Enfield hat geschrieben:Ich persönlich finde auch, dass die Enzyme aus dem Malz genügen sollen, um ein natürliches Bier zu brauen, künstlich gewonnene Enzyme zuzusetzen widerstrebt mir irgendwie.
Wieviel Roggenanteil würde noch grade so gehen, ohne dass das ganze in der Läuterkatastrophe endet?
@glassart: roter Roggen klingt verlockend! Die meisten wissen ja nichtmal, dass es auch Roggen in allen erdenklichen Kornfarben gibt - nicht nur in dem schnöden Grüngrau. Hast Du zufällig eine Bezugsquelle für litauischen Roggen?
1. Pauschalierungen sind schwer zu manifestieren, grundsätzliche Maßgabe ist der Schrotungsgrad des Roggenmalzes. Faustregel: je gröber geschrotet desto mehr Roggen verträgt die Maische. Bis 50% der Gesamtschüttung sind durchaus realisierbar, drüberhinaus wird der Läutervorgang abenteuerlich und es leidet die Trinkbarkeit und auch der Geschmack (gilt jetzt nur für mein Geschmacksempfinden) des späteren Bieres erheblich.
2. Niemand kriminalisiert den Einsatz von Enzymen und es soll auch hier keine unnötige und unnütze RHG Diskussion angestoßen werden. Ich - und das ist jetzt ausschliesslich meine Meinung ! - erachte künstlich erzeugte Enzyme als schlichtweg widerlich, schon alleine in Anbetracht der Herstellungsmethode derselben. Mit vernünftiger Brautechnik erreicht man das gleiche. Und sollte die natürliche Enzymmenge aus den Körnern bzw Spelzen nicht ausreichen, so stellt man sich eben Enzymauszüge aus Wasser und Gerstenmalz selber her. Das Spektrum reicht vom Kaltauszug für Amylase bis zum 78 Grad heissen Auszug für die Grenzdextrinerzeugung. Für Pentosanrasten funktionierts ähnlich. Man muss es nur einmal ausproBIERen.
3. Reicht das Roggenaroma und die Brotigkeit nicht aus, dann nimmt man dunkel geröstetes Roggenmalzbrot bzw Kruste (Teig fladenartig dünn auf ein Backblech geben und stark bräunen), schrote/zerkleinere es und gebe es ab der Maltoserast der Maische zu. Du wirst Dich wundern, wie schnell aus einer hellblonden 100% PiMa Schüttung ein kräftiges dunkles Roggenbier mit entsprechendem Aromaspektrum wird.
4. Bezüglich litauischem Roggenrotmalz würde ich mich an Solod wenden. Roggenrotmalz heisst so, weil das grüngraue Malz zuerst fermentiert und dann geröstet wurde. Notfalls kann man es selber herstellen, indem man aus etwas PiMa und 500ml Wasser einen Milchsäurestarter herstellt, darin etwa 2kg Roggenmalz einweicht und einige Tage bis zur vollkommenen Durchsäuerung (muss ständig überprüft werden, Schimmelgefahr !!!) ziehen lässt. Nach der Säuerung wird das Malz im Backofen wie Karamellmalz bis zum gewünschten Röstungsgrad weiterbehandelt. Vorsicht, das Malz brennt schnell an. Kleine Mengen lassen sich auch in einer Pfanne auf dem Herd herstellen.
Zum Roggenrotmalz sei gesagt, dass es aus Gründen der Trinkbarkeit des Bieres sparsam anzuwenden ist. Hier ist weniger tatsächlich mehr.
5. Läuterkatastrophen lassen sich durch den gezielten Einsatz von Dinkel/Reisspelzen etc verhindern. Ebenso durch das Vermengen der Maische mit gewaschenem Treber.
Grüsse Jürgen