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Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 10:12
von Ursus007
So, zwar denkt man, dass man nach 3 Jahren und 39 Suden so halbwegs die Routine hat, aber nix is ...
Beobachtung:
Den letzten Schluck beim Abfüllen in die Flaschen hab ich probiert: Sauer. Nicht schlimm, nicht eklig. Aber auch eines anständigen Bieres nicht würdig.
Was ist passiert:
Normalerweise braue ich ja Vollmaische, ein paar Experimentalsude mach ich aber gern auf die Schnelle mal mit Flüssigmalzextrakt. Diesmal hab ich total verdrängt, dass ich Brauwasseraufbereitung ja hauptsächlich nur für die Maischarbeit brauche, die mit Extrakten ja bereits vollzogen wurde. Ich hab also - und das haut dem Faß die Krone ins Gesicht - 3ml Milchsäure 80% auf 6l Wasser gegeben. Normalerweise nehm ich 5...6 ml pro 20l bei Vollmaische, das passt immer gut. Bitte nich fragen warum, ich schüttel schon über mich selbst den Kopf (und wollte den Beitrag schon unter die "Blödsten Braufehler" einordnen, aber hier denke ich, bekomme ich mehr Antworten, ohne den Blödsten-Fehler-Thread zu zerschießen ...).
Trotz "Experimentalsud" mag ich mich aber mit dem säuerlichen Geschmack nicht so recht anfreunden.
Also nun bitte ein paar Fragen:
1.
Kann die Säure von der Milchsäure kommen? (Ich will mir jetzt nicht noch so 'nen Wasser-Milchsäure-Cocktail mixen um zu probieren ...)
2.
Oder kann das von den Zutaten (siehe unten) kommen (die ich eben noch nicht verwendet habe und daher deren eventuelle Auswirkungen mir nicht bekannt sind). Auch die zu Beginn eingesetzte Hefe hatte bei mir Premiere.
3.
Oder hab ich 'ne Infektion (glaub ich aber (Stand jetzt) nicht).
4.
Wie kann ich das Gebräu retten?
Würde dieses tun: Zurück aus den Flaschen in den Gärpot, ausgären lassen, Milchzucker zur Säurekompensation zugeben, nochmal Karbo-Zucker dazu und wieder abflaschen?
Danke für konstruktive Hinweise.
Ursus
PS:
Eh Ihr fragt, hier die Fakten:
Würzemenge bei Kochbeginn: >6l, Abfüllmenge 5,5l.
Es waren diesmal beteiligt: 450g Malzextrakt, 375ml Ahornsirup, Mascobado, Malzkaffee (Zutat: Gerstenmalz), Vanille, Bitterschokolade, Röst-6-Korn (selbst im Ofen mittel- bis dunkelbraun angeröstete 6 Korn-Mischung aus Gerste, Weizen, Roggen, Hafer, Dinkel, Buchweizen - wohlgemerkt 6-Korn und nicht 6-Malz!)
STW: 12,6°P
Hopfen: Hall. Hersbrucker (VWH), Kochzeit 30'
Hefe war die Mauribrew Draught, nach 9 Tagen HG und noch sehr süßem Geruch hab ich noch 1/3 Packerl (3...4g) WB-06 zugegeben, beide Hefen normal rehydriert in Leit.-Wasser.
HG insgesamt bis zur Abfüllung: 21 Tage bei 18°C.
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 10:56
von nacron
Mal ne kleine Frage hast du den pH mal gemessen?
Ich hatte bei meinen letzten röststarken Bieren auch das problem das es einen ticken zu sauer/adstringierend wurde. Sehr dunkle malze senken den pH ordentlich ab.
Wenn dein pH bei 4.2 oder drunter liegt dann kommt das schon einigermaßen sauer rüber.
Ich könnte mir gut vorstellen das deine Röstmischung was dazu beiträgt, sowas kann definitiv vom Röstmalz kommen.
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 11:04
von Ursus007
Danke für den Tipp.
Nee, pH hatte ich nicht gemessen, will es aber in jetzigem Zustand nochmal nachholen. Aber es war kein RöstMALZ beteiligt, nur unvermälztes RöstKORN, geröstete Rohfrucht sozusagen. Führt die zu dem gleichen säuerlichen Ergebnissen? Oder kann dazu führen? Wie geschrieben, hattes ich es so noch nicht probiert ...
Ursus
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 11:15
von masch1
Hatte das gleiche Problem mit einem Kölsch (auch Milchsäue zu spät zugegeben) auch da hatte ich einen säuerlichen Geschmack im Bier
der wurde zwar weniger aber war noch da!
Ich hab mehr CO² aufs Fass gegeben dann war der saure Geschmack kaum mehr raus zu kennen
Hubert
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 11:15
von philipp
Ursus007 hat geschrieben: Milchzucker zur Säurekompensation zugeben, nochmal Karbo-Zucker dazu und wieder abflaschen?
Das würde ich nicht tun. Zucker kompensiert m.E. nach keine Säure (sonst würden Haribos saure Schnüre ja ziemlich neutral schmecken).
Wenn du eh schon abgefüllt hast, würde ich mal warten. Wenn es dann mit der Zeit immer saurer wird, war es eh eine Infektion - dann hilft alles nichts.
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 12:01
von nacron
Könnte man nicht den PH mit sowas wie Natriumhydrogencarbonat wieder um ein paar Pünktchen nach oben bringen?
Und ja jegliche dunklen Malze senken den PH in der Maische:
http://braukaiser.com/wiki/index.php?ti ... pH_control unter Grist da gibts ne Übersicht wie tief der PH fällt bei welchem Malz.
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 12:10
von tauroplu
Hi, sowas hab ich mal geprüft und es ist im
Wiki zu finden. Es soll lediglich eine generelle Tendenz aufzeigen, in welche pH-Richtung welches Malz geht. Ist kein wissenschaftlicher Test!
Ach ja, Na-Hydrogencarbonat ist keine so gute Idee, das schmeckt rel. schnell salzig-seifig, da muss man höllisch aupassen (ich nehm das des Öfteren, um Suppen zu entsäuern). Besser wäre u.U. Ca-Carbonat, das schmeckt neutral. Aber auch dann lässt sich sowas schwer berechnent, geht nur subjektiv über Geschmacksvergleich.
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 13:20
von holledauer
Kohlensäure kann die Säure von Milchsäure zum Teil kompensieren. habe ich selber schon machen müßen.
Die Fage ist jetzt natürlich, was denn "sauer" schmeckt.
ist es tatsächlich sauer (Milchsäure) oder es brenzlich? Hat man z.B. zu viel Röstmalz im Einsatz, wird es scheimbar sauber, es ist aber tatsächlich röst-bitter.
Ist es auf der Zunge oder unter der Zunge "sauer"?
Lässt du die Mundwinkel fallen und ziehst die Backen zwischen die Zähne?
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 13:56
von tauroplu
Röstmalz ist es schon mal nicht, denn: Zitat: "Aber es war kein RöstMALZ beteiligt."
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 22:33
von Ursus007
Hab eben doch einen Wasser-Milchsäure-Cocktail mit gleicher Konzentration gemacht: Das ist es definitiv nicht.
Bleibt die angeröstete Rohfrucht oder 'ne Infektion. Aber jetzt lass ich erstmal die Flaschen für die Nachgärung in Ruhe, vielleicht hatte ich am Abfülltag nur 'ne fehlkalibrierte Zunge ...
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 22:41
von marsabba
Wenn ich das richtig sehe, dann hast du gut die Hälfte der Stammwürze aus Ahornsirup und Zucker gewonnen.
Das ist recht viel und das Ergebniss kann schon mal weinig-säuerlich schmecken.
In dem Fall kann man wohl nix mehr dagegen tun...
Martin
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 22:44
von gulp
Es waren diesmal beteiligt: 450g Malzextrakt, 375ml Ahornsirup, Mascobado, Malzkaffee (Zutat: Gerstenmalz), Vanille, Bitterschokolade, Röst-6-Korn (selbst im Ofen mittel- bis dunkelbraun angeröstete 6 Korn-Mischung aus Gerste, Weizen, Roggen, Hafer, Dinkel, Buchweizen - wohlgemerkt 6-Korn und nicht 6-Malz!)
Vielleicht liegt es an der "Müsli" Mischung? Wir haben hier in der Nähe auch eine Brauerei, die solches Zeuch verbraut. Die haben in ihrer Brühe auch einen Haufen Fehler, DMS, Schwefel und zu viel Säure. Ich meine, wer soll da, wie den Fehler finden. Nix für ungut!
Gruß
Peter
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 22:51
von Ursus007
Tja, ich mag solche Versuche, auch wenn sie mal in die Hose gehen.
Drum heißt dieser Versuch meiner diesbezüglichen Reihe ja auch
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Mittwoch 11. November 2015, 22:58
von gulp
Ist doch in Ordnung, ich experimentiere auch gerne. Hat mich auch schon ein paar Liter gekostet.

Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Donnerstag 12. November 2015, 07:05
von holledauer
tauroplu hat geschrieben:Röstmalz ist es schon mal nicht, denn: Zitat: "Aber es war kein RöstMALZ beteiligt."
Dann halt RöstKORN.
Röst bleibt Röst
Oder es liegt wohl tatsächlich an der Müsli-Mischung.
Vielleicht kannst du den Versuch nochmal wiederholen und die Korn-Mischung nicht anrösten

Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Donnerstag 12. November 2015, 09:04
von Ursus007
marsabba hat geschrieben:Wenn ich das richtig sehe, dann hast du gut die Hälfte der Stammwürze aus Ahornsirup und Zucker gewonnen.
Das ist recht viel und das Ergebniss kann schon mal weinig-säuerlich schmecken.
Ja, könnte wohl auch daher kommen. Ich bleibe dabei, ist ein Experiment. Aber warum ist das so? Warum wird es, wenn die Theorie richtig ist, weinig-säuerlich? Was sind die Bestandteile im Mascobado bzw. Ahornsirup, die den Unterschied zum Malz machen. Vergärbarer Zucker ist ja in beiden drin. Warum bleibt es bei Malz unsauer, bei anderen schlägt es um? Ich würde gern die Hintergründe verstehen, um sie ggf. zu vermeiden bzw. gezielt zu nutzen.
Oder warum tritt der Effekt bei Röst-"irgendwas" ein (irgendwas = Malz oder "Müsli")?
Danke!
Ursus
PS: Das Thema "Müsli" wie Ihr es recht kreativ nennt, bringt mich auf einen Gedanken: "Biermüsli" - aus natürlich vergorenen Ingredenzien - ein Frühstück für Leute, die früh schon gut drauf sein wollen! Das Frühstück, das auch abends schmeckt! (natürlich, Bio, Öko, nachhaltig, ohne Farb- und Konserverstoffe, vegan, tierschutzkonform, galaktisch korrekt, dermatologisch getestet, mit TÜV und ASU-Plakette, ...

) Das laß ich mir gleich mal patentieren, bevor ein globaler Konzern mir die Idee wegschnappt.

Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Donnerstag 12. November 2015, 09:08
von Ursus007
holledauer hat geschrieben:Vielleicht kannst du den Versuch nochmal wiederholen und die Korn-Mischung nicht anrösten

Dann fahr ich mal so'n Experiment als kleine Vollmaische, denn die ungeröstete Rohfrucht braucht ja enzymatische Aufarbeitung.
Ich wollte aus dem Röst-Müsli ja eigentlich nur ein paar Röstaromen rausholen, nicht Zucker zum vergären.
Aber so was mach ich sicher mal wieder ...
Ursus
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Donnerstag 12. November 2015, 09:25
von nobody2k
holledauer hat geschrieben:Kohlensäure kann die Säure von Milchsäure zum Teil kompensieren. habe ich selber schon machen müßen.
Die Fage ist jetzt natürlich, was denn "sauer" schmeckt.
ist es tatsächlich sauer (Milchsäure) oder es brenzlich? Hat man z.B. zu viel Röstmalz im Einsatz, wird es scheimbar sauber, es ist aber tatsächlich röst-bitter.
Ist es auf der Zunge oder unter der Zunge "sauer"?
Lässt du die Mundwinkel fallen und ziehst die Backen zwischen die Zähne?
Also mich würde jetzt interessieren was der Unterschied der Mundwinkel unten/oben bzw unter/über der Zunge Säure ist ...

Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Donnerstag 12. November 2015, 10:13
von grüner Drache
nobody2k hat geschrieben:holledauer hat geschrieben:Kohlensäure kann die Säure von Milchsäure zum Teil kompensieren. habe ich selber schon machen müßen.
Die Fage ist jetzt natürlich, was denn "sauer" schmeckt.
ist es tatsächlich sauer (Milchsäure) oder es brenzlich? Hat man z.B. zu viel Röstmalz im Einsatz, wird es scheimbar sauber, es ist aber tatsächlich röst-bitter.
Ist es auf der Zunge oder unter der Zunge "sauer"?
Lässt du die Mundwinkel fallen und ziehst die Backen zwischen die Zähne?
Also mich würde jetzt interessieren was der Unterschied der Mundwinkel unten/oben bzw unter/über der Zunge Säure ist ...

Na, wenn es die Backen zieht, ist es eher "adstringierend", dann sind neben säure auch solche Bitter Stoffe anwesend, die auf die Mundschleimhäute einwirken.
Einfach nur "sauer" schmeckt man mit den Rezeptoren auf der Zunge.
Das Problem ist, dass Säuren und adstringierende Stoffe gerne zusammenkommen.
Allzeit gut Sud
Ciao, Alex !
Re: Saures Bier: Ursachenanalyse und Rettung
Verfasst: Donnerstag 12. November 2015, 17:16
von Ursus007
Ein Kollege hatte die geniale Rettungsidee, indem er meinte: Iss doch vorher 'ne Zitrone, dann wirkt das Bier nicht mehr so sauer.
Da sag ich :
