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Röstgerste selber rösten

Verfasst: Montag 10. Mai 2021, 15:10
von hebi_19
Hallo liebe Amateurbrauer

Bei meiner Recherche zum Rösten habe ich ja diverse Fäden hier im Forum gefunden mit einem schon großen Grundtenor: "warum tust Du dir das an" - "...kostet doch nicht die Welt" - "...einfach mitbestellen..."

Von daher eine kurze Begründung, warum ich heute trotzdem einen Versuch zum Selberrösten unternommen habe:

* die letzte Bestellung bei HuM ist noch unterwegs und da hatte ich noch nicht dran gedacht, ein Stout zu brauen
* ich neige insgesamt zum experimentieren - ohne Experiment macht mir das Brauen, wenn überhaupt deutlich weniger Spass.
* Ich habe meinen ersten Urlaubstag und suchte eine kurzweilige und wenig anstrengende Tätigkeit auf meiner Terasse bei dem schönen Wetter
.......

Heute Morgen bin ich im Biomarkt beim Milch und Frischgemüsse kaufen direkt an einer Packung "Nacktgerste" vorbei gelaufen - das hat mich zusätzlich inspiriert.
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Bei den wenigen Beiträgen im Forum steht immer wieder was von der großen Rauchbelastung und dadurch hevorgerufenes Küchenverbot. Deshalb kam mir die Idee meinen Gasgrill auf der Terasse zu benutzen. Ein Napoleon von Triumpf mit 3 Brennern. 500 g Gerste habe ich in einer Aluschale (ursprünglich mit gefrorenen Doraden gefüllt) ausgebreitet. Um möglichst nur die "Umluft" zu nutzen und die Gerste nicht durch einen Brenner darunter am Boden zu verbrennen habe ich unter die Aluschale meine Gussplatte gelegt. Und um auch von der noch etwas Abstand zu haben noch den schmalen Grillrost dazwischen.
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Und dann habe ich innerhalb 1 Stunde mit 2 Rasten auf 210° C aufgeheizt wie im Wiki beschrieben. Dies ging mit den beiden äußeren Brennern, der mittlere war noch aus.
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Schon während dieser Anwärmphase habe ich alle 15 min großzigig mit einem Spatel in der Gerste gerührt.

Um jetzt mit der Temperatur noch höher zu kommen kam jetzt der mittlere Brenner auf Sparflamme dazu. Es ging innerhalb von 2 Minuten auf 230°C und ab jetzt wurde alle 10 Minuten gerührt. Rauchentwicklung war fast nur beim Öffnen der Haube zum Rühren. Ohne Spelzen scheibar sehr wenig Rauch. Mit einem Löffel habe ich beim Rühren ein paar Körner entnommen und den Mehlkörper auf Farbe geprüft. Als der nach Schwarz umschlug war die Gerste auch schon ganz schön schwarz geröstet - das war dann nach 40 Minuten auf dieser Stufe der Fall:
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Um die Entwicklung zu zeigen habe ich hier mal links die Rohfrucht - in der Mitte den Status nach 1 Stunde vorwärmen und rechts meine fertige Röstgerste:
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Nach den 40 Minuten habe ich die Röstgerste aus dem Grill genommen, zum Abkühlen erst etwas obligatorisch mit Wasser besprüht und dann auf einen viel größeren Backblech ausgebreitet.

Von der kalten Röstgerste habe ich dann eine Probe gemhalen (Feinheit wie Filterkaffe) und 4 Gramm abgewogen. Diese wurden mit 300ml Wasser von 75°C übergossen und nach 20 Minuten ein Foto gemacht:
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Färbekraft also absolut ausreichend -> pechschwaz. Dosierung ca 13 g/l was in etwa den Rezepten entspricht. Der abgekühlte Auszug schmeckte ein ganz klein wenig bitter-röstig aber eigentlich gar nich unangenehm in Richtung "brenzlig". Wie es im Guiness-Klon wird werde ich in ein paar Wochen posten können.

Das Experiment hat Spass gemacht und ich freu mich auf den Stout-Brautag. Möcht noch in meinem Urlaub dazu kommen, also zweite Hälfte nächste Woche.

Während man auf den richtigen Röstgrad wartet hat man Zeit zum sinnieren - man könnte aus einer Konservendose ja eine Trommel bauen und vom Grillmotor antreiben lassen - selbstgemachtes Röstmalz und -Gerste statt Broiler vom Spieß.......

Grüße vom Amateurbrauer
Martin

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Montag 10. Mai 2021, 18:30
von Augenfeind
Ein sehr schöner und detaillierter Bericht, danke! Bestimmt wird die eine oder andere (ich benutze immer mal wieder die weibliche Form, auch wenn es hier offensichtlich und leider so gut wie keine Frauen im Forum gibt) dadurch inspiriert, das auch mal zu probieren! Ich nicht, aber ich finde den Bericht trotzdem sehr interessant.

Grüße, Roman.

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Sonntag 16. Mai 2021, 20:31
von CB_binningen
Wenn ich ein Stout oder Red Ale braue, gebe ich ein Pfund selber geröstete Haferflocken dazu. Die lasse ich bei 150° im Umluftofen schön braun werden. Bringt neben der Farbe auch ein nussiges Aroma ins Bier, was ich als lecker und bekömmlich empfinde.

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Donnerstag 9. September 2021, 16:17
von Maxwell
Ich habe heute zum ersten mal Haferflocken geröstet und das Ergebnis war direkt bei 150°für 30 Minuten bei Umluft sehr zufriedenstellend. Es roch auch sehr angenehm in meiner Küche. Ich habe allerdings keine normalen Haferflocken aus dem Supermarkt verwendet, sondern hatte sie bei einem Hobbybrau-Versand bestellt. Vorteil dieser ist, es ist kein Hafermehl dabei wie es bei Haferflocken aus dem Supermarkt der Fall ist.
Ich würde ja ein Bild hochladen aber ich habe leider keine Ahnung wie das hier funktioniert.

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Donnerstag 9. September 2021, 18:02
von Seed7
Ohne spelzen ist es einfacher. Mit roggen geht es auch. Es ist aber nicht nur die rauchentwicklung, besonders wenn man fuer schwartz geht. Es ist auch die chance das man aschengrau bekommt.
Eine andere sache ist das es sich im kern produkte formen die ueberhaupt nicht schmecken. Bei laengere erhitzung und hoehere temperaturen wird man die wieder los. Praktisch, die farbe sollte nicht im ~250 - 600 EBC bereich liegen und man sollte das gerostete einige wochen in einer papiertuete aufbewhren um noch einges ausdampfen zu lassen.

Eine kaffeebrenner/trommel funktioniert auch fuer rohfrucht oder malz.

Ingo

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Donnerstag 9. September 2021, 19:30
von Barney Gumble
Also ich hab das früher als ich noch single war immer selbst gemacht, das mit dem nussigen Geschmack, naja ok, zT vielleicht mehr als beim gekauften, aber nicht immer.
Problem ist, wir können das unregelmäßige leichte Anbrennen mit so einem leichten Ausbluten von Kohle von innen nach außen nicht gänzlich verhindern oder es wird halt nur ein Brown malt. Nur wenden ist nicht wie trommelrosten da ist es automatisch besser homogen.
Den Geruch halte ich nicht mehr aus..
Aber ich will keinen abhalten es mit verschiedenen Mitteln selbst zutun, ist ja schließlich ist das wie oft gesagt ja Part unseres Hobbies
VG
Shlomo

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Freitag 15. Oktober 2021, 21:53
von Pura Vida
hebi_19 hat geschrieben: Montag 10. Mai 2021, 15:10 Das Experiment hat Spass gemacht und ich freu mich auf den Stout-Brautag. Möcht noch in meinem Urlaub dazu kommen, also zweite Hälfte nächste Woche.
Hallo Martin, hast du inzwischen mit der Röstgerste gebraut und kannst mit Ergebnissen dienen? Ich überlege, Roggen oder Weizen(malz) selber zu rösten.

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Dienstag 12. April 2022, 23:43
von hebi_19
Hallo Pura Vida

Sorry - ich war einige Zeit nicht aktiv weil es beruflich ziemlich drunter und drüber ging - aber das neigt sich jetzt dem Ende..........

Ja, ich habe ein Stout nach Guiness-Art und das "Piratenbier" damit gebraut. Wahrscheinlich weil ich Nacktgerste, also spelzenfrei geröstet habe waren keine unangenehm brenzligen Aromen zu schmecken - beide Biere sind top angekommen. Ich werde mit selbstgeröstetetn Malzen weiter experimentieren.....ab August bin ich dann Rentner, da gibts dafür hoffentlich mehr Zeit.

Grüße aus Franken - Martin

Re: Röstgerste selber rösten

Verfasst: Donnerstag 14. April 2022, 22:22
von Pura Vida
Hallo Martin,
vielen Dank für deine Antwort.
Das hört sich doch sehr gut an. Momentan habe ich zwar noch etwas gekauftes Roggenröstmalz da, aber wenn das mal zur Neige geht werde ich wohl auch mal einen Röstversuch starten.

Grüße ebenfalls aus Franken, Philipp