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Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 12:08
von Morena von Nürnberg
Hallo Braufreunde,

mein Name ist Ralf, bin 54 Jahre jung. Ich lebe seit 4 Jahren mit meiner brasilianischen Frau hier in Nordbrasilien. Ich nenne mich hier Morena von Nürnberg, weil Biere in Brasilien meistens weibliche Namen bekommen. Morena von Nürnberg ist der Name meines ersten Bieres, ein Nürnberger Braunbier.
Vor einigen Jahren schon habe ich etwas von Hausbrauanlagen gelesen und hatte die Idee das mal zu versuchen. Das ganze geriet dann aber in Vergessenheit, berufliche Neuorientierung, Aufbau einer Firma, das Leben hat mir eben keine Zeit gegeben.
Hier in Brasilien hat mich ein deutscher Landsmann an diese damalige Idee erinnert. Die Begeisterung und der Wissensdurst kannten schnell keine Grenzen. Erste Hindernisse waren eher meine manchmal etwas langsame Internetverbindung, die an Wochenenden, dann wenn die brasilianischen Turisten ihre Wochenendhäuser beziehen, auch schon mal ganz streikt.
Bisher habe ich 3 Sude gut durch die Gärung gebracht. Zwei besagte Nürnberger Braunbiere und ein IPA. Für die nächsten Biere, für den Hobbybrauer so kurz vor den Feiertagen habe ich zwei weitere geplant. Ein pseudo-böhmisches Pilsener und ein Düsseldorfer Alt.
Da wir hier nah am Äquator leben und das ganze Jahr über Temperaturen um die 30 Grad haben, gibt es ein paar Besonderheiten bei der Bierproduktion. Nach meinem ersten Sud wollte ich mit meinem Chiller mit vorbereitetem Eis gekühltes Wasser aus Behältern meine Würze herunterkühlen. Die Anstelltemperatur habe ich zunächst nicht erreicht, weil meine Eisvorräte aufgebraucht und unser Wasser hier 28 Grad hat. Ich musste mir dann in 5 Kilometer Entfernung Eisnachschub besorgen.
Meine Gäreimer stehen übrigens in meinem Miniklimaraum. Eine grosse Styroporbox (40x40x80cm) mit 2 Schotten. Die Schottungen sind notwendig um die Gäreimer nicht direkt mit den Kühlakkus in Kontakt zu bringen. Das ganze hat einen Deckel mit kleinem Loch für die Temperatursonde der Digitalanzeige. Ausserdem gibt es noch eine Entleerungsöffnung für das Tauwasser.
Rezepturen kann ich hier in den seltensten Fällen wohl Original nachbrauen. Die Hobbybrauerszene in Brasilien ist noch überschaulich und fast ausschliesslich in Südbrasilien zu finden, dort wo viele deutsche und italienische Imigranten ihr eigenes Brasilien damals aufgebaut haben.
So ist es auch zu erklären das meine Zutaten eine Reise von 4000 Km mit bis zu 2 Wochen dauernder Reisezeit machen müssen. Die Frachtkosten machen mein Bier gleich doppelt so teuer, aber.....es lohnt sich doch. Der Geschmack und die Möglichkeiten überzeugen.
Ich bin in 400 Km Entfernung die einzigste Brauerei hier im Norden :Smile . Die hiesigen Biere Pilsenerart haben alle einen erheblichen Anteil an Reis, ich vermute bis zu 30%, um die Kosten zu senken. Da ist ein Bier aus reinem Malz, deutsches Reinheitsgebot hin oder her, schon ein Genuss den meine Verkoster mir bestätigen.
Mein Equipement habe ich nach den ersten Suden nun komplett umgebaut. 50 Liter Alutopf für das Anschwänzwasser mit Ablaufkugelhahn trifft oben auf den Eingangskugelhahn der 100 Liter Sudpfanne. Der Vorteil ist, das bei beiden Töpfen der Deckel drauf bleiben kann und das Anschwänzwasser weiter mit dem Gasbrenner auf Temperatur gehalten wird. Unten in der Sudpfanne ist meine Kupferrohrdrainage. Ein Schlitzsystem was passgenau in den Boden eingelegt wird und deren Ablauf in ein Auslaufloch mit am Ende 1 1/4 " Kugelhahn nach draussen geführt wird. Das Anschwänzwasser läuft oben auf ein Tropfblech mit 50 cm Durchmesser, dem der Sudpfanne. Das Tropfblech ist ebenfalls aus Aluminium und besteht aus zahlreichen Minilöchern, die durch Eintreiben eines Stahlnagels entstanden sind. Jedes dieser Löcher hat dadurch seine eigene Traufkante.
Bisher habe ich in Flaschen abgefüllt :Mad2 . Unser recht großer Kühlschrank ist dank der grossen Literflaschen sehr schnell an seine Grenzen gestossen. Stehend musste ein Regal weichen, was dann fehlte.
So ist auch hier Änderung vorbereitet. Eine Zapfanlage für 5 Liter Partyfässer ist schon bestellt und an meine Tochter in Deutschland ausgeliefert worden. Die 500 Gramm Kohlensäureflasche wird entleert bevor das ganze Mitte Dezember von einer Bekannten mitgenommen werden soll. Alles zusammen 8 Kg Gewicht. Eine Anfrage was zu tun ist um die leere Flasche mit offenem Ventil mitzunehmen ist bei der Fluggesellschaft gemacht, die Antwort von Condor steht noch aus.
Hat jemand Erfahrung mit der Mitnahme von entleerten Druckgasflaschen ins Flugzeug gemacht?
Es gäbe noch viel zu schreiben, für heute reicht es erst einmal.
Meine Anlage werde ich fotografieren und hier vorstellen.
Ach ja, eines noch. Es gibt hier einen Berliner, Jörg heisst er glaub ich. Er hat eine interessante Müggellandbrauereiseite aufgebaut. Da ich selbst Apps für Android schreibe würde ich gerne mit ihm Kontakt aufnehmen. Seine ansprechenden Hilfsmittel (Rezeptplaner, Lagerhaltung, Zutatendatenbank und Formelsammlung) liessen sich auch für Tablet und Smartphone umsetzen. Man muss das Rad nicht zweimal erfinden, vielleicht stellt er mir Kenndaten von Malz, Hefe, Hopfen und Biertypen zur Verfügung, wär doch Information noch schneller Griffbereit.

Danke an die Hobbybrauer dieses Forums, die mir unglaublich viel mit ihren Beiträgen geholfen haben, ein tolles Forum mit netten Leuten hier.

Allzeit gut Sud
Ralf

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 12:51
von Bilbobreu
Hallo Ralf,

herzlich willkommen. Wenn ich von den Herausforderungen hinsichtlich Temperaturen sowie Zutaten und Technikbeschaffung :Shocked , vor denen Du beim Brauen stehst, lese, dann werden meine Probleme hier in Deutschland doch gleich viel überschaubarer.

Allzeit gut Sud und immer ein kühles Bier :Drink
Stefan

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 15:59
von Biermann
Hallo Ralf,

auch von mir eine 'herzliches Willkommen'.

Ich lebe in Alberta, Kanada und kenne in etwa Deine Probleme, aber nur in der Sommerzeit, dagegen ist es im Winter dann umgekehrt, bis -30°C, also braue ich nur im Winter, da ich auf UG's und kühl vergorenes Kölsch stehe. (Vorige Woche -28°, jetzt schön bei -4° bis +10°).

Mußt Du unbedingt die CO2 Flasche aus Deutschland hole, alle Kneipen benutzen doch CO2, kannst Du da nicht was lose machen?

Weiterhin viel Spaß beim Brauen (und Trinken),

Jörg

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 16:43
von Morena von Nürnberg
Die Probleme und Schwierigkeiten eines Auswanderers hier nach Brasilien sind noch erheblich größer als man es hier mit ein paar Zeilen darlegen kann.
Vielleicht schreibe ich mal in einem eigenen Thread für Auswanderer dazu. Es gibt mehrere hier, das hab ich schon gesehen. Uns alle eint hier wohl die Verbundenheit zu Bier mit Qualität, was wir mit den "Daheimgebliebenen" gerne teilen.

Gut Sud Stephan
Ralf

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 16:53
von Liquidminer
Herzlich willkommen!
Zeig uns doch mal bei Gelegenheit ein paar Fotos Deiner Anlage. Ist Deine Maische / Sudpfanne auch aus Alu? Da hätte ich persönlich Bedenken, andererseits verstehe ich, dass Deine Beschaffungslage nicht einfach ist.. "Beggars can't be choosers"

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 16:57
von Morena von Nürnberg
Biermann hat geschrieben:Hallo Ralf,

auch von mir eine 'herzliches Willkommen'.

Ich lebe in Alberta, Kanada und kenne in etwa Deine Probleme, aber nur in der Sommerzeit, dagegen ist es im Winter dann umgekehrt, bis -30°C, also braue ich nur im Winter, da ich auf UG's und kühl vergorenes Kölsch stehe. (Vorige Woche -28°, jetzt schön bei -4° bis +10°).

Mußt Du unbedingt die CO2 Flasche aus Deutschland hole, alle Kneipen benutzen doch CO2, kannst Du da nicht was lose machen?

Weiterhin viel Spaß beim Brauen (und Trinken),

Jörg
Hallo Jörg,
Ich hab die Zapfanlage über Internet komplett zusammengestellt, damit ich sicher sein kann das die Komponenten auch zusammen passen. Meine Erfahrungen hier mit Adaptern und Anpassungen jeglicher Art sind nicht die besten. Fachleute kannst du hier in Nordbrasilien lange suchen, oft vergeblich. Selbstgebasteltes im Bereich von mehr als 200 bar ist mir echt zu Riskant.
Ich denke da lebst du in Kanada in einem zivilisierten Teil der Welt. Hier herrscht Mangel einfach an allem.
Danke für den Willkommensgruss Jörg.
Untergäriges geht bei dir bestimmt gut, bei mir ist es eher...immer..das obergärige.

Allzeit gut Sud

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 17:08
von Morena von Nürnberg
Liquidminer hat geschrieben:Herzlich willkommen!
Zeig uns doch mal bei Gelegenheit ein paar Fotos Deiner Anlage. Ist Deine Maische / Sudpfanne auch aus Alu? Da hätte ich persönlich Bedenken, andererseits verstehe ich, dass Deine Beschaffungslage nicht einfach ist.. "Beggars can't be choosers"
Hallo Liquidminer,
ich werde die Anlage fotografieren, hab das schon im Plan. Als Anregung für mitlesende Anfänger und als Dankeschön für die vielen interessanten Beiträge von denen ich permanent provitiere.
Alutöpfe sind kein Problem solange du bei brennender Flamme Flüssigkeit im Topf hast. Die kühlt das Aluminium selbst bei 100 Grad.
Meine Töpfe haben eine Wandstärke von 5 mm.

Improvisation ist hier alles.

Gut Sud
Ralf

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 17:16
von gulp
Nürnberg und Braunbier? Bringst du da nicht was durcheinander? Historisch ist das Nürnberger Rotbier. :Angel

Ansonsten Respekt für soviel Engagement im bierfeindlichen Umfeld! :Greets

Gruß
Peter

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 17:35
von Morena von Nürnberg
gulp hat geschrieben:Nürnberg und Braunbier? Bringst du da nicht was durcheinander? Historisch ist das Nürnberger Rotbier. :Angel

Ansonsten Respekt für soviel Engagement im bierfeindlichen Umfeld! :Greets

Gruß
Peter
Hallo Peter,
Danke...Motivation tut hier besonders gut.
Mein Rezept hab ich von hier --> http://meinsudhaus.de/bier-rezepte/ober ... braunbier/
Da ich so gut wie nie alle Originalzutaten bekomme, verpass ich meinen Bieren neue...hier übliche weibliche Namen.
Eine Loura da colonia (blonde aus Köln :Bigsmile ) ist schon im Plan.

Dir auch viele Grüße, danke für deine informativen Beiträge

Ralf

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 17:48
von gulp
Servus Ralf, da hast du ein schönes Ale-Rezept gefunden. war bestimmt gut, aber halt nicht fränkisch, mit der S04. Und alt fränkisch mit cara und Röstmalz, never. Ma kennt greiner (heulen).

Wenn du mal an gute untergärige Hefe und einen Kühlraum rankommst, kannst du ja mal das hier brauen.

Viele Grüße
Peter

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 18:16
von Morena von Nürnberg
gulp hat geschrieben:Servus Ralf, da hast du ein schönes Ale-Rezept gefunden. war bestimmt gut, aber halt nicht fränkisch, mit der S04. Und alt fränkisch mit cara und Röstmalz, never. Ma kennt greiner (heulen).

Wenn du mal an gute untergärige Hefe und einen Kühlraum rankommst, kannst du ja mal das hier brauen.

Viele Grüße
Peter
Na, ich muss hier ja brauen was ich so an Zutaten zusammmen bekomme. Ist gleichzeitig kreatives gestalten.
Es war echt lecker, ich muss es zu Weihnachten noch eimal haben. Gebraut hab ich letztlich so:
--> https://brauerei.mueggelland.de/rezeptd ... /2458.html
Danke für deinen Rezeptvorschlag, werde ich nachbrauen, so nah wie möglich an, vermutlich deinem, Original.
Viele Grüße
Ralf

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 18:40
von Hagen
Moin Ralf,

herzlich willkommen.
Wo in Brasilien lebst du denn genau?

Sorry, kann den Aufwand für das CO2 nicht nachvollziehen. Du bekommst doch in B. auch CO2!?

Im übrigen rate ich dir zu einer größeren Flasche, vielleicht 10 kg.
Die 0,5er kannst du daraus mit einem Umfüllbogen dann selbst befüllen.

Ich kenne nicht deine räumlichen Verhältnisse.
Ich habe mir bei vergleichbarer Problematik ein TK gekauft. Ok, bei mir gibt es wenigstens auch kühle Jahreszeiten. Diese TK steuere ich mit einer externen Temperatursteuerung. Da passen locker 2x 60 l Gärfässer rein. Damit kann ich für jede Hefe die ideale Gärtemperatur einstellen. Gelagerte Flaschen und Kegs müssen derweil dann zwar größtenteils raus, bringt sie aber auch nicht gleich um.

Ansonsten bleibt dir nur eine professionelle Bierkühlung oder ein Gärtank mit steuerbarer Kühlung.

Auf jeden Fall sind deine Temperaturen für nahezu alle Hefen suboptimal und beeinflussen den Geschmack sicherlich nicht gerade postiiv.
Mit den Kühlakkus scheint es wohl doch auch nicht der pralle Jakob zu sein?

Außerhalb der Gärzeiten benutzt du das Teil dann als Reifungs- und Lagerkühlung für Flaschen und/oder Kegs.

Gut Sud

Hagen

Re: Morena von Nürnberg

Verfasst: Sonntag 23. November 2014, 19:44
von Morena von Nürnberg
Moin Hagen,
wir leben hier im Norden Brasiliens im Bundesstaat Paraiba.
Hatte ja bereits geschrieben, im Umkreis von etwa 400 Km bin ich die einzigste Brauerei hier.

Zur Frage nach der Kohlensäureflasche zitier ich mich mal selbst....
Morena von Nürnberg hat geschrieben: Hallo Jörg,
Ich hab die Zapfanlage über Internet komplett zusammengestellt, damit ich sicher sein kann das die Komponenten auch zusammen passen. Meine Erfahrungen hier mit Adaptern und Anpassungen jeglicher Art sind nicht die besten. Fachleute kannst du hier in Nordbrasilien lange suchen, oft vergeblich. Selbstgebasteltes im Bereich von mehr als 200 bar ist mir echt zu Riskant.

Allzeit gut Sud
....10 Kg Flasche wäre ja ein Traum, mein Soda-Stream wartet ja auch schon bereits 4 Jahre. Für die CO2- Zylinder hab ich bis heute keine Möglichkeit gefunden.
Mit meiner Lieferung kommen endlich Umfülladapter mit.
Mein Brunnenwasser ist 1a und da freuen wir uns wirklich drauf.

Die Gärung der obergärigen Biere und die Temperatursteuerung in der oben beschriebenen Styroporkiste von Hand funktionieren in der Tat echt gut. Mein letztes Bier war ein IPA mit einer Nottingham Hefe bei konstant 17 Grad gehalten.
Automatisieren werde ich das ganze auch irgenwann. Den Digitalthermostaten hab ich schon. Kühlschrank für Getränke (gehen hier in Brasilien bis 0 °C) muss ich noch suchen. Neu kostet so einer hier umgerechnet 1000 Euro.

Dir auch allzeit gut Sud
Ralf