das Brauen ist bei mir ja noch so ein Solo Sport.. ich genieße es schon, einfach mal einen halben Tag lang allein in der Küche rumzuhantieren. Auf der anderen Seite ist es sicher aber auch gut, mal jemanden dabei zu haben, der dir über die Schulter guckt und vielleicht ab und zu mal ein "ey, das kannst du so doch jetzt nich machen!" raushaut.
Aus diesem Grund die Braudoku. Ich würde mich freuen, wenn dabei noch ein paar Tipps und gern auch Kritik dabei herumkommen. Für die alten Hasen wirds hier wohl wenig neues zu sehen geben, da quasi mein ganzes Wissen aus Jans Buch und vor allem diesem Forum stammt :) Vielen Dank mal dafür!
Ich braue bislang eher selten nach festen Rezepten sondern nehme diese lieber als Grundlage um dann nach Lust und Laune zu experimentieren. Habe dabei auch nicht das Ziel, die festgelegten Parameter eines bestimmen Stils zu treffen sondern bin am glücklich, wenn am Ende ein Bier im Glas ist, das ungefähr dem entspricht, was ich mir vorgestellt habe. Und wenn es das nicht tut, aber trotzdem schmeckt - auch gut. So ungefähr passiert auch bei diesem Bier.
Grundidee war ein fruchtiges IPA für den Sommer mit vergleichweise niedriger Stammwürze und Bittere. Zudem hatte ich je 100g Mosaic und Galaxy im Kühlschrank, die ich unbedingt ausprobieren wollte. Als Hefe sollte Verdant IPA ebenfalls ihre Premiere feiern. Ordentlich fruchtiges Hopfenaroma sollte drin sein, daher große Whirlpoolgaben und moderate Kalthopfung.
Dieses Rezept für 20L, 15°P, 50 IBU und 13 EBC kam dann dabei heraus:
50% / 2,8kg Wiener Malz
45% / 2,6kg Pilsner Malz
5% / 0,3kg CaraHell
Full Volume/No Sparge Single Infusion Mash bei 67°C
Kochdauer 60 min
Hopfen:
VWH - 12g Columbus (13,9%)
Hopstand bei 90°C für 15 min - 15g Mosaic (12,6%), 35g Galaxy (16,3%)
Hopstand bei < 80°C - 42g Mosaic, 22g Galaxy (ergab sich so aus den Verpackungsgrößen..)
Stopfen gegen Ende der HG mit je 28g Galaxy und Mosaic so wie einem Rest Simcoe, der im Kühlschrank sonst zu einsam geblieben wäre.
Am Ende ich es also eher ein NEIPA geworden. Davon bin ich zwar grundsätzlich nicht der bekennende Fan, aber dieses schmeckt mir trotzdem ziemlich gut!
Los gehts am Vorabend mit dem Schroten. Mattmill Kompakt auf Werkseinstellung. Ist das Schrotbild so in Ordnung?
Brautag
Sobald die Kinder in der Kita sind gehts los.. Wasser in der Pfanne aufgekocht, gemischt mit kühlerem Brauwasser im Thermoport und mit CaCl, CaSo4 und NaCl auf folgendes (errechnetes) Profil gebracht:
Ca 113 --- Mg 3 --- Na 20 --- Cl 97 --- SO4 159 --- HCO3 37 --- SO4/CL 1,65 --- RA -2,93
Die thermische Masse des TP38 habe bei der Berechnung vernachlässigt. Das rächt sich jetzt: 2°C zu wenig

ph-Wert passt
..und schon ist eine Stunde rum, jodnormal, abgeläutert. Der Columbus für die Vorderwürze kommt nun gleich zum Einsatz.
Durch das zusätzliche Volumen kommen hier allerdings nur 12,8°P anstatt der geplanten 13,8°P raus. Heißt also schonmal länger kochen und dafür am Ende weniger Würze in den Gärbottich.
Pfanne voll. 24L im 25L Topf geht gerade so ohne überkochen. Zum Glück ist die VWH schon drin und nun gibts bis nach Kochende erstmal keine weiteren Hopfengaben
Die Kühlspirale ist vielleicht etwas überdimensioniert. Läuft dafür prima.
Nachteil beim Brauen in der Küche: Unter der Dunstabzugshaube muss regelmäßig fettbeladenes Kondenswasser aufgenommen werden, das sonst zurück in die Pfanne tropft.
Die Hauptdarsteller in diesem Film machen sich bereit
Nach Kochende für knapp 30s Wasser marsch und schon ist die Temperatur für den ersten "Hopstand" erreicht. 15min.
Die Temperatur des zweiten "Hopstand" (hier 70°C) bietet sich an für eine Dichtemessung mit der Läuterspindel. Trotz einer halben Stunde extra Kochzeit ist die Zielstammwürze von 15°P nicht erreicht. Na gut.
Nachdem die Hefe bei 35°C rehydriert wurde, wird sie nun im Wasserbad auf Anstelltemperatur heruntergekühlt
Die Isolierung vergesse ich in 90% der Fälle beim Kühlen abzumachen..
So einen "Film" sehe ich nicht zum ersten mal auf dem frisch gefüllten Gärbottich. Hat dafür jemand eine Erklärung? Der Bottich ist zuvor mit Oxi gereinigt, getrocknet und mit Iso nochmal desinfiziert und wieder getrocknet worden.
Die iSpindel wird nochmal voll geladen und wartet auf ihren ersten Einsatz
Nach dieser Erfahrung werde ich womöglich doch in Zukunft auch OG temperaturkontrolliert vergären. Bei Raumtemperatur um die 21°C geht die Temperatur im Gärbottich mal geschmeidig auf 26°C hoch.. und ist nach einem Tag schon bei knapp 70% sEVG

Jetzt wird gleich gestopft. Davon gibts leider kein Foto, dafür vom "Nachher"
Hopfentreber in der Socke. Beschwert mit ein paar Schnapsgläsern. Gestopft für gerade mal zwei Tage, weil ich nun ein paar Tage weg bin und den Hopfen keine Woche drin lassen möchte.
Beim Rausnehmen des Säckchens wird auch ein bisschen Hefeschmodder an der Spindel gelöst, dadurch ergibt sich der Sprung am 7.5.
Von nun an geht es laaaangsam aber stetig mit etwa 0,1°P/Tag dem Ende entgegen..
Abfülltag
Frisch aus dem ColdCrash. Den Glasdeckel habe ich mit der Originaldichtung auch während der Gärung die ganze Zeit genau so aufliegen. So kann man schön die Gärung verfolgen und auch das Stopfen geht unkompliziert. Bislang fahre ich damit gut, besonders bei diesem Bier bin ich aber gespannt, in welchem Ausmaß sich der Sauerstoffeintrag bemerkbar macht. Und dann kommt ja auch noch die Abfüllung..
Normalerweise bekommen die zuvor schon sauberen Flaschen am Abfülltag bei mir nochmal ein Oxi Bad, werden ausgeblastet, abtropfen gelassen und dann direkt befüllt. Heute kommt noch ein sauer Schritt (Zitronensäure im Edelstahltopf) hinzu, um Kalkschleier zu entfernen
knapp 50 Flaschen sind in unter 5 Minuten mit Zucker befüllt
Danke an alt-phex fürs Erklären dieser einfachen Abfüllmethode. Funktioniert bei mir ganz hervorragend.
Die Lampe am Fußbein hilft, den Füllstand in der Flasche besser zu sehen.
Bei so wenig Ausschlag möchte ich jeden Liter auch abfüllen. Der Keil hier hilft dabei.
Keine Ahnung, warum ich mich ärgere, dass die Spindel so schlecht abzulesen ist, anstatt den Zylinder einfach mal ganz voll zu machen.

Lasse es 2,5°P sein und komme damit auf einen sEVG von knap 83%. So viel hätte ich nicht erwartet. Ob das mit der niedrigen Rasttemperatur zusammenhängt?
Und überhaupt, gibt es eigentlich auch Spindeln, die nicht so gebaut sind, dass sie sich grundsätzlich mit der Skala vom Ableser wegdrehen?

Schön voll für wenig Luft im Kopfraum. Warum ein und das selbe Abfüllröhren an einem Tag tropf wie sau und beim nächsten mal wieder dicht ist, verstehe ich bisher nicht. Heute ist es zum Glück dicht.
Gibts schon Erfahrungswerte mit diesen Kronkorken? Ich wollte die einfach mal ausprobieren.
"Feuchtigkeit aktiviert die Kronkorken" .. okay... und fertig Kiste.
Wie kann Reinigung kein Vergnügen sein, wenn man so freundliche Helfer hat?

Nach knapp zwei Wochen sind sich die Manometerflaschen zwar nicht einig über ihren Druck, aber immerhin darüber, dass nichts mehr passiert.
Dass es so NEIPAish werden würde, hat mich schon überrascht. Starkes Multivitaminsaft-Aroma, Bittere und Mundgefühl passen super.
That's it, ich hoffe, es hat gefallen und wie eingangs gesagt, freue ich mich über jede Maneuverkritik

Gruß
Hendrik
edit: Wer in Münster wohnt und nun Durst bekommen hat, den lade ich gerne auf ein Bier ein, so lange es noch frisch ist! Schreibt nur kurz ne PM..