Hallo,
@ Boludo: Kavallerie

You made my day.
Ich kann euch ein paar Tipps zur Hefereinzucht geben:
Die Temperatur der Reinzucht sollte nicht höher als 5 °C über der späteren Gärungstemperatur liegen.
Die Stammwürze sollte in dem Bereich liegen, in der auch später die Hefe zu tun hat, um schnelle osmotische Veränderungen zu vermeiden.
Verwendet man verdünnte Würze, so sind zwar aktuell die osmotischen Verhältnisse besser für die Hefe, allerdings sind auch wichtige Wuchs- und Nährstoffe verdünnt. Beim Einsatz bei höheren Stammwürzen kann es zu einem osmotischen Schock kommen.
Die Vermehrung der Hefe erfolgt nach einer Eingewöhnungsphase mit geringer Vermehrung exponentiell, so lange keine Hemmung durch Ethanol oder Nährstoffmangel auftritt. In diesem exponentiellen Bereich geht es der Hefe sehr gut. Tritt die Hemmung ein, so verlangsamt sich die Vermehrung bis die stationäre Phase eintritt. Diesen stationären Bereich sollte man in der Reinzucht vermeiden und bereits vorher reagieren. Man vermeidet dies, indem man immer wieder frische Würze dosiert. Dazu sollte man mit den Mitteln eines Hobbybrauers lediglich beobachten und im Stadium der Hochkräusen vor dem Rückgang der Aktivität mit Würze verdünnen. Das Spiel geht von vorne los. Die Würze soll die gleiche Temperatur wie die Reinzuchtkräusen haben. Die Verdünnung darf ruhig groß gewählt werden, man sollte aber eine Zellzahl von 10 Millionen/ml nicht unterschreiten. Eine Verdünnung von 1:1 ist noch relativ gering.
Wann und wie verdünnt wird ist ganz entscheidend!!!
Das Volumen der Reinzuchtkräusen orientiert sich an der erreichten Zellzahl, der anzustellenden Würzemenge und der gewünschten Startzellzahl. Eine geringe Startzellzahl verringert übrigens den Estergehalt! Die Empfehlungen bei Trockenhefen kann ich nicht nachvollziehen. Hat das schon mal einer ausprobiert?
Wartet man, bis sich die Hefe absetzt, so liegt man bereits weit im Bereich der stationären Phase. Es resultiert eine Hefe mit geringerer Vitalität.
Ich würde den gesamten Inhalt zur Gärung geben, da erstens in Schwebe eine Vielzahl an Zellen sind, die man gerade mühevoll gezüchtet hat und außerdem auch sehr vital sind. Auch da ist es praktisch, eine ähnliche Stammwürze wie beim späteren Bier zu haben.
Den Einsatz von Hefenährsalz halte ich in diesen Maßstäben für angebracht, um einen Mangel auszuschließen. Das kommt bei Würzen häufiger vor als man denkt und verringert die Hefevitalität.
Die Belüftung ist ein rießen Thema und würde den Rahmen hier sprengen. Sie dient der Bildung ungesättigter Fettsäuren und Sterole, die die Hefe in ihre Zellmembran einbaut. Oft wird einfach wahllos und bei vielen zu viel belüftet und stresst die Hefe. Im Hobbybereich bleibt einem nur das Schätzen. Wenige Zellen benötigen wenig Sauerstoff, viele umso mehr. Also sollte man die Belüftung, sofern man welche hat, anfangs nur sporadisch einschalten und am Ende der Reinzucht in kürzeren Intervallen. Eine teils längere Pause zwischen den Belüftungen kann sich vorteilhaft äußern. Eine trübe Läuterwürze beinhaltet übrigens mehr freie Fettsäuren , darüber wird sich die Hefe beim Wachstum freuen.
Ich bin mir unsicher über den sinnvollen Einsatz von Olivenöl, da die verfügbaren Fettsäuren erst durch Esterasen zugänglich gemacht werden müssen. Das bedeutet, dass ein Großteil als Fett in der Würze ungenutzt verbleibt. Da wäre ein Vergleich über viele Führungen interessant und ist ansonsten wenig aussagekräftig. Das Öl während der Lagerung könnte auch andere Effekte haben und dadurch zu den gezeigten Veränderungen führen. Wenn die Gärungen mit Öl während der Lagerung länger dauern als ohne ist das definitiv ein Nachteil. Ich würde es nicht einsetzen. Und Alkohol zwecks Dosierung einzusetzen ist auch kontraproduktiv und schädigt unnötig die Hefe. Vielleicht gibts ja Erfahrungen?
Das wichtigste am Schluss: Steril arbeiten mit sterilen Medien ohne Kompromisse ist das A und O. Bei Hefezellzahlen unter 10 Millionen/ml muss das Medium steril sein. Darüber reicht ein Abkochen bei 100 °C, damit vegetative Keime abgetötet werden. Durch Kochen bei 100 °C erreicht man zwar keine Sterilität aber eine ausreichende Reduzierung aktiver Keime. Die vielen Zellen senken den pH relativ rasch, so dass Sporen nicht auskeimen. Die vitalste Hefe bringt nichts, wenn sich noch andere ungebetene Gäste vermehren. Stellt man die Würze für die Reinzucht selbst her, so ist darauf zu achten, dass mit geeignetem Wasser ein niedriger Maische-pH resultiert, niedrig eingemaischt wird und eine Eiweißrast bei 45-50 °C gehalten wird. z. B. 20-30 Minuten. Trübes Läutern erwünscht.
Gruß, Ludwig