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Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 13:10
von flying
Hi Leute,

ich möchte mal das Für und Wieder beleuchten. Die Hintergründe stammen aus dem Weinbereich, können aber auf unfiltriertes Hobbybrauerbier ausgeweitet werden. Beim Wein gilt Trockenhefe oftmals als Aromenfresser.

Eine mehrfach geführte Erntehefe gibt bei der Autolyse viele Aromastoffe wie Mannoproteine und Aminosäuren ab. Damit meine ich nicht den Maggi-Autolysegeschmack. Das ist nur das Endstadium. Eine Trockenhefe, die nie einen Gärzyklus hinter sich hatte, gilt in dieser Richtung eher als aromaarm.

http://www.schneider-oenologie.com/down ... aerung.pdf

Gibt es Erfahrungen die das bestätigen?

m.f.g
René

Re: Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 13:48
von brubbelmichi
Guten Tag,

hab das PDF zwar nur überflogen, aber so wie ich das sehe, beschäftigt sich der Artikel eher damit, dass man Weine nach beendeter Gärung nicht sofort filtern soll, sondern ein paar Monate mit Feinhefe lagern, und dann erst filtern soll, was wohl positive Auswirkungen auf den Geschmack hat.
Nun kenn ich mich mit Traubenweinen nicht so gut aus (bin ich auch nicht dran interessiert), habe aber schon einen Apfelwein hinter mir und ein Met gärt gerade im Eimer vor sich hin. Erntehefe kann ich hier nicht verwenden, da ich so lange nachzuckere, bis die Hefe den Alkoholtod stirbt. Trockenhefe war hier also für mich das Mittel der Wahl, und zumindest der Apfelwein bisher ist wirklich gut geworden. Nun habe ich damals keine Schönung vorgenommen, und die Selbstklärung war auch eher so... naja^^ Es war ein leicht hefetrüber (wird wohl Feinhefe gewesen sein?) Wein, und bis auf die Optik im Glas war er sehr schmackhaft.

Ein anderer Aspekt: Traubenweine haben nicht selten mehr als 10% Alkohol, wäre die Erntehefe da noch soweit fit genug, einen weiteren Wein zu vergären? Nun können die meisten Weinhefen 14-16% Alkohol produzieren, wenn man ihnen genug Zeit lässt, aber ob sie einen neuen Ansatz sauber durchgären würden, weiß ich nicht. Nimmt man in der Praxis bei Weinen Erntehefen?

Im Artikel ist von Trockenhefen die Rede, die nach der Gärung dazugegeben werden, um diese Autolyse-Geschmäcker zu imitieren (mit wenig Erfolg), soweit ich das verstanden habe. Der Most wird vor der Gärung schon stark geklärt, sodass wenig Trübstoffe vorhanden und die Vermehrung der Hefe (nicht der Trockenhefe, die nach der Gärung dazugegeben wird) gehemmt wird, weswegen am Ende zu wenig Hefe zum Aufrühren im Ansatz ist, weshalb man Trockenhefe dazu gibt, um dies zu beheben. (Trifft das auch auf Bier zu? i.A. dosiert man die Hefe bei Bier höher als bei Wein, also eher nicht?)
Das aufrühren der Weine praktiziere ich übrigens auch, wie auf fruchtweinkeller.de beschrieben.

MfG

brubbel

Re: Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 14:10
von flying
Ok, der Weinartikel sollte jetzt nur zur Veranschaulichung dienen..Mir geht es darum. Ist es zum Beispiel sinnvoller, ein Fränkisches Landbier mit einer mehrfach geführten Erntehefe anzusetzen und etwas länger auf der Hefe stehen zu lassen (Long Primary). Gibt es eine geschmacksverstärkende Wirkung durch die Mannoproteine der langsamen Autolyse. Wirkt das Bier dadurch vollmundiger, kräftiger und würziger und ist das etwas, was man mit Trockenhefe nicht hinbekommt?
Ich meine ja, aber habe nicht genügend Informationen.

Re: Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 14:16
von brubbelmichi
Findet die langsame Autolyse denn nicht auch bei Trockenhefen statt, wenn das Bier schon in der Flasche ist und einfach bei Raumtemperatur gelagert wird? Wenn der Zucker zur Karbonisierung aufgebraucht ist, legt sich die Hefe ja auch schlafen und autolysiert langsam vor sich hin, egal ob Trocken- oder Erntehefe. Zu diesem Zeitpunkt hat die Trockenhefe ja auch schon eine Gärung durchlaufen und kann meiner Meinung nach diese geschmacksverstärkenden Proteine bilden.
Auf der anderen Seite sieht man z.B. bei der W34/70, dass sie sich erst in zweiter Führung wohl fühlt und ein Stückchen tiefer vergärt als in erster Führung, aber inwieweit sich das auf die Fähigkeit auswirkt, geschmacksverstärkende Stoffe zu bilden? Da bin ich dann doch überfragt :)

Re: Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 14:23
von flying
Mehrfach geführte Erntehefen haben schon etliche Durchläufe in Bier hinter sich. Sie stecken schon voller besagter Aromastoffe und natürlich auch Totanteilen. Ist bei Trockenhefe nicht der Fall. So habe ich es dem Artikel entnommen. Außerdem muss man bei Bier bedenken, dass die Verweilzeit auf der Hefe zur Hauptgärung deutlich kürzer ist. Danach wird es ja abgeschlaucht von der Hefe.

Das kann sich auf einige Biertypen positiv auswirken, auf andere wieder negativ. Die Frage ist, auf welche..?

Re: Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 14:26
von GamZuBo
Meines wissens nach ist Autolyse in dem Moment wo ich einen neuen Sud anstelle nicht wichtig. Da die ausgeschütteten inhaltstoffe der verendeten Hefezellen von den Nachkömmlingen verstoffwechselt werden. Gefährlich wird es dann, wenn kein Extrakt und keine neuen Hefezellen nachkommen welche die Stoffe aufnehmen und verarbeiten.

Ein ganz klares Plus ist natürlich die Hefe ist viel vitaler und auch die Hefe sedimentiert besser. Also aus jeder Staubhefe wird irgendwann eine Bruchhefe. Natürlich sollte man die Hefe nicht 3 Wochen im Kühlschrank lagern 24-48 Std. sollten nicht überschritten werden allerdings mach ich schonmal 7 Tage in der Praxis. Danach bemerke ich aber einen deutlichen rückgang im Extraktabbau. Es dauert länger.

Wie das die anderen halten mit infektion etc. ist eine ganz andere Sache.

http://www.institut-romeis.de/veroeffen ... 1-2009.pdf

Re: Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 14:30
von flying
Na ja, der Kanon der Weihenstephaner Lehre ist klar. Hefe möglichst jung und frisch und dann schnell runter mit dem Bier von ihr. Ob das aber in jedem Fall stimmen muss, versuche ich herauszufinden.

Re: Trockenhefe vs. Erntehefe

Verfasst: Mittwoch 14. Oktober 2015, 14:32
von Flat
Ab etwa 22min30sek gehts in folgendem Video der Queensland Homebrewing Conference 2011 auch um repitching. Zufällig grad angeschaut... :Bigsmile , vielleicht ja auch für euch interessant...

https://www.youtube.com/watch?v=tJkal3zkN7s