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Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 16:30
von bert2020
Hi,
bisher habe ich nur obergärige gebraut und habe jetzt gesehen das auch bei untergärigen Bierstilen einige Rezepte bei maischemalzundmehr zu finden sind und diese auch durchaus gut bewertet wurden.
Beispiele für bei Zimmertemperatur gebraute Biere:
Helles 1
Helles 2
Kellerbier
Maibock
Sind diese geschmacklich denen bei niedrigen Temperaturen unterlegen?
Mir ist das völlig neu, das man auch diese Sortern bei Zimmertemperatur gären kann.
Jetzt fehlt mir nur noch ein Rezept für ein Pils bei Zimmertemperatur

Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 16:38
von emjay2812
Man kann jede Sorte obergärig vergären, nur ob das dann stiltypisch ist, ist zu bezweifeln.
So rein wie untergärig kann man obergärig gar nicht brauen, es gibt aber Hefen, die sich
dem untergärigen annähern (Muntons Gold, Brewferm New World). Das geht schon in
die richtige Richtung.
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 16:57
von Boludo
Es geht nicht um ein "reines" Geschmacksprofil, sondern um ein verschiedenes.
Untergärige Hefen haben einen etwas anderen Stoffwechsel und erzeugen dadurch andere Aromen, die es so bei obergärigen Bieren nicht gibt.
Selbst das "neutralste" obergärige Bier wird niemals wie ein untergäriges schmecken.
Ob man sensorisch so weit geschult ist, dies zu bemerken, ist eine andere Frage.
Bevor man aber eine untergärige Hefe mangels Kühlung oder vernünftigem Hefemanagenent nicht richtig einsetzen kann, macht man das Bier lieber gleich obergärig, da ist der Schaden geringer.
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 17:33
von Sebasstian
Die im Eingangbeitrag verlinkten Rezepte sind doch alle obergärige Biere. Deswegen verstehe ich die Frage irgendwie nicht.
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 17:40
von maecki-maecki
Also die von Dir verlinkten Rezepte sind alle obergärig. Bei den dabei ausgesuchten Bierstilen gibt es jeweils einfach obergärige (z.B. altdeutsches Helles) und untergärige (z.B. Münchner Helles) Varianten. Gilt für Bock und Kellerbier genauso. Aber es gibt kein ‚obergäriges Pils‘
Und wenn Dich untergärige Bierstile interessieren, braue doch das Original:
Es gibt etliche untergärige Hefen, die bei ‚Zimmer‘ Temperaturen gut funktionieren (oft als ‚Hybrid‘ bezeichnet) wie zum Beispiel Mangrove Jack M54 ( 18-23°) oder Lallemand Nova Lager (10-20°)
Also an Deiner Stelle würde ich einfach sowas wie die Nova mal ausprobieren.
Mäcki
P.S.: Und auch einige klassische untergärige Hefen funktionieren bis in die 20-er Celsius wie z.B. Fermentis S-23 oder W34/70 oder S-189 (alle 9-22°), erzeugen aber im höheren Bereich kein so ‚cleanes‘ Bier mehr wie bei tieferen Temperaturen.
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 17:53
von brauflo
Verwirrung kann entstehen, wenn für Biere, die mit obergärigen Hefen vergoren werden, Namen klassischer untergäriger Bierstile verwendet werden.
Die angeführten MMuM -Rezepte sind dafür gute Beispiele.
Es empfiehlt sich - und das hat tauroplu genau so getan - im Namen einen Hinweis auf die stiluntypische Verwendung einer obergärigen Hefe zu geben..
Beispiele:
Der oben angeführte Maibock (obergärig) von Tauroplu
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... g%C3%A4rig
Oder auch das hier sehr gerne nachgebraute
"Michas OG Märzen" (ebenfalls von Tauroplu) das konsequent eben nicht in den UG-Stil "Märzen" eingeordnet wurde, sondern schlicht in die (OG)-Kategorie "Bitter"
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... g%C3%A4rig
Damit wird es klarer, daß hier bewusst vom Ursprungsstil abgewichen wurde.
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 17:57
von ggansde
Aber genau ist doch das Problem (egal, wie man das Produkt nennt): Es gibt kein OG Märzen oder einen OG Maibock.
VG, Markus
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 18:06
von brauflo
Da bin ich ganz bei Dir, Markus. Leider existieren diese Kreationen aber auf MMuM und stiften Verwirrung...
VG
Florian
bert2020 hat geschrieben: ↑Donnerstag 2. März 2023, 16:30
Jetzt fehlt mir nur noch ein Rezept für ein Pils bei Zimmertemperatur
Und so etwas ist halt ein Widerspruch in sich - das wird alles, aber eben kein Pils.
Edit:
Kreis zur Ursprungsfrage geschlagen
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 18:29
von Boludo
maecki-maecki hat geschrieben: ↑Donnerstag 2. März 2023, 17:40
Es gibt etliche untergärige Hefen, die bei ‚Zimmer‘ Temperaturen gut funktionieren (oft als ‚Hybrid‘ bezeichnet) wie zum Beispiel Mangrove Jack M54 ( 18-23°) oder Lallemand Nova Lager (10-20°)

Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Donnerstag 2. März 2023, 22:01
von afri
Genau, das ist wie mit Öl-Fragen im Motorradforum. Das Kind MUSS einen Namen haben, auch wenn OG Pils nicht passen will. Schmeckt's oder nicht, das ist entscheidend.
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Freitag 16. Juni 2023, 15:06
von Ludgerus
@bert2020: Ich hab es noch nicht gebraut, aber es steht auf meiner toBrew Liste ganz oben (zutaten sind auch schon da...

). Kann noch nix zum geschmack Sagen, und ja ich weiss - es ist kein Pils - aber daher ja auch der Name
Veik Pils
LG
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 08:59
von Innuendo
Mein Vorschlag lautet: Pils:innen i. S. v. männlich UG und die Mädels OG
Ich fände die Erfahrungen im Umgang mit NovaLager (Anstelltemperatur, Gärverlauf...) interessanter.
Innu
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 09:17
von Spittyman
Die M54 würde ich nicht empfehlen!
viewtopic.php?t=31146#p482897
Grüße
Fabian
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 10:10
von ggansde
afri hat geschrieben: ↑Donnerstag 2. März 2023, 22:01
Genau, das ist wie mit Öl-Fragen im Motorradforum. Das Kind MUSS einen Namen haben, auch wenn OG Pils nicht passen will. Schmeckt's oder nicht, das ist entscheidend.
Wenn man es trinkt hast du Recht, wenn man darüber spricht hast du Unrecht.
VG, Markus
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 11:56
von gulp
ggansde hat geschrieben: ↑Donnerstag 2. März 2023, 17:57
Aber genau ist doch das Problem (egal, wie man das Produkt nennt): Es
gibt kein OG Märzen oder einen OG Maibock.
VG, Markus
Servus Markus,
darauf folgt ein klares Jein.
Bis 1883 (Hansen, Reinzuchthefe) gab es nur "Hybridhefen"und nur die Temperatur bei der Gärführung hat über ober- und untergärig entschieden. Es gibt eine Anleitung aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie man aus obergäriger Hefe untergärige heranführen kann (Heiß). Jetzt könnte man natürlich sagen Der Begriff "Maibock" entstand ja erst im späten 19. Jahrhundert und seitdem wird er auch untergärig gebraut. Der "Ur(Mai)bock" von 1612 war aber mit ziemlicher Sicherheit obergärig. Siehe auch hier:
https://biergrantler.de/04/2023/maibock ... igentlich/
Märzen dagegen kann alles sein. Das wurde halt im März gebraut, um für die Zeit bis Oktober Bier zu haben.
Natürlich zweifelt heute niemand daran, dass Märzen und Maibock untergärig gebraut werden, aber es war halt nicht immer so.
Gruß
Peter
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 12:46
von §11
Natürlich zweifelt heute niemand daran, dass Märzen und Maibock untergärig gebraut werden, aber es war halt nicht immer so.
Das ist, IMHO, ein allgemeines Verständnisproblem. Viele denken das Bierstile über die Zeit absolut statisch waren. Dem ist aber mitnichten so. Bierstile haben sich über die Zeit oft extrem verändert. Sie wurden ja, im historischen Kontext, nicht als Bierstil verstanden sondern als „das Bier“ das es in einer Stadt/ Region gibt. Entsprechend wurde es den äußeren Umständen entsprechend angepasst.
Als Beispiel, es gab Zeiten da wurde Gräzer nur aus Gerste gebraut.
Cheers
Jan
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 16:14
von Commander8x
Alles richtig. Aber will ich als Brauer eine historische Vorlesung halten, wenn sich meine Kunden über ein den aktuellen Gepflogenheiten zuwider gebrautes OG Märzen wundern?
Gruß Matthias
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 16:42
von renzbräu
Nö, wahrscheinlich nicht. Das Marketing verwendet gerne Begriffe wie "historisch", "original Rezept/Brauverfahren", "Ur-" ob sie passen oder nicht. Letzteres ist mir immer wieder gerade bei Bieren aufgefallen, die neu auf den Markt kommen, dem Zeitgeist entsprechen - gerade als die Kellerbiere Mode wurden. Aber sicher nicht ursprünglich im Sinne von historisch korrekt, da sie es nicht sind und sein können. Bei der Vermarktung unter dem Etikett Zoigl war der Effekt auch schon zu beobachten. Bei der Kundschaft zieht es scheinbar. Warum nicht soll es nicht andersrum auch funktionieren?

Als Hobbybrauer beschäftigt man sich mit so Vielem, warum nicht auch mit der Herkunft und dem historischen Kontext?

Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 20:25
von Commander8x
renzbräu hat geschrieben: ↑Samstag 17. Juni 2023, 16:42
Als Hobbybrauer beschäftigt man sich mit so Vielem, warum nicht auch mit der Herkunft und dem historischen Kontext?
Diese Teufelskerle, sagenhaft. Manche sollen sogar brauen, hat mir mal einer erzählt.....
Gruß Matthias
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Samstag 17. Juni 2023, 20:58
von renzbräu
Die Hobbies im Hobby sind halt verschieden verteilt...
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Sonntag 18. Juni 2023, 14:12
von hkpdererste
Diese komplette Unterscheidung wird doch spätestens dann ad absurdum geführt wenn bei der genetischen sequenzierung mal wieder festgestellt wird, dass der als untergärig bekannte Hefestamm doch eigentlich obergärig ist und umgekehrt. Eigentlich müsste man bei diesen Diskussionen immer den konkreten Stamm mit angeben.
Re: Untergärige Bierstile bei Zimmertemperatur gären (Quailitätsunterschied)?
Verfasst: Sonntag 18. Juni 2023, 16:14
von flying
Die untergärigen Stämme gehen auf eine Vielzahl von Hybridisierungen zurück. Mittlerweile nimmt man an, dass die Gene von S. Eubayanus aus der Mongolei stammen. Gab es zu Beginn der Reinzucht-Ära noch Hybriden mit 2 Dritteln Eubayanus Genen und 1 Drittel S. Cerevisia, sind die mittlerweile wieder verschwunden. Die berühmte Carlsberg No. 1 war so ein Hybrid, der Saaz- Typ.
Heute sind alle untergärigen Hefen Frohberg- Typen. Halbe- halbe Eubayanus und S. Cerevisia.
Man kann natürlich auch klassische untergärige Bierstile mit der WLP 800 "Pilsner Lager" vergären. Schön kalt vergoren sicher absolut stilsicher...nur eben obergärig.
