Seite 1 von 1

Gärführung W34/70

Verfasst: Sonntag 22. November 2015, 21:05
von prok
Hallo,
ich weiß, das Thema wurde wahrscheinlich schon öfter mal in älteren Tröts durchgekaut, aber
1. blicke ich leider immer noch nicht ganz durch, und
2. gibt’s vielleicht schon wieder neuere Erkenntnisse, Empfehlungen oder Lehrmeinungen.

Zu den Facts:
Gebraut wurde ein Pils.
95% PiMa, 5% CaraPils, Hopfen Saazer, Hefe 34/70 (Erntehefe 3. Führung)
Vergoren wird im ZKG der in einem Tiefkühlschrank steht. Dieser wird von einem Arduino geregelt. Temperatursensor in Tauchhülse misst Temperatur direkt im Bier.
Welches Gärprogramm würdet Ihr durchfahren.

Bisher hab ich es wie folgt gemacht.
Anstellen bei 8°.
Vergären bei 9° für 6-9 Tage.
Temperatur erhöhen auf 14° für 1 Tag (für Abbau des Diacetyl)
Temperatur erhöhen auf 18° für 1 Tag (für Abbau des Diacetyl)
Kühlen auf 4° für 10 Tage
umschlauchen in 2. Tank (ebenfalls im Kühlschrank)
Kühlen auf 4° für weitere 7 Tage.
Wieder umschlauchen – aufzuckern-abfüllen in Flaschen- 2 Wochen Flaschengärung bei 20° - Kühlen auf 4° für 4 Wochen- fertig.

Unschlüssig bin ich mir vor allem bei den hohen Temperaturen die einen rascheren Diacetylabbau begünstigen sollen, und bei der Temperatur der Flaschengärung.
Was meint ihr? Bin schon gespannt auf eure Tipps.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Sonntag 22. November 2015, 22:21
von afri
Vielleicht liege ich falsch, aber ist nicht gerade beim originalen Pils Diacetyl erwünscht und Stilmerkmal? Wenn nicht, bitte meinen Einwurf vergessen, ansonsten würde ich die "Erwärmungstage" weg lassen, kostet nur Energie.
Achim

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Sonntag 22. November 2015, 22:30
von GamZuBo
Also ich hab schon ein paar Urquell getrunken, Diacetyl war da keines drinnen.

Zum Thema, richtig 8-9 Grad anstellen, 11-12 Grad Hauptgärung Extrakt <50% 14 Grad und endvergären. Besser Grünschlauchen oder Flascengärung bei 14 Grad.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Sonntag 22. November 2015, 22:34
von inem
afri hat geschrieben:Vielleicht liege ich falsch, aber ist nicht gerade beim originalen Pils Diacetyl erwünscht und Stilmerkmal? Wenn nicht, bitte meinen Einwurf vergessen, ansonsten würde ich die "Erwärmungstage" weg lassen, kostet nur Energie.
Achim
Original ist relativ. Man unterscheidet bei Pilsner zwischen den böhmischen und den deutschen. Nach dem Pilsen in Böhmen liegt könnte man original sagen. Original für den deutschen Stil aber nicht. Bim böhmischen ist Diacetyl erwünscht.

Temperatur für Nachgärung würde ich bei Zimmertemperatur machen, geht schneller und sicherer. Und sensorisch sollte es keinen Unterschied geben.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Sonntag 22. November 2015, 22:43
von der_ak
GamZuBo hat geschrieben:Also ich hab schon ein paar Urquell getrunken, Diacetyl war da keines drinnen.
Ich glaube, du solltest dir noch mal ein paar Pilsner Urquell zu Gemüte führen. Da ist definitiv Diacetyl drinnen, und zwar lt. Brauerei bis zu 120 ppb. Die menschliche Wahrnehmungsschwelle für Diacetyl liegt meines Wissens nach bei etwa 100 pb. Das heißt Diacetyl ist drinnen, aber subtil, und wird meiner Erfahrung nach von vielen Menschen nicht als typisch Diacetyl-buttrig, sondern eher leicht süßlich und geringer attenuiert wahrgenommen.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 10:24
von Kurt
Ich hab das Diacetyl im Urquell aus der Flasche anfangs auch nicht bewusst wargenommen, dann gab´s auf der Braukunst live mal unfiltriertes Urquell vom Fass: Da war´s unfassbar deutlich, fast schon zu viel.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 11:02
von Ladeberger
Ich mache es so ähnlich wie GamZuBo. Aber selbst wenn man durchgehend irgendwo bei 10-12°C bleibt, finde ich es mit der W34/70 und einer warmen Nachgärung schwierig überhaupt noch so viel Diacetyl im Bier zu haben, dass es auffällt.

Die Diacetylprobleme sehe ich eher in der Industrie, weil nach Filtration der Diacetylabbau unterbunden wird. Auch Gasthausbrauereien im Sommer sind häufig betroffen, die ihr Bier aufgrund des Andrangs binnen kürzester Zeit durch den ganzen Prozess peitschen.

Gruß
Andy

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 18:24
von Finch87
Da mein neuer BrewPi gerade zum ersten mal seine Arbeit verrichtet und an einem Comet IPA werkelt, stellt sich für mich in Zukunft immer die Frage mit welchen Temperatur Profilen füttere ich den BrewPi.
Das nächste UG möchte ich mal gemäß dieser Anleitung vergären lassen:
http://brulosophy.com/methods/lager-method/

Vielleichtist das ja was für dein Pils.
Hat das schonmal jemand so gemacht, insb. mit der W34/70 ?

Gruß
Eric

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 19:27
von GamZuBo
Ja, Andy hat natürlich recht. Die 14 Grad sind auch eher für eine zügige Gärung gedacht. Außerdem wird das Bier schneller Trinkreif.

Übrigens kommen die Temperatur Empfehlungen von Ulrich. Allerdings hab ich vorher schon länger die Tenperaturen so gefahren. Müsste es halt rausfinden. Das Problem war, dass hier im Forum die Leute sich unterboten haben was die Temperaturen angeht. Bei 6 Grad glaube ich lag der Rekord. Grundsätzlich ist das mit 1l auf 100l würze auch durchaus möglich. Allerdings denke ich sind die meisten von der Temperatur im Gärschrank ausgegangen. Bei soviel Hefe geht halt der Punk ab. Das ist allerdings nicht nötig.

Meine Devise, je mehr Hefe umso kälter anstellen. Bei erstführung 1,2 g/l halte ich mich an Fermentis und gehe nich unter 10 Grad.

Gut, leider gabs den Ulrich im Forum damals noch nicht. Hät mir echt einen Haufen Arbeit gespart.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 21:22
von Bronkhorst
Frage zur Temperatur bei der Nachgärung:

Im Forum wird eigentlich immer die Nachgärung in der Flasche bei rund 20°C empfohlen.
Ulrich, GamzuBo und ich glaube auch Holger gären bei niedrigeren Temperaturen nach (stimmt nicht ganz, richtig wäre grünschlauchen)

Liegt das am Grünschlauchen/ Fassabfüllung?
Wirken sich die 20°C bei der Nachgärung geschmacklich aus?

Danke und Gruß

Jens

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 21:46
von Kernstaedter
Ich habe kürzlich auch ein untergäriges gebraut ,
Schüttung waren
80% PiMa
20% MüMa
Und eine Prise Röstmalz

Auf 25 IBU mit Magnum und Spalter Select

Stammwürze 12.5 P

Angestellt mit 34/70 aus der Gasthausbrauerei bei 8° C
Dann über 3 Tage langsam auf 10° C kommen lassen und bei einem Restextrakt von ca 6 P auf 14° C hoch.
Schnellvergärungsprobe sagt 2.4 P scheinbarer Restextrakt , grüngeschlaucht wurde bei 3.2 P.

Schauen wir mal was draußen wird. Bin gespannt aufs Ergebnis.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 21:51
von GamZuBo
Also die Tipps von Ulrich sind für mich nicht diskutierbar. Er arbeitet ja in der Hefebank wo dieser Stamm her ist. Er hütet so zu sagen den Gral.

Grünschlauchen mh jaein, grundsätzlich ist das kein Hexenwerk allerdings solltest du schon etwas Erfahrung mit der Hefe mitbringen. Also lass es besser und nimm Zucker.

Ich weiß nicht ob sich das Geschmacklich auswirkt ob du nun bei 14 oder 20 Grad die Flaschengärung machst. Habe das noch nie ausprobiert. Im Zweifel nimm 14 Grad.

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Montag 23. November 2015, 22:50
von Hasebier
Salute,

ich habe die 34/70 für meinen dunklen Bock verwendet ... angestellt bei 10°C und dann ab dem 3. Tag auf 14/15°C belassen - das ist zwar die Obergrenze, aber der "Spielraum" der 34/70 ist nunmal 12-15°C gem. Herstellerbeschreibung
SFG_W34_DE.pdf
(812.82 KiB) 289-mal heruntergeladen
Die Gärung ist jetzt nach 2 Wochen durch und ich mache bei der Nachgärung gerade das gleiche Spiel - angefangen bei 10°C und dann lasse ich ihm 2 Wochen bei ca. 14/15°C :Smile

Beste Grüße
Hasebier

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Dienstag 24. November 2015, 07:06
von Bronkhorst
Ich denke bei meinem nächsten UG werde ich beides (NG bei 14°C und 20°C) probieren.

Ich denke auch, daß Ulrichs Vorgehensweise nicht diskutiert werden muss. Wenn er es nicht weiß, wer dann?
Die gesammelten Hobbybrauer Erfahrungen sind aber auch nicht ohne.

Gruß

Jens

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Dienstag 24. November 2015, 09:26
von Kurt
Hm, ich habe grade ein Böhmisches Pils in der Gärung und brobiere mal die Brülosophy-Methode. Das klingt schon alles vernünftig. Die Hefe produziert die ungewollten Ester vorrangig während der Vermehrungsphase. Dabei sollte die Würze möglichst kühl sein. Ab der Mitte der Gärung wird die Temperatur langsam in Richtung Diacetyltast (20°C) gesteigert. Die Hefe bekommt so die Gelegenheit mit höheren Stoffwechselraten aufzuräumen. Ist dieser Prozessschritt abgeschlossen wird wieder abgekühlt, um Schwebstoffe loszuwerden (cold crash).

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Dienstag 24. November 2015, 14:30
von Finch87
H
Kurt hat geschrieben:Hm, ich habe grade ein Böhmisches Pils in der Gärung und brobiere mal die Brülosophy-Methode. Das klingt schon alles vernünftig. Die Hefe produziert die ungewollten Ester vorrangig während der Vermehrungsphase. Dabei sollte die Würze möglichst kühl sein. Ab der Mitte der Gärung wird die Temperatur langsam in Richtung Diacetyltast (20°C) gesteigert. Die Hefe bekommt so die Gelegenheit mit höheren Stoffwechselraten aufzuräumen. Ist dieser Prozessschritt abgeschlossen wird wieder abgekühlt, um Schwebstoffe loszuwerden (cold crash).
Hey Kurt,

ich möchte nächstes Wochenende ein Hellen Bock mit der W34 brauen und dort auch das besagte Temp Profil abfahren. Wär schön wenn du uns/mich mit deinen Ergebnissen auf dem laufenden halten könntest.

Gruß
Eric

Re: Gärführung W34/70

Verfasst: Dienstag 24. November 2015, 15:58
von Kurt
Klar kann ich machen, aber ich denke bis dahin ist mein Sud noch vor dem 50% EVG-Punkt.