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Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 10:03
von vH10
Hallo,

ich habe vor zwei Wochen ein UG gebraut. Nach dem was ich die letzten Tage im Forum gelesen habe, habe ich dabei zu wenig Hefe verwendet (auch wenn die Packung anderes versprach...). Dienstag habe ich das Gärfaß wärmer gestellt (ca. 14° und vorsichtig gerührt, davor ca. 9°), da der Restextrakt bei 4,7°P angekommen war.

Die Würze hatte 12°P bei einer 75 min Kombirast mit 85% PiMa 10% MüMa und 5% CaraRed.

Gestern Abend habe ich nochmals gemessen und der Restextrakt war bei 4,5°P, was ja immer noch sehr hoch ist. Jetzt ist die Frage: Kann es sein, dass durch die wenige Hefe der EVG sinkt? Oder dauert das ganze nur länger? Immerhin sind es bald zwei Wochen Hauptgärung.

Gruß
Niko

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 10:24
von ggansde
Moin,
m.M. ist der Gärprozess durch das underpitching nicht zu Ende gelaufen. Meine Erfahrung ist, dass es auch dabei bleibt.
VG, Markus

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 10:52
von vH10
Danke schonmal für die Einschätzung. Ich werde auf jeden Fall noch ein bisschen warten (es tut sich ja auch noch ein bisschen was). Aber es geht einfach darum, ob der EVG wirklich so niedrig sein kann und die Gärung nicht nur "eingeschlafen" ist...

Gruß
Niko

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 11:07
von cyme
vH10 hat geschrieben:Aber es geht einfach darum, ob der EVG wirklich so niedrig sein kann und die Gärung nicht nur "eingeschlafen" ist...
Das kann dir über's Internet keiner sagen. Du könntest höchstens versuchen, eine Probe abzuzwacken, ordentlich mit frischer Hefe impfen und warm stellen. Wenn sich da der Extrakt noch nach unten ändert, hat deine Würze noch vergärbare Zucker.

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 11:31
von Scarabeo
Moin,
so ganz verstehe ich das nicht. Bisher dachte ich das die Hefezellen sich während der Gärung auch vermehren. Damit würde eine Gärung langsamer in Schwung kommen wenn man zu wenig Hefe nimmt und die Gärung würde länger Dauern. Gestoppt wird die Gärung entweder wenn der vergärbare Zucker gänzlich vergoren ist oder wenn die Alkoholtoleranzgrenze der Hefe erreicht ist. Ich dachte man soll ausreichend Hefezelle nehmen das die Gärung schneller in Gang kommt und sich keine Fremdhefen einnisten bzw. breitmachen können.
Korregiert mich bitte wenn ich falsch liege.

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 11:40
von ggansde
Moin,
ich glaube, Du vernachlässigst bei Deinen Überlegungen, dass die Hefezelle auch unter optimalen Bedingungen nur eine begrenzte Zeit wirklich aktiv ist, bzw. schon gehemmt wird, bevor die letale Dosis an Alkohol gebildet wurde. Evtl. ist das der Grund, dass eine Gärung nicht durchläuft, wenn man mit zuwenig Hefe anstellt. Ich bin da aber auch kein Fachmann, habe es aber schon öfter gehört, dass es passiert, dass die Gärung zu früh aufhört und sich nicht wieder starten lässt.
VG, Markus

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 11:49
von vH10
cyme hat geschrieben:
vH10 hat geschrieben:Aber es geht einfach darum, ob der EVG wirklich so niedrig sein kann und die Gärung nicht nur "eingeschlafen" ist...
Das kann dir über's Internet keiner sagen. Du könntest höchstens versuchen, eine Probe abzuzwacken, ordentlich mit frischer Hefe impfen und warm stellen. Wenn sich da der Extrakt noch nach unten ändert, hat deine Würze noch vergärbare Zucker.
Das werde ich auf jeden Fall noch probieren.

Kann es auch einfach passieren, dass durch das Underpitching die Hefenahrung schneller zu neige geht und die Hefe deswegen die Arbeit einstellt?
Wenn die Hefezellen nach bestimmter Zeit nicht mehr aktiv wären, würde das ja bedeuten, dass geerntete Hefe weniger bzw. kürzer leistungsfähig wäre. Daher die Vermutung, dass die benötigten Stoffe in der Würze verbraucht sind...
Andererseits würde das doch für die Nachgärung mit Zucker auch bedeuten, das hier nicht mehr viel gehen kann, oder? Oder wird der Zucker dennoch verstoffwechselt, weil er weniger Komplex ist als die Maltotriose? :puzz

Gruß
Niko

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 11:57
von Tyrion
vH10 hat geschrieben:Jetzt ist die Frage: Kann es sein, dass durch die wenige Hefe der EVG sinkt? Oder dauert das ganze nur länger? Immerhin sind es bald zwei Wochen Hauptgärung.
Der EVG steht im Prinzip schon vor der Hefegabe fest. Du hast eine Würze erzeugt, die eben eine gewisse Menge an Zuckern enthält, die der von dir verwendete Hefestamm theoretisch verwerten kann. Dieser EVG wird profimässig ermittelt, indem man eine kleine Menge dieser Würze nimmt und mit relativ viel Hefe, des gewählten Stamms, anstellt und bei wrmen Temperaturen vergären lässt, sodass man sicher sein kann, dass in dieser Probe alle für die Hefe brauchbaren Zucker verwertet wurden.

Wenn man nun relativ wenig Hefe bei hefeunfreundlichen Temperaturen zugibt (auch UG-Hefen würden lieber bei 25°C arbeiten) kommt es zu Problemen, da die Hefe mit der Zeit immer schwächer wird und immer weniger Hefezellen in Schwebe sind, die den noch reichlich vorhandenen Zucker verwerten könnten. Die Gärung schläft quasi unter dem noch reichlich gedeckten Tisch ein.
Als Hobbybrauer stellt man dann irgendwann fest, dass sich der Restextrakt 3 Tage nicht verändert hat, schreibt den "EVG" in sein Brauprotokoll und füllt ab. Durchs Abfüllen kommt wieder Schwung in die Geschichte (Sauerstoff und Bewegung) was zur Folge hat, dass nun nicht nur der Zucker verwertet wird, der für die Flaschengärung zugegebn wurde, sondern auch noch solcher, der aus der HG übriggeblieben ist, es kommt zur Überkarbonisierung, die sich (zumindest bei UG-Hefen) auch durch Kühlschraktemperaturen nicht eindämmen lässt.

Eine Patentlösung für den Umgang mit eingeschlafenen Hauptgärungen hab ich aber leider auch nicht :Waa

Gruss
Matthias

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 14:38
von Ulrich
vH10 hat geschrieben: Kann es sein, dass durch die wenige Hefe der EVG sinkt? Oder dauert das ganze nur länger? Immerhin sind es bald zwei Wochen Hauptgärung.
Nein, der EVG (Endvergärungsgrad) ändert sich nicht. Der GV° (Gärkellervergärungsgrad) oder Av° (Ausstoßvergärungsgrad) kann wesentlich geringer ausfallen, als der EVG, wenn
- zu wenig Hefe
- schwachaktive Hefe (oder zu alte Hefe)
- zu hohe Stammwürze
- zu hoher Alkoholgehalt
- zu wenig Hefe
- zu kalte oder zu warme Gärung
- Kälteschock
- zu früh oder zu hoher Gegendruck
- hab bestimmt noch was vergessen

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 14:51
von philipp
@Ulrich: Aber wahrscheinlich kann man sich nicht darauf verlassen, dass es so gering bleibt, oder?

Gibt es Möglichkeiten, das dann sicher zu stellen?

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 15:06
von Ulrich
Scarabeo hat geschrieben: Bisher dachte ich das die Hefezellen sich während der Gärung auch vermehren. Damit würde eine Gärung langsamer in Schwung kommen wenn man zu wenig Hefe nimmt und die Gärung würde länger Dauern. Gestoppt wird die Gärung entweder wenn der vergärbare Zucker gänzlich vergoren ist oder wenn die Alkoholtoleranzgrenze der Hefe erreicht ist.
=> Ja, die Hefe vermehrt sich während der Gärung, sogar um so mehr, je weniger Hefe man gibt, ABER (oder gerade desshalb)
- bei der Produktion von viel Hefe werden auch viele Nährstoffe, besonders niedermolekulare Eiweisse, Mineralien, Suplime verballert.

da kann es gut sein, dass noch Kohlehydrate vorhanden sind, aber andere Närstoffe, wie zB Eiweiss nicht mehr ausreichend. Die Hefe benötigt die Kohlenhydrate für die Energiegewinnung für bio-chemische Prozesse, wenn keine Prozesse mehr ausgeführt werden, "braucht" die Hefe uach die Kohlenhydrate weniger.

- bei einer "schwächeren" Gärung, wird auch weniger CO2 produziert und so weniger Hefzellen in Schwebe "gestubst" (es kann sein dass ein großer Teil der Hefe einfach passiv am Boden liegt)

- so kann es kommen, dass ab einem bestimmten Vergärungsgrad nur noch sehr wenig Hefen in Schwebe sind und so die Gärung seeeehr lange dauern kann. Igendwann vergären die das schon, es ist aber ungewiss wieviel Zeit das in Anspruch nimmt. Die "paar" Hefezellen können ja nicht überall hin in der Würze. Hefen "schwimmen" jan nicht aktiv dahin, wo noch Kohlehydrate vorhanden sind. Nicht vergessen: 1mm zu einer Hefezelle = ca. 100 : 1 => also macht es schon was aus, ob mann 80 Millionen Hefezellen pro ml hat oder <2 Millionen.
Scarabeo hat geschrieben: Ich dachte man soll ausreichend Hefezelle nehmen das die Gärung schneller in Gang kommt und sich keine Fremdhefen einnisten bzw. breitmachen können. Korregiert mich bitte wenn ich falsch liege.
die "richtige" Hefeanstellmege hat mehrere Ziele:
- mikrobiologischer Schutz: Wenn ich ausreichen aktive Hefezellen/ml habe (wohlgemerkt, homogen verteielt) hemmt der aktive Stoffwechsel der Hefe ander Mikroorganismen zu wachse. Fazit=> wenn ich zu wenige Hefe gebe, die Angärphase zu lange dauert, dann ist die wahrscheinlichkeit größer, dass sich ungewollte Mikroorganismen vermehren!

- Aromaprofil: die Mengen an Gärnebenprodukten, die gebildet und wieder reduziert werden, sind direkt abhängig von der Hefezellzahl in den jeweiligen Stadien.(Hefestamm, Würzezusammensetzung und Temperatur hier mal ausgenommen)

Tendenziell:
Viel Hefe => wenig Gärnebenprodukte und guter Abbau der Jungbukettstoffe, bei zu viel Hefe vieleicht "leere", sehr leichte Biere
Wenig Hefe => viele Gärnebenprodukte und evtl ineffektiver Abbau von ungewollten Gärnebenprodukten, zu wenig Hefe=> tendentiell höherer Diacetyl, eher mehr Schwefel, Gärstockungen bis kurz bis mittelfristige Gärstops.

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 15:07
von Ulrich
philipp hat geschrieben:@Ulrich: Aber wahrscheinlich kann man sich nicht darauf verlassen, dass es so gering bleibt, oder? Gibt es Möglichkeiten, das dann sicher zu stellen?
sorry, habe Brett vor dem Kopf, was meinst Du?

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 15:10
von philipp
Ulrich hat geschrieben:
philipp hat geschrieben:@Ulrich: Aber wahrscheinlich kann man sich nicht darauf verlassen, dass es so gering bleibt, oder? Gibt es Möglichkeiten, das dann sicher zu stellen?
sorry, habe Brett vor dem Kopf, was meinst Du?

Wenn ich das Gefühl habe, dass ein Sud noch nicht durchvergoren ist. Wie kann ich sicher stellen, dass das in der Flasche nicht noch einmal los geht?

Hefenahrung nachgeben, aufschütteln, warm stellen?

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 15:23
von Ulrich
Tyrion hat geschrieben:
vH10 hat geschrieben:Eine Patentlösung für den Umgang mit eingeschlafenen Hauptgärungen hab ich aber leider auch nicht :Waa
Die Lösung ist zwar nicht patentiert, aber Aufkräusen oder Trockenhefe rehydrieren und zugeben. wobei Afkräusen besser funktioniert. (ca. 10 - 15% der Gesammtmenge eine neue "frische" Würze mit ausreichend aktiven Hefezellen anstellen und, wenn die sich im Hochkräusenstadium befinden zugeben. (das Bier, was vor 2-3 tagen begraut wurde, für einen Hobbybrauer natürlich nicht ganz so einfach :Bigsmile )

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 15:34
von Ulrich
philipp hat geschrieben:Wenn ich das Gefühl habe, dass ein Sud noch nicht durchvergoren ist. Wie kann ich sicher stellen, dass das in der Flasche nicht noch einmal los geht? Hefenahrung nachgeben, aufschütteln, warm stellen?
Dafür macht man ja eigentlich die Schnellvergärprobe.
Aber ich wüsste einen Ansatz:
Als erstes würde ich, wie schon vorgeschlagen wurde, einen kleinen Teil (genügend um den restextrakt zu messen) nehmen und warm (20 - 25°C) stellen (=Probe 1) und einen zweiten keinen Teil mit hefe überpitchen (hier wäre Trockenhefe von vorteil) und auch warm stellen, (Probe 2) nach 3-7 Tagen Restextrakt messen.
Wenn die Probe (1) ohne Hefe weitervergoren hat, weiss Du ganz sicher, dass in der Flasche es auch noch weitergehen wird, wenn auch vieleicht langsamer.
Wenn die Probe (2) mit der Hefe nix gemacht hat, ist sehr wahrscheinlich auch Schluss!

Um aber sicher zu gehen müsste man noch eine dritte Probe nehmen, die mit Hefe überpitchen (wie Probe 2) aber zusätzlich Zucker zugeben (eine genaue Menge, richtig wäre es den Extraktgehalt vor und nach Zuckergabe zu messen, um zu sehen ob "nur" der Zucker vergoren wird)
Es kann nähmlich sein, dass durch den Zucker die Hefe so aktiviert wird, dass auch der übriggebliebene Restextrakt vergoren wird. Wenn aber nach 7 tagen bei 20 - 25°C "nur" der Zucker vergoren wurde, ist es so gut wie sicher, dass in der Nachgärung auch nur der Zucker vergoren wird.

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 15:37
von Ulrich
kritischer ist es, wenn man Speise gibt, dannkann es sehr gut sein, dass noch weiter vergoren wird, weil ja auch Nahrung zugegeben wurde!

Re: Zu wenig Hefe = niedrigerer EVG?

Verfasst: Freitag 5. Februar 2016, 17:27
von vH10
Danke für die vielen Informationen. Ich werde jetz mal eine Probe ohne Hefe hinstellen und noch ein bisschen warten. Und dann vielleicht nochmal etwas Speiese nachkochen...
Könnte Hefenährsalz den gleichen Effekt haben?

Gruß
Niko