Test Maismalz

Alles, was mit dem Thema Historische Biere, Grut- bzw. Kräuterbiere, Gewürzbiere, aber auch mit Sake Brauen oder Brauen mit ungewöhnlichen Fermentationsarten zu tun hat
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§11
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Test Maismalz

#1

Beitrag von §11 »

Zur Zeit gibt es in den USA einen Trend hin zu kleinen, spezialisierten Mälzereien, die in der Lage sind kleine Chargen sehr unterschiedlicher Malze herzustellen. Dabei wird auch viel mit anderen Rohstoffen experimentiert. Eines dieser Malze ist Maismalz.

Ein Problem das ich hatte und weswegen ich diesen Testsud mache sind die fehlenden Parameter für Maismalz.
In der Literatur finden sich recht breitgestreute Angaben dazu:
- Sicher ist Maismalz muss nicht verkleistert werden
- Maismalz enthält weniger Extrak als Gerstenmalz, aber die Angaben gehen von 40-65% Extrakt
- Maismalz enthält Enzyme, wenn auch weniger als Gerstenmalz, aber auch hier gehen die Angaben von: kann sich selbst verzuckern bis maximal 50% in der Schüttung.

Neben den sensorischen Eigenschaftensind die Vorteile gegenüber Rohfrucht, höhere Schüttungsanteile und ein Wegfall der Verkleisterung.
Flavorrad.jpg
Flavorrad.jpg (33 KiB) 2460 mal betrachtet
Quelle: Riverbend Malt

Da ich Maismalz bisher nicht kenne, habe ich mich für einen sehr hohen Schüttungsanteil von 75% entschieden. Das wäre mit Rohfrucht ohne Zusatz von technischen Enzymen nicht möglich. Als Sorte habe ich Bloody Butcher, eine alte Feldsorte mit roter Farbe.

Das Malz kommt von CNC Malting, die von mir etwa 2h entfernt sind. Das Rohmaterial kommt aus Ohio. Als ich die Mälzerei besucht habe, wurde gerade Wapsi Valley Corn vermälzt, eine alte Sorte, die um 1850 in Iowa gezüchtet wurde und Heute in Ohio vor allem noch von den Amishen angebaut wird.
Close up germenated corn.jpg
Geweichter Mais
corn on the malting floor.jpg
Mais auf der Malztenne

Alle Malze werden bei CNC ausschliesslich als Tennenmalz produziert.

Ursprünglich habe ich mit 50% SHA gerechnet. Ich komme mit meinem Braumeister sonst etwa 60%.
Zutaten Probesud.JPG
Ich hab mich ausserdem für Reisspelzen entschieden, weil ich verschiedentlich von Läuterproblemen gelesen habe.
Sonst sollte das Rezept einfach bleiben:
- 75% Bloody Butcher Malt, 25% 2 Row (praktisch identisch mit PiMa) aus Ohio --> 12°P
- Newport und Chinook, der Newport 10 Minuten nach Kochbeginn, der Chinook 10 Minuten vor Kochende --> 17 IBU
- Eine Rast bei 66°C

Die Reisspelzen wurden in heissem Wasser vorgequollen und dann mit dem Rest der Schüttung gemaischt
Reisspelzen.JPG
Eingemaischt 1.JPG
Die Enzyme scheinen in der Tat nicht das Problem zu sein. Bereits nach 20 Minuten zeigt sich die erste Änderung in der Jodprobe
Jodprobe 20 Minuten.JPG
Allerdings ist der Extrakt in der Tat viel niedriger als erwartet. Mein Plan war es 75 Minuten zu rasten, aber nach diesen 75 Minuten hatte die Maische gerade einmal 5-6°P. Mit meinem Braumiester und der geplanten Kochzeit von 60 Minuten, brauche ich in etwa 9°P in der Pfanne voll Würze um auf 12°P zu kommen.

Ich habe also nach diesen 75 Minuten die Schüttung um weitere 25% (1kg) erhöht. Natürlich im selben Verhältnis 75% Mais zu 25% two Row

Rest des Maischens und des Kochen verlief dann normal. Die Würzefarbe ist auf jeden Fall schon mal spannend:
Farbe.jpg
Ich hab die Würze geteilt und einen Teil mit der Lallemand Farmhouse angestellt, der Rest mit der US-05. Angestellt und vergoren habe ich bei 20°C (Raumtemperatur). Die Hefe ist problemlos nach etwa 4 Stunden angekommen.

Fazit bis jetzt:

- Maismalz besitzt tatsächlich diastatische Enzyme, ich werde aber in Zukunft enzymreicheres 6 Row Malz, statt des 2 Row nehmen
- Die Würze ist recht trüb, was auch Sinn ergibt, ist Mais doch recht proteinreich. Hier werde ich mit einer Proteinrast gegensteuern
- Die Ausbeute ist irgendwo bei 30-35%, das ist wirklich unterirdisch

Jetzt gilt es die sensorische Evaluation abzuwarten

Cheers

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Re: Test Maismalz

#2

Beitrag von Colindo »

Spannender Bericht. Wird mich sehr interessieren, wie der Geschmack am Ende ist.

Kennst du den Lösungsgrad des Maismalzes? Damit könnte man abschätzen, ob man den Extraktgehalt beim Mälzen noch erhöhen könnte. Wenn sehr viel Eiweiß vorhanden ist, ist es vielleicht sogar sinnvoll, etwas zu überlösen. Beim eiweißhaltigen Chevalliermalz mälzt Crisp einen Tag länger als bei modernen Sorten. Das senkt dann aber den Extraktgehalt wieder.

Ansonsten könnte man vielleicht Dekoktion versuchen, um das Maismalz besser aufzuschließen?
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Sura
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Re: Test Maismalz

#3

Beitrag von Sura »

Dekoktion ist dann schon wieder fast ein Cerael Mash, was bei der Maischearbeit dann wenig Vorteile bringt. Aber vielleicht ist der Geschmack von gemälztem Mais ja anders/besser?

Ich bin auf den Geschmack und das Mundgefühl gespannt!
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Commander8x
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Re: Test Maismalz

#4

Beitrag von Commander8x »

Auf jeden Fall ein interessanter Versuch. Ich bin schon auf das Ergebnis gespannt.
Sura hat geschrieben: Freitag 7. Juni 2024, 16:41Aber vielleicht ist der Geschmack von gemälztem Mais ja anders/besser?
Das ist die Frage. Denn warum sollte man den Mais erst mälzen? Natürlich wird ein Getränk mit einem so hohen Anteil an Mais kein "klassisches Bier". Aber was dann?

Gruß Matthias
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Sura
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Re: Test Maismalz

#5

Beitrag von Sura »

Commander8x hat geschrieben: Samstag 8. Juni 2024, 14:04 Auf jeden Fall ein interessanter Versuch. Ich bin schon auf das Ergebnis gespannt.
Sura hat geschrieben: Freitag 7. Juni 2024, 16:41Aber vielleicht ist der Geschmack von gemälztem Mais ja anders/besser?
Das ist die Frage. Denn warum sollte man den Mais erst mälzen? Natürlich wird ein Getränk mit einem so hohen Anteil an Mais kein "klassisches Bier". Aber was dann?

Gruß Matthias
Ein systemischer Vorteil wäre ja, das manden Malzteil sehr hoch setzen, bzw. durch andere Malze wie PiMa "verfeinern" könnte. Und das fehlende verkleistern. Aber das hatte Jan ja schon aufgezählt. Und natürlich, daß man einen anderen Rohstoff hat, der eventuell an anderen Stellen wächst bzw. verlässlicher beim Anbau ist. Aber da kenne ich mich garnicht aus.
Demgegenüber steht natürlich, daß eine sehr gute und gründliche Maischearbeit eingesetzt wird. Als Braumeisternutzer oder Bottichmaischer wird man an der SHA von ~35% keinen Spass haben. Ich erwarte auch nicht das es deutlich höher geht, weil Jan ja auch schon schrub, daß der Mais nur ~50% Extrakt mit sich bringt. Hier kann man natürlich mit genauer Maischearbeit und/oder Dekoktion gegensteuern, aber dann ist der systemische Vorteil ja auch schon wieder dahin.....

Ich weiss nicht. Wenn das geschmacklich nicht alles niedermäht oder einen speziellen Akzent setzt der mit Rohfrucht nicht zu schaffen ist, dann sehe ich da wenig Zukunft....

edit:
Aber ich bin ein mieser Wahrsager :P
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Commander8x
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Re: Test Maismalz

#6

Beitrag von Commander8x »

Ach sag das nicht. "Versuch macht kluch".... Wichtig ist dabei, daß man ein paar Fragen stellt für so ein Experiment.

Wenig Extrakt, hoher Fettgehalt (glaube ich mich zu erinnern), das macht es zu einer technologischen Herausforderung....

Vielleicht könnte man das Mais Malz rösten oder karamelisieren, um einen echt neuen Geschmacksakzent zu setzen. Es gibt ja durchaus leckere Lagerbiere mit Mais-Anteil in der Schüttung, mir fällt da das Pilsner der Forst-Brauerei aus Meran ein. Aber der Maisanteil ist da nicht dominant.

Gruß Matthias
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olibaer
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Re: Test Maismalz

#7

Beitrag von olibaer »

§11 hat geschrieben: Freitag 7. Juni 2024, 14:44 Zur Zeit gibt es in den USA einen Trend hin zu kleinen, spezialisierten Mälzereien, die in der Lage sind kleine Chargen sehr unterschiedlicher Malze herzustellen. Dabei wird auch viel mit anderen Rohstoffen experimentiert. Eines dieser Malze ist Maismalz.
Ganz egal wie der Versuch ausgeht - ich bin jetzt schon maximal begeistert.
Thx :-)
Gruss
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§11
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Re: Test Maismalz

#8

Beitrag von §11 »

Heute hab ich gedchlaucht. Was schon mal sehr auffällig ist, ist der extrem hohe Vergärungsgrad. Derzeit liegt der bei etwa 88%. Das Zuckerspektrum scheint hier anders zu sein als bei Gerstenmalzen. Maissirup wird als reich an Glucose beschrieben, allerdings wird der ja durch technische Enzyme hergestellt. Wäre also interessant inwieweit sich die Enzymausstattung des Maismalzes von Gerstenmalz unterscheidet und ob eben die Beta- Amylase überwiegt.

Was eine Rolle spielen könnte, je nach Maissorte besteht Maistärke aus bis zu 85% Amylose, die, da unverzweigt, natürlich leichter in Glucose abgebaut werden kann ohne das Dextrine überbleiben. Gerstenstärke enthält nur um die 25% Amylose.

Sensorisch fällt das cremige Mundgefühl auf und eine „würzige“ Note, die leicht ins pfefferige geht. Interessanterweise ist der Maisgeschmack vollkommen weg.

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Sura
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Re: Test Maismalz

#9

Beitrag von Sura »

§11 hat geschrieben: Dienstag 11. Juni 2024, 13:56 Heute hab ich gedchlaucht. Was schon mal sehr auffällig ist, ist der extrem hohe Vergärungsgrad. Derzeit liegt der bei etwa 88%. Das Zuckerspektrum scheint hier anders zu sein als bei Gerstenmalzen. Maissirup wird als reich an Glucose beschrieben, allerdings wird der ja durch technische Enzyme hergestellt. Wäre also interessant inwieweit sich die Enzymausstattung des Maismalzes von Gerstenmalz unterscheidet und ob eben die Beta- Amylase überwiegt.

Was eine Rolle spielen könnte, je nach Maissorte besteht Maistärke aus bis zu 85% Amylose, die, da unverzweigt, natürlich leichter in Glucose abgebaut werden kann ohne das Dextrine überbleiben. Gerstenstärke enthält nur um die 25% Amylose.

Sensorisch fällt das cremige Mundgefühl auf und eine „würzige“ Note, die leicht ins pfefferige geht. Interessanterweise ist der Maisgeschmack vollkommen weg.

Cheers

Jan
Das alles klingt dann wieder superinteressant!
Würzig, Pfeffrig, hoch vergärend... da fällt mir schon einiges ein was man damit machen kann :)

Fragt sich nur, wie man da ran kommt .....
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klecksi
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Re: Test Maismalz

#10

Beitrag von klecksi »

Sura hat geschrieben: Dienstag 11. Juni 2024, 18:53
§11 hat geschrieben: Dienstag 11. Juni 2024, 13:56 Heute hab ich gedchlaucht. Was schon mal sehr auffällig ist, ist der extrem hohe Vergärungsgrad. Derzeit liegt der bei etwa 88%. Das Zuckerspektrum scheint hier anders zu sein als bei Gerstenmalzen. Maissirup wird als reich an Glucose beschrieben, allerdings wird der ja durch technische Enzyme hergestellt. Wäre also interessant inwieweit sich die Enzymausstattung des Maismalzes von Gerstenmalz unterscheidet und ob eben die Beta- Amylase überwiegt.

Was eine Rolle spielen könnte, je nach Maissorte besteht Maistärke aus bis zu 85% Amylose, die, da unverzweigt, natürlich leichter in Glucose abgebaut werden kann ohne das Dextrine überbleiben. Gerstenstärke enthält nur um die 25% Amylose.

Sensorisch fällt das cremige Mundgefühl auf und eine „würzige“ Note, die leicht ins pfefferige geht. Interessanterweise ist der Maisgeschmack vollkommen weg.

Cheers

Jan
Schau mal : Maismalz selber herstellen, gibt einen Bericht hier im Forum.

Das alles klingt dann wieder superinteressant!
Würzig, Pfeffrig, hoch vergärend... da fällt mir schon einiges ein was man damit machen kann :)

Fragt sich nur, wie man da ran kommt .....
ein farbenfroher Gruß

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Re: Test Maismalz

#11

Beitrag von klecksi »

klecksi hat geschrieben: Mittwoch 12. Juni 2024, 07:06
Sura hat geschrieben: Dienstag 11. Juni 2024, 18:53
§11 hat geschrieben: Dienstag 11. Juni 2024, 13:56 Heute hab ich gedchlaucht. Was schon mal sehr auffällig ist, ist der extrem hohe Vergärungsgrad. Derzeit liegt der bei etwa 88%. Das Zuckerspektrum scheint hier anders zu sein als bei Gerstenmalzen. Maissirup wird als reich an Glucose beschrieben, allerdings wird der ja durch technische Enzyme hergestellt. Wäre also interessant inwieweit sich die Enzymausstattung des Maismalzes von Gerstenmalz unterscheidet und ob eben die Beta- Amylase überwiegt.

Was eine Rolle spielen könnte, je nach Maissorte besteht Maistärke aus bis zu 85% Amylose, die, da unverzweigt, natürlich leichter in Glucose abgebaut werden kann ohne das Dextrine überbleiben. Gerstenstärke enthält nur um die 25% Amylose.

Sensorisch fällt das cremige Mundgefühl auf und eine „würzige“ Note, die leicht ins pfefferige geht. Interessanterweise ist der Maisgeschmack vollkommen weg.

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