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Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 06:51
von Bierwisch
Hallo Sauerbierfreunde,
ich habe am letzten WE mal mein einjähriges Lambic-Experiment verkostet - ein wunderschönes Pellicle und keine wirklich unangenehmen Gerüche oder Aromen. Aber was mich richtig stört, ist die Essigsäure, die sehr deutlich heraussticht.
Ich hatte seinerzeit die White Labs WLP 655 Belgian Sour Mix 1 verwendet.
Besteht die Chance, daß sich das in den nächsten zwei Jahren Reifung noch legt?
Gruß,
Bierwisch
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 07:01
von schnapsbrenner
Moin Torsten,
kann sein, kann auch nicht sein.
Kannst immer noch "verschneiden" und ein Geuze herstellen.
VG
Simon
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 08:11
von Kurt
Hm, hast Du in Kunststoff vergoren? Essigsäurebakterien arbeiten ja aerob, den Sauerstoff bekommen sie klassischerweise durch Diffusion durch die (Eichenholz-)Fasswand. Kunststofffässer haben aber eine deutlich höhere Permeabilität für Sauerstoff. Deshalb sollte man Würze mit Essigsäurebakterien möglichst in Glasgefäßen vergären wenn man die Essigsäureproduktion in Grenzen halten will. Für den notwendigen (kleinen) Sauerstoffeintrag kann dann ein Holzkorken sorgen. Was man so liest (American Sour Beer) wird sich die Essigsäure nicht wirklich abbauen. Da hilft nur verschneiden.
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 08:22
von Bierwisch
Ich vergäre im Glasgefäß, habe aber einen Eichenstab oben rausschauen, um die Faßlagerung zu simulieren. Ich hatte das mal in einem Ami-Forum gesehen...
Verschneiden will ich später sowieso, glaube aber nicht, daß dadurch der Essig kaschiert werden kann.
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 08:44
von nacron
Also ich denke nicht das der Charakter weggeht. Ich würde es aber zum blenden als Saures Lambic behalten denn manchmal kann es sein das ein Lambic nicht sauer genug wird und dann einen kleinen Teil davon rein kann ganz gut kommen.
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 09:07
von ggansde
Moin,
wenn man die Literatur liest gehört neben der Milchsäure- auch die Essignote zu einem Lambic. Ich persönlich mag eine Essignote im Lambic gar nicht und habe si glücklicherweise noch nie gehabt. Ich habe bislang ausschließlich mit dem WYEAST blend gearbeitet, möglicherweise ist sie bei Dir über den sour mix ins Bier gekommen. Du wirst sie auch nicht loswerden. Allenfalls vermindern wirst Du sie können, wie bereits gesagt wurde durch verschneiden. Sie wird aber mit zunehmender Lagerdauer immer wieder stärker werden, da ja das "Grundnahrungsmittel", der Alkohol und etwas Sauerstoff immer da sind.
VG, Markus
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 09:10
von wannenbraeu
Verstehe ich das richtig? Der Eichenstab schaut oben heraus?
Und wie hast du dann den Gärspund aufgesetzt?
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 09:10
von philipp
http://www.brewery.org/brewery/library/LmbicJL0696.html
(A liddle lambic lesson)
Da mal nach acetic acid suchen - da stehen auch typische Konzentrationen und Infos zur Entstehung. Leider habe ich beim schnellen Suchen nichts vom Abbau gelesen...
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 09:16
von Bierwisch
wannenbraeu hat geschrieben:Und wie hast du dann den Gärspund aufgesetzt?
Wo war jetzt nochmal beim Holzfass der Gärspund?
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 09:20
von Bierwisch
Ja, Essig gehört sicherlich dazu, aber die Sauerbiere, die ich bisher proBIERt habe, hatten nichts davon. Es schmeckt halt unangenehm und ich glaube nicht, daß ich das im fertigen Bier haben möchte.
Na gut, dann mache ich den nächsten Versuch mit minimalem Sauerstoffeintrag. Man lernt nie aus. Schade nur um das verlorene Jahr.
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 09:51
von marsabba
Kauf dir mal ein Rodenbach Grand Cru und vergleichs mit deinem Sauerbier. Ich wette, bei dir ist weniger Essig drin...
Grüße
Martin
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 11:20
von bierhistoriker.org
Hallo Torsten,
bist ja voll auf dem Sauertrip, schön
Versuche mal zu ergründen, ob die Säure vom "Lakto"oder vom "Aceto" kommt, um für die Zukunft was ändern zu können.
Beim Lakto helfen manchmal Zeit und Brett ....
Beim Aceto kann man nur noch verschneiden. Ich hatte mal vor einiger Zeit den Aceto in einem Eichenfass - toller Malzessig, der Verwendung in einem Oud bruin gefunden hat.
Grund war nach Rücksprache mit Experten die im Sommer deutlich über 20 Grad gestiegene Raumtemperatur - neben der Sauerstoffzufuhr spielt die Temperatur eine große Rolle beim Aceto. Habe das Fass in einen kälteren Keller umgelagert ( selten über 18 Grad ) und seither keine Probleme mit dem Aceto mehr.
Gruß aus Kölle
PS: Hatte gestern Abend mit meinem Junior 2 Geuzen in der Verkostung - Timermanns Oude Geuze ( sauer - zitrisch (nicht essigsauer), dass es einem die Zähne zieht, aber recht eindimensional) und die oude geuze Boon VAT 44 - viel älter und viel länger gelagert, aber super ausgeglichen - ein Traum!
Fazit: Auch bei den Profis gibt es Riesenunterschiede, was zeigt, wie komplex und schwierig die Thematik halt ist .... Sauer=kein Beinbruch
Hanssen Artinasaal hat seit einigen Jahren auch den Aceto in den Fässern (nach einem "Betriebsunfall" im Sommer)
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 11:58
von Bierwisch
Rodenbach Grand Cru? Ich liebe es! Das ist ein richtig geiles Sauerbier - sowas würde ich auch gerne können...
Naja, diverse Lactos produzieren halt auch gerne mal Essig. An der Temperatur wird es nicht liegen, der Keller heizt sich nicht so stark auf. Aber vielleicht sollte ich mir trotzdem eine Alternative suchen.
Brett ist natürlich schon dran und es hat ja auch noch zwei Jahre Zeit...
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 13:07
von wannenbraeu
Bierwisch hat geschrieben:wannenbraeu hat geschrieben:Und wie hast du dann den Gärspund aufgesetzt?
Wo war jetzt nochmal beim Holzfass der Gärspund?
Sorry, wollte dich nich provozieren, aber wie machst du deinen Glasbehälter dicht, wenn oben ein Eichenstab aus dem Behälter schaut? Da kommt ja dann automatisch Sauerstoff rein.
Möglicherweise habe ich dich auch falsch verstanden :-)
Gruss
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 17:35
von Cpt_Dirk
Du wirst zuviel Sauerstoffeintrag gehabt haben. Das hat dann Brettanomyces oder Acteobacter veranlasst Essigsäure zu produzieren. Nach American Sour Beers hilft da nur blenden. Am besten mit einem süßen Bier. Ist es Dir aber viel zu sauer, solltest Du die kleinen Viecher vor dem Blenden abmurksen. Ich denke nicht, dass sich der Geschmack noch 'abrundet'. Ist einmal Essigsäure drin, bleibt sie auch - da hilft nur noch verdünnen.
Dirk
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 18:04
von ZeroDome
Nur auf keinen Fall wegschütten. Stell dir vor, du machst mal ein Sauerbier, welches dir viel zu wenig Säure hat (passiert leider auch), dann freust du dich über diese Möglichkeit zum verschneiden :)
Nächstes mal evtl. einen richtigen Gärspund verwenden und die Holzreifung anders lösen.
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 18:06
von Bierwisch
wannenbraeu hat geschrieben:
Sorry, wollte dich nich provozieren, aber wie machst du deinen Glasbehälter dicht, wenn oben ein Eichenstab aus dem Behälter schaut? Da kommt ja dann automatisch Sauerstoff rein.
Möglicherweise habe ich dich auch falsch verstanden :-)
Gruss
Nee, alles gut - ich lass mich nicht so schnell provozieren - ist halt blöd von mir rübergekommen.
Aber genau darum geht es ja, wenn man die Fassreifung simulieren will. Ich hatte mal ein Bild gesehen, da hatte jemand einen gedrechselten Eichenstab unten im Bier und oben verschloss er den Gärbehälter. Erst wollte ich mir was passendes drechseln lassen, dann hatte ich aber Schiss, daß das Holz aufquillt und dann den Glasballon sprengt. Also habe ich einen dünneren Stab genommen und oben mit Alufolie umwickelt, damit die Öffnung verschlossen bleibt, aber trotzdem Sauerstoff durch das Holz eindringen kann.
Wie man sieht, war es deutlich zuviel, also werde ich in Zukunft drauf verzichten und nur ein paar Chips reinwerfen...
Ich vermute mal, das ich dem ganzen noch ein-zwei Jahre gebe und dann entsorge...
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 18:20
von Cpt_Dirk
Bevor Du es entsorgst, würde ich vorschlagen, das Bier bei 66°C für 30 Minuten zu pasteurisieren. Dann sind alle Mikroben tot. Danach mit neuer Sacc und/oder Brett neu ansetzen bzw. blenden. Probier's doch mal mit einer Teilmenge aus. Falls das klappt ist gut, falls das Ergebnis

ist, dann kannst Du immer noch entsorgen.
Dirk
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 18:37
von Bierwisch
Och nö... Das machen die Belgier bestimmt auch nicht.
So lange ich noch Kapazitäten habe, lass ich die Viecher werkeln und schaue, was daraus wird. Ich finde es extrem spannend zu sehen, wie sich sowas entwickelt.
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 18:38
von ggansde
Du hast mich jetzt nervös gemacht, Thorsten. Ich bin gerad runter in den Keller und habe an meinen Gärballon mit 40 L Kriek (gebraut im Oktober 2015, Kirschen vor 10 Tagen dazugegeben) gerochen: Essignote
Ich habe alles so gemacht wie immer und hoffe das verfliegt wieder.
VG, Markus
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Freitag 8. Januar 2016, 18:49
von Bierwisch
Mein Beileid!
Aber Du hast wenigstens schon mal was leckeres produziert!
Da hilft nur eins - brauen!
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Samstag 9. Januar 2016, 08:55
von not
Moin Bierwisch!
Im Alten Forum
http://hobbybrauer.de/modules.php?name= ... &tid=24922
ging es um einen Fehlsud und dessen Veredelung via Brett und Fass.
erstellt am: 30.9.2014 um 05:51
Witzig - ich habe grad das gleiche mit einem schiefgegangenen Sud vor. Leider habe ich kein Fass, sondern werde das Bier in einem Weinballon mit Brett vergären.
Ich habe keine Ahnung, ob Brett aus einem nicht so ganz leckeren Fehlsud irgendwas trinkbares zaubern kann, aber irgendwann muß man mit solchen Experimenten ja mal anfangen.
Ich drück Dir die Daumen und hoffe, daß Du weiter berichtest.
Gruß,
Bierwisch
Ist das Lambic hier das damals geplante?
Wir haben dann nach Monaten unser Experiment wegen Acetongeruch eingestellt und 8 Liter ehemaliges Bier ins Klo geschüttet (
viewtopic.php?f=7&t=3164),Brett und Aceto und O2.
Frust.
In der Zwischenzeit haben wir das kleine Fässchen rege in Betrieb, auch mit nicht nur trinkbaren sondern hochbefriedigenden Ergebnissen ("Bayuvarian Blasphemy" eine Verbrettung eines Kastens Weltenburger Kloster Dunkel: Herrlich!), allerdings mussten wir zwei Belegungen im Fass erstmal dumpen. Das war nicht erfreulich.
Eine Tabelle der Belegungen findest Du bei Interesse hier :
http://suburbane.org/?page_id=42 (U=clubgast P=clubgast).
Also ich würde das Bier auf jeden Fall aufbewahren und ggf. zum blenden nehmen, falls der Essig so präsent bleibt. Alle 6 Monate mal eine Flasche ziehen, probieren wie es sich entwickelt hat.
Gut Sud und Attacke,
Sönke!

Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Samstag 9. Januar 2016, 09:06
von Bierwisch
Nee, das war damals ein anderes Bier und es hat nix gebracht. Die Brett konnte leider nicht mehr helfen. Aber das war auch ein völlig anderes Problem - das Bier war mir zu süß und viel zu fett. Mittlerweile habe ich es entsorgt.
Aber die Idee, ein Kaufbier nochmal mit Brett zu pimpen klingt sehr interessant. Da denke ich mal drüber nach...
Re: Verschwindet der Essig noch aus meinem Lambic?
Verfasst: Samstag 9. Januar 2016, 09:25
von not
... Bietet sich an. Du bestimmst den Hintergrund, auf dem Brett sich dann austoben kann.
Haben das Dunkle genommen, weil es einen schönen Körper mitbringt (Da ist für Brett doch gut was zu futtern dabei und es bleibt immer noch ein kleines Bischen Rumpf übrig, dass das Bier nachher nicht total leer ist.). Ausserdem sauber vergoren (UG) - sollte möglichst wenig dazwischenfunken von Hefeseite.
Und das muss ich zugeben: viel unverschämter, als Brett durch ein Weltenburger Kloster Dunkles zu jagen - ich wüsste kein besseres Ziel (oder uns fehlt die Phantasie).
Ahoi- Sönke