Hallo zusammen,
ich habe hier ein eigenartiges Phänomen. Und zwar habe ich ein Böhmisches Pils nach einem Rezept von Horst Dornbusch gebraut (92% Böhmisches Tennenmalz, 5% Kara hell und 3 % Sauermalz). Den ersten Sud habe ich im Dekoktionsverfahren gebraut und bin bei ca. 3 P Restextrakt herausgekommen und weil die Hefe gerade so schön aktiv war und aus Neugierde wie wohl die Unterschiede sein würden, habe ich gleich noch einen Sud im Infusionsverfahren nachgeschoben und ihn auf den Bodensatz des ersten Sudes geschlaucht. Ein Päckchen Pilsener Enzyme hatte ich noch gefunden und mit zur Hauptgärung gegeben. Die Gärung ist super verlaufen, die Schaumkronen haben ausgesehen wie gemalt. Aufgrund der hohen Hefemenge ist die Gärung auch schneller verlaufen als die erste und war nach gut einer Woche bei 12°C durch. Als ich den Restextrakt gemessen habe, bin ich ziemlich erschrocken, weil er praktisch bei Null war. Ich habe die Spindel mit 20°C warmen Wasser überprüft und eine Abweichung von +0,5 P ermittelt. Habe dann den ausgegorenen Sud bei ca. 11°C nochmal gespindelt und kam auf 1P. Wenn ich hier den Korrekturfaktor für die Temperatur abziehe und die 0,5 P Messabweichung der Spindel, komme ich bei 0,15 P raus. Wie kann so etwas sein? Können das die Pilsener Enzyme gewesen sein? Etwas unvergärbarer Zucker müsste doch auf jeden Fall übrig bleiben. Das beste ist, ich habe den Sud jetzt mal verkostet. Abgesehen, von der noch fehlenden Kohlensäure, schmeckt das Jungbier richtig gut. Ich denke, das wird trotz allem ein gutes Bier. Nur erklären kann ich es mir nicht. Vielleicht kann mir von euch wer auf die Sprünge helfen. Viele Grüße aus dem schönen Chiemgau, Erik
Restextrakt quasi bei Null
- Ladeberger
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Re: Restextrakt quasi bei Null
Moin Erik,
natürlich kommt das von den Pilsener Enzymen. Das ist in der Regel ein Mix aus verschiedenen Enzymen, die Stärke vollständig zu vergärbaren Zuckern abbauen können. Der Einsatz von Pilsener Enzymen geschieht daher auch in der Maische, nicht zur Gärung.
Entschuldige bitte meinen Spott, aber das passiert eben, wenn man Hilfsstoffe ohne Wissen um deren Funktion und ohne Wissen um deren korrekte Anwendung einfach so ins Bier kippt.
Ich glaube auch nicht, dass das gut schmecken wird. Wenn das einmal auf Trinktemperatur abegkühlt, karbonisiert und geklärt ist, wird das karg/leer, evtl. säuerlich und unnötig alkoholisch schmecken. Schade um den Arbeits- und Rohstoffeinsatz.
Gruß
Andy
natürlich kommt das von den Pilsener Enzymen. Das ist in der Regel ein Mix aus verschiedenen Enzymen, die Stärke vollständig zu vergärbaren Zuckern abbauen können. Der Einsatz von Pilsener Enzymen geschieht daher auch in der Maische, nicht zur Gärung.
Entschuldige bitte meinen Spott, aber das passiert eben, wenn man Hilfsstoffe ohne Wissen um deren Funktion und ohne Wissen um deren korrekte Anwendung einfach so ins Bier kippt.
Ich glaube auch nicht, dass das gut schmecken wird. Wenn das einmal auf Trinktemperatur abegkühlt, karbonisiert und geklärt ist, wird das karg/leer, evtl. säuerlich und unnötig alkoholisch schmecken. Schade um den Arbeits- und Rohstoffeinsatz.
Gruß
Andy
Re: Restextrakt quasi bei Null
Hallo Andy,
danke für die schnelle Antwort. Ich hatte allerdings die Pilsener Enzyme früher schon mal verwendet und hatte das Problem nicht. Außerdem steht in der Beschreibung beim Brauparter ausdrücklich, dass die Enzyme der Hauptgärung zugesetzt werden sollten. Meinst du man kann evtl. noch was retten, indem Milchzucker bei der Nachgärung hinzu füge, um 1 - 1,5 P zu gewinnen?
Gruß,
Erik
danke für die schnelle Antwort. Ich hatte allerdings die Pilsener Enzyme früher schon mal verwendet und hatte das Problem nicht. Außerdem steht in der Beschreibung beim Brauparter ausdrücklich, dass die Enzyme der Hauptgärung zugesetzt werden sollten. Meinst du man kann evtl. noch was retten, indem Milchzucker bei der Nachgärung hinzu füge, um 1 - 1,5 P zu gewinnen?
Gruß,
Erik
Re: Restextrakt quasi bei Null
ach so, eine Frage hätte ich noch: Kann ich die abgesetzte Hefe jetzt nochmal verwenden, oder ist sie vermutlich so mit den Enzymen kontaminiert, dass ich sie entsorgen sollte?
Re: Restextrakt quasi bei Null
Der Spindelwert kann bei solchen Experimenten übrigens auch negativ werden, da das Jungbier durch den vielen Alkohol irgendwann eine geringere Dichte als Wasser bekommt.
Stefan
Stefan
Re: Restextrakt quasi bei Null
Klar kannst Du mal versuchen, ob mit Milchzucker was zu retten ist. Bei "Spindel unter Null" schmeckt das Gebräu halt recht "leer".
Aber verkoste das einfach auch mal, bringt ja auch Erfahrung.
Ob die Hefe noch verwendbar ist? Wenn es keine besonders wertvolle Hefe war, würde ich sie vielleicht doch weg tun.
Glucoamylasen (das ist wohl der wirksame Bestandteil im "Pilsener Enzym") wirken nach meiner Erfahrung auch noch viele Tage nach der Zugabe, wenn man etwa ein "restextraktiges" Jungbier auf einen solchen Ansatz zur "Leervergärung" draufläßt.
Und Glucoamylase häckselt halt alles an Dextrinen kurz und klein, zerlegt sogar die α-(1,6)-Bindung.
Ich nehme an, das "Pilsener Enzym" findet seinen Einsatz bei schwachen Gärungen mit zu wenig Hefe, die sonst mit hohem Restextrakt quasi "stecken bleiben". Obwohl das abgefüllte Jungbier dann wahrscheinlich nicht wirklich lagerstabil ist, da die Nachgärung halt doch auch (langsam) bis "unter Null" weiter gehen kann und so übercarbonisiert..
Uwe
Aber verkoste das einfach auch mal, bringt ja auch Erfahrung.

Ob die Hefe noch verwendbar ist? Wenn es keine besonders wertvolle Hefe war, würde ich sie vielleicht doch weg tun.
Glucoamylasen (das ist wohl der wirksame Bestandteil im "Pilsener Enzym") wirken nach meiner Erfahrung auch noch viele Tage nach der Zugabe, wenn man etwa ein "restextraktiges" Jungbier auf einen solchen Ansatz zur "Leervergärung" draufläßt.
Und Glucoamylase häckselt halt alles an Dextrinen kurz und klein, zerlegt sogar die α-(1,6)-Bindung.
Ich nehme an, das "Pilsener Enzym" findet seinen Einsatz bei schwachen Gärungen mit zu wenig Hefe, die sonst mit hohem Restextrakt quasi "stecken bleiben". Obwohl das abgefüllte Jungbier dann wahrscheinlich nicht wirklich lagerstabil ist, da die Nachgärung halt doch auch (langsam) bis "unter Null" weiter gehen kann und so übercarbonisiert..
Uwe