beryll hat geschrieben: Dienstag 19. März 2019, 19:46
... Ich finde es schade, wenn interessante Themen, die nicht schon 1000 mal in den letzten 12 Wochen besprochen wurden, so weggebügelt werden...
So gehts mir auch.....
Daher mal was zum Thema:
Bei der Reifung gibt es nicht nur "die Reifung", sondern allgemein ganz viele Dinge die passieren. Ein "Ding" welches hier immer wieder Thema ist, ist die Oxidation, bzw. die Verarbeitung des Sauerstoffs der bei der Abfüllung unerwünscht mit "abgefüllt" wird. Ich habe hier z.b. grade ein dunkes Roggenweizen vor mir, welches schon knapp 9 Monate auf dem Buckel hat, und die Abfüllung lief damals auch etwas suboptimal. Die Weizenaromen (Banane+Nelke) waren eh etwas lasch gewesen, und sind auch mittlerweile weitestgehend komplett verschwunden. Dafür steigt mir der Geruch von leichten Cherryaromen in die Nase, während ich hier tippe. Das kommt in dem Fall vom Sauerstoff. Übrig bleibt ein spritziges, nur noch ganz sehr leicht bananiges, dunkles Bier, zu welchem die Cherrynoten garnicht mal so schlecht passen. Sicherlich kein Überflieger, aber doch irgendwie lecker. Vor 2-3 Monaten war das sicherlich fürchterlich, da vor dem Cherry die Phase der Katzenpisse kommt. Vor sechs-sieben Monaten war das mein Lieblingsbier und schmeckte noch ganz anders. Bei diesem Bier ist die Veränderung aber ok. Bei einem Pils wäre das eine Katastrophe! Reifung würde ich das in diesem Fall also nicht wirklich nennen. Alterung wäre passender.
Dann kommt noch die Hefe dazu. Die ist entgegen deiner Annahme nach der Hauptgärung noch überhaupt nicht fertig! Die Hefe ist wahnsinnig empfindlich was ihren Lebensraum angeht, und alles was ihr nicht 100% gefällt, quittiert sie mit Stress. Das merkt man an zuviel produzierten Estern, an Acetaldehyd, an kantigem, unfertigem Geschmack. Allerdings ist die Hefe insofern nachsichtig, das sie durchaus bestrebt ist, hinterher noch ein wenig aufzuräumen. Ich habe mal eine simplen aufgeteilten Testsud gemacht bei welchem ich die Hefen auf unterschiedliche Art und Weise gestresst habe. Nach ein paar Wochen gabs eine Verköstigung in kleiner Runde, und die Biere waren extrem unterschiedlich. Am gefälligsten war das, wo die Hefe am sorgsamsten behandelt wurde. Nach 2-3 Monaten (oder so) habe ich noch eine Lage Flaschen im Kühlschrank gefunden. Habe ich dann neugierig geöffnet, und musste feststellen, das alle ziemlich gleich schmeckten. Ich musste schon genau hinschmecken um überhaupt Unterschiede festzustellen. Die Hefe(n) hatten mittlerweile aufgeräumt und Gärnebenprodukte wurden abgebaut. Passt. Das nenne ich dann wieder Reifung.
Ganz trivial ist noch das CO2: Wenn die Flaschen kalt stehen, kann sich das CO2 leichter und feiner binden. Das führt zu besserem und stabilieren Schaum, und das sorgt dafür, daß das Bier frischer schmeckt, wenn die ersten fünf Minuten im Glas um sind.
..... und dann gibts noch mehr und kompliziertere Dinge, zu denen sicherlich noch ein paar Experten was schreiben möchten.... ich müsste dazu auch erstmal nachlesen.... ;)
Gruß,
Kai