klemme am Topfrand befestigt sind. So können die Sensoren mit ihren langen Kabeln schnell zwischen verschiedenen Messstellen gewechselt werden, ohne das es zu einer Verschmutzung kommt.
Der Brautag
Das eigentliche Brauen lief dann recht entspannt ab. Wie man im Temperaturverlauf sieht (am besten drauf klicken), hatte ich am Anfang ein paar Probleme die Rasttemperaturen zu treffen, mit den 7,5kW des Hockerkocher hat man mehr als genug Leistung und ist Ruckzuck um 10°C über der gewünschten Temperatur. Später wurde es dann besser, ist halt alles eine Frage des Gefühls am Gashahn. An anderen Stellen habe ich mit zu viel Leistung aufgeheizt (steiler Gradient, so gegen 15:00 Uhr), das Resultat sind angebrannte Stellen in der Sudpfanne. Gut Ding will eben Weile haben...
Nach dem Maischen wurde in den Bottich umgefüllt und in der Läuterruhe der Nachguss auf 78°C aufgeheizt. Nach 4 Litern lief die Würze (relativ) klar aus der Läuterhexe, vieleicht sollte ich beim nächsten Mal noch etwas mehr vorschießen um ein noch besseres Ergebnis zu bekommen. Nachguss war auch kein Problem, am Ende lag ich dann bei 13°Plato. Ich habe noch etwas Leitungswasser zugegeben um nach dem Sieden auf den Zielwert von 12° zu kommen.
Dann wieder aufheizen bis zum Wallen (mit dem Gaskocher erwartungsgemäß kein Problem), 1. Hopfengabe und dann 70 Minuten kochen. 10 Minuten vor Schluss habe ich dann den Kühler zum sterilisieren eingesetzt, dann Feuer aus und die zweite Hopfengabe. Gekühlt wurde in der Pfanne. Ich habe zurerst 20l Leitungswasser durchlaufen lassen (und später zum Saubermachen genommen) und danach aus dem Wasserbehälter im Umlauf gekühlt. Nach einer knappen halben Stunde hatte die Würze 25°C, das Kühlwasser hatte sich von 11 auf 19°C erwärmt.
Einen Wirlpool gab es natürlich nicht, ich habe direkt nach dem Kühlen durch einen Monofilamentfilter abgesaiht in dem zwar einiger Schmadder hängen geblieben ist, das meiste blieb aber in der Sudpfanne. Mit 13°Plato bin ich nicht zu weit von den angepeilten 12° entfernt, allerdings sind es nur 18 Liter geworden. Beim nächsten mal also etwas mehr Verdampfen einplanen.
Die Danstar Munich Classic hatte ich bereits etwas vorher mit lauwarmen Wasser angesetzt. Sie ging auch gleich ab wie Schmidt's Katze und ist quasi selbstständig in den Gäreimer gesprungen. Deckel drauf, Röhrchen rein und den Eimer 20°C im Keller geparkt.
Einen Teil des Trebers haben unsere Hühner und meine Frau bekommen, die Hühner haben daraus Eier und meine Frau ein leckeres Brot gemacht.
Der Gärbottich blubbert im Keller munter vor sich hin, nach einem Tag habe ich die Hochkräusen abgehoben, das Zwischenergebnis schmeckt schon ein wenig wie (sehr bitteres) Bier, mal sehen was daraus noch wird.
Fazit
Abgesehen von dem Wasserproblem hat eigentlich alles geklappt wie geplant. An meiner Feinmotorik am Gashahn werde ich noch arbeiten müssen, die Handgriffe sitzen noch nicht, aber Hey! ich hab ja noch ein paar hundert Sude vor mir.
Ich bin gespannt wie trinkbar das Endergebnis wird, bei unserem Wasser gehe ich von einem recht intensiven "Geschmackserlebnis" aus.
Aber wenn's nicht schmeckt: Schnell austrinken und etwas neues brauen!
Nachdem ich hier im Forum schon jede Menge Berichte von Anderen gelesen habe, hier nun meine Dokumentation des ersten Brautages:
Gebraut wurde ein mit Mandarina Bavaria gehopftes Weizenbier, das Rezept stammt aus Ferdinant Laudages:"Craft Bier":
Schüttung:
2.500g Wiener Malz
2.500g helles Weizenmalz
Hopfen:
12g Mandarina Bavaria (70 Minuten Kochzeit)
20g Mandarina Bavaria (0 Minuten Kochzeit)
Hefe:
Danstar Munich Classic
Wasser:
18l Hauptguss
12l Nachguss
Das Katastrophenwasser und die Wasserkatastrophe
Vor Braubeginn hatte ich mir beim Versorger die Wasseranalyse heruntergeladen. Mir war schon vorher klar das unser Wasser evtl. nicht optimal zum brauen sein könnte, aber ein Blick auf die Werte überstieg dann die schlimmsten Befürchtungen:
Leitfähigkeit: 1240µS/cm
Gesamthärte: 26°dH
pH-Wert: 7,05
Calcium: 161mg/l
Magnesium: 16mg/l
Natrium: 70mg/l
Chlorid: 220mg/l
Sulfat: 120mg/l
Das kommt dabei heraus wenn man in der Nähe einer Solequelle wohnt...
Um wenigstens halbwegs vernünftige Werte zu bekommen war der Plan den Hauptguss voll zu entsalzen und den Nachguss aus der Leitung zu nehmen. Dazu habe ich mir wie hier beschrieben einen Mischbettvollentsalzer besorgt und in einem stabilen Rahmen verbaut. Im Zulauf ist noch ein ein Durchflussmengenbegrenzer (1l/min) eingeschraubt, damit das Harz nicht zu schnell durchströmt wird. Im Testbetrieb hat das Teil den Leitwert des Leitungswassers von 1240µS/cm auf 50µS/cm herunterbekommen, tat also genau was es soll.
Am Brautag habe ich dann den Hauptguss durch den Ionentauscher laufen lassen und zwischendurch ab und zu den Leitwert gemessen. Am Anfang lag er bei 60µS/cm, stieg nach 8 Litern auf 120 und war dann nach 10 Litern auf über 2500, also deutlich höher als das zugeführte Wasser

Ich hab das Wasser probiert, und es was sauer wie Zitronenlimonade! Eine genaue chemische Erklärung habe ich noch nicht, aber ich vermute das mein Leitungswasser den Ionentauscher in kürzester Zeit gesättigt und anschließend Ionen aus dem Mischbett gewaschen hat, die dann den pH-Wert ins Nirvana gejagt haben. Ich werde mal den Hersteller anschreiben und fragen ob er eine Idee hat was passiert ist und wie man das in Zukunft vermeidet.
Nachdem die Wasseraufbereitung am Brautag gründlich in die Hose gegangen war musste ich notgedrungen das unbehandelte Wasser verwenden. In der Hoffnung das etwas trinkbares dabei herauskommt habe ich die Hopfenmenge etwas reduziert. Zudem werde ich auf die Kalthopfung verzichten die eigentlich lt. Rezept geplant war.
Die Ausrüstung: Im Bild sieht man meinen Aufbau: Auf der linken Seite steht der 100l Behälter mit dem Wasser für's Würzekühlen. Der hatte die letzten Tage im Freihen verbracht und wurde morgens auf der Palette ins Haus gefahren. Daneben auf dem Tisch stehen die Kühlwasserpumpe, der Gähr- und Läuterbottich, der 35l Sudkessel von Polsinelli auf einem 7,5kW Hockerkocher sowie ein 20l Topf für den Nachguss. Mit dem Sudkessel bin ich sehr zufrieden, allerdings sollte man die auf der Polsinelli-Homepage beworbene Lieferzeit von ab 5 Tagen mit etwas Skepsis aufnehmen. Bei mir hat es 4 Wochen gedauert.
Das Ganze steht übrigens in unserer alten Schmiede. Nicht der ideale Platz, beim nächsten Mal werde ich wohl in unserer Waschküche aufbauen.
Um die Temperaturen besser zu überwachen habe ich das hier gebaut: Angezeigt wird die Temperatur von zwei angesteckten DS18B20 Sensoren, daneben die Solltemperatur, der Temperaturgradient in °C/min sowie die Zeit zum Ereichen der Solltemperatur in Minuten. Das Ganze ist per Wlan mit meinem Openhab System verbunden über das ich die Sollwerte eingeben und Temperaturverläufe anzeigen und mitloggen kann. Alles dient aber nur der Anzeige und Kontrolle, es ist kein Regelsystem für die Sudtemperatur!
Die Sensoren "schwimmen" nicht direkt im Sud, sondern werden in Tauchhülsen gesteckt die per Klemme am Topfrand befestigt sind. So können die Sensoren mit ihren langen Kabeln schnell zwischen verschiedenen Messstellen gewechselt werden, ohne das es zu einer Verschmutzung kommt.
Der Brautag
Das eigentliche Brauen lief dann recht entspannt ab. Wie man im Temperaturverlauf sieht (am besten drauf klicken), hatte ich am Anfang ein paar Probleme die Rasttemperaturen zu treffen, mit den 7,5kW des Hockerkocher hat man mehr als genug Leistung und ist Ruckzuck um 10°C über der gewünschten Temperatur. Später wurde es dann besser, ist halt alles eine Frage des Gefühls am Gashahn. An anderen Stellen habe ich mit zu viel Leistung aufgeheizt (steiler Gradient, so gegen 15:00 Uhr), das Resultat sind angebrannte Stellen in der Sudpfanne. Gut Ding will eben Weile haben...
Nach dem Maischen wurde in den Bottich umgefüllt und in der Läuterruhe der Nachguss auf 78°C aufgeheizt. Nach 4 Litern lief die Würze (relativ) klar aus der Läuterhexe, vieleicht sollte ich beim nächsten Mal noch etwas mehr vorschießen um ein noch besseres Ergebnis zu bekommen. Nachguss war auch kein Problem, am Ende lag ich dann bei 13°Plato. Ich habe noch etwas Leitungswasser zugegeben um nach dem Sieden auf den Zielwert von 12° zu kommen.
Dann wieder aufheizen bis zum Wallen (mit dem Gaskocher erwartungsgemäß kein Problem), 1. Hopfengabe und dann 70 Minuten kochen. 10 Minuten vor Schluss habe ich dann den Kühler zum sterilisieren eingesetzt, dann Feuer aus und die zweite Hopfengabe. Gekühlt wurde in der Pfanne. Ich habe zurerst 20l Leitungswasser durchlaufen lassen (und später zum Saubermachen genommen) und danach aus dem Wasserbehälter im Umlauf gekühlt. Nach einer knappen halben Stunde hatte die Würze 25°C, das Kühlwasser hatte sich von 11 auf 19°C erwärmt.
Einen Wirlpool gab es natürlich nicht, ich habe direkt nach dem Kühlen durch einen Monofilamentfilter abgesaiht in dem zwar einiger Schmadder hängen geblieben ist, das meiste blieb aber in der Sudpfanne. Mit 13°Plato bin ich nicht zu weit von den angepeilten 12° entfernt, allerdings sind es nur 18 Liter geworden. Beim nächsten mal also etwas mehr Verdampfen einplanen.
Die Danstar Munich Classic hatte ich bereits etwas vorher mit lauwarmen Wasser angesetzt. Sie ging auch gleich ab wie Schmidt's Katze und ist quasi selbstständig in den Gäreimer gesprungen. Deckel drauf, Röhrchen rein und den Eimer 20°C im Keller geparkt.
Einen Teil des Trebers haben unsere Hühner und meine Frau bekommen, die Hühner haben daraus Eier und meine Frau ein leckeres Brot gemacht.
Der Gärbottich blubbert im Keller munter vor sich hin, nach einem Tag habe ich die Hochkräusen abgehoben, das Zwischenergebnis schmeckt schon ein wenig wie (sehr bitteres) Bier, mal sehen was daraus noch wird.
Fazit
Abgesehen von dem Wasserproblem hat eigentlich alles geklappt wie geplant. An meiner Feinmotorik am Gashahn werde ich noch arbeiten müssen, die Handgriffe sitzen noch nicht, aber Hey! ich hab ja noch ein paar hundert Sude vor mir.
Ich bin gespannt wie trinkbar das Endergebnis wird, bei unserem Wasser gehe ich von einem recht intensiven "Geschmackserlebnis" aus.
Aber wenn's nicht schmeckt: Schnell austrinken und etwas neues brauen!