Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
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Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Hallo Braufreunde,
nach über einem Jahr des Lernens und der Recherche hier im Forum hab ich tatsächlich mal die erste Frage, die durch reines Lesen nicht zu beantworten war, weshalb ich gerne mal von Euch einen Tipp hätte. Vielleicht hat ja jemand eine Idee.
Wir haben in der Nähe eine Gasthof-Brauerei, die ein sehr schmackhaftes, naturtrübes, untergäriges Helles ausschenkt. Ohne Details zu kennen würde ich es am ehesten mit einem Freiburger hell vergleichen, das mutmaßlich (meine Einschätzung) aus 100% Pilsener Malz gebraut wird, sowie mit einem deutschen Hopfen verfeinert wurde. Ggf. kann auch noch Sauermalz für das mit 8° dH mittelharte Wasser dabei sein, aber das weiß ich natürlich nicht. Was ich aber weiß ist grundlegend die Herkunft der Hefe: Oldenburg, die Pott's Brauerei. Die wird dort immer frisch bezogen soweit ich gehört habe.
Ich wollte das Bier immer schon mal nachbrauen, aber ohne die genaue Hefe zu kennen ist es halt schwer.
Dadurch dass durch die aktuelle Corona-Situation kein Bier ausgeschenkt werden darf, konnte ich aber einiges an Bier der Brauerei in Flaschen bekommen. Die werden normalerweise per Gegendruckabfüller aus einem Fass gefüllt, in der aktuellen Situation aber wohl ohne große Umwege direkt aus dem Lagertank in die Flaschen. Dort gären sie noch ordentlich nach (und sind teilweise wohl zu früh geschlaucht, da überkarbonisiert), aber bringen auch einen schönen Hefesatz mit.
Den frischen Hefesatz hab ich nun letzte Woche gestrippt und aufgepeppelt und am Samstag einen schönen Sud mit 100% PiMa angesetzt (genaues Rezept kann ich gerne mal posten) und die Hefe zugegeben. Nach einem schnellen Start habe ich heute eine Schnellvergärprobe entnommen und schon mal probiert. Das Bier ist nach 3 Tagen Gärung (bei 11 - 11.5°C) schon gut fortgeschritten (Gestartet bei 10,8 °P, aktuell 4,6 °P) und schmeckt bereits verdächtig nach dem Original, was mich natürlich freut. Ein paar leichte Nebenaromen lagern sich noch aus, denke ich.
Die Gärung findet bewusst übrigens nicht bei 8-9 °C statt, wie ich das bei einer W34-70 machen würde. In einer Brauerei-Führung wurde mal erklärt, dass sie die Hefe bei 12 °C führen, was dort wohl zu besserer Schaumstabilität führen soll. Mit etwas Puffer hab ich das mal übernommen (und messe per iSpindel direkt im Sud).
Was mich aber stört ist es, nicht zu wissen, welche Hefe ich hier verarbeite. Hat hier jemand Insider-Infos der Pott's Brauerei, die er hier oder per PM teilen darf? Wie komme ich ansonsten mal an diese Info?
Geschmacklich ist es keine W34-70 und auch keine S-189. Die beiden UG Hefen erkenne ich inzwischen am Geschmack, andere hab ich noch nicht ausprobiert (braue UG erst seit Ende 2019). Da sowohl mein Bald-Jungbier, als auch das Original sehr trüb ist, frag ich mich welche Hefe das sein könnte. Meine bisherigen UG-Biere kamen auch ohne Zusätze immer sehr klar und durchscheinend heraus und mir ist in meiner jungen Karriere auch noch keine UG Hefe zu Gesicht gekommen, die nicht stark sedimentiert. Aber belehrt mich bitte eines Besseren!
Ist euch eine Hefe mit diesen Eigenschaften bekannt? Was für Infos (außer einem Probierfläschchen) könnten noch hilfreich sein?
Viele Grüße
Andre
PS: Für weitere Experimente habe ich übrigens 20ml Hefe des Starters auf NaCl 0,9% eingelagert.
nach über einem Jahr des Lernens und der Recherche hier im Forum hab ich tatsächlich mal die erste Frage, die durch reines Lesen nicht zu beantworten war, weshalb ich gerne mal von Euch einen Tipp hätte. Vielleicht hat ja jemand eine Idee.
Wir haben in der Nähe eine Gasthof-Brauerei, die ein sehr schmackhaftes, naturtrübes, untergäriges Helles ausschenkt. Ohne Details zu kennen würde ich es am ehesten mit einem Freiburger hell vergleichen, das mutmaßlich (meine Einschätzung) aus 100% Pilsener Malz gebraut wird, sowie mit einem deutschen Hopfen verfeinert wurde. Ggf. kann auch noch Sauermalz für das mit 8° dH mittelharte Wasser dabei sein, aber das weiß ich natürlich nicht. Was ich aber weiß ist grundlegend die Herkunft der Hefe: Oldenburg, die Pott's Brauerei. Die wird dort immer frisch bezogen soweit ich gehört habe.
Ich wollte das Bier immer schon mal nachbrauen, aber ohne die genaue Hefe zu kennen ist es halt schwer.
Dadurch dass durch die aktuelle Corona-Situation kein Bier ausgeschenkt werden darf, konnte ich aber einiges an Bier der Brauerei in Flaschen bekommen. Die werden normalerweise per Gegendruckabfüller aus einem Fass gefüllt, in der aktuellen Situation aber wohl ohne große Umwege direkt aus dem Lagertank in die Flaschen. Dort gären sie noch ordentlich nach (und sind teilweise wohl zu früh geschlaucht, da überkarbonisiert), aber bringen auch einen schönen Hefesatz mit.
Den frischen Hefesatz hab ich nun letzte Woche gestrippt und aufgepeppelt und am Samstag einen schönen Sud mit 100% PiMa angesetzt (genaues Rezept kann ich gerne mal posten) und die Hefe zugegeben. Nach einem schnellen Start habe ich heute eine Schnellvergärprobe entnommen und schon mal probiert. Das Bier ist nach 3 Tagen Gärung (bei 11 - 11.5°C) schon gut fortgeschritten (Gestartet bei 10,8 °P, aktuell 4,6 °P) und schmeckt bereits verdächtig nach dem Original, was mich natürlich freut. Ein paar leichte Nebenaromen lagern sich noch aus, denke ich.
Die Gärung findet bewusst übrigens nicht bei 8-9 °C statt, wie ich das bei einer W34-70 machen würde. In einer Brauerei-Führung wurde mal erklärt, dass sie die Hefe bei 12 °C führen, was dort wohl zu besserer Schaumstabilität führen soll. Mit etwas Puffer hab ich das mal übernommen (und messe per iSpindel direkt im Sud).
Was mich aber stört ist es, nicht zu wissen, welche Hefe ich hier verarbeite. Hat hier jemand Insider-Infos der Pott's Brauerei, die er hier oder per PM teilen darf? Wie komme ich ansonsten mal an diese Info?
Geschmacklich ist es keine W34-70 und auch keine S-189. Die beiden UG Hefen erkenne ich inzwischen am Geschmack, andere hab ich noch nicht ausprobiert (braue UG erst seit Ende 2019). Da sowohl mein Bald-Jungbier, als auch das Original sehr trüb ist, frag ich mich welche Hefe das sein könnte. Meine bisherigen UG-Biere kamen auch ohne Zusätze immer sehr klar und durchscheinend heraus und mir ist in meiner jungen Karriere auch noch keine UG Hefe zu Gesicht gekommen, die nicht stark sedimentiert. Aber belehrt mich bitte eines Besseren!
Ist euch eine Hefe mit diesen Eigenschaften bekannt? Was für Infos (außer einem Probierfläschchen) könnten noch hilfreich sein?
Viele Grüße
Andre
PS: Für weitere Experimente habe ich übrigens 20ml Hefe des Starters auf NaCl 0,9% eingelagert.
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Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Hallo Andre,
am besten weiß das die Brauerei selbst. Einfach mal fragen.
Dirk
am besten weiß das die Brauerei selbst. Einfach mal fragen.
Dirk
Stay thirsty!
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Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Hi Dirk, danke schon mal für deine Antwort.
Das hatte ich früher bereits schon mal gefragt, aber außer "eine untergärige" hab ich nichts herausbekommen. Der "Tipp" mit der Pott's Brauerei war schon quasi ein "Geheimnis".
Vielleicht frag ich da vor Ort nochmal weitere Personen, wenn sich das ergibt. Vielleicht verplappert sich ja jemand ;-)
VG
Andre
Das hatte ich früher bereits schon mal gefragt, aber außer "eine untergärige" hab ich nichts herausbekommen. Der "Tipp" mit der Pott's Brauerei war schon quasi ein "Geheimnis".
Vielleicht frag ich da vor Ort nochmal weitere Personen, wenn sich das ergibt. Vielleicht verplappert sich ja jemand ;-)
VG
Andre
- Johnny H
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Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Ich kenne weder die Brauerei noch die Hefe, möchte aber darauf hinweisen, dass sich die Saflager W34/70 (die du wahrscheinlich aus eigener Erfahrung kennst) von der in Brauereien vielfach üblichen Flüssighefe W34/70 unterscheidet. Das ist nicht der gleiche Stamm, wobei ich zum Sedimentationsverhalten der flüssigen W34/70 nichts sagen kann.Münsterland-Brauer hat geschrieben: ↑Mittwoch 15. April 2020, 16:36 [...]
Geschmacklich ist es keine W34-70 und auch keine S-189. Die beiden UG Hefen erkenne ich inzwischen am Geschmack, [...]
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Wenn Du bei der Brauerei nicht weiter kommst, könnte es hilfreich sein, hier zu posten, was genau der Unterschied im Geschmack ist im Vergleich zur W34/70 und zur W195 (alias S-189).
Das Merkmal der Trübheit könnte auf eine Staubhefe deuten. Ich werfe mal die W106 in den Raum. Das ist dann aber auch die einzige, die ich dem Namen nach kenne.
Am Ende wird es egal sein, welchen Namen das Kind trägt, solange Dir das Ergebnis schmeckt.
Dirk
Das Merkmal der Trübheit könnte auf eine Staubhefe deuten. Ich werfe mal die W106 in den Raum. Das ist dann aber auch die einzige, die ich dem Namen nach kenne.
Am Ende wird es egal sein, welchen Namen das Kind trägt, solange Dir das Ergebnis schmeckt.
Dirk
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Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
@Johnny H: Guter Hinweis, dann werde ich mal in der Zukunft einen Testsud mit der flüssigen Variante der W34/70 anstellen.
@Dirk: Ich glaube hauptsächlich könnte der "andere" Geschmack auch aus der Schweb-Hefe selbst kommen. Etwas fruchtiger ist es vielleicht auch, aber das könnte natürlich auch der verwendete Hopfen verursachen. Die W106 werde ich mir mal ansehen.
Vielen Dank!
@Dirk: Ich glaube hauptsächlich könnte der "andere" Geschmack auch aus der Schweb-Hefe selbst kommen. Etwas fruchtiger ist es vielleicht auch, aber das könnte natürlich auch der verwendete Hopfen verursachen. Die W106 werde ich mir mal ansehen.
Vielen Dank!
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Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
So sieht das Original übrigens aus ...
- Dateianhänge
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- IMG_20200415_181328.png (458.57 KiB) 1723 mal betrachtet
Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Oft wissen es die Mitarbeiter in den Brauereien selber nicht welcher Hefestamm dort verwendet wird. Erst recht nicht wenn der von einer anderen Brauerei bezogen wird. Somit wird das sehr, sehr schwierig heraus zu bekommen. Stämme verändern sich ja auch wenn sie in einer Brauerei als Betriebshefe seit langem geführt werden.
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<
"Viele Biere werden am Etikettierer gemacht"
"Viele Biere werden am Etikettierer gemacht"
Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Schon mal bei Potts angefragt? Die gehen im Internet relativ freizügig mit Informationen um.
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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Re: Getrippte Hefe aus lokaler Brauerei identifizieren
Hi, danke für deine Antwort. Ja das habe ich, aber bisher noch keine Antwort erhalten. Mal sehen was da ggf. noch kommt.
Ich habe aber gestern noch eine neue Information recherchiert, nämlich dass die Brauerei wohl inzwischen eine andere Hefequelle hat, aber wohl nur einer der Chefs persönlich diese ordert und die Brauhelfer nicht wissen, was sie da genau verarbeiten. Ist wohl ein besser behütetes Geheimnis.
Naja, sei's drum. Strippe ich die halt alle 1-2 Jahre einmal aus frischen Flaschen und ziehe sie je eigenem Sud selbst heran.
Den nächsten UG Sud werde ich zudem mal splitten: die genannte Hefe vs. eine Wyeast 2124, was der W34/70 entsprechen sollte, wenn ich mich nicht täusche. Jedenfalls habe ich die eh noch ungebraut im Kühlschrank, nachdem meine Versuche mit der Trockenvariante der W34/70 (und auch testweise mal eine 2. Weiterführung) nun für mich beendet sind.
Mal schauen, wie die Unterschiede so sind und wie ich sie dann beschreiben kann.
Sonnige Grüße
Andre
Ich habe aber gestern noch eine neue Information recherchiert, nämlich dass die Brauerei wohl inzwischen eine andere Hefequelle hat, aber wohl nur einer der Chefs persönlich diese ordert und die Brauhelfer nicht wissen, was sie da genau verarbeiten. Ist wohl ein besser behütetes Geheimnis.
Naja, sei's drum. Strippe ich die halt alle 1-2 Jahre einmal aus frischen Flaschen und ziehe sie je eigenem Sud selbst heran.
Den nächsten UG Sud werde ich zudem mal splitten: die genannte Hefe vs. eine Wyeast 2124, was der W34/70 entsprechen sollte, wenn ich mich nicht täusche. Jedenfalls habe ich die eh noch ungebraut im Kühlschrank, nachdem meine Versuche mit der Trockenvariante der W34/70 (und auch testweise mal eine 2. Weiterführung) nun für mich beendet sind.
Mal schauen, wie die Unterschiede so sind und wie ich sie dann beschreiben kann.
Sonnige Grüße
Andre